
Zu den abc-Etüden geht es hier. In dieser Runde stammt die Wortspende von mir selbst und ich wusste bis gestern noch nicht, worüber ich schreiben werde. Ob mir mehrere Etüden einfallen, mal sehen. Für den Anfang teile ich eine Erinnerung mit euch:
Mein erster Segeltörn ist fast 30 Jahre her. Es war eine Art segelnde Erfa-Gruppe*, denn die Crew bestand aus einer Betriebsberaterin, einem Softwarehausmitarbeiter und ansonsten lauter BuchhändlerInnen. Insgesamt waren wir 14 Leute und ich war mit Abstand die Jüngste. Es ging von Kiel aus in die dänische Südsee, und das Schiff war nicht etwa so ein schickes, weißes Segelboot, wie man sie aus dem Yachtclub kennt, sondern ein waschechter Marstal-Schoner, der liebevoll restauriert und mitsamt Skipper, Smutje und einer kleinen Stammcrew verchartert wurde.
Eine gehobene Ausstattung hatte das Schiff, alles aus Holz, Messing und anderen natürlichen Materialien. Kein GFK, keine Nylonsegel oder Polyesterseile. Ich war schon beeindruckt, als ich das Schiff in Kiel am Kai liegen sah. Die Kabinen waren urig, aber nach meinem Empfinden ziemlich luxuriös, der Salon strahlte Gediegenheit aus, das Essen an Bord war sehr gut und sehr reichlich (später lernte ich: schmackhaftes Essen ist die beste Methode, eine Meuterei zu verhindern). Das konnten wir dann bei der Arbeit an Deck wieder abspecken. So ein schönes Schiff musste schließlich jederzeit besenrein aussehen!
Wir dampften also frohgemut los aus Kiel, Richtung Aerö, um das Städtchen Marstal zu besuchen, das den Schiffen ihren Namen verliehen hatte, denn dort wurden diese Traditionssegler vor über 100 Jahren als Frachtschiffe gebaut. Marstal ist eine schöne kleine Stadt mit viel Charme, sie strahlt Ruhe und Gelassenheit aus, „hygge“ eben.
Nachdem wir von Marstal aus Richtung Fünen wieder losgefahren waren, gab es weiter gutes Essen, jeden Nachmittag einen 5-Uhr-Sherry, aber was wir fast schmerzlich vermissten, war das Wesentliche beim Segeln: es gab keinen Wind. Und so habe ich meinen ersten Segeltörn in Erinnerung als fast komplett unter Motor gefahrenen Törn, bei dem ich vor allem Spaß daran hatte, vorne im Klüvernetz über dem Meer zu liegen und die Seele baumeln zu lassen.
*Erläuterung: Eine Erfa-Gruppe ist eine Gruppe von selbständigen Buchhändlern, die ähnliche Betriebsgrößen und Sortimente haben und sich über Umsätze, Werbung und andere wichtige Dinge austauschen.
Eine feine Geschichte, die bei mir nun lebhaftes Kopfkino in Gang gesetzt hat. Danke fürs Erzählen. Ich musste allerdings Tante Guugel befragen, was ein Marstal Schoner ist. 😉
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Bitte, gern geschehen. Ich denke, du hast sicher die „Zuversicht“ gefunden, das ist schon ein feines Schiff. Leider nicht bezahlbar…
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In Wismar sah ich die Atalanta, auch ein Marstal Schoner. Sah schon sehr elegant aus, segelnd in Fahrt. Aber dann wäre es wohl nichts mit dem gemütlichen Seelebaumeln gewesen, wie es sich hier herauslesen lässt.
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Nee, dann wäre Segel trimmen dran gewesen. Ist dann halt anders schön😃
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Das klingt ein bisschen nach „Segeln light“, also sehr light, aber für für alle, die sich noch nicht so recht sicher sind, ob sie es abkönnen, tagelang auf dem Wasser zu sein, muss es toll sein. Das mit dem Essen glaube ich dir sofort! 😎
Bin gespannt, was dir in deinen zwei Wochen noch so alles einfällt! 🧡
Frühabendgrüße ⛅🌳🦢☕🍪🌼👍
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Das stimmt, aber bei manchen hatte ich sowieso den Eindruck, der Sherry war wichtiger. Mein Mann als „alter Seebär“ war aber ein bisschen enttäuscht.
Und: ja, ich bin auch gespannt😁
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Welche, denen der Sherry wichtiger ist, hast du immer, vor allem, wenn das Wetter mitspielt 😉
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So ist das wohl…
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Das erinnert mich gerade an die Autobiografie die ich gerade heute beendet habe – Lehmann, Marion – MEL – Hoch und Runter
Da geht es auch ums Segeln.
Mein erstes und einziges Segeln war nicht so prickelnd. Auf dem Ammersee und es war sehr windig….
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Deinen Beitrag über die Autobiographie habe ich eben schon mal kurz überflogen. Klingt interessant, ich schau da noch mal mit Ruhe drüber, heute Abend.
Und ich schätze mal, die Voralpenseen haben ihre ganz eigenen Herausforderungen durch die Fallwinde, die hat man auf Nord- und Ostsee, Müritz, Steinhuder Meer oder auch auf dem Ijsselmeer jedenfalls nicht. Mir macht es Spaß, aber ich habe immer Respekt vor den Elementen.
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Ich könnte mir vorstellen, dass das Buch dann was für dich wäre. Es ist zwar auch durch das Kind bisschen dramatisch – aber du wirst dich bestimmt gut durchfinden, da dir alles was sagt und vielleicht auch paar super Erinnerungen hervorholt.
Es lässt sich sehr gut lesen.
Ja – man sollte diese Elemente echt nicht unterschätzen.
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Beim Lesen hatte ich sofort wieder Sonderburg vor Augen, das ich 2018 besucht habe. Ich hatte dort für eine Woche ein Zimmerchen in einer Pension und bin an einem Tag auch nach Aerö gefahren. Das war eine wundervolle Zeit, an die ich gerne zurückdenke.
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Es ist einfach schön, in manchen Augenblicken in derart reichhaltigen Erinnerungen zu kramen. Hilft manchmal ungemein.
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Ja, danke, dass du meine Erinnerung wachgerufen hast.
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Gerne. Ich brauche solche Momente auch immer wieder.
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Hallo Annuschka, ich erinnere mich an einen Segeltörn der in Kiel Richtung Norden mit Motorkraft startete. Es roch eklig nach Treibstoff , mir wurde schlecht, dann hab ich ne ziemlich lange Weile „die Fische gefüttert“ und bin nach mindestens vier Stunden seekrank von Bord gegangen und hab mich ne Woche ins Bett gelegt. Diesen Törn werd ich nie vergessen. Das war ein Gruppenevent, lauter Vertriebler und ich als neue Kollegin dabei. Ich freue mich, dass du die Seele baumeln lassen konntest und es genossen hast. Liebe Grüße Petra
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