Wieder was gelernt

|Werbung, unbezahlt|

Ja, ich fahre ausgesprochen gern mit der Bahn. Immer noch, allen nicht ganz so schönen Erfahrungen zum Trotz. Klar, dass ich früher oder später auf dieses Buch stoßen würde. Über den Umweg eines Podcasts bekam ich den Impuls, mich bahntechnisch fortzubilden.

Die beiden Autoren sind schon ziemlich nah am Profibahnfahrer, und so liefern sie in diesem Buch ebenso amüsante wie kenntnisreiche Einblicke in all die verschiedenen Bereiche, aus denen vermutlich alle, die jemals in einem Zug saßen, ihre ganz persönlichen Anekdoten und Horrorerlebnisse erzählen können.
Um es gleich vorweg zu sagen: Der ganz normale Lokführer oder die ebenso normale Zugbegleiterin sind zwar oft diejenigen , die alles ausbaden müssen, was schiefläuft, aber sehr oft ist das so, als wenn in altgriechischen Mythen die Überbringer der schlechten Nachrichten geköpft wurden. Aber der bekannte Spruch „Der Fisch stinkt vom Kopf her“ zeigt sich mal wieder als sehr zutreffend. Wobei der Kopf nicht immer nur der jeweilige Bahnchef ist (wobei es in den letzten Jahrzehnten so viele Luftfahrtvorbelastete gab, dass man sich fragt, ob es da Verträge gibt oder Ein- und Ausflugschneisen), sondern auch jemand anderes sein kann, der für einen bestimmten Bereich Verantwortung trägt, aber nur in der Theorie, weil er die dahinterstehende Praxis nie kennengelernt hat. Fehlplanungen, merkwürdige Investitionspolitik, großkopferte Projekte (vor 4000 Jahren hätten die Verantwortlichen vermutlich Pyramiden gebaut…)

Ein Schelm übrigens, wer dabei einen bestimmten Posten in der Bundespolitik im Hinterkopf hat, oder?

Auf jeden Fall weiß ich jetzt auch, was es bedeutet, wenn der Zug nicht starten kann, weil der Lokführer fehlt: der hat dann nicht etwa den Wecker verschlafen, sondern meistens den Zug zu seinem Einsatzort nicht bekommen. Oder musste bei der Anfahrt per Bahn auf offener Strecke warten, weil ein anderer verspäteter ICE durchgelassen werden musste.
Ich habe mich kopfschüttelnd durch das echt gruselige Kapitel über die Warenwirtschaft in Bordbistros gelesen und frage mich, warum es nicht wenigstens Tomatensaft in ausreichender Menge gibt, weil …, Luftfahrterfahrung, nicht wahr?

Und ich bin masochistisch genug, auch weiterhin auf die deutsche Bahn zu setzen, aber mich vielleicht ein bisschen mehr als bisher auf alle Eventualitäten vorzubereiten. Weil ich alle diese schrägen Bahnfahrer, die im Buch genüsslich beschrieben werden, auch mal sehen möchte. Denn einige der Stereotypen kenne ich noch nicht aus eigener Anschauung. Ob ich weiß, was ich mir da zutraue -mute, werde ich dann irgendwann mal berichten.

Bibliographische Angaben: Mark Spörrle/Claas Tatje, Tschusing Deutsche Bahn today, Lübbe Verlag, ISBN 978-3-431-05015-8, € 14,90

Autor: Annuschka

Ostwestfälisch beharrlich, meistens gut gelaunt, Buchhändlerin, Ehefrau, Mutter von drei tollen Töchtern, Hundemama, Jugendarbeiterin (in zeitlicher Reihenfolge des Auftretens). Mit vielen Interessen gesegnet oder geschlagen, je nach Sichtweise ;-)

5 Kommentare zu „Wieder was gelernt“

  1. Meine Schweinfurter Freundin hat mittlerweile in fast drei Monaten 9-Euro-Ticket nicht nur schlechte Erfahrungen mit der DB am laufenden Band sammeln dürfen, sondern auch mit der Flut der Passagiere. Da würde in der Regel beim Einsteigen in einen bereit gestellten Zug ein solch rücksichtsloses Gedrängele und Übermaß an Aggressivität herrschen, dass sie mir schon etliche Male nach ihren Touren erzählt hat: „Das hättest du als körperlich Schwerbehinderte mit Rollator nicht heil überstanden! Da bricht ja schon fast der Dritte Weltkrieg aus, wenn eine Frau mit Kinderwagen einsteigen will!“

