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Ein Lese-Intermezzo
Sich mit dem Klimawandel zu befassen, während um mich herum alles mögliche passiert, das meine Denkfähigkeit strapaziert, ist herausfordernd. Zumal hier in den letzten Tagen auch noch viel Schwüle in der Luft lag, die in der Küche Brot und Obst im Schnelltempo zum Schimmeln anregte und mein Hirn in eine breiige Masse verwandelte.
Da montags die Buchhandlung geschlossen ist, schmiss ich kurzerhand meinen Tagesplan um, den ich nachts im viel zu warmen Schlafzimmer gefasst hatte (und der in der Theorie viel mit Putzeimer, Lappen und Co. zu tun hatte). Und auch den „Countdown“ ließ ich heute beiseite. Stattdessen tat ich das, was für meinen Entspannungslevel gut war:
Ich schnappte mir eines meiner Netgalley-Leseexemplare.
Vielleicht war ich ein bisschen unbedarft, denn nach dem Cover hatte ich an einen schönen, leichten Sommerferienroman gedacht. Ziemlich schnell war mir allerdings klar, dass es doch tiefer geht: um Klassenbewusstsein, körperliche und seelische Versehrtheit, um das Aufstehen und Weitermachen nach vielfältigen Verletzungen.
Der K9-Polizist Trey kommt nach einer schweren Verwundung als Rehabilitant in den kleinen Küstenort Pleasant Shores an der Chesapeake Bay. Er soll an einer Schule als Ehrenamtlicher in einem Programm für benachteiligte Jugendliche mitarbeiten, die an der örtlichen Highschool extra unterrichtet werden. Die Lehrerin Erica, die mit viel Liebe nicht nur dieses Programm leitet, sondern sich auch um ihre kranke Schwester und deren Tochter kümmert, ist anfangs nicht begeistert über diese „Hilfe“, zumal auch Trey selbst sich fehl am Platz fühlt. Beide raufen sich aber zusammen und schaffen es, die Jugendlichen zu gesellschaftlichem Engagement zu bringen.
Auch andere Menschen im Ort schleppen ihre Päckchen mit sich herum. Und wie in vermutlich vielen Urlaubsorten sind natürlich Diskrepanzen zwischen Einheimischen, neureichen Zugezogenen und Touristen im Spiel. Einen dünkelhaften Schuldirektor als Gegenentwurf zu Trey und Erica gibt es auch noch.
Im Laufe eines Frühjahrs schaffen die beiden es mit unterschiedlichen Ansätzen, eine Gemeinschaft zwischen den Generationen zu etablieren. Schwieriger ist es für beide, herauszufinden, ob eine gemeinsame Zukunft für sie überhaupt möglich sein kann…
Das Buch ist erzählerisch in meinen Augen richtig gut gelungen. Durch die vielen beiläufig in der Geschichte platzierten Infos zu Polizeiarbeit mit Hunden, genetischer Disposition bei Krebserkrankungen und dem sozialen Gefüge kleiner Provinzorte wird es auch nie platt. Ich habe mich bestens unterhalten gefühlt und war dementsprechend auch nicht überrascht, dass ich das gesamte Buch (mit Unterbrechung für Mahlzeiten und Einkauf) innerhalb des Tages durchgelesen hatte. Und vielleicht schaffe ich es ja auch irgendwann einmal, in die wunderschöne Gegend dort zu reisen, die mir schon seit vielen Jahren (seit Micheners „Die Bucht“) immer wieder unter die Augen kommt.
Bibliographische Angaben: Lee Tobin McClain, Das Cottage in den Dünen, Verlag Harper Collins, ISBN 978-3-7499-0103-6, 12,- €
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