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… ist in der Praxis immer größer. Oder auch: es gibt Diskrepanzen zwischen unserer Wahrnehmung und unserem Handeln. Sven Plöger nennt es in seinem Buch „Zieht euch warm an, es wird heiß“ auf Seite 60 dementsprechend „dissoziative Identitätsstörung“, also gespaltene Persönlichkeit.
Er bezieht das an der Stelle konkret auf Ergebnisse einer internationalen und repräsentativen Umfrage aus dem Jahr 2018, nach deren Auswertung weltweit 67% und deutschlandweit 71% der Menschen den Klimawandel als größte Bedrohung (für ihren Wohlstand) empfinden. In Deutschland hat es aber zumindest nicht dazu geführt, dass die Menschen daraufhin freiwillig ihr Verhalten geändert hätten, im Gegenteil: 2019 war in Deutschland das Jahr der meisten Flugreisen, der meisten PKW-Zulassungen (mit dem höchsten SUV-Anteil), der meisten Kreuzfahrten, des meisten Plastikmülls.
Ich stelle auch seit langem, natürlich auch bei mir selbst mitunter, fest: Zwischen dem, was wir als Bedrohung wahrnehmen und den Konsequenzen, die wir daraus ziehen, liegen Welten. Aber nicht nur in diesem Bereich merken wir das.
Wenn sich herausstellt, dass „Wohnen am Flussufer“ erhöhte Gefahren durch Hochwasser mit sich bringt, werden nicht die Bauvorschriften geändert, sondern höhere Deiche gebaut. Gut, hier setzt langsam eine Veränderung ein, aber jahrzehntelang war es so. Im Frühjahr betonten im Zuge der Vorkommnisse in der fleischverarbeitenden Industrie (das Wort bleibt mir fast in der Tastatur stecken) immer mehr Verbraucher, dass sie Biofleisch und überhaupt Biolebensmittel haben wollen. Aber ich frage mich, wie auf einmal gerade die Discounter so schnell ihr Biosortiment aufstocken konnten und vor allem, zu welchen Kampfpreisen! Wo soll das denn auf einmal in den Massen herkommen, wenn es ein jahrelanger Prozess für Landwirte ist, ihre Arbeitsweise für Biozertifikate umzustellen? Die schießen doch nicht wie Pilze aus dem Boden! Und warum darf ein gutes Lebensmittel dann nicht auch den Preis haben, den es verdient (wenn es tatsächlich zu guten Bedingungen hergestellt wurde)?
Warum wollen wir Verbraucher minderwertiges Fleisch haben, wie zum Beispiel in dieser Doku gezeigt wird:
https://www.zdf.de/dokumentation/zdfzoom/zdfzoom-wegwerfkaelber-100.html
Nach Recherchen Sven Plögers sagen „68% der Deutschen, dass sie sofort bereit wären, mehr Geld für Biofleisch auszugeben, wenn entsprechend auf das Tierwohl geachtet würde. Im Supermarkt kaufen 73% der Kunden dann das günstigste Fleisch.“ Sein Fazit: „Man muss wohl nicht lange darüber diskutieren, dass der Fleischkonsum ein anderer wäre, wenn jeder sein Wild selbst jagen, häuten, zerlegen und einlagern müsste.“
Fortsetzung folgt…
In einer Umfrage sage ich gerne gute, intelligente, verantwortungsbewusste Dinge. Danach fühle ich mich besser. Wenn es dann in der Praxis um meine Bequemlichkeit und an meinen Geldbeutel geht … Wie hieß es schon: Wasser predigen und Wein trinken. Passt jetzt nicht perfekt, aber steht für die Diskrepanz zwischen Absichtserklärungen und eigenem Handeln.
Wie kann man da etwas ändern? Wohl nur durch politische Vorgaben. Der Billigfleisch-„Kultur“ bei den Herstellern und Vermarktern legal einen Riegel vorschieben. Und auf Verbraucherseite: Mehr Aufklärung zu gesunder Ernährung, und womöglich finanzielle Unterstützung für die, die sich gutes Fleisch nicht leisten könnten. Utopie? Die Hoffnung bleibt …
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Ja. Genau das ist es. Die „Freiwilligkeit“ bedeutet eben auch, freiwillig nichts tun zu können. Aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt. Hoffentlich😉
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