Ich habe den Film geliebt, als er in Deutschland in die Kinos kam. Ich war 18 Jahre alt, also gerade mal das, was man „erwachsen“ nennen könnte. In dem Jahr ist unheimlich viel passiert: Ich wurde volljährig, mein Vater starb, (während ich in Wien mit meinem Deutsch-LK unterwegs war,) ich machte Führerschein, kam in den Abiturjahrgang… und verlor manchmal den Überblick über alles, was in meinem Leben gerade so passierte.
Der Film spiegelte das teilweise ganz gut wieder, es kamen die Figuren von Jim Henderson (Muppets) darin vor, Szenen, die von M.C. Escher inspiriert waren (zum Beispiel die irre Treppenszene, teilweise über Kopf), das „Moor des ewigen Gestanks“, ein sehr netter Terrier, ein junges Mädchen auf dem Weg zur Frau und natürlich (herrlich zwiespältig, anziehend und abstoßend zugleich, etwas schwülstig und sehr verführerisch): David Bowie! So ein bisschen fühlte es sich an wie eine Mischung aus „Sommernachtstraum“ und „Alice im Wunderland“. Und es läuft mir bis heute kalt den Rücken hinunter, wenn ich den Soundtrack höre.
Ich weiß eigentlich gar nicht so recht, warum mir das alles ausgerechnet heute wieder einfällt, vielleicht, weil ich augenblicklich, nur eben mit 36 Jahren mehr Lebenserfahrung, so ein unbestimmtes Gefühl habe, dass alles um mich herum unbestimmbar, unübersichtlich und sehr zwiespältig ist? Ein Teil der Welt ruckt in die eine Richtung, ein anderer Teil in die andere, dazwischen unglaublich viele Eventualitäten und Unsicherheiten. Krieg, Klimakatastrophe, soziale Ungerechtigkeiten, Missbrauch, Mord & Totschlag… Und ich stehe etwas hilflos und nicht viel schlauer da als mein 18jähriges Ich damals. An ein „Happy End“ wie in Hollywoodfilmen kann ich irgendwie nicht so ganz glauben…
Dieses wunderschöne Cover hätte es definitiv verdient, liebevoll zwischen üppigen Frühlingsblumen, am besten noch mit Schmetterling dabei, dekoriert zu werden. Aber da ich das Buch ganz schnöde auf meinem alten iPad gelesen habe und der Rahmen damit nur so mittelprächtig gelungen wäre, bekommt ihr die Downloadversion. Es ist noch kein Jahr her, dass ich den Vorgängertitel zu diesem Buch gelesen und genossen habe. Also war klar, dieses muss einfach auch gelesen werden.
Was soll ich sagen, es war mal wieder das passende Buch zur richtigen Zeit. Nach den letzten Tagen, die für mich nur wenig Leichtigkeit, sondern vor allem viele schwere Gedanken gebracht hatten und an denen ich meinen SuB, der mal wieder reichlich mit Sachliteratur gefüttert neben dem Lesesessel steht, aus Gründen der Seelenhygiene mit Nichtachtung strafe, begann ich am Dienstag neugierig zu lesen. Natürlich folgte ich meinem Wissensdurst und guckte mir zwischendurch immer mal wieder bei Google Earth an, in welcher Gegend die Geschichte angesiedelt ist. Da kann ich einfach nicht aus meiner Haut. Und je weiter ich in die Handlung eintauchte, desto mehr nahm sie mich mit in den englischen Norden in die wildromantische Landschaft des Lake Districts. Je weiter ich las, desto mehr kamen Ella, Jacob und die anderen Protagonisten mir vor wie liebe Verwandte. Dass ich mich nebenher auch ein bisschen in die Gegend verliebte, geschenkt. Heute früh stand ich wie immer um halb sechs auf und genoss die Ruhe des Brückentages, kochte mir Kaffee und nahm mir die letzten 100 Seiten des Buches vor. Ich will nicht spoilern, deswegen verrate ich auch nur so viel, dass nach drei Vierteln noch ein überraschendes Detail ans Licht kam. Aber das müsst ihr schon unbedingt selbst lesen…
Ich habe schon immer unheimlich gern Geschichten gelesen, die beim Lesen auch körperliche Reaktionen hervorrufen. Ich liebe es, wenn ich lauthals lachen kann, mir wohlig gruselige Schauer über den Rücken laufen und auch, wenn ich mit einer Packung Taschentücher lesen muss und zwischendurch tränenblind nach Luft schnappe. Alles das bietet „Liebe, schmetterlingsbunt“. Und in diesem Fall hat es mir sogar richtig gut getan, mit der Tragik der Geschichte auch alles andere aus mir herauszuheulen, was mir die letzte Woche schwer im Magen gelegen hat.
Kurzum: Klare Empfehlung! Gerade auch für die Urlaubsplanung. (Platz in der Reisetasche einkalkulieren!!!)
Für alle, die aus den „echten Bergen“ kommen, mag der Ausdruck vielleicht hochstaplerisch klingen, aber unser Jakobsberg stellt tatsächlich die Grenze zwischen Mittelgebirge und norddeutscher Tiefebene dar. Oben auf dem Jakobsberg steht der Fernsehturm, unten im Berg sind die Stollen der Nazis, die sie von Zwangsarbeitern graben ließen. Auf dem Wanderparkplatz am Fernsehturm findet seit Jahrzehnten immer an Christi Himmelfahrt morgens um 8 Uhr ein Open-Air-Gottesdienst unserer Kirchengemeinde statt. Mit Posaunenchor. Manchmal auch mit Regen, meist aber schafft Petrus es, dass es trocken ist. Heute war es auch trocken, obwohl es um 7 Uhr noch regnete.
