Im Ich kramen: Biografiearbeit

Auch das gehört dazu, wenn man ein Schreibstudium macht: Sich in seinem tiefsten Inneren auf die Suche nach Geschichten machen, Motivationsantreiber suchen, sich analysieren. Es ist ein wenig wie Selbsttherapie. Woher kommt mein Bedürfnis, Geschichten zu erzählen? Warum bin ich so, wie ich bin? Was hat mich geprägt? Wo liegen meine Brüche und Baustellen? Wofür bin ich dankbar und was kann ich eigentlich wirklich?
Seelenstriptease – wobei ich steuern kann, wieviel ich entblättere. Heilsam.

Aufgabe: Aus dem eigenen Leben

„Nein!“

Mir zitterten die Knie, aber es musste raus! Immerhin hatte ich die Leute schon mit einer Mail vorgewarnt. Leicht fiel es mir trotzdem nicht, hier und heute eine Absage zu erteilen – wenn auch erstmal nur temporär.
Immerhin tat ich das, was ich möglicherweise aufgeben wollte, wirklich gern und aus vollem Herzen.

Aber es war ein Punkt erreicht, an dem ich mich wider Willen fühlte wie manchmal in meiner Kindheit: ruhig und fast unsichtbar, immer bemüht, „das Richtige“ zu tun. Das, was von mir erwartet wurde, auch wenn es nicht das war, was ich wirklich wollte. Das, wovon ich dachte, es wäre dran.

Meine Talente und Begabungen wurden mir von anderen zugesprochen, nicht von mir selbst entdeckt. Dabei unterstelle ich niemandem, aus böser Absicht über meinen Kopf entschieden zu haben.

Meine Mutter wollte mir ganz selbstverständlich die Eigenschaften und Tugenden weitergeben, die sie für eine junge Frau als wichtig erachtete.
Die Gemeindeleitung hatte Aufgaben zu vergeben – und man dachte, ich sei für bestimmte Bereich supergut geeignet.

Vom Einfluss meiner Mutter hatte ich mich seit ihrem Tod nach und nach entkoppelt, obwohl einige ihrer Werte und „Glaubenssätze“ durchaus weiter wirksam waren. Aber es ist auch nicht alles schlecht, was sie mir mitgegeben hat. Es gibt einige Dinge und Maßstäbe, die ich selbst auch als wichtig erachte. Ich denke, so etwas gehört einfach zum Aufwachsen dazu.

In meiner ehrenamtlichen Arbeit hatte ich nach meinen „Schnupperjahren“ in denen ich mithalf, wo Hilfe gebraucht wurde, einen Punkt erreicht, an dem das nicht mehr funktionierte. Auch durch den Besuch mehrerer Willow-Creek-Kongresse hatte ich inzwischen weit mehr als eine diffuse Ahnung, wo meine Begabungen und Stärken lagen. Denn auf diesen Veranstaltungen ging es immer wieder um begabungsorientierte Mitarbeit.
Ich stellte fest, dass ich mehr Grundlagenwissen haben wollte, und auch, dass meine Stärken und meine Interessen in mehreren Themenfeldern liegen könnten. Zunehmend ging es mir auch gegen den Strich, dass im Anschluss an die schönen Bekenntnisse „Wir wollen gabenorientiert arbeiten“ immer wieder andere zu wissen glaubten, wo meine Begabungen lagen und wo nicht.

Und so stand ich hier nun. Vor einigen Leuten, die ich gut kannte, mochte und schätzte, und wollte ihnen meinen Austritt auf Zeit erklären.
Es war schwierig, denn ich mochte die jungen Menschen, mit denen ich arbeitete, ebenso die Leute aus dem Leitungsteam der Gemeinde, mein Team in der Jugendarbeit und auch die Aufgaben an sich.

