
Mein heutiges Motzthema ist mal wieder eine Bankrotterklärung menschlicher Werte. Verzerrung, Deformation, sich und anderen in die Tasche lügen ist in manchen Bereichen teilweise an der Tagesordnung.
Ich habe einen Newsletter abonniert, vom Chefredakteur unserer Lokalzeitung, der mich oft zum Grübeln bringt (also der Newsletter, nicht der Chefredakteur😉). Vorletzte Woche machte er auf ein Thema aufmerksam, das uns als Familie und mich ganz persönlich zum Glück überhaupt nicht betrifft, weil wir keine leistungssportaffinen Familienmitglieder haben.
Es geht um Leistungssport und speziell um Essstörungen im Umfeld des internationalen Spitzensports. Hier eine sehr interessante Reportage, die teils echt heftig ist, aber sehr nachdenklich macht:
https://www.daserste.de/sport/sportschau/videos/hungern-fuer-gold-102.html
Natürlich gibt es Menschen, die essen können, was sie wollen, ohne zuzunehmen. Dann gibt es andere, die müssen nur mal einen Blick auf den Teller werfen und haben ein Kilo mehr auf den Rippen. Und diejenigen, die von Natur aus dünn sind, sind damit nicht besser als andere und vor allem auch nicht unbedingt gesünder oder glücklicher.
Auch im Leistungssport gibt es so unterschiedliche Menschen. Erschreckend und mehr als übergriffig empfinde ich es, was manche Trainer, Manager oder Sportfunktionäre von den Sportlern verlangen, die sie betreuen. Junge Menschen, die einen Sport zunächst einmal aus Spaß ausüben und dann auch noch Talent und Ehrgeiz zeigen, werden ausgenutzt und ihnen wird zumindest psychische Gewalt angetan, das alles noch dazu in einer äußerst sensiblen Lebensphase. Was ist daran anders als an Doping, gegen das inzwischen auch immer härter vorgegangen wird?
Die Tour de France zum Beispiel hatte nach dem Bekanntwerden der großen Dopingskandale ein massives Zuschauer- und damit auch Einnahmenproblem.
In der Folge wurde mehr und öffentlichkeitswirksam getestet, das Doping ist zwar nicht besiegt, aber erschwert.
Wenn Fernsehzuschauer es verweigern würden, den Fernseher einzuschalten bei Skisprung, Biathlon, Kunstturnen oder anderen Sportarten, die mit Mangelernährung oder Essstörungen als Mittel zum Zweck „arbeiten“, wenn deswegen die Werbung weniger und die Einnahmen zurückgehen würden, könnte es hoffentlich dazu beitragen, hier Änderungen herbeizuführen. Wenn die von Trainern und Funktionären verordnete Unterernährung den Straftatbestand der Körperverletzung erfüllen würde, täte das ein Übriges.
Beim Spitzensport frage ich mich ohnehin schon seit langem, was zum Henker da eigentlich noch alles für Geschütze aufgefahren werden sollen, um immer neue Rekorde aufzustellen. Menschliche Leistungsfähigkeit ist nicht unendlich dehnbar, ohne zukünftige Schäden der Athleten in Kauf zu nehmen. Und auch die Optimierung des Materials ist irgendwann ausgereizt. Ist es nicht eigentlich vollkommen aus der Zeit gefallen, wie hier immer einfach nur weiter so forciert wird? Höher, schneller, weiter?
Eine andere Sache, die wesentlich mehr Menschen, und hier vorwiegend junge Frauen, betrifft, sind Beauty Filter in den sozialen Medien.
https://www.instagram.com/reel/CpVr8SnPz0Y/?igshid=MDJmNzVkMjY=
Auch hier wird mit vermeintlich erstrebenswerten Zielen und Idealen gearbeitet. Statt die wunderbare Vielfalt menschlichen Aussehens zu feiern, wird den Mädels suggeriert, dass die „wahren Schönheitswerte“ in schmalen (Stups-)Näschen, fleischigen und glossigen Lippen, großen (gern katzenartig schräggestellten) Augen und üppiger Oberweite besteht. Dazu hohe Wangenknochen, glänzende mähnenartige Haare und ein makelloser, bronzefarbener Teint.
Die Gesichter werden dadurch immer vergleichbarer, nichtssagender, statischer. Da ist kein Gefühlsausdruck, kein Charakter und keine unverwechselbare Persönlichkeit dahinter.
Unsicherheiten, die viele Mädchen und Frauen – aber zunehmend sind auch junge Männer betroffen – in Bezug auf ihr Äußeres sowieso schon haben, werden dadurch nur verstärkt. Statt den Betroffenen ein gutes Selbstgefühl und Vertrauen in ihre ganz eigenen Werte und Fähigkeiten, auch abseits von Äußerlichkeiten, zu vermitteln, werden sie zu Püppchen gemacht. Und machen das auch noch mit, weil sie denken, es gehört dazu. Sorry, das gehört für mich ebenso ausgemerzt wie Finanzspekulation auf Lebensmittel. Manchmal ist es mehr als abartig, was die Menschheit als angebliche „Krone der Schöpfung“ anstellt.
Mich wundert immer wie vor allem beim Schispringen und Turnen die sportlichen Leistungen, die dort erbracht werden überhaupt möglich sind. Manche dieser Sportler und Sportlerinnen sehen aus wie Magersüchtige.
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Die sehen nicht nur so aus, die werden teilweise von Trainern in die Magersucht oder Bulimie getrieben.
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Aber wie können sie in diesem Zustand der Fehl- und Mangelernährung diese sportlichen Leistungen bringen? „normale“ Magersüchtige haben kaum Muskeln
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Ich schätze mal, Nahrungsergänzungsmittel und Proteine. In der Doku von der ARD wird auch darauf eingegangen, allerdings nur knapp (soll ja nicht anregen, es nachzumachen): Vor allem Kohlenhydrate werden verbannt.
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Aha, wie eine Gewichtsreduzierungsdiät.
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Ja, aber extrem. Und oft auch Bulimie.
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Ich habe neulich eine kurze Talk Show (Das!) mit der Ex-Turnerin Kim Bui gesehen. Das hat mich schon schwer schockiert, was sie erzählte und aus der Doku „Hungern für Gold“ zeigte.
Eine meiner Lieblings-Schulfreundinnen war eine wahre Sportskanone. Vor allem im alpinen Skisport hatte sie ein herausragendes Talent. Bereits als junges Mädchen bekam sie die hohen – übersteigerten – Anforderungen zu spüren, die man an Spitzensportler:Innen stellt.
Ich habe sie nach der Realschule aus den Augen verloren. Vor etlichen Jahren erzählte mir mal jemand, sie hätte nicht lange danach mit dem Leistungs-Skifahren aufgehört und würde als Physiotherapeutin arbeiten.
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War bestimmt langfristig besser für sie.
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