Am Fuß des Fernsehturms gibt es einen Kiosk, der vom Bismarckbund betrieben wird, die Ehrenamtlichen, die sich darum kümmern, hatten extra auch schon frühzeitig geöffnet. Sehr nett, wir haben dann auch mit einigen Leuten nach dem Gottesdienst dort einen Kaffee getrunken. Und ich bin nach langer Zeit mal wieder auf die Aussichtsplattform des Fernsehturms gestiegen.
Ich hatte schon bessere Sichtverhältnisse dort oben, aber vor allem bin ich erschrocken. Ich war einige Jahre nicht mehr aufgestiegen, weil ich Höhenangst habe. Heute war ich ein bisschen geschockt, weil in den Jahren so viel Landschaft versiegelt wurde.
Bild 1: Blick nach Norden, prominent in der Mitte das Logistikzentrum, das erst letztes Jahr direkt bei uns am Ortsrand gebaut wurde. Bild 2: Der graublaue Bereich im Hintergrund ist Minden. Ich werde wohl demnächst nochmal mit der Kamera und dem Teleobjektiv hochsteigen, das Handy gibt nicht viel her. Bild 3: Blick nach Westen, auf das Wiehengebirge mit dem Kaiser-Wilhelm-Denkmal. Links die Weser, die hier an der Porta Westfalica ihren Durchbruch durch die beiden Gebirgsketten hat. Bild 4: Nochmal der Blick nach Westen. Links vom Wiehengebirge ist Bad Oeynhausen im Hintergrund, rechts geht es nach Lübbecke. (Bei Handballfans und Biertrinkern bekannt) Bild 5: Richtung Südwest. Im Tal ist Hausberge zu sehen, der Hauptort von Porta Westfalica Bild 6 und 7: Süden. Immer noch etwas Hausberge, erschreckend viel kaputter Wald und der weite Blick ins Lipperland. Bild 8: Nochmal nördliche Blickrichtung. Im Hintergrund die vielen Baggerseen von Petershagen.
Es fehlt (und ich dachte, ich hätte auch nach Osten fotografiert) der Blick nach Nordost und Ost. Aber das wirklich spannende, nämlich der Ausblick bis zum Steinhuder Meer und zu den Kalihalden in Wunstorf, lag heute sowieso im Dunst. Viel weiter als Bückeburg ging der Blick nicht.
Farbenfroh: der Sitzbereich des Kiosks. Dort kann man auch Kuchen oder Bratwurst essen.
Auf dem Parkplatz, wo der Gottesdienst stattfand, parkte ein Wohnmobil aus Leipzig. Das Ehepaar, das dazugehörte, war angenehm überrascht vom unverhofften Kulturprogramm, mit dem sie natürlich nicht gerechnet hatten. Sie meinten, wenn wir das jedes Jahr dort machen, könnten sie ja 2023 wiederkommen.
In den meisten Jahren wandere ich übrigens frühmorgens durch den Wald dorthin, dieses Jahr bin ich nur zu Fuß wieder nach Hause gegangen. Ich traue meinen Füßen nicht so ganz. Aber mein Waldspaziergang hat mir richtig gutgetan, vor allem meinen Blick wieder auf die schönen Details der Natur gerichtet, nach dem gestrigen Tag konnte ich das gut gebrauchen und habe es genossen.
Ich brauche dringend wieder mehr Natur und weniger Nachrichten. Heute geht es den Rest des Tages ruhig zu. Ich werde lesen, ein bisschen am Gemeindebrief weiterarbeiten und vermutlich noch Holunderblütensirup ansetzen. Ich hoffe, die Blüten sind nicht allzu ausgewaschen nach den letzten Tagen mit Regen und Wind. Einen gesegneten Feiertag wünsche ich allerseits.
Morgens aufwachen und als erstes die Nachrichten im Radio hören (dicht gefolgt von „Wir sind die Freeses“) ist in diesen Tagen eindeutig nicht mehr die beste Idee. Wenn die Info, die als erstes das erwachende Gehirn trifft, eine Meldung über einen erneuten Amoklauf an einer Grundschule in Texas ist, kann der Tag schon nicht mehr gut starten. Die Gedankenspirale setzt sich per Autopilot in Gang: Wie kann es nur möglich sein, dass in einem eigentlich recht zivilisierten Land, das von vielen immer noch als „das Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ angesehen wird, immer wieder Gewaltexzesse das Geschehen dominieren? Wie kann es sein, dass im 21. Jahrhundert eine Mehrheit einer Partei ziemlich fanatisch angeblich „Leben schützen“ will, indem man Abtreibungen verbietet (ich bin auch keine unbedingte Befürworterin, denke aber, dass Frauen sich mehrheitlich nicht einfach mal so just for fun dazu entscheiden), aber dieselben Menschen (denn die sind es zum großen Teil) den Untergang ihres Lebensstiles darin sehen, wenn es kein Grundrecht mehr auf das Horten von absolut tödlichen Waffen mehr geben sollte.
Also: meditatives Kaffeekochen, den ersten Kaffee zu genießen versuchen, aber begleitet von einem fatalistischen Gefühl. Irgendwann Frühstück und danach an den PC, Tageszeitung virtuell aufschlagen. Und gleich auf der zweiten Seite würde ich sie am liebsten wieder wegklicken. War ich gestern noch erschrocken darüber, dass nach den Tornados in der letzten Woche bereits wieder Betrüger und Gaffer unterwegs sind, so ist es heute kommunale Baupolitik und, weil es sich konkret um Schulbau handelt, die Dauerschleife Bildungsmisere, die mir den Morgen vermiest.
Was in puncto Schulsanierungen in unserem Landkreis (und da stehen wir ja nicht allein da) in den letzten Jahren verpennt wurde, wird nun immer dramatischer. Denn gerade die Grundschulen modern teilweise vor sich hin, es wurde versäumt, in energetische Sanierung, Bausubstanzerhaltung und vor allem in inklusionsgerechte, barrierefreie Gestaltung zu investieren. Dann kam erst die Pandemie und nun der Krieg. Es wird immer schwieriger, Baumaterial, Fachkräfte und Interimsunterbringung zu bekommen. Es wird alles immens teurer und teurer. Es beginnt ein Kampf um Ressourcen.
