Kaum hatte ich das Büchertagebuch begonnen, habe ich schon wieder Pause gemacht. Es war viel los in den letzten Tagen. Müdigkeit am Abend. Weil ich es nicht mehr gewohnt bin, den ganzen Tag im Geschäft zu stehen, und weil ich teilweise gerade ganz neu denken muss: Was muss noch fürs Schulbuchgeschäft bedacht werden, brauchen wir noch Buchumschläge, Schreiblernhefte oder Sammelmappen? Nachmittags dazu stehende Wärme im Laden statt kühles Büro. Naja, alles eine Sache der Gewöhnung. Abends noch einkaufen, damit Mann und Tochter heute früh frohgemut auf unseren ihren Segeltörn fahren konnten, während ich nach wie vor die Hüterin des Buchladens bin, weil meine Chefin noch im Krankenhaus liegt. Ist halt so.
Aber nun ist Wochenende, bei der immer noch schwülen Wärme habe ich mir heute Nachmittag Lesezeit im Schatten gegönnt. Haushalt findet bevorzugt morgens zwischen 5:30 und 7:00 Uhr statt… Und da bin ich dann wieder beim Thema angekommen. Die Wärme (und für meine demnächst auf der Ostsee schippernde Familie: der Sauerstoffmangel in weiten Teilen ebendieser Ostsee), ist das alles noch Wetter oder schon Klima?
Ehe hier jetzt jemand Schnappatmung bekommt, ja, ich kenne den Unterschied. Aber ein bisschen Provokation muss sein.
Ich bin beim Kapitel „Wo wir heute stehen – Ansturm der Extreme„
Nicht alle haben Die Grenzen des Wachstums gelesen, das verlange ich auch nicht. Aber mir unbegreiflich ist: Viele unterschiedliche Medien (auch schon in den Zeiten vor „Lügenpresse-“ oder „Staatsmedien-“ Diskussionen) thematisieren seit den 1980er Jahren immer wieder den Klimawandel. Nicht immer so plakativ wie der SPIEGEL 1986 mit dem Titelbild, das den Kölner Dom im Wasser zeigt. Aber vieles, was im Lauf der Zeit geschrieben wurde, ist eingetroffen – oder sogar übertroffen!
In diesem Kapitel schreibt Latif darüber, dass das vergangene Jahrzehnt (2010-2020) sowohl in Deutschland wie auch global gesehen die wärmste Dekade seit Beginn der Aufzeichnungen war. Die aktuelle globale Erwärmung beträgt zurzeit 1,1 Grad Celsius. Ich ahne: vielen kommt diese Zahl verschwindend gering vor. Aber man sollte nicht außer acht lassen, dass bei einem fiebernden Organismus 1,1 Grad den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachen kann. Außerdem sehen wir die allermeisten Auswirkungen nicht „in Echt“. Korallenbleiche, Dürrekatastrophen, Schelfeis-Abbrüche – solange wir das in den Medien konsumieren, hat es keine Auswirkungen auf unser persönliches Leben.
Wärmeres Wasser hat eine geringere Dichte und dehnt sich aus? Es kann weniger Gase binden und lässt deshalb das Methan aus der Tiefsee schneller hochblubbern? Trägheit von großen Systemen, die den Bremsweg eines Supertankers kurz aussehen lässt? Hm, da war mal was vor Jahrzehnten im Physik- und Chemieunterricht. Schulterzucken, weitermachen…
Ein Zitat aus dem Kapitel:
„Verhandeln kann man mit der Natur nicht, sie folgt ihren eigenen Gesetzen, die wir nicht beeinflussen können. Das gilt auch für die anderen Umweltprobleme wie zum Beispiel für den Rückgang der Artenvielfalt, dessen Konsequenzen wir noch gar nicht absehen können. Und noch eines: Der Natur sind wir Menschen egal. Sie kennt kein Pardon. Der Planet wird seinen Weg gehen, mit oder ohne uns und unabhängig davon, wie es uns in der Zukunft ergehen mag. Diese Botschaft, so simpel sie sein mag, muss endlich in unseren Köpfen ankommen.„
Ganz klar: Wir werden quasi die Dinosaurier 2.0 dieser Erde sein.
Und was auch denen zu denken geben sollte, die sich ganz gern von der restlichen Welt abschotten möchten hier im beschaulichen deutschen Heimatgefilde und die meinen, dann ginge es uns schon ganz gut:
„Falls sich der Temperaturanstieg in den kommenden Jahrzehnten ungebremst fortsetzen sollte, wird dies zu einer Destabilisierung der Welt führen, unter der die Menschheit endlos zu leiden haben würde. Direkt, zum Beispiel durch noch mehr und noch intensivere Hitzewellen oder Starkregenereignisse, und indirekt, etwa durch die Einbußen in der Weltwirtschaft, die in eine Rezession rutschen könnte, mit der Folge einer Massenarbeitslosigkeit und großer Armut. Weitere globale Krisen als Folge der Überhitzung der Erde wären programmiert. Mehr Migration, mehr Hunger oder mehr Trinkwassermangel wären wahrscheinliche Konsequenzen, um nur einige Stichworte zu nennen. Für immer mehr Menschen auf der Erde ginge es ums nackte Überleben. Diese unheilvollen Entwicklungen haben schon längst begonnen und gewinnen an Dynamik, davon bin ich fest überzeugt, auch wenn man sie noch nicht eindeutig der globalen Erwärmung zuordnen kann.“
Mit diesen ermunternden Gedanken entlasse ich euch jetzt in den Samstagabend. Bei den Nachbarn qualmt der Grill, Bratwurstschwaden durchziehen mein Büro, und ich gehe dann mal Ratatouille kochen.
Bon Appetit und einen geruhsamen Abend.
Das Problem ist die Latenz. Würde der Tiger direkt vor uns stehen, würden wir rennen. Ist er erst für einen Zeitpunkt in 30 Jahren angekündigt, bleiben wir erst einmal sitzen und warten ab.
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Genau das ist es.
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