Ich wusste, ich würde das alles vermissen, aber ich wusste auch, dass ich diesen Schritt gehen musste. Um mich selbst und meine Bedürfnisse wieder zu spüren. Um Klarheit zu bekommen, wie mein Weg zukünftig aussehen konnte. Um die Dimensionen meiner Lebenseinstellung wieder in Einklang zu bringen. 
Sich für die Gesellschaft einsetzen, den Glauben überzeugend leben, Menschen ein Stück auf ihrem Lebensweg begleiten, diese Wünsche mussten wieder zueinander passen. Und ich musste wieder einmal suchen, nach meinem ganz persönlichen Platz im Leben, musste den Sinn wiederfinden. Auch mein Bedürfnis, mit meinen Fähigkeiten, meiner Erfahrung und meinem ganzen Dasein Anerkennung zu bekommen, war in diesem Augenblick übermächtig. Schon früher war das ein wichtiges Motiv meines Lebens gewesen: Anerkennung bekommen für das, was ich einfach war – und nicht für das, andere in mir sahen.

PS: Seit dieser Situation sind nun ziemlich genau fünf Jahre vergangen. Durch die Gemeinschaft mit vielen ganz unterschiedlich geprägten Menschen, eine größere Sicherheit, was mein erworbenes Wissen angeht, aber auch durch einige Irrwege und Sackgassen finde ich immer besser zu einer Ahnung dessen, was ich sein möchte, sein könnte und vielleicht auch schon bin.
Aber ich weiß auch, dass der Weg und die Suche immer noch weitergehen wird. Hoffentlich noch lange – lebenslang.

Was ich dagegen immer noch nicht genau einordnen kann: Warum mein Bedürfnis nach ehrenamtlicher Arbeit so ausgeprägt ist.
Ich möchte mir gern vorstellen, dass es ein Vermächtnis meines Opas ist, an den ich eigentlich nur eine frühe Erinnerung habe: Wir saßen auf der Bank vor der Kirche und aßen „heimlich“ Fleischwurst.
Opa war Gewerkschafter, langjähriges SPD-Mitglied (auch während der NS-Zeit) und leidenschaftlicher Lokalpolitiker. Von ihm blieben mir sein Bundesverdienstkreuz, die Gewerkschaftsurkunden, einige Zeitungsartikel der Lokalpresse – und eine unerklärliche Vorliebe für Fleischwurst.

Übrigens bin ich durchaus der Meinung, dass ich eine glückliche Kindheit hatte, auch wenn nicht immer alles nach Wunsch lief.

Stadtradeln

Seit Pfingstmontag wird in unserem Landkreis gestadtradelt – oder stadtgeradelt? Egal, auf jeden Fall wird kreisweit in die Pedale getreten und fleißig mitgetrackt.
Seit Wochen ärgere ich mich schon, dass viele Straßen, auf denen ich unterwegs bin, vor allem am rechten Fahrbahnrand mindestens tiefe Risse aufweisen, aber auch Schlaglöcher, in denen man Blumen pflanzen könnte. Daher hatte ich mich auf die Möglichkeit gefreut, Schäden über die App zu melden. Das scheint allerdings bei uns nicht zu funktionieren. Dann eben „nur“ Radfahren. Auch gut. Seid ihr auch dabei?

https://www.stadtradeln.de/darum-geht-es

Mit einigen Leuten aus dem Umfeld der Gemeinde habe ich ein kleines Team zusammengestellt. Die Motivation, das Auto stehen zu lassen, steigt mit jedem Kilometer, der sich in der Teamstatistik ansammelt. Und wer nicht von Anfang an dabei ist, kann auch manuell nachtragen, wenn er im Aktionszeitraum schon Touren gefahren ist.

Das Coole an der Sache: Nach Ende des gesamten Zeitraums (also ab Oktober) werden die getrackten Strecken anonymisiert von der Uni Dresden ausgewertet, so dass Kommunen erfahren, wo es Schwerpunktstrecken gibt, ob die Menschen dort fahren, wo es erwartet wird oder an ganz anderen Stellen unterwegs sind. Mit diesen Ergebnissen soll die Fahrradinfrastruktur erweitert und ausgebaut werden. Also im weiteren Sinn ist es auch ein Projekt in Richtung „Citizen Science“.