Allein der Grund und Boden bietet hier viel Konfliktpotenzial: Da gibt es Ackerflächen. Wertvollen und fruchtbaren Boden. Nahezu perfekt zur Produktion hochwertiger Lebensmittel. Aber es gibt auch die Begehrlichkeiten der Baustoffindustrie: Wer den Weserradweg entlangfährt, der kann in unserer Gegend auch gleich die ostwestfälische Seenplatte bewundern. Wie, noch nie gehört? Keine Bange, das ist keine Bildungslücke. Aber rechts und links der Weser liegen eben nicht nur gute Äcker und Wiesen, sondern auch mächtige Sand- und Kiesvorkommen. Noch Fragen?
Und natürlich müssen auch Baugebiete ausgewiesen werden, bei uns in Porta soll zum Beispiel eine Grundschule neu gebaut werden, weil sie den Anforderungen nicht mehr genügt. Und außerdem war da ja das Staatsziel für mehr sozialen Wohnungsbau. Die Flächenversiegelung nimmt also stetig zu. Währenddessen gammeln in manchen Orten leerstehende Häuser als Spekulationsobjekte (häufig von ortsfremden Investoren) vor sich hin. Und nicht zuletzt: die Müllabfuhr in Minden klagt darüber, dass sie in Anliegerstraßen oft nicht tätig werden kann, weil alles dicht an dicht vollgeparkt ist, das sitzt als „Sahnehäubchen“ obendrauf. Ratet, wer sich dann darüber beschwert, wenn die Tonnen nicht geleert werden…
Auf den ersten Blick sind das alles Einzelthemen, die aber bei genauerem Hinsehen miteinander verwoben sind. Die in meinen Augen verdeutlichen, dass wir dringend eine große gesellschaftliche Debatte brauchen. Darüber, was wichtig ist, damit unser Zusammenleben funktionieren kann in diesen Zeiten, die heftig wie lange nicht mehr viele vermeintliche Gewissheiten zum Einsturz bringen. Zeiten, die große und noch größere Herausforderungen für fast jeden von uns bereithalten. Und vor allem müssen diese Debatten wieder zu einer zweckdienlichen Sachlichkeit zurückfinden in einer Zeit, in der Empörung und Krakeelen mehr Gehör finden als der nüchterne Blick und die wertschätzende Anteilnahme. Dabei ist es mir wichtig, dass niemand immer nur recht oder immer nur unrecht hat. Es ist wichtig, dass wir wieder mehr zuhören und dem „Gegner“ (übles Wort, aber mir fällt gerade kein besseres ein) auch mal seinen Punkt zugestehen, wenn er sachlich begründet sinnvoll ist.
Aber was weiß ich schon.
PS: Ein versöhnliches Ende dieses Beitrages möchte ich noch beisteuern: Die Sonne scheint, der Regen gestern hatte eine gute Qualität (Landregen statt festpladdern), morgen ist Feiertag und meine Arbeit „in der heißen Phase“ am Gemeindebrief geht gut voran. Ich kann immer schneller mit dem „Publisher“ umgehen und es macht Spaß, die Gemeindeinfos und Entwicklungen für viele Menschen aufzubereiten. Habt einen guten Tag.
Die Schule der Tochter hat gestern ihr Sommerfest abgesagt, weil das NRW-Innenministerium gegen Mittag dringend vor dem Wetter gewarnt hatte. Im Rheinland wurden teilweise schon vor 12 Uhr mittags die Schulen geschlossen. Man wollte nach den Erfahrungen aus dem letzten Sommer offensichtlich kein Risiko eingehen. Das finde ich durchaus nachvollziehbar, wobei die kniffelige Wetterlage ja auch dieses Mal schon einige Tage vorher angekündigt war.
Ich muss gestehen, dass auch ich ein kleines bisschen angespannt öfter am Nachmittag auf die App des Wetterdienstes mit dem Regenradar geschaut habe. Denn unser Dach musste im Februar schon leiden, auch der großflächige „Dachschaden“ an unserer denkmalgeschützten Kirche ist erst seit einigen Tagen wieder komplett behoben (denn da mussten erst erlaubte Materialien gefunden werden). Und außerdem erinnere ich mich immer noch an die Windhose im Jahr 1990, die unseren Westgiebel zum Einsturz brachte.
Kurzum: Bei uns hielt sich alles in Grenzen, aber knapp 100 Kilometer südwestlich von uns, in Höxter, Lippstadt und Paderborn hatten sie nicht so viel Glück, dort zogen (inzwischen vom DWD bestätigt) Tornados durch die Städte. Was mich beschäftigt: Klar kann ich mich auch an heftige Wetterlagen in meiner Kindheit erinnern. Aber nicht in dieser Häufigkeit und Intensität. Ich weiß nicht, ob mir die Weiterführung dieses Gedankens gefällt.
Es gibt Tage, die legen dir ein Thema auf den Tisch, egal, was du vorher geplant hattest. Heute ist so ein Tag. Es begann mit der neuesten Podcastfolge von Lanz & Precht, die über „Das Böse im Menschen“ handelt. Ich höre mir diesen Podcast gern an, nicht weil ich den Argumenten der Beiden (die übrigens öfter mal ziemlich kontrovers unterwegs sind) immer folge, sondern weil ich die Gedanken hilfreich finde, die sie in mir auslösen, wenn ich versuche, mir über eine Sache klar zu werden.
Dann las ich Fraggles neue Rezension und kam nicht umhin, beides miteinander zu verknüpfen. Ich schaudere, wenn ich mir genauer überlege, dass vermutlich in jedem von uns Menschen die tiefsten Abgründe lauern, die nur darauf warten, bei (un-)günstigen Voraussetzungen ans Licht zu kommen. Literatur darüber gibt es reichlich, Gedankenexperimente auch (Beispielsweise „Die Welle“ von Morton Rhue).
