… während du andere Pläne machst!
Wochenlang hatte ich Zeit, mir das Für und Wider des eigenen kleinen Geschäftsmodells zu überlegen, was ich auch von allen Seiten tat und zu dem Schluss kam, dass ich die Zeit dafür übrig habe. Doch kaum war die Entscheidung gefallen und das Kleingewerbe angemeldet, kam unsere fürsorgliche Regierung mit einem Konjunkturpaket um die Ecke, das in Teilen sehr dazu geeignet ist, überrascht zu sein.
Keine Autoprämie, dafür Mehrwertsteuersenkungen für alle! Klingt doch super. Hm. Wenn ich in einer Woche sagen wir mal für 100 € Lebensmittel kaufe, spare ich damit 2 €. Im Monat ungefähr 8-10 €, im halben Jahr sind es dann je nachdem, wenn ich für Weihnachten etwas mehr einkalkuliere, 60-80 €. Und ich kaufe, so denke ich mal, nicht nur das Billigste ein. Allerdings auch keinen Schampus und Kaviar und so. Kaufe ich mir im Media Markt einen neuen Fernseher für heute 1.200 €, dann spare ich, wenn ich das in die erste Juliwoche lege, immerhin schon 30 €. Aber ich kaufe ja nicht ständig neue Unterhaltungselektronik oder Haushaltsgeräte. Also auch noch im Rahmen. Kaufe ich mir aber einen neuen, spritfressenden SUV, der beim Autohändler meines Vertrauens so herumsteht und auf Käufer wartet, dann spare ich im Juli bei einem angenommenen Nettopreis von 70.000 € über 2.000 €. So viel Elektronik und Lebensmittel kann ich in diesem halben Jahr überhaupt nicht bewältigen, um diese Ersparnis hinzubekommen. Also, ich habe ja quasi nur darauf gewartet, mir einen nigelnagelneuen Pickup oder Multivan zuzulegen…🤔. Bitte nicht falsch verstehen, ich gönne jedem Einzelnen den günstigeren Wocheneinkauf, und auch wenn der Fernseher kaputt ist und man dann ein bisschen Schnäppchen finden kann, ist das toll.
Aber sollen wir jetzt alle die Märkte stürmen und Massen an Elektroschrott produzieren? Kühlschränke austauschen, die noch 5 Jahre Lebensdauer haben könnten? Neue Smartphones braucht das Land, egal wo die Rohstoffe herkommen? Und die armen Autokonzerne werden doch noch die Spritschleudern in den Showrooms los? Und wer denkt an Einzelhändler, die nicht mit elektronischen Preisanzeigen, regalweiser Auszeichnung oder Warenwirtschaftssystemen arbeiten? Die 1000ende Artikel in den Läden zum Stichtag neu auszeichnen müssen? Weil in Deutschland eine Verordnung regelt, dass jedes Teil, das zum Verkauf angeboten wird, korrekt ausgezeichnet werden muss? Da freut sich auch unser bevorzugtes Modehaus in Minden, wenn die ganzen Schlüpfer, Socken und BHs alle neue Etiketten brauchen, geschweige denn die hochklassige Mode aus aller Welt. Denn zumindest vor Corona waren diese ganzen Teile einzeln mit Preisen versehen.
Ach, jetzt hab ich mich doch noch aufgeregt. Das wollte ich ja eigentlich gar nicht. Und es ist ja tatsächlich auch einiges an Gutem bei dem ganzen Paket entstanden. Wenn ich mir auch mehr Unterstützung für den Bildungs- und Kulturbereich gewünscht hätte. Aber gut. Oder so. Eigentlich wollte ich ja darüber schreiben, dass ich weiß, was ich an Material habe, was ich daraus nähen möchte, dass ich vermutlich den WP-Account erweitern werde um eine Shop-Möglichkeit. Und ich muss nähen, damit ich etwas anzubieten habe. Und jetzt kommt diese Mehrwertsteuer und beschert uns einen Juni pickepackevoll mit Arbeit. Zuerst Edgar, der muss programmieren. Und ich muss das Programmierte dann auf Herz und Nieren prüfen, ob alles richtig läuft. Immerhin gut, dass es nicht im Juli für den August geplant wurde, sonst wäre unser Segeltörn wohl mal wieder ins Ijsselmeer gefallen.
Naja. Ist jetzt so. Für euch schon mal zum Gucken habe ich immerhin die Kissen oben. Das mit dem Fahrradmotiv war eine Auftragsarbeit für eine Freundin, die in ihrem Wohnwagen ein ungenutztes Kissen-Inlett gefunden hatte. Weitere Näharbeiten, die ich angefertigt habe, findet ihr im Blog unter der Rubrik „Northern Star by Annuschka“, ganz oben im Menü.
Für den Verkauf an Privatkunden muss die MWSt ja nicht auf den Preisschildern ausgewiesen werden, sondern nur der Brutto Verkaufspreis.
Die MWST erscheint ja erst in der Rechnung, und dann mit dem gesenkten MWST-Satz. Wenn die Händler die Brutto-Preise für die Waren bestehen lassen, dann machen sie natürlich einen höheren Gewinn, weil sie weniger Steuer abführen müssen.
Wenn ALDI damit wirbt, die MWSt-Senkung an die Kunden weiterzugeben, dann müssen sie an den Regalen neue niedrigere VK-Preise ausweisen. Aber wer will das wirklich kontrollieren, wo doch praktisch mittlerweile alle Artikel Sonderpreise haben.
Das Ganze wird sich m.E. dahin entwickeln, dass der Handel sich die Senkung einverleiben wird.
Ob das Ganze politisch gesehen ein kluger Schachzug war, ist ohnehin fraglich. Denn wie sollen wir die ganzen Stützungsmaßnahmen und Konjunkturpakete mit sinkenden Steuereinnahmen bezahlen? Staatsverschuldung heisst doch nichts anderes als: Verschiebung auf die nachfolgende Generation.
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Wirklich interessant ist, dass für Firmenkunden, die vorsteuerabzugsberechtigt sind,ab Juli der Einkauf teurer wird…
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Ich finde es gut, wenn Geringverdiener entlastet werden bei den Ausgaben des Alltags, aber auf „Teufel komm raus“ Material unter die Leute zu bringen ist der falsche Weg
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Da gebe ich dir recht. Es wird nur gerade bei den kleinen Dingen, bei denen der Aufwand in Missverhältnis zum Nutzen steht, nicht zu Ersparnissen kommen, nicht jeder Einzelhändler gehört zu Konzernen, die diese Logistik überhaupt bewältigen können. Und dann bleibt eben die Hauptersparnis bei denen hängen, die sie eigentlich nicht brauchen.
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