Das Coole für mich persönlich: Ich merke mit jeder Fahrt, dass ich Energie erzeuge und offensichtlich auch speichere. Körper und Kopf werden leistungsfähiger, je mehr ich Rad fahre. Daumen hoch!

Wasser

Ich kann kaum an das Thema Wasser denken, ohne unpassenderweise die Liedzeile „Es ist nur Wasser überall…“ von Santiano im Hinterkopf zu haben. Und ich überlege mir, dass die Herren der Band nun wahrlich nicht das meinten, was für die Zukunft mehr als eine Option sein könnte.

Eigentlich ist Wasser ein Sehnsuchtsort, eine Oase der Ruhe und Entspannung im Bewusstsein vieler Menschen. Wenn wir Urlaub machen, selbst in den Bergen, freuen wir uns, wenn Wasser dabei ist. Ob nun weite Strände und dramatische Steilküsten, plätschernde Waldbäche, tiefgrüne Bergseen, tosende Wildflüsse, unterirdische Seen in Höhlensystemen – mit Wasser verbinden wir oft behagliche oder spannende Momente. Selbst in Großstädten stehen auf den Promenaden an Flüssen zahlreiche Sitzmöglichkeiten, um aufs Wasser zu schauen. Wasser ist eine Grundbedingung für das Leben.

Aber Wasser kann auch existenzbedrohend, ja lebensbedrohlich sein. Ob der Tsunami in Thailand Weihnachten 2004, die Sturmflut von Hamburg 1962, die Elbehochwässer 2002 und 2003, die Flutkatastrophe von 2021, die vor allem im Ahrtal, aber auch im bergischen Land riesige Schäden und großes Leid verursachte, die historische große Mandränke, das langsame Absaufen von Südseestaaten oder tiefliegenden Gebieten wie Bangladesh und unzählige andere Ereignisse.

Auf der anderen Seite wird zunehmend Wasser fehlen. Zur Zeit der Schneeschmelze in den Bergen (und damit auch in den Gebieten, wohin die Bergbäche fließen) mangels Schnee; in Gegenden, in denen sich ohne Regenfälle Dürre und Steppenbildung ausbreitet; durch sinkenden Grundwasserspiegel, weil wir Menschen zu oft die Bedürfnisse der Natur, der Pflanzen- und Tierwelt vergessen, wenn wir berechnen, wieviel Wasser wir fördern wollen und dürfen.

Wir versuchen, das Wasser zu bändigen, einzuhegen, dorthin zu lenken, wo es unserer Meinung nach hingehört. Durch Dämme, Deiche, Flussbegradigungen, Drainagen, verrohrte Bäche…

Gerade der letzte Aspekt bringt mir augenblicklich ein wenig Unruhe, weil in den letzten drei Wochen bei Starkregenereignissen zweimal ein und dasselbe Haus und Grundstück in unserer Stadt geflutet wurde. Ja, es steht vielleicht ein wenig ungünstig. Aber der Hauptgrund scheint zu sein, dass ein Bachlauf unterirdisch durch ein Rohr geleitet wird und an Stellen, wo es nicht hätte sein dürfen, viel Erde aufgeschüttet wurde.
Es rumorte in mir, aber ich kam nicht so recht darauf, weshalb. Bis gestern. Da habe ich mich auf die Suche in amtlichen Karten gemacht. Denn bei uns im Ort kommt auch ein Bach vom Jakobsberg, der in der Nachbarschaft an der Straße im Rohr verschwindet. Seit gestern weiß ich, dass der Lauf des Baches unter unserem Grundstück zu verlaufen scheint. Wenn die Karte stimmt, laufen möglicherweise Rohre unter mindestens 10 Grundstücken her, ehe der Bach wieder hervortritt und in einen anderen mündet. Seit wann genau, weiß ich nicht. Muss sehr lange her sein. Gut, es gibt auch Wasserläufe, die aus geologischen Gründen freiwillig streckenweise unterirdisch verlaufen.
Ich werde mich wohl mal ins Kommunalarchiv begeben oder eine Handvoll Verwaltungsbeamte mit vielen Fragen von ihrer Arbeit abhalten müssen, wenn ich dem Rätsel weiter auf den Grund gehen will.