So begann ich, zu recherchieren und fand unter anderem diese Dokumentation des ZDF, die ich im Januar schon im Fernsehen sah, aber mir vorhin noch einmal genauer anhörte:
Und ich habe mir, ganz nach Buchhändlermanier, spontan drei Bücher bestellt, die sich mit dem Phänomen beschäftigen: „Ganz normale Männer“ von Christopher Browning, „Hitlers willige Vollstrecker“ von Daniel Goldhagen sowie „Sag immer deine Wahrheit“ von Benjamin Ferencz.
Da ich in einer Gegend wohne, in der es KZ-Außenlager gab, wo Zwangsarbeiter geknechtet wurden, habe ich mir schon öfter überlegt, wie ich mich wohl damals verhalten hätte. Hätte ich den Mut gehabt, etwas zu tun? Hätte ich vielleicht eher versucht, irgendwie unter dem Radar der Nazis zu bleiben, damit ich meine Familie nicht gefährde und weiter durchbringe? Die unbequeme Antwort: Ich weiß es nicht. Denn ich kann mir die Situation nicht im Entferntesten vorstellen. Ich hoffe nur, ich hätte mich nicht fehlleiten lassen.
Nun ist wieder Krieg in Europa. Vieles daran macht mir Angst, auch wenn wir hier in Deutschland nicht betroffen sind. Aber am erschreckendsten ist für mich, dass die Soldaten, die zu „Kriegern“ wurden, ja nicht als Mörder oder Bestien oder so zur Welt kamen, sondern ganz normale zivile Personen waren, die ihren Lebensunterhalt verdienten, ihre Familien versorgten, als liebevolle Ehemänner und Väter lebten. Und dass es offenbar nicht wenige von ihnen schaffen, dieses zivile Leben getrennt zu halten von den Gräueltaten, die sie im Krieg anrichten. Wie gesagt, ich kann und muss es nicht nachvollziehen und bin sehr dankbar, dass meine Position das auch nicht verlangt.
Mal sehen, ob mir die Lektüre weiterhilft. Ich werde berichten.
Neue Runde, neuer Versuch. Danke für die Schreibeinladung und die Fotos von Christiane, danke auch an puzzle ❀ für die Wörter. Das Irisieren hat mich etwas irritiert, muss ich zugeben, das kannte ich bisher nur als Adjektiv, nicht als Verb. Wunderbar, man lernt doch nie aus.
„Was sagt denn eigentlich der Wetterbericht? Soll es in den nächsten Stunden Regen geben?“ Das fragte mich unser Pubertier nach dem Mittagessen. „Wieso interessiert dich das? Du sitzt doch sowieso den ganzen Nachmittag in deiner Butze. Und außerdem scheint die Sonne aus allen Knopflöchern. Woher soll denn da Regen kommen?“ „Ach Mama, du schon wieder. Ich hab nun mal viele Hausaufgaben und es ist Klausurenphase. Ich brauche einfach jetzt einen ordentlichen Regen, am besten mit Sonne im Hintergrund. Wir sollen für den Physikunterricht Beispiele sammeln von Dingen, die irisieren. Ich habe schon die Austernschalen aus dem letzten Urlaub fotografiert, aber so ganz dolle sieht man das dort nicht. Deswegen dachte ich mir, so ein richtig schöner Regenbogen wäre ein gutes Beispiel. Oder ein Benzinfleck in einer Pfütze.“ „Was? Kommt gar nicht in Frage, einen Benzinfleck auf die Einfahrt zu machen und damit die Umwelt zu gefährden, bloß um ein Foto zu bekommen, auf dem es schillert! So weit kommt das noch!“ „Hey, das hatte ich auch gar nicht vor. Ich wollte zur Tankstelle gehen, dort gibt es immer Leute, die zu früh die Zapfpistole aus der Tanköffnung ziehen. Ich bin doch keine Umweltsau. Das überlasse ich gerne anderen.“ Ich überlegte, denn Regen war weit und breit nicht in Sicht. Immerhin war ich beruhigt, dass kein Umweltfrevel auf unserem Grundstück stattfinden sollte. Für die gute Physiknote fielen mir jetzt nur noch zwei Alternativen ein: „Geh mal hinten in den Garten. Im Kräuterbeet bei der Pfefferminze sitzen immer so viele Rosenkäfer, die schillern auch wunderschön in der Sonne. Und dann wäre noch die Möglichkeit, dass du deine kleine Schwester fragst, ob sie auf der Terrasse Seifenblasen pusten kann. Die könntest du dann auch noch fotografieren.“ Natürlich musste er noch ein wenig herumnörgeln, aber dann zog er mit Schwester und Kamera los.
Komposition aus Natur und iPad, beides sehr unterhaltsam
Vorab schon mal das Wichtigste in Kürze: Ich feiere dieses Buch! Denn es besteht aus Kolumnen, die gesammelt veröffentlicht wurden und alle möglichen Typen an (Möchtegern-) GärtnerInnen bekommen auf nette und amüsante Art ihr Fett weg. Ich auch.
Aber jetzt der Reihe nach. Wer einen Garten besitzt, dem gehen nie die Gesprächsthemen aus. Auch (oder vielmehr erst recht) nicht die kontrovers diskutierten. Ob nun Schnecken, Giersch, diverse „-zide“, Gabionenwände, Naturgärten, englischer Rasen, Biodiversität, blinkende Weihnachtsdeko, Schottergärten oder Buchsbaum, für jeden ist ein „rotes Tuch“ dabei. Die beiden SPIEGEL-Redakteurinnen Katharina Stegelmann und Barbara Supp veröffentlichen im Wechsel ihre Gartenkolumne und nehmen alles aufs Korn, was Gärtnerherzen bewegt.
