Schwimmen oder Nichtschwimmen – das dürfte nicht die Frage sein

Sehr frei nach Shakespeare.

Unser Hallenbad soll im Winter aus Energiespargründen geschlossen bleiben. Das hat der Aufsichtsrat unserer Stadtwerke beschlossen, übrigens gegen das Votum des Geschäftsführers. Es hat natürlich Auswirkungen in weite Teile der Gesellschaft, nicht nur bei uns, dürfte diese oder eine ähnliche Diskussion doch in vielen Städten geführt werden.
Ich kann ein Stück weit sogar die Probleme verstehen, in denen die Verantwortlichen (die zumindest hier bei uns zum großen Teil aus ehrenamtlichen Lokalpolitikern bestehen) nichtschwimmerwassertief stecken:
Sie werden für ihre verantwortungsvolle Tätigkeit nicht „fürstlich“ bezahlt, sollen mit den Geldern der Allgemeinheit sparsam und ordentlich umgehen, ziehen sich viel Unmut aus der Bürgerschaft zu (egal, wie sie entscheiden), haben wenig Freizeit und vieles andere.

Aber es zeigt sich zunehmend, dass in den letzten Jahren immer mehr Gemeinschaftsgut (wie öffentliche Bibliotheken, Theater, Sport- und Freizeiteinrichtungen, Schulen, allgemeine Infrastruktur) kaputtgespart oder deren gesellschaftlicher Nutzen kleingeredet wurde.
Geld regiert(e) die Welt, Allgemeinvermögen wurde privatisiert, Prestigeobjekte (die in Deutschland zumindest ja auch regelmäßig eher für Spott als Prestige sorgen) durchgeboxt, aber Verluste materieller oder immaterieller Art wurden sozialisiert.
Und nun haben wir den Salat.

Heute hat es mir gereicht, ich habe einen Leserkommentar an unsere Lokalzeitung geschrieben. Ich weiß gar nicht so recht, aus welcher Motivation heraus, denn meist gehen mir die zwei Handvoll (meist) Männer fürchterlich auf den Keks, die gern und ausufernd ihren Senf zu allem dazugeben.

Kinder und Jugendliche, Menschen, die aus beruflichen oder ehrenamtlichen Gründen eine fundierte Schwimmausbildung (samt kontinuierlichem Training) benötigen, und übrigens auch Senioren oder chronisch Erkrankte, denen aus gesundheitlichen Gründen mitunter nur noch das gelenkschonende Schwimmen für die Fitness als sportliche Betätigung bleibt.
Das sind in allererster Linie die Betroffenen. Also wieder einmal diejenigen, die keine große Lobby haben oder für das Funktionieren von Sicherheit und Freizeitangeboten unverzichtbar sind.

Natürlich muss aus vielen Gründen an allen Stellen überlegt werden, wo und wie das Energiesparen sinnvoll und machbar ist, aber es muss auch immer die Zukunft der Gesellschaft im Blick sein. Und das sehe ich bei manchen Maßnahmen im Augenblick nicht.

Im Jahr 2022 haben wir so viele sinnvolle Möglichkeiten für ein großformatiges Brainstormen, für ein Sammeln und Sichten auch der unkonventionellsten, aber möglicherweise doch zielführenden Ideen. Wo ist das „Out of the Box“-Denken, das so gern gefordert wird?
Stattdessen wird an zu vielen Stellen auf Status Quo gepocht (gern nach dem St. Floriansprinzip), mit Maßnahmen aus dem letzten Jahrhundert auf Herausforderungen reagiert, Aktionismus statt besonnenem Nachdenken eingesetzt. Schade.

Jetzt lehne ich mich zurück und warte. Aber worauf? In erster Linie vermutlich darauf, dass sich (in unserem Land und anderswo) wieder mehr Mut zu ungewöhnlichen Aufbrüchen und der sprichwörtliche deutsche Erfindergeist breitmacht. Dass nicht hinter jeder Tür das Gespenst des „Das haben wir schon immer so gemacht“ und die zähneklappernde „German Angst“ sowie die Bärenfalle des „das funktioniert so nicht“ lauert. Dass reaktionäre Patentrezepte sich als die Sackgassen entlarven, die sie sind und nicht zuletzt auch auf das Ende so mancher Regulierungsorgie.

Ich hoffe schwer, dass ich dabei nicht Moos ansetze🙄.

Autor: Annuschka

Ostwestfälisch beharrlich, meistens gut gelaunt, Buchhändlerin, Ehefrau, Mutter von drei tollen Töchtern, Hundemama, Jugendarbeiterin (in zeitlicher Reihenfolge des Auftretens). Mit vielen Interessen gesegnet oder geschlagen, je nach Sichtweise ;-)

4 Kommentare zu „Schwimmen oder Nichtschwimmen – das dürfte nicht die Frage sein“

  1. Wir brauchen eine viel besser organisierte Verfolgung und Ahndung von Steuerhinterziehungen als bisher! Das mag jetzt auf den ersten Blick in keinem Zusammenhang mit den kaputt gesparten Schulen, Bädern, Sport- und Freizeiteinrichtungen zu tun haben. Auf dem zweiten Blick allerdings schon, und zwar sehr viel! Deutschland gilt in aller Welt mittlerweile als El Dorado für Steuerhinterzieher und Geldwäscher. Man schätzt, dass Jahr für Jahr dem Fiskus zwischen 60 und 160 Milliarden Euro Steuergelder durch die Lappen gehen. Hätte der Staat all diese Gelder zur Verfügung, müsste nichts, aber auch gar nichts kaputt gespart bzw. vorübergehend geschlossen werden! Und die Einrichtung eines Sozialstaates, der dieser Bezeichnung wirklich gerecht wird, wäre überhaupt kein Problem. Es könnte jede Person in diesem Lande so unterstützt werden, dass es weder Tafeln noch Einrichtungen für Obdachlose mehr geben müsste…
    Ich drücke dir ganz fest die Daumen, dass du eine sinnvolle und gute Antwort auf deinen Kommentar erhalten wirst, und nicht nur ein paar nichtssagende, zusammengestopselte Worthülsen.

    Gefällt 1 Person

    1. Das ist so. Aber da wird eher den „bargeldintensiven“ Einzelhändlern mit Maßnahmen wie der TSE bürokratische Hürden auferlegt und immer neue Investitionen abverlangt (die TSE der Bundesdruckerei wird nach knapp zwei Jahren vor dem Aus stehen, weil ihr Zertifikat nicht verlängert wird. Da müssen alle, die mit elektronischen Kassensystemen arbeiten und dem Bundesdruckerei-Modul arbeiten, Anfang 2023 ein zweites Mal tief in die Tasche greifen😤) Aber ehe man sich an internationale Großkonzerne und Steuervermeider wagt, muss noch sehr viel Wasser die Flüsse passieren.

      Antworten habe ich bisher nicht bekommen, 24 Daumen hoch und zwei runter waren es zuletzt. Man schätzt sich ja schon glücklich, wenn man nicht digital angekeift wird😉

      Gefällt 1 Person

    1. Eben. Aber ohne Spaßbecken, Whirlpool, Palmen, Piratenschiff und anderes Zubehör gibt es ja auch kaum noch Bäder. Selbst in kommunaler Hand.

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Kommentare sind geschlossen.

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