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    1. An manchen Bahnhöfen und auf manchen Strecken ist das so. War es aber teilweise auch schon vor dem 9-€-Ticket. Und die Verantwortung dafür liegt nicht immer bei der Bahn, sondern oft auch an der Mentalität der Fahrgäste. Sonst gäbe es ähnlich gelagerte Probleme ja nicht in anderen Zusammenhängen, zum Beispiel am Eingang von Konzertsälen (Drängelei ohne Rücksicht auf andere, eventuell gehandicapte Menschen) oder auf öffentlichen Toiletten, Autobahnausfahrten oder in der freien Natur (Zumüllungstendenzen).
      Im Buch steht zum Beispiel auch, dass sich kaum Leute an die Mülltrennung gehalten haben, so dass immer nachsortiert werden musste. Und da habe es sich als praktikabler erwiesen, gleich alles (außer Papier, das wird nach wie vor getrennt) zu sortieren und auf die Trennung zu verzichten.
      Aber als ich las, welche Gründe häufig für das Nichtvorhandensein mancher Mahlzeiten in Bordrestaurants verantwortlich sind, war ich kurz davor, in den Tisch zu beißen… Da bewahrheitet sich teilweise der Spruch, dass der Unterschied zwischen Theorie und Praxis in der Praxis größer ist. Sprich, dass da mitunter Menschen für Logistik zuständig sind, die von Tuten und Blasen keine Ahnung haben. Aber vermutlich ein BWL-Studium🙄.

      Im Endeffekt ist es wie überall, es gibt keine einfachen Antworten auf lange gewachsene und komplizierte Probleme, ich versuche weiterhin, beim Bahnfahren ein kleines bisschen Influencerin für Empathie und einen rücksichtsvollen Umgang zu sein… Zumindest, solange mich nicht irgendjemand auf die Palme gejagt hat😅

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  2. Kennst du irgendeinen Großbetrieb (vergleichbar mit der Größe des Gesamtunternehmens DB), in dem es wirklich besser läuft …? Egal wo, wenn du ein wenig „hinter die Kulissen schaust“, wirst du nahezu überall so einige Illusionen verlieren … .

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    1. Das ist richtig. Im Gegensatz zur Bahn haben aber die meisten Großbetriebe keine gesamtgesellschaftliche Funktion, sondern sind privatwirtschaftlich relevant. Daher ist es durchaus kritisch zu sehen, ob die Überführung der Bahn in ein Zwitterkonstrukt, das wie ein privatwirtschaftliches Unternehmen geführt werden soll, aber doch irgendwie hoheitliche Aufgaben hat, im Nachhinein so wirklich sinnvoll war. Wenigstens hat man sich ja vom Börsengang verabschiedet. Aber denk mal in die Richtung weiter, was so manchem Gesundheitsbetrieb, wie z.B. ein kommunales Krankenhaus, droht, wenn alles nur noch profitorientiert laufen soll. Da schwant mir Übles. (Schlimmer geht immer?😲)
      Das sollte gleich mit bedacht werden. Es gibt allerdings genügend Leute neoliberaler Ausrichtung, die diesen Kurs feiern.

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    2. Krankenhäuser werden leider (von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen) schon längst alle nach betriebswirtschaftlichen Vorgaben geführt, auch die, die noch in öffentlicher Hand sind. Das ist etwas, was aus meiner Sicht viel breiter diskutiert werden sollte, denn im Gesundheitswesen gibt es so viele erhebliche Fehlanreize, die der Gesundheit der Menschen meistens abträglich sind…. .

      Aber wie du, sehe auch ich es noch deutlich kritischer, wenn Aktienunternehmen hinter einer solchen (oder anderen) Einrichtung der Daseinsvorsorge stehen.

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Kommentare sind geschlossen.

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