Neues Jahr, neue Etüden. Auch wenn ich vor Weihnachten mit meinem Adventskalender ausgelastet war, den Überblick verloren habe und den Adventüden deswegen nicht gefolgt bin, freue ich mich und bin gern wieder dabei. Zur Schreibeinladung von Christiane geht es hier, die Wortspende stammt von Ludwig Zeidler. Vielen Dank an die Beiden, vor allem Christiane für die viele administrative Arbeit.

„Unverzeihlich! Einfach unverzeihlich!!!“ Dieser Ausruf hallte in meinen Ohren wider. Es beschäftigte mich nun schon seit Stunden, seit meine beste Freundin mich besucht und ganz unvermittelt diesen temperamentvollen und tränenreichen Gefühlsausbruch hatte. Eigentlich wollte sie mir nur einen Stapel alter Jeans vorbeibringen, die hatte sie gesammelt, damit ich eine Hundedecke daraus nähe. Im Rhythmus meiner Gedanken und ihres Ausrufes hatte ich Quadrate aus den Hosen geschnitten. Nun saß ich an der Nähmaschine, fädelte das Garn ein und ließ das Gespräch, wenn man es denn so nennen konnte, Revue passieren.
Sicher, die feine englische Art war es nicht, dass ihr Freund sich heimlich mit seiner Ex-Frau getroffen hatte. Er hatte aber nun mal zwei Kinder mit ihr, bei dem Jungen stand eine Klassenfahrt an und die beiden hatten einiges zu besprechen. Es wäre auch sicher alles in Ordnung gewesen, wenn er vorher wenigstens Bescheid gegeben hätte. Dass meine Freundin ihn dann in ihrem gemeinsamen Lieblingscafé sah, wie er mit seiner Ex „die Köpfe vertraut zusammensteckte“, wie sie es formulierte, war mehr als dumm gelaufen. Und nun war sie nicht nur stinkig, sondern noch mehr, sie sah einen nicht wieder gutzumachenden Vertrauensbruch darin.
Ich wusste aber von ihm bereits ganz felsenfest, dass meine Freundin die Liebe seines Lebens war. Er hatte es schlicht und einfach ungeschickt angestellt, um ihr nicht wehzutun; mehr steckte nicht dahinter. Und nun saß ich hier, mit den Stoffstücken aus ihren und seinen Jeans, um eine Decke für den jungen Labrador zu nähen, den er ihr zum letzten Geburtstag geschenkt hatte und den sie beide liebten wie ihr eigenes Kind.
Ich sah einen letzten Hoffnungsschimmer, als ich den Nähfuß senkte und mit dem Faden ein Segensgebet für die beiden als Halt in die Naht einarbeitete. Obwohl unverfügbar, hatten die eingenähten Segenswünsche schon des Öfteren in aussichtslosen Fällen geholfen.
300 Wörter
Ich lese und freue mich. Vielen Dank, und ja, genau so etwas wünsche ich deinen betroffenen Protagonisten auch. Da hat Ludwig gute Wörter ausgesucht. Das mit den eingarbeiteten Segenswünschen halte ich für eine tolle Idee – ich hoffe, dass sie nicht nur dem Hundekind helfen, sondern auch seinen Menscheneltern 🧡🧡
Danke für die erste Etüde des neuen Etüdenjahres!
Mittagskaffeegrüße 😁🌧️☕🍪👍
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Danke. Das faszinierende ist, dass so etwas tatsächlich funktionieren kann. Ich segne viele unangenehme Situationen. Es ist natürlich unverfügbar, möglicherweise verändert es auch in erster Linie meine eigene Einstellung, aber ich habe schon des öfteren erlebt, dass sich etwas zum Positiven gedreht hat.
Liebe Grüße, Anja
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Wer den Nadelstich mit einem Segen verbindet und nicht mit einem „recht ao“, auf den kann man sich als Freundin dann sicherlich verlassen!
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Danke, lieber Werner, das hoffe ich doch zumindest😊
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