Durch die Kolumnenform lässt sich das Buch auch ausgezeichnet in kleinen Häppchen konsumieren, morgens vor dem Frühstück bei der ersten Tasse Kaffee oder Tee, nach dem Mittagessen als kalorienarmer, aber spaßreicher Nachtischersatz oder bei kurzen Wartezeiten. Und immer habe ich mich am Ende eines Kapitels schon auf das nächste gefreut. Aufgeteilt ist das Ganze nach Jahreszeiten. Sozusagen Werden und Vergehen auf der persönlichen Ebene der Autorinnen. Und irgendwo kann sich jeder Leser und jede Gartenliebhaberin wiederfinden, zwischen Misserfolgen, Experimenten und Erfolgsstories. Aufgelockert durch Interviews mit ganz unterschiedlichen Gartenexperten, die neben Fachwissen auch ihre persönliche Sicht der Dinge einbringen und so zu manchem Aha-Effekt führen.
Mein persönliches Highlight zum Thema Giersch: „Er blüht sehr schön. Bilden Sie sich einfach ein, Sie hätten ihn für teures Geld aus England importiert.“ Dieses Zitat stammt vom interviewten Gartengestalter Jörg Pfenningschmidt.
Bibliographische Angaben: Katharina Stegelmann/Barbara Supp, Der Wurm drin, Ullstein Taschenbuch, ISBN 978-3-548-06587-8, € 12,99
NRW hat gewählt. Das will ich hier jetzt gar nicht weiter thematisieren, nur soviel: Gut, dass die AfD weniger Stimmen bekommen hat (wenn auch leider nicht wenig genug); und dass die FDP so abgestürzt ist, wundert mich auch nicht wirklich. Obwohl einiges der Ampel angekreidet wird, bin ich der Meinung, hier ist vor allem die Bildungspolitik abgestraft worden. Mit dem Rest kann (und werde, denn was soll ich sonst tun?) ich leben. Wir hatten unsere Stimmen bereits vorab per Briefwahl abgegeben, denn am Sonntag waren Edgar, Yvonne und ich in Hamburg.
Während Edgar lernte, mit dem Radarsystem umzugehen, welches auch auf der „Sterntaler“ an Bord ist, machten Yvonne und ich ein tagestouristenübliches Besichtigungsprogramm. Nachdem wir es von Billhorn bis in die Hafencity geschafft hatten, enterten wir zunächst die Elphi und genossen den Rundumblick:
Je nachdem, wohin wir blickten, bot sich eine andere Skyline: Über der Innenstadt diverse Kirchtürme, elbaufwärts in der Hafencity ganze 18 Baukräne, in Richtung Containerterminals (mit den Musicaltheatern im Vordergrund auf der gegenüberliegenden Elbseite) die großen Containerbrücken, vor uns in Richtung Landungsbrücken bot sich ein buntes Potpourri aus ganz unterschiedlichen Schiffstypen.
Hamburg heißt auch: Fernsehkulissen. Ein Foto von der Haifischbar und dem danebenliegenden „Schellfischposten“ (die winzige Kneipe aus „Inas Nacht“) habe ich leider nicht, das war vom Wasser aus zu weit weg und außerdem hätte ich zu viele Köpfe fremder Menschen im Bild gehabt. Dafür habe ich diese Impressionen:
Die Speicherstadt der „Pfefferkörner“, die Polizeiwache an der Kehrwiederspitze aus „Notruf Hafenkante“ und das Gebäude, das in derselben Serie als „EKH“ (Elbkrankenhaus) bekannt ist. Die Polizeiwache ist echt, das Krankenhaus nicht.
Nachdem wir von der Elphi wieder runter waren, sind wir Richtung Landungsbrücken marschiert und haben (danke für den Tipp, Martha) eine XXL-Hafenrundfahrt gemacht. Die war zwar nicht ganz billig, hat sich aber definitiv gelohnt. Ich habe mir hinterher mal auf Google Maps angesehen, wo wir da überall rumgeschippert sind, das war schon toll. Vor allem, wenn ich bedenke, wie das alles mal irgendwann gebaut wurde. Das meiste davon zu einer Zeit, als es die modernen Errungenschaften noch nicht gab, die uns heute so selbstverständlich das Bauen erleichtern…
Fotobeschreibungen: Fischauktionshalle (von solchen Bauten können sich heutige Logistiker gern eine Scheibe abschneiden), Kreuzfahrtschiff, Raddampfer vor dem Containerhafen, Elbstrand, Die Natur erobert sich überall ihren Platz, Größenunterschiede, Landungsbrücken mit Michel, Kurs auf die Elphi.
David zieht GoliathWer hier wohl vermisst wurde?
Die Speicherstadt finde ich total faszinierend. Und weil sie zum Weltkulturerbe gehört, wird sie gut geschützt. Auf dem rechten Foto sieht man das „Wasserschloss“ vom Fleet aus, später sind wir noch dort gewesen und haben draußen auf der Terrasse einen Latte Macchiato genossen. Das Gebäude ist von außen und von innen sehenswert, denn wenn man drin ist oder auf der Terrasse sitzt, sieht es so aus, als ob das Gebäude über eine bestehende Straße aus „Katzenköpfen“, mitsamt Bordsteinkanten, gebaut wurde.
Was mich an Hamburg total fasziniert, ist die Vielfalt. Kulturell und architektonisch, die abwechslungsreiche Melange aus Industrie, Handel, Kunst, Wohnen und Natur, Arbeit und Freizeitvergnügen, und das alles mitten in der Stadt.
Bewundernswert. Ich darf mir gar nicht vorstellen, so bei der Wärme die ganze Zeit still dazusitzen, dann juckt mir schon die Nase😅
Randvoll mit Eindrücken ging es abends zurück nach Hause. Und mit dem Versprechen an mich selbst, unbedingt wieder dort hinzufahren.
Gestern in der Tagespresse: Ermittler haben den Besitzer eines hochmotorisierten Fahrzeuges gefunden, der bei Geldautomatensprengungen als Fluchtfahrzeug verwendet wurde. Einen Autoverleiher, der einen Mercedes AMG mit gut 600 PS an die Automatenknacker vermietete.
