
Am 8. Januar vor 50 Jahren lief der ARD die erste deutsche Folge der Sesamstraße. Das Kinderbildungsfernsehen war aus den USA nach Deutschland geschwappt, in Testausstrahlungen der Originalsendungen vereinzelt schon im Jahr 1972 in den Regionalprogrammen (allerdings nicht in allen, Süddeutschland sperrte sich noch) zeichnete sich ab, dass es funktionierte.
Vielleicht gab es auch bereits urdeutsches Programm, um Kindern die Welt oder zumindest einen kleinen Teil davon zu erklären, aber das fand zumindest in unserem Wohnzimmer nicht statt. (Vielleicht weiß ja jemand von euch mehr darüber, dann freue ich mich über Kommentare.) Und ich durfte auch nicht jeden Abend eine halbe Stunde vor der Flimmerkiste sitzen, sondern nur am Wochenende. Das Parken der Kinder frühmorgens vor dem Fernseher, wenn die Eltern ausschlafen wollten, gab es natürlich auch noch nicht.
Ich weiß noch, dass meine Mama zunächst nicht begeistert war von diesem „neumodischen amerikanischen Quatsch mit den Puppen“. Aber meine Quängelfähigkeiten haben stetig den Stein ihres Widerstandes ausgehöhlt. Anfangs, als es noch keine in Deutschland gedrehten Folgen gab, wurde die amerikanische Sesamstraße synchronisiert, was man daran merkte, dass die Mundbewegungen der Menschen nicht immer zum Text passten. Aber den größten Eindruck machte es auf mich, als wir endlich einen Farbfernseher bekamen und ich kleines ostwestfälisches Landei dadurch zum ersten Mal bemerkte, dass es Menschen gab, die nicht dieselbe Hautfarbe hatten wie die in unserer Umgebung. Das kam nämlich damals in unserer Gegend nicht vor. Nach dem zweiten Weltkrieg war hier britische Zone, in Minden waren zwar Soldaten stationiert, mit denen hatte ich aber erstens nichts zu tun und es waren auch zweitens eher Schotten oder Nordengländer. In Süddeutschland, in der amerikanischen Zone, sah es anders aus, allerdings wusste ich das ja nicht.
Zusammen mit Henning Venske und Liselotte Pulver, die geduldig und kindgerecht Fragen zu allem möglichen beantworteten, machte die Sesamstraße mein Weltbild bunt und weit.
Vielleicht sollten gewisse Menschen mehr Sesamstraße gucken und vor allem mehr fragen (statt die Antworten angeblich schon im Voraus zu kennen). In diesem Sinne: Herzliche Glückwünsche, Sesamstraße, mögest du noch ein langes Leben mit vielen Fragen und Antworten haben.
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