
Nun ist er fast schon vorbei, der Januar, der Veganuary. Hast du mitgemacht? Ich nicht. Vegetarisch ist bei uns normal. Für uns Eltern ab und zu durch etwas fleischhaltiges ergänzt. Mal ein bisschen Geflügel, mal etwas vom Biorindfleisch, das wir direkt beim Bauern gekauft und dann portionsweise eingefroren haben.
Aber ganz und gar auf tierische Lebensmittel verzichten, das klappt nicht. Muss auch nicht, finde ich, solange wir bewusst und selten Fleisch konsumieren und nicht alles wahllos in uns reinstopfen. Wir achten im Allgemeinen darauf, woher unsere Lebensmittel kommen und bemühen uns, so zu kochen, dass wenig Reste anfallen, die wir dann möglichst auch noch verwerten können. Natürlich ist noch Luft nach oben, immer kann man es nicht komplett hinbekommen, aber im Großen und Ganzen kriegen wir es immer besser hin, die Ernährung nachhaltig aufzustellen und auf den mengenmäßigen Punkt zu kochen.
So weit, so gut. Als es mir Anfang Januar gesundheitlich noch nicht wieder gut ging, frönte ich einem meiner Hobbies und las Speisekarten. Das geht ja inzwischen meist auch online und ich wollte Inspirationen für die eigene Küche sammeln. Zusätzlich stehen in unserer Tageszeitung immer Anzeigen in einer Übersicht, was es an Tagesgerichten in diversen Supermärkten und gastronomischen Betrieben gibt.
Dabei ist mir mal wieder aufgefallen: Ob beim Italiener, im Dönerladen, beim Inder, Spanier oder Chinesen, überall gibt es vegetarische und vegane Gerichte. Sogar (oder gerade) in den angesagtesten Burgerschuppen gibt es für alle Ernährungsformen sogar mehrere Gerichte zur Auswahl. Mir fällt ein, sogar bereits in den 1980er Jahren gab es bei den Aufläufen im Minchen oder im Känguruh in Bückeburg und im Seriösen Fußgänger in Minden stets mehrere vegetarische Versionen.
Aber wehe, man möchte gutbürgerlich in einem ganz normalen deutschen Restaurant essen. Wenn man Glück hat, gibt es eine Suppe ohne Fleischeinlage. Und Beilagensalat. Das war es dann häufig schon. Ach nee, bei den Desserts könnte man noch fündig werden. Ganz davon abgesehen, dass teilweise sogar das Restaurantpersonal mitunter den Unterschied zwischen vegetarisch und vegan nicht kennt – oder sogar der Meinung ist, Hühnchen sei doch gar kein Fleisch. (Alles schon erlebt.)
Das ist ja fast wie im Mittelalter, als man Biber in der Fastenzeit servierte, weil ein Tier, das im Wasser lebt, als Fisch angesehen wurde.
Wenn wir als Familie essen gehen, dann freut sich mein Mann, wenn er mal etwas essen kann, das ich zuhause nicht koche. Leber zum Beispiel. Unsere Tochter isst fleischlos. Grundsätzlich. Und ich entscheide mich inzwischen meist auch für Gerichte ohne Fleisch. Wir können uns also durch die restliche Welt futtern (aber dann wird es mit der Leber schwierig), oder es gibt zwar Leber, aber ansonsten viel leeren Raum auf den Tellern. Im Extremfall nehmen wir etwas, das eigentlich Fleisch enthält und bitten um das Weglassen des Fleisches. Und im Ultra-Extremfall müssen wir für das Weglassen des Fleisches dann umso mehr für den Rest bezahlen. Das nervt. In Deutschland, dem Land der Schnitzelfetischisten und Bulettenliebhaber könnte es im Jahr 2023 ruhig auch öfter mal Sellerieschnitzel oder Haferfrikadellen auf der Speisekarte geben. Ganz davon abgesehen ist die ständige Verfügbarkeit von fleischhaltigen Produkten eher ein relativ neues Konzept. Ich erinnere nur mal an den Sonntagsbraten. Der hieß ganz gewiss nicht so, weil er mittwochs oder an einem beliebigen anderen Tag auf den Tisch kam.
Oder hat das auch was mit Provinz und Ostwestfalen zu tun? Sind wir hier so hinter’m Berg?
Was mich sonst noch nervt: Die Mangelverwaltung. Mangel an Erziehern, an Lehrern, an Pflegepersonal, an Handwerkern, an Fahrern im ÖPNV… Alles nicht neu. Umso schlimmer, dass ich das Gefühl habe, irgendwie verharrt man beim Jammern, statt Maßnahmen zu ergreifen und Geld in die Hand zu nehmen. Wahrscheinlich dauert es so lange, erst eine Analyse und dann einen Aktionsplan aufzustellen. Uff!
Ratlosigkeit greift um sich. „Ich hatte wohl eine Lösung, allein: sie passte nicht zum Problem.“
Was ich als mindestens so großes Problem ansehe, ist das Vorherrschen von Convenience Food im öffentlichen Raum. Klar, dass ihr im Lokal keine Leber mehr bekommt – essen zu wenige, wird nicht vorgehalten. Okay, die Nachfrage nach Innereien ist seit Jahren wohl stark rückläufig.
Was du hingegen bekommst, ist Convenience jeden Grades, in hoher und nicht ganz so hoher Qualität, völlig egal, ob in vegan, laktosefrei, glutenfrei, vegetarisch oder mit Tier, Hauptsache hochverarbeitet und somit kalkulierbar.
