So lautet der Eintrag im Duden, nach wie vor Nummer Eins, wenn es um Fragen der korrekten Rechtschreibung, Grammatik oder des Stils geht. Gerade in der 28. Auflage neu erschienen mit 3.000 neuen Wörtern (Coronavirus und Lockdown sind jetzt aus Gründen auch dabei, da sag mal einer, analoge Medien können nicht schnell auf aktuelle Themen reagieren). So weit, so klar.
Als ich heute früh meinen beruflichen Email-Eingang durchsah, fiel mir bei einer Nachricht folgende Anrede auf:
„Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitgliederinnen und Mitglieder…“
Kurzfristig sind mir fast die Fußnägel hochgeklappt. Dabei habe ich grundsätzlich überhaupt nichts gegen gendergerechte Sprache, wenn sie sinnvoll ist. Ich zucke zwar bei „Gästin“ als weibliche Form zu „Gast“ auch noch ein bisschen zusammen, kann es aber wenigstens einigermaßen nachvollziehen, warum diese Form benutzt wird. Statt „Putzfrau“, was schon abseits der Beschränkung auf ein weibliches Wesen etwas abwertend klingt, heißt es „Reinigungskraft“. Auch das ist eine weibliche Form, aber hier kommt niemand auf die Idee, eine männliche Reinigungskraft als „…krafterich“ zu bezeichnen. Eine Fachkraft jeglicher Fachrichtung wird allgemein als eine Person (aha, auch DIE Person wird geschlechterneutral verwendet) definiert, die in einer bestimmten Sache Expertise und Erfahrung aufweisen kann.
Kathrin meinte gestern, im englischen Sprachgebrauch hätten sie ja offensichtlich dieses Problem eher weniger, denn ein weiblicher Lehrer heißt Teacher und nicht Teacheress. Ein Friend ist je nach Zusammenhang eine Freundin oder ein Freund, kein Gegenüber in einer festen Beziehung, dort wird es dann doch genauer definiert als Girlfriend oder Boyfriend.
In der Sach- und Fachliteratur wird in den letzten Jahren auch immer mehr auf gendergerechte Sprache geachtet, das ist beim Lesen nicht weiter schwierig, aber beim Vorlesen von Buchkapiteln (findet bei uns regelmäßig statt, denn dann lese ich, Edgar und Kathrin hören zu und wir können das [Vor-]Gelesene anschließend diskutieren) ist es eine Herausforderung, die ich öfter mal umgehe. Trotz allem kenne ich die Absicht, die hinter diesem Sprachgebrauch steht und auch die gesellschaftliche Bedeutung, ungefähr die Hälfte der Bevölkerung sichtbarer zu machen.
Aber ein Wort zu gendern, das von Haus aus neutral ist, bloß um auf Teufel komm raus eine besondere Korrektheit zu vermitteln, da endet es bei mir mit dem Verständnis und das gibt der Duden auch nicht her:

Wenn ich hier auf dem Blog schreibe, benutze ich aus Lesbarkeitsgründen, aber auch aus meinem umfassenden Verständnis, dass ich meistens sowieso alle anspreche, oft die überkommenen meist männlichen Formen. Möglicherweise gefällt das nicht allen von euch, aber beschwert hat sich auch noch niemand. Andererseits habe ich festgestellt, dass es relativ viele so halten. Und ich glaube nicht, dass es aus Respektlosigkeit so gehandhabt wird, gerade auch weil viele von euch selbst auch Frauen sind. Das ist natürlich meine persönliche Meinung, ich bin für respektvolle Kritik jederzeit zu haben. Und nun beende ich diesen Beitrag (der fast ganz ohne Corona ausgekommen ist) mit dem Zitat Adams aus der Lutherbibel:
Da sprach der Mensch: Die ist nun Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch; man wird sie Männin nennen, weil sie vom Manne genommen ist. 1. Mose 2, 23
Hm, ich find Mitgliederinnen gar nicht so übel – schließlich ist das Wort: Mit-Glied, doch sehr männlich 😉
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Da bin ich spätestens raus. Ob männlich oder weiblich, da bin ich dann eher Eunuchin😂…
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Persönlich finde ich das an manchen Stellen auch übertrieben, insbesondere wenn das „nicht genannte“ Geschlecht, eigentlich gar kein Problem damit hat, nicht explizit erwähnt zu sein. Ich habe beruflich viel mit Englischen Begriffen im Deutschen Kontext zu tun. Da wird das immer lustiger. Zum Beispiel gehts da um „den Manager“ oder „den User“ oder „der Agent“ …
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