Und ich brauche Literatur über Wasser. Gut, dass der Mindener Zweig der Fachhochschule auch Wasserbauingenieure ausbildet. Vielleicht gibt es dort Menschen, die mir weiterhelfen können.

Über Leben in der Klimakrise

|Werbung, unbezahlt|

Über die Titelliste zur Netgalley-Challenge 2023 bin ich auf dieses Buch aufmerksam geworden. Die Autorin kannte ich nicht namentlich, aber sie ist diejenige, die den ersten Unverpackt-Laden in Berlin etablierte und den Verlag „Ein guter Plan“ gründete. Damit konnte ich etwas anfangen.

Für Milena Glimbovski steht fest: Vieles von dem, was uns bedroht, können wir nicht mehr rückgängig machen. Nicht mit vielen kleinen Tipps wie dem Coffee-to-go-Becher, den man immer in der Tasche hat oder dem Einkaufskorb statt der Plastiktüte. Was diese Maßnahmen deshalb nicht schlechter macht, aber es reicht halt nicht.
Aber auch großflächig geplante Maßnahmen werden nicht die Rettung bringen, so meint sie, weil die Umsetzung zu spät ins Auge gefasst wird, die Pläne oft noch unausgegoren sind und wir auch viel zu oft weitermachen wie bisher und die möglichen Lösungen in die Zukunft verschieben („Technologieoffenheit“, mein persönlicher Kandidat für das Unwort des Jahres 2023). Auch hier gilt: Diese Erkenntnis ist kein Freibrief, sondern sollte im Gegenteil ein Ansporn sein. Aber nun ja, die Trägheit der Masse…

Viele Menschen, das sieht man ja auch bei den Aktivisten der Letzten Generation, leiden deswegen – und das ist kein Scherz und keine Übertreibung – an einem depressiven Zustand, den nicht nur die Autorin „Klimagefühle“ nennt.

Die amerikanische Psychiaterin Lise van Susteren, die viele Menschen behandelt hat, die an einer posttraumatischen Belastungsstörung litten, stellte im Laufe ihrer jahrzehntelangen Praxis fest, dass auch Menschen, die Angst vor einem traumatischen Ereignis haben, unter vergleichbaren Symptomen leiden. Die prätraumatische Belastungsstörung beschreibt diesen psychischen Stress. Auslöser dafür können auch die Angst und Verzweiflung vor den Folgen der Klimakrise sein – nicht nur für einen selbst, sondern auch für die kommenden Generationen. Heute beschreibt van Susteren diese Diagnose weniger als psychische Störung denn als Zustand. Denn auch hier gilt: Die Klimakrise ist eine reale Bedrohung und damit keine Störung. Wenn wir also ständig von allen Seiten mit Nachrichten konfrontiert werden, wie schlecht es um unsere Umwelt bestellt ist, welche Stürme, Brände, Dürren und Hitzewellen gerade durch die Länder ziehen, dann kann diese intensive Beschäftigung zu einem prätraumatischen Belastungszustand führen.

aus Kapitel 3: Klimagefühle – ein kleiner Exkurs

Um in diesem dystopischen Zustand nicht zu verharren, müssen wir uns Strategien überlegen, und das führt zu der Überlegung, dass Anpassung notwendig ist. Dazu stellt sie Projekte und Menschen vor, die schon am Thema dran sind, forschen, durchführen, einfach machen.

