
Ich bin mit der Teufelskrone von Rebecca Gablé immer noch nicht durch. Teilweise liegt es am Umfang des Buches, aber teilweise auch an meiner Wissbegierde (Sachliteratur, Wikipedia und Google Earth sind meine ständigen Begleiter) – und an Urlaubserinnerungen. Im Buch geht es neben der Familie Waringham (die immer der jeweiligen Königsfamilie dient), um die Plantagenets und ihre Herrschaftszeit, nicht nur in England, sondern auch in weiten Teilen des heutigen Frankreichs, ihrer eigentlichen Heimat: Aquitanien, Anjou, Touraine und wie die schönen Landschaften heißen.
Vor fast 30 Jahren hatte mich die Faszination für diese machtbewusste und skandalträchtige Familiendynastie schon einmal erfasst, damals hatte ich Die Löwin von Aquitanien von Tanja Kinkel gelesen und ich liebte den Film Der Löwe im Winter mit Peter O’Toole und vor allem der großartigen Katherine Hepburn. Was lag also näher, als im Frankreichurlaub einige Orte zu besuchen, die sinnbildlich für diese Epoche stehen? Nach zwei Wochen Atlantikküste auf der Halbinsel Medoc fuhren wir gemächlich das Loiretal samt Nebenflüssen hinauf. Ich erinnere mich noch an einige nette Campingplätze, wie den Camping Municipal in Chinon, am Ufer der Vienne, der Burg gegenüberliegend. Den gibt es auch heute noch:

Außer der Burgruine von Chinon besuchten wir von dort aus auch die Abtei Fontevrault, in deren Kirche die Grabmäler von Henry II. und seiner Frau Eleonore von Aquitanien sowie deren Sohn Richard I., genannt Löwenherz ebenso liegen wie das von Isabelle von Angouleme, der zweiten Frau seines Bruders John (Johann Ohneland, Thronfolger von Richard)
Eine nicht so nette Erfahrung machten wir dagegen in Amboise: der Campingplatz liegt sehr malerisch auf einer Loire-Insel, aber da unser damaliger Wohnwagen eine Tandem-Achse hatte, durften wir nicht dort bleiben. Hätte man das mit dem leichten Sandboden und der Einsinkgefahr erklärt, wäre es uns auch noch eingeleuchtet, aber die Aussage lautete: Tandem-Achsen hätten nur die Wohnwagen von „ciganes“ (ja, wörtlich: Zigeuner!) und die wären nicht willkommen. Unsere deutschen Personalausweise galten nichts. Schon damals fand ich diese diskriminierende Haltung gegenüber den Menschen, die als billige Erntehelfer gern genommen wurden, aber ansonsten gesellschaftlich nicht anerkannt waren, mehr als grenzwertig. (Zumal wir in einem früheren Urlaub in den französischen Pyrenäen mit einer Gruppe wallfahrender Roma sehr nette Erfahrungen gemacht hatten, aber das ist eine andere Geschichte und soll ein anderes Mal erzählt werden.)
Als Ausgleich dafür fanden wir dann aber einen schnuckeligen kleinen Camping à la Ferme (auf dem Bauernhof), nur zwei Handvoll Stellplätze, durch Hecken abgetrennt, Sanitärgebäude war eine umgebaute Feldsteinscheune und frische Milch und Eier gab es auch. Das war in der Nähe von Chambord, welches wir natürlich auch besuchten. Ich habe nicht nachgezählt, ob es dort tatsächlich 365 Kamine gibt (für jeden Tag des Jahres einen), aber unsere beiden Töchter, die damals noch nicht in die Schule gingen, hatten einen großen Spaß an der berühmten Treppe, von Leonardo da Vinci entworfen. Diese Treppe besteht eigentlich aus zwei Treppen, die in einer Doppelhelix ineinander verschlungen sind wie ein DNA-Strang. Jede von beiden nutzte eine Treppe, sie konnten einander immer mal wieder durch Durchbrüche und Sichtfenster im zentralen Mauerwerk sehen, aber sie begegneten sich nie. Rauf und runter flitzten sie und wurden nicht müde.

Wir besuchten auch noch Schloss Villandry, das französische Dornröschenschloss mit dem wundervollen Gemüsegarten, in dem Kohlköpfe, Lauch und andere Nutzpflanzen einträchtig neben üppigen Rosen wachsen. Sehr bekannt sind auch die Gärten der Liebe, die in einzelnen Bereichen die unterschiedlichen Liebesarten darstellen. Hier bei Wikipedia gibt es tolle Fotos von diesem Garten. Ich habe keine Fotos der Reisen (1996 und 1997 war das vermutlich), die ich hier präsentieren könnte, das war deutlich vor meiner Zeit der Digitalfotografie, die erst nach 2010 begann.
Ach herrje, während ich dieses schreibe, bekomme ich doch glatt ein wenig Sehnsucht, diese oder eine ähnliche Tour noch einmal zu fahren.
Bücher vertreiben uns nicht nur die Zeit, entführen uns in fremde Welten und regen unseren Wissensdurst an, sie küssen bisweilen auch so manche lieb gewonnene Erinnerungen wach… Und so ähnlich wie dir mit „Teufelskrone“ ergeht es mir mit jedem neuen Buch von Donna Leon – beim Lesen liegt immer der Plan der Stadt Venedig und der Lagune griffbereit. 😉
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Haha, ich bin ja erleichtert, dass nicht nur ich so nerdig bin 😃
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