Die heutige Vorhersage steht bei Maleachi und ist der Beginn des dritten Kapitels:
Der Herr, der allmächtige Gott, antwortet: „Ich schicke meinen Boten voraus, der mein Kommen ankündigt und die Menschen darauf vorbereitet. Noch wartet ihr auf mich, den Herrn, ihr wünscht euch meinen Boten herbei, der meinen Bund mit euch bestätigt. Er ist schon unterwegs! Ganz plötzlich werde ich, der Herr, in meinen Tempel einziehen.
Ich gestehe, obwohl Maleachi zu den kürzesten Kapiteln der Bibel gehört, habe ich dieses Buch bisher nicht gelesen. Ich finde die Propheten zuweilen ziemlich schräg. Aber um den Vers in einen sinnvollen Zusammenhang zu bekommen, habe ich mir die Verse vorher und im Anschluss angeschaut und festgestellt, dass eine ziemliche Aktualität darin liegt:
Unmittelbar voraus geht die Aussage: „Nun, ihr behauptet: „Wer Unrecht tut, gefällt dem Herrn; ihn nimmt er an!“Oder ihr fragt: „Wo bleibt denn Gott? Warum greift er nicht ein und sorgt für Recht?“ Hm. Kommt mir bekannt vor. Mir fallen auf Anhieb einige Staatenlenker ein, die fest davon überzeugt sind, dass sie Gottes Willen erfüllen, dabei aber die Grundrechte der Bevölkerung ihrer Länder mit Füßen treten. Und die Frage „Warum lässt Gott das zu?“ ist wohl das vermeintlich stärkste Totschlagargument gegen den Glauben.
Einige Verse danach kommt dann die klare Ansage Gottes, dass er Gericht halten wird, dass alle, die ungerecht gegenüber ihren Mitmenschen aufgetreten sind, alle, die andere missbraucht haben für ihre Zwecke, alle, die Gott als zahnlosen Tiger gesehen haben, dafür gerade stehen müssen.
Wir sind versucht, zeitlebens in der kindlichen Zuversicht stecken zu bleiben, dass Jesus unser Freund und Helfer ist, dass er alles gutmachen werde (nein, er wird alles gut machen, das ist ein Unterschied). Den richtenden Gott verschweigen wir gern. Ich auch. Und wisst ihr, warum? Weil wir mit menschlichen Maßstäben messen. Und das, obwohl sich in den letzten Jahren die Erkenntnis durchgesetzt haben dürfte, dass Eltern, die ihren Kindern immer wieder Konsequenzen androhen, sie aber dann nicht anwenden, ihren Kindern damit nichts Gutes tun. Oder dass immer wieder Bewährungsstrafen für notorische Wiederholungstäter ein total falsches Bild der Gerechtigkeit entstehen lassen. Aber Gott, dem höchsten Wesen, gestehen wir das nicht zu.
Wir verstehen „Gericht“ irgendwie immer noch als „Stell dich in die Ecke und schäm dich“. Und wir möchten lieber an die Allversöhnung glauben. Ist romantischer. Und eine schöne Vorstellung.
Aber: Keiner von uns weiß, was kommen wird. Wie es aussehen wird, wenn umfassende Gerechtigkeit geübt wird. Und wir müssen es auch gar nicht. Es reicht, wenn wir hier und jetzt ein Leben führen, in dem wir unseren Mitmenschen mit Respekt begegnen, mit demselben Respekt, den wir uns wünschen. Nicht um uns Pluspunkte im Gericht zu verdienen, das können und müssen wir nicht. Sondern um in diesem Leben zu bestehen und nicht bitter zu werden. Egal, woran wir glauben.
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