Auch über dieses Buch könnte ich viel schreiben, aber ich möchte mich einmal auf unsere Lebensgrundlage schlechthin konzentrieren:

Das Wasser

Woran liegt es, dass dieselbe Ahr, die im Sommer 2021 Menschenleben, Existenzen und materielle Werte vernichtete, nur ein Jahr später nicht mal mehr den Rhein erreichte, sondern vorher schon versickerte?
Was ist eigentlich das Problem bei starken Regenfällen? Warum ist das nicht einfach nur „viel Regen auf einmal“, sondern eine reale Bedrohung für unseren Lebensstil?
Warum bekommt der Kohletagebau und überhaupt die Energiewirtschaft mehr als die Hälfte des gesamten deutschen Wasserbedarfs – und das fast umsonst?
Was ich übrigens zumindest in dieser Dimension bisher nicht wusste. Und jetzt kommt der Punkt, weshalb ich diesen Artikel unbedingt heute noch schreiben wollte:

Morgen, am 31.5.2023 soll im Bundestag über die nationale Wasserstrategie beraten werden. Erstaunlich eigentlich, dass es so etwas noch nicht gibt.

Konzerne, die jährlich viele Milliarden Liter Wasser nutzen und nichts dafür zahlen: Damit könnte es bald vorbei sein. Bis 2025 will die Bundesregierung prüfen, ob die Nutzung von Wasser in allen Bundesländern kostenpflichtig werden soll. Die Gebühren könnten unter anderem dafür genutzt werden, um einen „bewussteren Umgang mit der Ressource Wasser” anzustoßen, wie es in dem Dokument heißt. Am Mittwoch will sich das Bundeskabinett mit der Strategie beschäftigen.

Jan-Niclas Gesenhues, umweltpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, begrüßt die Strategie. Sie mache klar, dass es ein zeitgemäßes Wasserrecht brauche. Die Einführung von einheitlichen Gebühren für die Nutzung von Wasser sei ein wichtiger Schritt dahin. „Die Entgelte müssen die ökologischen Kosten widerspiegeln.“ 

Wann genau die vereinheitlichten Entgelte kommen sollen, bleibt allerdings offen. Denn ein konkreter Zeitpunkt findet sich in dem Dokument, das CORRECTIV vorab vorliegt, nicht.

https://correctiv.org/aktuelles/wirtschaft/2023/03/14/wasserstrategie-konzerne-sollen-fuer-wasser-zahlen/ (zuletzt abgerufen 30.5.23)

Besonders berührt hat mich eine ganz kleine, schlichte Aussage, die aber einen großen Teil der Misere ausmacht und leider viel über unser Aufmerksamkeitsvermögen aussagt:

Was wir nicht sehen, rutscht uns vom Schirm.

Aus Kapitel 3, „Anpassungsmaßnahmen“

Wenn wir nicht lernen, besser und sinnvoller mit dem Wasser umzugehen, dann haben wir meiner Meinung nach vielleicht einfach nicht verdient, weiter eine wichtige Rolle auf diesem Planeten zu spielen.

Auch wenn man nicht mit allen Schlüssen, die von der Autorin genannt werden, konform gehen mag (schließlich haben wir nicht alle dieselben Erfahrungen gemacht), lohnt es sich auf jeden Fall, sich mit dem Buch und insgesamt mit dem Thema zu beschäftigen. Ich habe viele neue Informationen bekommen, die mir weiterhelfen, für mich persönlich Probleme einzuordnen, Widerstände zu erkennen, Lösungen anzudenken.
Übrigens lese ich parallel abends im Bett von Marc Elsberg „Celsius“ (nicht die beste Schlaflektüre, gebe ich ja zu). Es ist schon bemerkenswert, an wie vielen Punkten das Sachbuch und der Thriller parallele Gedankengänge aufweisen… (Dazu in einem anderen Artikel mehr.)