Ich habe mich ja schon immer gefragt, wozu zivile Autos so hochgerüstet sein müssen. Ich komme mit den 69 PS meines Cityflitzers ganz gut klar. Aber ich lasse auch Geldautomaten in Ruhe. Jetzt weiß ich also einen Verwendungszweck.
Das wirft aber neue Fragen auf: Was sagt die Marketing-Abteilung von Mercedes wohl dazu? Sind die begeistert, dass sie so tolle Autos bauen, die sogar von der Unterwelt geschätzt werden? Oder raufen die sich eher die Haare, dass ihre Luxuslimousinen mit solch zweifelhaftem Ruhm bekleckert sind? Gleiches gilt für Autovermietungsfirmen. Ich weiß es auch nicht, und ehrlich gesagt halte ich immer noch die Ausgangsfrage für viel wichtiger. Es muss doch wohl etwas mit der Verlängerung gewisser Körperteile zu tun haben. Sozusagen Viagra unter der Motorhaube.
Volltreffer! Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr erweist sich einmal mehr als der absolute Leistungsträger für Volksverdummung. Wo holt man bloß diese ungemein begabten Fachkräfte („Nieten in Nadelstreifen“lautete mal ein Buchtitel; ein Schelm, wer dabei an diverse Verkehrsminister denkt) immer hervor? Wachsen die irgendwo auf Bäumen?
Wir haben (angeblich) kein Geld für Tempolimit-Verkehrsschilder, sollen unser Essen nicht mehr fotografieren, weil das zu viel Energie kostet (wobei: es gibt ja nun auch tatsächlich genug sinnvolle Gründe gegen den allgemeinen Trend „nur wo ich fotografiert habe, war ich dabei“, aber das mal nur am Rande), aber das Benzin/der Diesel soll immer noch höher subventioniert werden. Die Bahn weint beständig über zu wenig Geld für anständige Infrastruktur (vollkommen zu Recht), sehr viele Menschen bekunden ihre Bereitschaft, auf ÖPNV umzusteigen, wenn er denn ordentlich vorhanden wäre. Aber gefördert werden soll weiter die Individualmobilität.
Kann mich bitte mal jemand kneifen, aus diesem Alptraum wecken, mir versichern, dass alles in Ordnung ist? Dass ich mir das alles nur eingebildet habe und wir tatsächlich jemanden in diesem Ministerium sitzen haben, der zum Wohle aller arbeitet?
„Im Bundesland Nordrhein-Westfalen ist das Ministerium für Schule und Weiterbildung für die Richtlinien der Erzieherausbildung zuständig. Zugangsvorraussetzungen Die Zugangsvoraussetzungen sind abhängig von der vorangegangenen beruflichen und schulischen Ausbildung. Es wird mindestens die Fachoberschulreife vorausgesetzt, also der Realschulabschluss. Bei der Bewerbung mit diesem Schulabschluss muss vorher eine einschlägige Berufsausbildung erfolgt sein, z. B. als staatlich geprüfte Kinderpfleger, Sozialhelfer oder Heilerziehungshelferin. Keine berufliche Ausbildung wird benötigt, wenn bereits ein Abschluss der höheren Berufsfachschule des Sozialwesens oder der Fachschule des Sozialwesens erlangt wurde. Beim Besitz des Abiturs wird nur der Nachweis von Erfahrungen in diesem Tätigkeitsfeld verlangt, z. B. in Form eines Praktikums. Zusätzlich muss die persönliche Eignung mit einem Führungszeugnis nachgewiesen werden. Die Ausbildung Die Ausbildung zur Erzieherin erfolgt in Nordrhein-Westfalen an einer Fachschule für Sozialwesen im Fachgebiet Sozialpädagogik. Die Ausbildung dauert in der Regel drei Jahre. Davon sind zwei Jahre fachtheoretisch und werden mit einer theoretischen Prüfung beendet und einem Jahr Berufspraktikum, welches mit einem praktischen Prüfungsteil endet. Dabei muss der Auszubildende in zwei verschiedenen Tätigkeitsfeldern während der praktischen Phase gearbeitet haben. Der praktische Teil kann um bis zu einem halben Jahr verkürzt werden, wenn der Betreffende vorher drei Jahre in sozialpädagogischen Einrichtungen oder in Einrichtungen der Behindertenhilfe gearbeitet hat und im theoretischen Teil mit befriedigenden Leistungen abgeschlossen hat. Die Ausbildungsinhalte während des theoretischen Teils, teilen sich in zwei Kategorien auf, der fachübergreifende und der fachrichtungsbezogene Lernbereich. Der fachübergreifende Bereich besteht aus muttersprachlicher Kommunikation, eine gehobene Kommunikationsfähigkeit in einer Fremdsprache, Fach- und Methodenkompetenz in der Mathematik und den Naturwissenschaften und der Gesellschaftslehre. Der fachrichtungsbezogene Lernbereich besteht aus sozialpädagogische Theorie und Praxis, Kinder- und Jugendarbeit und der Religionspädagogik, entweder evangelisch oder katholisch. Nach einem erfolgreichen Berufsabschluss darf die Berufsbezeichnung „staatlich anerkannte/r Erzieher/in“ getragen werden.“
Soweit die Theorie. Das hört sich dann so schön an. Zugangsvoraussetzung: Mittlere Reife. Ja, ABER: dann ist auch eine bereits abgeschlossene Ausbildung im kinderpflegerischen Bereich obligatorisch. Berufsausbildung: Meist schulisch, seit einiger Zeit gibt es auch die sogenannte „Praxisintegrierte Ausbildung“. Klassisch ist aber nach wie vor die schulische Ausbildung, zwei Jahre Fachschule, ein „Anerkennungsjahr“. Es gibt staatliche Berufskollegs, aber auch eine Menge Privatschulen, die den Ausbildungsgang anbieten. Privatschulen sind meist unter kirchlicher oder unter der Trägerschaft der paritätischen Wohlfahrtsverbände. Allen gemeinsam: Es gibt keinen Verdienst innerhalb der Ausbildungszeit. Bei Privatschulen wird sogar Schulgeld fällig oder auch Gebühren für Internatsunterbringung. Ausbildungsinhalte: Sehr vielfältig. Natürlich wird ein recht gutes Bildungsniveau vorausgesetzt, geht es doch um frühkindliche Bildung, nicht um ein reines Bespaßen. Die Bereitschaft für weitere Fortbildung im Laufe des Berufslebens muss vorhanden sein (okay, das sollte grundsätzlich überall der Fall sein…): Kulturtechniken, musische, künstlerische und sportliche Ansprüche, Empathie und Durchsetzungsvermögen, körperliche und psychische Belastbarkeit sind gleichermaßen wichtig. Da sind wir schon fast bei der eierlegenden Wollmilchsau angekommen.
