Zettelwirtschaft

Es ist Montag, noch relativ früh am Arbeitstag und ich habe schon einiges erledigt. Die Woche ist jung und der Schwung noch frisch.

Kalle hat in aller Herrgottsfrühe einen Igel entdeckt, der über Nacht offenbar ein kuscheliges Plätzchen suchte – unter dem Tomatenkübel, den ich auf Ziegeln aufgebockt an der Hauswand stehen habe. Ob die halbreifen Tomaten, die noch an der kraftlosen Pflanze bis auf den Boden hingen, ihn dorthin gelockt haben, weiß ich nicht. Was ich jetzt aber sicher weiß: Heute oder morgen kommt das Tomatengestrüpp weg, da reift jetzt auch nichts mehr. Endgültig für dieses Jahr. Es war schwierig, den Hund vom Igel wegzubekommen, vielleicht hätte ich ihn auch einfach die pieksige Erfahrung machen lassen sollen, aber ich hatte einfach Mitleid mit dem kleinen Stachelball, der versuchte, noch tiefer unter den Kübel zu schlüpfen. Glücklicherweise hat er sich nicht „festgefahren“, eine Stunde später schaute ich ohne Hund noch einmal nach, da hatte er das Weite gesucht.

Ich habe bereits Wäsche zusammengelegt, an einem digitalen Leseexemplar von Kai Wiesingers „Der Lack ist ab“ weitergelesen (Mädels, es ist echt ein Männerratgeber für die Midlifecrisis. Ich werde später noch darüber berichten, bin mir aber schon jetzt nicht sicher, ob ich wirklich all das erfahren möchte, was er über die sensible männliche Befindlichkeit offenbart…)

Sogar zwei Rechnungen habe ich schon geschrieben und die private Haushaltsbuchführung der letzten Woche erledigt. Für letzteres kann ich mir breit grinsend selbst auf die Schulter klopfen (aber nicht zu doll, weil „Aua“), denn oft sitze ich am Monatsende vor einem Berg Supermarkt- und Baumarktquittungen und ächze beim entknittern… (Jaaa, Leute, ich bin ein bekennender Freak, ich führe seit über einem Jahrzehnt Haushaltsbuch und ich liebe es🙈, nicht so sehr, weil wir dann weniger ausgeben, sondern auch weil ich spätestens am Ende eines jeden Monats absehen kann, über welche Anschaffung wir uns übernächstes Jahr ärgern werden! Etwas regulierende Wirkung hat es aber auf jeden Fall.)

Aber jetzt, nach montäglichen viereinhalb Stunden zufriedenen Vor-mich-hin-werkelns, bekommt mein Tag den ersten Riss. Und das liegt mal wieder an dem unsäglichen Zettelkram, den man in viel zu vielen Supermärkten seit ein paar Jahren zusammen mit dem Kassenbon ausgehändigt bekommt: Je nachdem, was ich eingekauft habe, bekomme ich wahlweise Rabattcoupons für Fleisch oder Käse an der Frischtheke, gültig bis xx.yy.zzzz (wenn ich für mindestens 5 Euronen solches einkaufe), Vergünstigungen bei Damenbinden, Zahnpasta oder Weichspüler (das wundert mich dann doch immer, denn ich kaufe aus Prinzip nie Weichspüler, immer nur Waschpulver). Daran ärgert mich nicht nur der allgegenwärtige Algorithmus, der bereits beim Scannen der Ware auswertet, was ich denn so zu bezahlen habe, womit man mich beim nächsten Einkauf ködern könne, sondern auch die vollkommen unnötige Papierverschwendung.

Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass ich aus Millionen Einkäufern die Einzige bin, die diese Bons oft nicht einmal genauer ansieht, ehe das Gültigkeitsdatum abgelaufen ist. Ja, ich weiß, Marketingstrategien und so. Hab ich auch mal gelernt, aber es geht mir zunehmend so was von auf den Keks! Wir lernen diesen Herbst, dass das Vorhandensein von ausreichendem Druckpapier für Tageszeitungen und ganze Buchproduktionen (nicht nur für die Aspiranten der Bestsellerliste, sondern unter anderem auch Schulbücher!) keine Selbstverständlichkeit ist. Aber für alle möglichen Werbemaßnahmen, seien es nun diese oberüberflüssigen Coupons an der Supermarktkasse oder den gefühlt 25. Küchenmöbelprospekt (zur Abwechslung auch mal megabreite Sofas oder Boxspringbetten) gilt das anscheinend nicht. Es nervt. Und es ist alles andere als nachhaltig.

Hm, jetzt habe ich mich in dieses Thema dermaßen tief reinmanövriert, dass ich nicht in die Schlusskurve komme, die aber laut meinem ehemaligen Deutschlehrer Herr Schnickmann unumgänglich für den versöhnlichen Abschluss einer Abhandlung ist. Vielleicht funktioniert es so:

Ebenfalls nervt es, dass das zarte Pflänzchen Koalitionsverhandlung schon vor seinem Aufkeimen wahlweise kaputtgeredet oder in den Himmel gehypt wird. Leute, ich habe nur eine Bitte: Piano! Lasst die drei Parteien doch erstmal so richtig ins Schaffen kommen. Bisher war es nur das Vorgeplänkel, die echte Arbeit beginnt doch erst noch. Und dann lasst sie zeigen, was sie können oder auch nicht. Alles ist besser als Stillstand, aber irgendwie echt deutsch: Alles soll sich ändern, aber dabei bleiben, wie es ist.

In diesem Sinn, eine schöne Woche und lasst euch am Donnerstag nicht wegpusten.

Autor: Annuschka

Ostwestfälisch beharrlich, meistens gut gelaunt, Buchhändlerin, Ehefrau, Mutter von drei tollen Töchtern, Hundemama, Jugendarbeiterin (in zeitlicher Reihenfolge des Auftretens). Mit vielen Interessen gesegnet oder geschlagen, je nach Sichtweise ;-)

2 Kommentare zu „Zettelwirtschaft“

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