Bibliographische Angaben: Milena Glimbovski, Über Leben in der Klimakrise, Ullstein Verlag, ISBN 978-3-548-06805-3, 16,99 €
Erscheinungsdatum: 1. Juni 2023

PS: Auch Maßnahmen, die manches Mal auf den ersten Blick sinnvoll erscheinen, haben Schattenseiten. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch dieser Artikel aus dem letzten Frühsommer:
https://correctiv.org/aktuelles/klimawandel/2022/06/14/klimawandel-konflikt-um-wasser-in-deutschland/

Glücksmoment

Daran muss ich euch einfach teilhaben lassen. Ich hatte vor einer umgedrehten Maurerbütt gekniet und Schnecken im Gänsemarsch gefilmt. Dann stand ich auf und fand mich unvermittelt vor dieser Szene (ungefähr 50 cm Abstand):

Die junge Kohlmeise hatte ich gestern und heute schon öfter beobachtet, aber solche Aufnahmen sind absolut seltene Glücksgriffe.

Wildnis und Gartenbewohner

Jeden Tag ein kleines bisschen. Mehr schaffe ich nicht, weil ich immer noch schnell aus der Puste bin und die Sehnen, die noch intakt sind, melden sich auch immer mal wieder mahnend. Trotzdem freue ich mich über jeden kleinen Schritt, den ich schaffe.

Heute Vormittag habe ich es endlich geschafft, Tomaten, Paprika und Gurken auszupflanzen, solange noch Schatten auf der Südseite des Hauses ist. So können die Pflanzen sich langsam mit dem Sonnenstand eingewöhnen.

Die tierischen Bewohner unseres Gartens kommen übrigens bestens mit meinem Laissez-faire-Stil zurecht. Abends im Dunkeln besucht der Igel die Terrasse, um nach Schnecken zu suchen, die unter den Blumentöpfen hervorkommen. Soll er, guten Appetit.

Der kleine Stachelträger war leider von Kalle ziemlich eingeschüchtert.
Der stand vor dem Igel und wollte ihn verbellen.


Guten Appetit haben auch alle möglichen Vögel, die sich auf vier Futterstationen und ein Häuschen verteilen, um sich selbst und mittlerweile auch den Nachwuchs dort zu stärken. Auch Spatzen, Spechte, Kleiber und Finken, ab und zu sogar ein Rotkehlchen, gehen gern an die Meisenknödel.
Im Wohnzimmer habe ich Stativ und Fotoapparat aufgebaut und kann jetzt durchs Fenster direkt in den Holunder fotografieren, den ich genau aus diesem Grund im Frühjahr nicht zurückgeschnitten habe (die Kehrseite: er hat kaum Blüten, da muss ich anderweitig Material für den Sirup finden).

Von außen ans Futter zu kommen, reicht den frechen Spätzchen offensichtlich nicht, sie hüpfen in den Ring hinein.

Zum Schluss noch ein paar Wildnisfotos. Immerhin kann ich bald Himbeeren, schwarze Johannisbeeren und wilde Hagebutten an Orten ernten, wo ich sie nicht vermutet hätte…

Scheren und Sägen jeder Art und Größenordnung werden definitiv öfter zum Einsatz kommen müssen. Aber noch nicht in den nächsten Wochen, wo immer noch Vögel brüten.