Warum breite ich das hier so episch aus? Nicht nur, weil meine Nichte und unsere älteste Tochter Erzieherinnen sind. Weil sie sich durch diese Ausbildung gefuttert haben, um dann bei der Arbeit nicht nur den Kindern Geborgenheit und Bildung zu vermitteln, sondern auch umfangreiche Bürokratie-Anforderungen zu erfüllen und sich teilweise mit … ich sag‘ mal sehr merkwürdigen Vorstellungen von manchen Eltern herumplagen müssen.
Sondern auch, weil alle Welt diesen Beruf als essentiell ansieht, weil die Einrichtungen in den letzten zwei Pandemiejahren mehr als auf dem Zahnfleisch gekrochen sind und Spagat machen mussten zwischen Hygienekonzepten, Personalmangel, Bildungsauftrag und zig anderen Hindernissen. Weil ich alle Eltern verstehen kann, die auf die Barrikaden gehen, wenn sie für ausgefallene Betreuung und unter Selbstausbeutung organisierten Eigeneinsatz trotzdem Gebühren zahlen sollen, weil ich aber andererseits auch weiß, dass die Kosten auch bei geschlossenen Kitas weiterlaufen und das irgendwie bezahlt werden muss.
Nicht zuletzt, weil ich gestern in der Tageszeitung lesen musste, dass die NRW-Bildungsministerin den angehenden ErzieherInnen allen Ernstes vorgeschlagen hat, sie könnten ja Hartz IV beantragen, weil es in ganz NRW nur eine Bearbeitungsstelle für BAFÖG gibt und die Bearbeitung der Anträge zeitweise mehr als ein halbes Jahr dauert! (Btw, gerade in Ballungsgebieten dauert auch die Bearbeitung eines solchen Antrages teilweise bis zu drei Monate, und bei negativem Bescheid kann man erst nach sechs Monaten Einspruch erheben, habe ich eben gelesen https://hartziv.info/antrag-und-formulare/hartz-iv-antrag.)
Erst die Soloselbständigen, jetzt die Erzieher. Ich bin fassungslos.
Übrigens, wer eine Ausbildung zur Hebamme oder zum Physiotherapeuten macht, kann sich schon mal gedanklich einreihen. Es würde mich nicht wundern, wenn diese (ebenfalls schulischen und damit selbstfinanzierten Ausbildungen) die Nächsten sind. Irgendein ominöser „Markt“ regelt das jedenfalls nicht. Danke für gar nichts.
Ehe ich dieses Buch „in Angriff“ nahm, hatte ich bestimmte Bilder im Kopf: vom Leben in den USA Mitte der 50er bis Anfang der 60er Jahre. Bilder von Elvis Presley, Petticoats, Audrey Hepburn, JFK und Jackie Kennedy (natürlich im Etuikleid und mit Pillbox auf dem Kopf), „Grease“ und Straßenkreuzer mit Haifischheckflossen… Ziemlich naive Bilder, zugegeben, gab es doch auch Schlagzeilen vom KuKluxKlan, der Bürgerrechtsbewegung und den Auswüchsen einer bigotten und verklemmten Gesellschaft. Aber ich bin mit den üblichen Klischees aufgewachsen, die mit Marilyn-Monroe- und Dean-Martin-Filmen donnerstags im WDR Regionalfernsehen der 70er einhergingen; als Jugendliche habe ich die Musikfilme der 80er im Kino gesehen und mir ansonsten recht wenig Gedanken gemacht. Gegen Ende meiner Jugend war auch in Deutschland und Europa genug los, da brauchte ich gedanklich nicht weiter über den großen Teich schauen.
Aber natürlich war die Zeit, die dem zweiten Weltkrieg folgte, sowohl hier als auch dort eine eher traditionell geprägte Epoche, die Frauen wurden wieder hinter den Herd verbannt (zu den drei K’s: Kinder, Küche, Kirche), je mehr die Männer aus Wehrdienst, Kriegsgefangenschaft, Traumata und anderen Problemen auftauchten und das öffentliche Leben für sich beanspruchten.
In dieser Zeit spielt die Handlung von „Eine Frage der Chemie“. Die Protagonistin Elisabeth Zott hatte nie etwas anderes vor als Chemikerin zu sein. Eine Promotion rückte allerdings nach einer brutalen Vergewaltigung durch ihren Uni-Dekan in weite Ferne. Und so arbeitete sie als Forschungsassistentin vollkommen unterbezahlt in einem Labor und ihre Erkenntnisse wurden von ihrem Chef unter seinem eigenen Namen veröffentlicht. Nur einen Menschen gab es, der ihr Potenzial erkannte: Ein genialer, aber eigenbrötlerischer Kollege nahm sie ernst, und die beiden führten eine (unverheiratete, aber sehr glückliche) Beziehung auf Augenhöhe, sie waren wie zwei Elemente, die miteinander kollidierten und zu einer Symbiose verschmolzen. Bis ein tragischer Unfall ihn aus dem Leben riss.
