Heute früh spülte der WhatsApp-Status einer meiner Töchter dieses Video in mein Leben. (Sie ist Erzieherin und hat von daher einen ganz guten Einblick in die Materie, zum Beispiel was Lunchboxen, ach nee, sorry, neuerdings Bento-Boxen angeht.)
Klar, natürlich ist es (hoffentlich) Übertreibung pur. Aber irgendwie kennen wir doch alle diese angeblich perfekten Familien, in denen immer alles Tippitoppi ist, oder?
Im Rückblick, wenn ich genauer darüber nachdenke, ist es anscheinend nicht einmal schwierig, nach außen hin perfekt organisiert zu wirken. Wenn ich daran denke, wie oft mir als berufstätiger Mutter von drei Kindern mit großem Haus und Garten und teilweise pflegebedürftigen Angehörigen attestiert wurde, eine „Powerfrau“ zu sein, weil ich nach außen hin immer funktionierte, aber niemand meine Baustellen zu Gesicht bekam. (Bis ich einen formidablen Nervenzusammenbruch hatte, der als Rundumschlag alle betraf! Nicht erstrebenswert.)
Contenance war das Stichwort, die Engländer würden sagen „stiff upper lip“, der schöne Schein war anerzogen. Zum Glück gab es Homestories damals nur in der bunten Presse, wenn man das Unglück hatte, sehr prominent zu sein, weil man Gunter Sachs oder Farah Diba oder ähnlich hieß. Menschen, die heute übrigens niemand mehr kennt. So ist das eben. Heute hip, morgen vergessen.
Also, mein (gefühltes) mütterliches Versagen und meine Unzulänglichkeit, meine Ungeduld, die ungebügelte Wäsche, der angebrannte Milchreis und der fleckige Fußboden – kurz gesagt: alles, was im ganz normalen Familienleben vorkommt, aber ungern gezeigt wird – war nicht sichtbar. Und vor allem wurden unsere Kinder nicht so gnadenlos in die Öffentlichkeit gezerrt. Ich frage mich ja heute noch jedes Mal, wenn ich eine von ihnen hier im Blog auch nur erwähne, ob das eventuell übergriffig sein könnte. Ein einziges Mal hatte ich ein Foto unserer Jüngsten, damals noch ein Kleinkind, im Rahmen einer Urlaubserinnerung auf Facebook gepostet und bekam von der Ältesten, die zu der Zeit eine schulinterne Weiterbildung zum Cybercop machte, einen Rüffel. Vollkommen zu Recht! Ich hatte mir schlicht und ergreifend keine Gedanken darüber gemacht.
Aus meinen Erfahrungen heraus hinterfrage ich einfach mal die wunderschönen, inzwischen nicht mehr reinweißen, sondern (dem aktuellen Trend folgend) hellbeigen, naturfarbenen Zuckerfilmchen mit den sorgsam kuratierten Werbebotschaften. Möchte ich eigentlich wissen, wie es hinter den gut ausgeleuchteten Wohnkulissen aussieht? Vermutlich eher nicht.
Jungen Müttern und Vätern und überhaupt allen, die sich für das gelingende Aufwachsen von Kindern engagieren, rate ich einfach nur: Lebt euer Leben, wie es für euch passt. Man muss nicht vom Boden essen können, ich gehe davon aus, dass es ein Minimum an Geschirr gibt. Das lässt sich auch anschließend viel besser in die Spülmaschine oder ins Abwaschbecken stecken als Laminat oder teure italienische Terracottafliesen. Und wenn die Hemden knitterig sind, dann bügelt zur Not die Körperwärme🤷♀️.
Lest den Kindern lieber ganz in Ruhe Geschichten vor, die euch allen Spaß machen. Und jetzt lehnt euch zurück und hört und seht selbst:
Nobody is perfect – verkacken ist Alltag. Herrlich. Klingt nach einem passablen Lebensmotto😉 Habt einen schönen Tag.
PS: Solche Dinge wie Meal Prep (früher: Vorkochen oder Vorbereiten) und andere Lifehacks sind praktisch. Keine Frage. Und ein ungesunder Snack dann und wann gehört dazu. Aber der altmodische Ausdruck Maßhalten übt immer mehr Anziehungskraft auf mich aus.
Ja!!! So wahr!
Druck üb(t)en wir Mütter auch selbst unter uns aus. Meine Erinnerungen würden den Kommentar-Rahmen sprengen. Schade, dass ich vor 35 Jahren mit meinen zwei Kleinkindern eigentlich immer ein schlechtes Gewissen hatte.
Als ich gestern Carolins Influencer*innen im Fernsehen sah dachte ich nur: „Gut,dass es das damals noch nicht gab.“
LikeGefällt 1 Person
Genau so ist es. Danke.
LikeGefällt 1 Person
Kochen alle nur mit Wasser 😉
Oder kochen gar nicht
LikeGefällt 1 Person
Oder mit dem T.Mix😁
LikeLike