Einen Anfang machen

Das Buch habe ich mir vor einiger Zeit gekauft, um Impulse für Andachten zu finden. Heute möchte ich eine Geschichte vorstellen, aber den Schluss daraus euch selbst überlassen.
Also: Lesen, genießen, nachdenken, vielleicht den einen oder anderen Schluss ziehen …

Der Rabbi von Alexander fasste eines Tages einen wichtigen Beschluss. Da die Erde voller Streit und Leid war, beschloss er, gleich am nächsten Tag damit zu beginnen, die ganze Welt zu verbessern.
Als er aufstand, erschien ihm das geplante Projekt doch etwas zu hoch gestochen, und er beschloss, nur das Land, in dem er lebte, in Ordnung zu bringen. Alsbald erschien ihm auch dies eine zu schwere Aufgabe.
Vielleicht genügt es, so dachte er, wenn ich meiner Heimatstadt zu einer besseren Moral verhelfe. Oder die Gasse, in der ich lebe, oder wenigstens das Haus, in dem ich wohne, besser mache.
Als der Rabbi einsah, dass es ihm wahrscheinlich nicht einmal gelingen werde, seine Familie zur Besserung zu bewegen, fasste er den endgültigen Beschluss: „Also muss ich halt mit mir selbst beginnen.“

Samstagsaktivität: De todo un poco

Gestern Abend hatten wir ein wunderschönes Konzerterlebnis, mit viel Filmmusik, unter anderem aus The greatest Showman, denn das Sommerkonzert der Schule stand an. Erschreckend nur, dass in diesem Sommer fast die Hälfte der OrchestermusikerInnen und ebenfalls fast die Hälfte der Chorsängerinnen verabschiedet wurden, weil sie ihr Abi machen und dann weg sind. In den nächsten zwei bis drei Jahren werden die Musiklehrkräfte sehr viel Neuaufbau nach dem großen Corona-Loch leisten müssen.

Heute begann mit sehr frühem Einkauf, nicht ganz so frühem Fertigmachen des Gemeindebriefes (jetzt werden wir in den nächsten Tagen alle Korrekturlesen und schieben uns die Rechtschreibfehler zu😂).

Im Eisschrank hatte ich aus dem letzten Einkauf vom Biohof noch einen großen Rinderbraten und eine Dose mit Beinscheibe, Ochsenschwanz und Suppenknochen. Passt zu Pfingsten und ich habe wieder Platz für die nächsten Schätze. Die Suppe ist schon im grobfertigen Zustand und muss nur noch verfeinert werden, das Bratenstück ist noch nicht ganz aufgetaut.
Da im Kühlschrank auch noch eine angefangene Flasche Eierlikör lag, den ich von einer Freundin zu Ostern bekommen hatte (selbstgemacht aus Eiern von glücklichen Hühnern), beschloss ich, den Ofen schon mal vorzuheizen, indem ich einen Eierlikörkuchen backe.
Was mich wieder zu der allseits bekannten, philosophischen Frage führte: In einem Backofen mit vier Einschubleisten – welche ist die mittlere? Ich löse die Frage übrigens immer recht pragmatisch: Bei hohen Formen ist die zweite von unten die Mitte, bei flachen Kuchen oder Quiches ist es die zweite von oben.

Ehe ich aber soweit war, Kuchen zu backen, hatte ich draußen schon angefangen, in meiner kleinen Wildnis ein temporäres Hochbeet aus einem noch vorhandenen Kompostsilo-Bausatz und Unkrautfolie zu basteln. Temporär deswegen, weil an der Stelle eigentlich eine Senke wieder aufgefüllt und eingesät werden soll, ich mir aber gedacht habe: Statt massenhaft Erde anzukarren kannst du auch ein bis zwei Jahre Strauchschnitt, halbgaren Kompost und Kübelerde vom letzten Jahr versenken, oben neue Erde drauffüllen und etwas Gemüse anpflanzen.

Nicht schön, aber selten – und meins!

Die Tomaten, Paprika und Gurken müssen jetzt auch endgültig raus. Bisher habe ich sie wegen der kalten Nächte immer wieder reingeholt, aber nun ist Schluss. Die werden ja ganz verhätschelt! Die Kübel vor dem Haus sind vorbereitet, aber im Augenblick knallt die Sonne drauf, das mache ich kurz vor Abend.

