Unser kleiner „ziviler Ungehorsam“

Urlaub auf Mallorca: erlaubt.

Urlaub im eigenen Land (auch wenn man sich durch die Wahl des Urlaubsdomizils isoliert): unerwünscht!

Ich glaube, urlaubsreif sind wir alle. Urlaub muss ja auch nicht bedeuten, dass man sich an irgendeinen Ort wie in eine Sardinenkonserve quetscht. Ein wenig mehr Phantasie und Entgegenkommen hätte ich mir (und allen anderen) schon sehr gewünscht.

Wir hatten für Ostern Schleswig-Holstein geplant. Und während der letzten drei Monate, die für den besten aller Ehemänner echt heftig mit 24/7-Arbeit angefüllt waren, war dieser Urlaub das Licht am Horizont, das Durchhalteversprechen. Naja, ihr wisst ja sicher, es gab keine touristischen Übernachtungen, die erlaubt wären. Es sei denn, man besitzt in SH eine Ferienwohnung, einen Dauerstellplatz auf einem Campingplatz oder ein Schiff mitsamt festem Liegeplatz. Und deswegen durften wir hin. Wer schon länger hier mitliest, weiß, was auf uns zutreffen könnte.

Das heißt nun weder, dass bei uns der Reichtum ausgebrochen ist, noch dass wir bei dem ganzen Unternehmen durchweg ein gutes Gewissen hatten. Auch wenn es um die Vorbereitung zur Erfüllung eines großen Traumes geht, uns war und ist bewusst, dass wir schon in einer relativ privilegierten Lage sind: Wir haben Arbeit, ein Dach (mit genügend Platz und technischer Ausrüstung für HomeOffice und HomeSchooling) über dem Kopf und meistens unser Auskommen. Allerdings war das nicht immer so, wir beide kennen aus eigenen Erfahrungen Firmenpleiten und das Gefühl, ohne Ausweg in einer Sackgasse zu stecken (inklusive Versagensscham).

So fuhren wir also zu dritt an Karfreitag gen Nordosten, die Hunde blieben zuhause bei den „großen“ Töchtern. Saukalt war es, aber es wurde vorgesorgt, so dass wir in eine geheizte Unterkunft kamen. Aber selten waren wir so allein wie an diesem Tag.

Samstag war super Wetter, wir gingen durch die Fußgängerzone ans Meer. Eine wunderbare und heilsame Aussicht, die Weite, die Frische, Eis und Fischbrötchen, alles tat gut und streichelte die Seele. Wir waren nicht die Einzigen, in dem Ort gab es so einige, die zu der Spezies der Zweitwohnsitzfraktion gehören, aber auch Einheimische genossen den Tag. In der Fußgängerzone waren die Gehrichtungen getrennt: es herrschte Rechtsverkehr, in der Mitte standen Baustellenabsperrungen, die Menschen waren freundlich, doch auf Abstand bedacht. Sehr entspannt.

Zwischendurch fuhren wir dann doch recht plötzlich nach Hause, die gesundheitliche Lage von Kalle drohte zu eskalieren. So waren wir am Ostersonntag bereit, eine Tierklinik aufzusuchen, glücklicherweise war es dann doch nicht notwendig. Montag wieder auf der Autobahn, wie schon am Karfreitag war auf der A2 bis Hannover und auch auf der A1 zwischen Hamburg und Lübeck ziemlich viel Verkehr. Dazu durchfuhren wir drei Jahreszeiten: Sturm, Hagel, Schneetreiben, Sonne, April at it’s best!

Im Sehnsuchtsort: aufpassen, dass man nicht weggeweht wird. Warm machen, inzwischen wussten wir, wie es geht. Zweieinhalb Tage mit Lesen, Spazierengehen am Vormittag (dann schien die Sonne und der Wind war müde) und frischem Fisch, wahlweise mit Pommes oder im Brötchen. Ich wollte viel fotografieren, waagerechter Regen hat es leider verhindert. Auch der erhoffte Bernstein und die Hühnergötter mussten erstmal am Strand liegenbleiben, denn dummerweise plagte mich meine Schulter und die Halswirbelsäule so sehr, dass ich nicht mehr wusste, wie ich den Kopf halten sollte. Deswegen fuhren wir am Donnerstag wieder zu Töchtern und Heimweh-Hunden in Richtung Heimat.

Die letzten Urlaubstage verbringen wir mit dem Studium von Reiseführern, Kartenmaterial und der Vorfreude auf den nächsten Trip, der dann hoffentlich mit weniger Gewissensbissen möglich ist. Doch eins ist sicher: wir hatten in den Tagen dort weniger Kontakte als wir hier gehabt hätten, und die wenigen haben draußen stattgefunden, mit Maske und Abstand. Bei Windstärke 7-8 wehten außerdem sämtliche eventuell vorhandenen Aerosole mit einer Affengeschwindigkeit aufs Meer hinaus. Ansonsten waren wir auf unsere kleine Welt beschränkt, dankbar für die kurze Auszeit.  

Ich kann absolut nicht erkennen, warum solche Erlebnisse nicht für alle Menschen möglich sein sollen, es könnte wirklich dazu beitragen, nochmal die Kraft für weitere Anstrengungen zu mobilisieren.

Autor: Annuschka

Ostwestfälisch beharrlich, meistens gut gelaunt, Buchhändlerin, Ehefrau, Mutter von drei tollen Töchtern, Hundemama, Jugendarbeiterin (in zeitlicher Reihenfolge des Auftretens). Mit vielen Interessen gesegnet oder geschlagen, je nach Sichtweise ;-)

6 Kommentare zu „Unser kleiner „ziviler Ungehorsam““

    1. Danke, dass du es so siehst. Ich habe lange gezögert, ob ich überhaupt darüber schreibe, denn ich möchte keine Neiddebatte.
      Aber es gibt so viele Möglichkeiten, sich zu erholen, ohne größere Risiken einzugehen, ich kann echt nicht mehr nachvollziehen, warum das schlechter sein soll als der vollbesetzte Urlaubsflieger…

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    1. Leider. Weil Freiheit absolut gesetzt wird, statt sie in Relation zu Mitmenschen und Umwelt zu sehen.
      Dir eine schönen und erholsamen Sonntag.

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Kommentare sind geschlossen.

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