Irgendwie bin ich selbst schuld. Ich neige manchmal dazu, so lange in einem Thema herumzuprokeln, bis es eine Art „Information Overkill“ in meinem Kopf gibt.
In den letzten Wochen habe ich viel wichtiges über aktuelle Probleme unserer und der Weltgesellschaft nachgelesen. Das allgegenwärtige C-Wort war ebenso dabei wie die Klimakrise, die mindestens genauso wichtig und drängend ist, aber auch ganz allgemeine Probleme, die sich zum Beispiel aus diesen beiden übermächtigen Themenkomplexen ergeben. Also: wie wollen wir Menschen eigentlich zusammen leben? Wollen wir überhaupt zusammen leben oder nur jeder einzelne so, wie er/sie es für richtig hält? Wollen wir einen gesellschaftlichen Konsens erzielen und die damit verbundenen Debatten aushalten und gestalten? Oder sollen nur noch die was zu sagen haben, die am lautesten krähen?
Fällt uns auf die Füße, dass der ordnungspolitische Rahmen der sozialen Marktwirtschaft in Deutschland in den letzten 30 Jahren durch einen Laissez-faire-Stil der Neoliberalisten verwässert und damit zum Spielball von Investoren wurde? Auf dem Altar des Credo „Der Markt wird es richten“ Menschlichkeit und Gemeinsinn geopfert wurde?
Nein, ich bin keine Verfechterin eines irgendwie gearteten Sozialismus, genauso wenig glaube ich an die reine Marktmacht. Ich bin eher der Meinung, dass die unterschiedlichen Interessen immer wieder mühsam austariert werden müssen. Das ist anstrengend, das bedeutet Kompromissbereitschaft und über den eigenen Schatten springen zu müssen. Und hier vermisse ich bei vielen Akteuren den Mut und vielleicht sogar die Fähigkeit dazu. Und wenn diese Akteure sich gegenseitig in Talkshows ins Wort fallen, angiften und alles besser wissen, wie sollen dann alle „Normalos“ Debattenkultur lernen? Deswegen bin ich es so müde augenblicklich. Nicht überdrüssig, nur müde. Ich brauche einen Ausgleich.
Vielleicht sollte ich mal wieder einen ganz einfach gestrickten „Schmachtfetzen“ lesen? Oder einen geliebten Tanzfilm aus den 90er Jahren schauen? Ich mache es anders: Ich tauche ab ins Nähzimmer, werde kreativ, versuche, einfach etwas Schönes zu schaffen als Gegengewicht zu allem, was mich an der Welt und den Menschen gerade so abtörnt. In der Buchhandlung haben wir gestern schöne Adventstees und leckere (klaro, haben wir sofort verkostet) Pralinen bekommen. Da lassen sich doch bestimmt mit Stoffkörbchen schöne Geschenkideen zaubern…
Zumindest dadurch, den lieben Menschen in meinem Umfeld eine Freude zu machen, kann ich den misanthropischen Anwandlungen entgegentreten. Dazu kommt heute eine neue Stofflieferung an, so dass ich einen konkreten Auftrag fertigmachen kann. Der Tag kann kommen, jetzt ruft zunächst das Bügeleisen. Und dann der Frühstückstisch😋
Du hast Recht, manchmal hilft es, sich auf das Gute zu konzentrieren, das man selbst bewerkstelligen kann. Ich hoffe, diese kleine Flucht ist dir gelungen am heutigen Tag. Das mit dem Bügeln am frühen Morgen hatte mich irritiert 😉, habe jetzt erstmal nachlesen müssen, in „Wie ich zum Nähen kam“. Alles klar! Sehr interessant, wusste gar nicht, dass es ganz spezielle Techniken gibt, um so schöne Patchwork-Arbeiten anzufertigen. Complimenti! 👍
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Danke für dein Kompliment. Bei den Hemden meines Mannes oder unseren Tischdecken bin ich auch nicht so hochmotiviert🤫
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