Wie sich aus der Chemikerin eine bekannte Fernsehköchin entwickelte, die ihrem aus Hausfrauen bestehenden Publikum nicht nur die Geheimnisse der Küchenchemie verriet, sondern auch deren Selbstvertrauen und den Glauben an ihre eigenen Fähigkeiten stützte, davon handelt das Buch.
Anfangs hatte ich es nur querlesen wollen, weil ich auf den ersten Seiten eine ungeheure Wut auf die fürchterlich bornierten Männer in Elisabeths Umgebung verspürte. Aber die Handlung zog mich zusehends in den Bann, so dass ich am Ende wortwörtlich „durch das Buch hechelte“, um ihren Weg weiter zu verfolgen. Der Stil des Buches ist ziemlich sachlich, was super zur Handlung passt. Mir gefällt auch sehr gut die immer mal wieder aufploppende Situationskomik, die meist auf Kosten von (frauenunterdrückenden) Männern stattfindet.
Alles in Allem ein Buch, das mich trotz der ernsten, fast schon schwierigen Thematik sehr gut unterhalten und auch nachdenklich gemacht hat. Da müsste jetzt schon ein absoluter Hammer folgen, damit dieses nicht mein Roman des Jahres wird.
Bibliographische Angaben: Bonnie Garmus, Eine Frage der Chemie, Piper Verlag, ISBN 978-3-492-07109-3, € 22,-
Ich wünsche euch viel Spaß mit diesem tollen Buch und widme mich literarisch erstmal den Würmern (im Kompost, im Obst, im Garten…)
Wenn ich gerade nicht zum Meer fahren kann, hole ich es mir eben ins Haus. Zumindest zum Lesen. Wie heißt es so schön, auch in dem Buch „man sitzt insgesamt viel zu wenig am Meer“. Da ist definitiv was dran. Denn der Blick auf die Weite des Meeres, die Beobachtung der Wellen, die Regelmäßigkeit der Gezeiten, nicht zuletzt der Duft nach Salz, Jod, Algen und Frische weitet und beruhigt auch das Gemüt.
Daher gönne ich mir gern mal kleine literarische Auszeiten an Nord- und Ostsee. Auch leichte Sommerliebesgeschichten wie diese haben ihre Zeit und ihre Berechtigung. Ein kleines Schmankerl ist es für mich, dass der Schauplatz Norderney ist, wo ich zwar erst einmal war, nämlich 2009 mit Kathrin, die dort zur Kur war, es mir aber sehr gut gefallen hat.
Mona fährt spontan dorthin, um mit der Trauer um ihre Freundin fertig zu werden. Denn auf Norderney haben sie ihre schönsten gemeinsamen Urlaube verbracht. Sie lernt Leute von der Insel kennen und sie findet ihren Sehnsuchtsort, ein Café, das einen neuen Besitzer sucht. Natürlich gibt es auch amouröse Verwicklungen und Missverständnisse.
Das Buch lässt sich gut lesen, hat teilweise etwas melancholische Zwischentöne, aber eine fröhliche Grundstimmung. Für mich zumindest war es das richtige Buch zur richtigen Zeit, um mich von der nicht so unbedingt von Optimismus geprägten Weltlage für ein paar Stunden gelungen abzulenken.
Den Vorspann spare ich mir, den hatten wir eben schon. Da ich mich nicht zwischen der freundlichen und der hinterhältigen entscheiden konnte, bekommt ihr jetzt beide zu lesen… Die ersten sieben Zeilen sind übrigens gleich, erst danach driftet die Story ab.
Höchst interessant. Herbert lehnte sich zurück und betrachtete die Szene, die sich ihm bot. Irma stand auf der Leiter, ziemlich weit oben sogar für ihre Verhältnisse, war sie doch extrem höhenscheu. Aber was suchte sie dort oben, auf dem höchsten Schrank, der sich in ihrer Wohnung befand? Dazu murmelte sie ständig vor sich hin, er hörte immer mal wieder Wortfetzen in der Richtung „Ich weiß, es war hier irgendwo. Es kann nicht weg sein. Es darf nicht weg sein.“ Sie sah fast so konzentriert und weggetreten aus wie er sich das vorstellte, wenn jemand mondsüchtig war. Und sie war so vertieft, dass sie überhaupt nicht merkte, dass ihr Hals immer länger wurde. Wie eine Giraffe. Er verhielt sich ganz leise, um sie nicht vor der Zeit zu erschrecken. Denn in Windeseile war ein Plan in ihm gereift. Schon lange wünschte er sich eine Atempause, eine Auszeit von seiner anstrengenden Angetrauten. So ein schöner langer Krankenhausaufenthalt mit anschließender Reha-Maßnahme. Das klang gut. Ganz loswerden wollte er sie auch nicht. Wer sollte denn die nächsten Jahre sein Lieblingsessen kochen? Aber so ein paar Wochen, um in Ruhe seinen Hobbies nachzugehen, ohne ständig zum Rasenmähen verdonnert zu werden, klang doch sehr verlockend… Jetzt den richtigen Augenblick abpassen, wenn sie kurz davor war, das Gleichgewicht zu verlieren, blitzschnell mit einer laut gestellten überrumpelnden Frage zuschlagen, und dann natürlich als treusorgender Ehemann den Krankenwagen rufen. Ja, das war es! Er trat näher heran, holte tief Luft und fragte mit lauter Stimme: „Irma, was machst du denn da?“
Eine Viertelstunde später fragte der herbeigerufene Sanitäter: „Wie ist das denn eigentlich passiert?“ Irma antwortete: „Ich habe mich erschreckt, als mein Mann mich auf der Leiter ansprach und bin abgerutscht. Mein Mann wollte mich auffangen, aber dabei hat er sich anscheinend den Rücken arg verknackst. Mein Held!“
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