Das ist nicht ganz die Antwort auf deine Ausgangsfrage, aber ein Aspekt. Ich habe dazu letzte Woche auf 3sat eine Doku gesehen: https://www.3sat.de/wissen/wissenschaftsdoku/230126-sendung-fertigessen-falle-wido-100.html
Nein, kein Veganuary (vegan, nicht vegetarisch per Definition, oder?), kein Dry January, aber viel darüber nachgedacht.
Danke hierfür. Guten Morgen!
Morgenkaffeegrüße 🌦️☕🍪👍
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Das stimmt. Im Restaurant wird teilweise Sous Vide das vorgekochte und vakuumierte Essen aufgewärmt (wobei das ja immer noch besser ist, als nicht verbrauchte Lebensmittel wegzuschmeißen), aber viel schlimmer finde ich die „Frischetheken“ in den Supermärkten, wo man hartgekochte, gepellte Eier oder aufgeschnittene Bananen in Plastik verpackt auf Styroportabletts kaufen kann😠. Alles muss schnell gehen und immer verfügbar sein, nur damit wir nicht planen oder vorbereiten müssen.
„Dry“ ist für mich seit über 10 Jahren jeder Monat (wegen Rheumamedis) und ich vermisse nichts. Die erste Zeit musste ich mich häufig erklären, aber das hat sich gelegt. Inzwischen werde ich schon beduselt, wenn ich nur an einem Weinglas schnuppere😅.
Stürmische Grüße zurück nach Hamburg.
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Stimmt, die „gut Bürgerlichen“ sind die Fleisch-lastigsten, mit auf Augenhöhe der Balkan- und Griechenküche. Meist ziehe ich mich dann auf Fisch zurück, soweit möglich.
Zuhause is(s)t anders. Viel Gemüse & Tofu, wenig Kohlenhydrate und immer wieder mal Aufläufe mit Käse & Ei. Pfannkuchen herzhaft auch sehr gerne, in allen Variationen. Backofen & Wok sind die beliebtesten Werkzeuge. Fleisch gibt es nur selten, mitunter wochenlang nicht.
Hab einen guten Wochenstart, Anja.
L.G., Reiner
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Aufläufe, One-Pot-Nudelgerichte, Gemüsepfannen und klassische Eintöpfe (um den Fleischanteil reduziert), das ist es auch, was bei uns dominiert. Seit unsere Jüngste regelmäßig den Kochlöffel schwingt, spielt außerdem Sriracha (eine scharfe Chilisauce) eine so wichtige Rolle, dass wir keine Zeit haben, das Fleisch zu vermissen😅.
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Leber? Barbarisch! 😉
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Überhaupt Innereien. Da bin ich auch kein Freund von. Und auch nicht von Labskaus, das muss er auch immer auswärts essen.
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Ganz in meiner Nähe befindet sich eines der letzten traditionsreichen und gutbürgerlichen Münchner Lokale. Da sind seit jeher auf der Speisekarte (Standard- und Tageskarte) mindestens ein halbes Dutzend vegetarischer Gerichte zu finden – Käsespätzle, Reiberdatschi (Reibekuchen) wahlweise mit Apfelmus oder Sauerkraut, Kräuterrührei mit Kartoffeln und Salat, Spiegeleier mit Spinat und Salzkartoffeln, Dampfnudeln, Rohrnudeln, große Salatplatte mit und ohne gekochtem Ei. 😉
Ich bin noch am Grübeln, wie ich heute den Motz-Montag gestalten soll, denn ich hatte eine so gute Woche, dass mir so gar nichts zum Motzen einfallen will. 😉
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Mir läuft das Wasser im Mund zusammen. Kartoffelpuffer könnte ich auch mal wieder machen (braucht gutes Wetter, die brate ich immer draußen). Spinat habe ich hier in der Gegend überhaupt noch nicht auf einer Speisekarte gesehen, außer beim Italiener als Füllung für Tortellini… Dafür gibt es den jetzt kurz entschlossen heute bei uns.
Aber die Westfalen stehen auf Stippgrütze, Bregenwurst und sowas. Das ist dann unser Pendant zu Schweinsbraten und Leberknödel.
Übrigens schön, dass du eine so positive Woche hattest.
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Stimmt, liebe Anja, gutbürgerlich heißt wohl immer zuallererst Fleisch. Meistens gibt es aber auch mindestens ein Fischgericht, oder? Und ein vegetarisches? Immerhin! 😉 Oder Süßes wie Eierkuchen mit Apfelmus. So erleben wir es meist in Deutschland. Das Problem meines Mannes ist hingegen die Allgegenwärtigkeit von angebratener Zwiebel in diesen deutschen Lokalen. Und nicht nur da. Ich berichtete mal davon, vielleicht erinnerst du dich, wie man ihm in einer italienischen Pizzeria eine Quattro Formaggi mit einem Berg Bratzwiebeln brachte. Brrr. 😝
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Uuuh. Pizza mit Bratzwiebeln🤮. Ich mag gebratene Zwiebeln, aber dort, wo sie hingehören.
Als ich mich so über die Speisekarte geärgert habe, sind mir außer bei den Kindertellern keine Süßspeisen aufgefallen. Aber stimmt, früher gab es die auch meist. Allerdings eher in Süddeutschland.
Fisch ist ja auch lecker, solange es kein Aal oder Wels ist, aber dafür sind die Preise ziemlich gepfeffert.
Was aber in Ordnung ist, wenn die Qualität stimmt.
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