Weil ich mit der plötzlichen Wärme nur mittelprächtig gut klarkomme, wechsele ich immer wieder ab, mache ein bisschen draußen und dann ein bisschen drinnen. Und trage meinen neuen Hut, der mich hoffentlich vor zu viel Sonne bewahren wird.

Pettersons kleine Schwester😉

Am Ende des Tages hoffe ich, ein klitzekleines bisschen mehr Ordnung in meine Privatwildnis gebracht zu haben, Kuchen, Braten und Suppe für das Wochenende fertig zu bekommen und auf das große Wunder, dass die Titelserie der Bayern mal durchbrochen wird. Nach einer Viertelstunde Radiohören habe ich ausgeschaltet. Sieht nicht nach Wunder aus…

Die Sense muss ich noch schärfen und nächste Woche übe ich Sensenmähen! Übungsfläche habe ich reichlich. Ich glaube fast, sonst muss ich mir ein paar Schafe mieten😅.
Alles in Allem bin ich fast zufrieden mit dem, was ich alles an einem Tag geschafft habe, auch wenn es an verschiedenen Stellen recht kleine Dinge waren. Ich hoffe nun, an Pfingsten ein wenig an meiner nächsten Lektion des Studiums weiterzuarbeiten.

Ich wünsche euch ein feuriges🔥, gesegnetes😇 Pfingstfest und ein paar erholsame Tage.

Nicht um jeden Preis

Der Monat Mai war voll, sehr voll. Für mich vor allem mit vielen kleinteiligen Arbeiten für den Gemeindebrief, dessen Layout ich aber jetzt zum Glück fertig habe und mir fehlt auch nur noch ein Artikel, den ich Pfingsten bekomme. Wenn mir diese Tätigkeit nicht so wahnsinnig viel Spaß machen würde, hätte ich längst das Handtuch geschmissen.
Aber auch Festlichkeiten unterschiedlicher Art und Ausschusssitzungen begleiteten uns als Familie. Deswegen brauchte ich auch den ganzen Monat, um mit den abc.etüden von Christiane klarzukommen.
Der Text spiegelt daher auch ein wenig wieder, wie die Lage in vielen (vor allem sozialen oder pädagogischen) Bereichen augenblicklich aussieht, nicht nur „bei Kirchens“. Was die Gefahr birgt, dass man sich „Leistungen einkauft“, die bei genauerem Hinsehen nicht dem eigenen Profil entsprechen.
Und nicht zuletzt habe ich mitunter das Gefühl, nach dem offiziellen Ende der Pandemie häufen sich die Veranstaltungsangebote so geballt, dass man nicht mehr weiß, was man tun und was man lassen soll.
Nun denn:

„Es wird nicht funktionieren!“ Fast schon verzweifelt blätterte die Sekretärin im Kalender hin und her. „Alle Termine sind ausgebucht. Und an den Tagen, wo keine Veranstaltung ist, fehlen uns die Leute. Techniker, Musiker, Ehrenamtliche, und auch die Hauptamtlichen brauchen ja mal den einen oder anderen Tag ohne Verpflichtung.“
Scheinbar hilflos blickte sie den Besucher des Gemeindebüros an.
Der Mann, der vor ihr stand, war von seiner Wirkung offensichtlich sehr überzeugt. „Aber ich bitte Sie. Unsere geplante Veranstaltung wird der Gamechanger sein. Sie werden Ihre Kirche voll bekommen, das garantiere ich Ihnen. Das ist es doch, was Sie dringender denn je brauchen! Bestimmt können Sie unser Konzept noch in einen Sonntag integrieren, wir bieten für alle Generationen etwas an, vom Säugling bis zur Uroma. Und das alles zu einem unschlagbar günstigen Preis. – Alle Ihre Nachbargemeinden haben schon zugeschlagen, wollen Sie als einzige ohne adäquates Angebot dastehen?“ fragte er leutselig.
Die Sekretärin blickte versonnen an dem Herrn vorbei, kniff die Augen kurz zusammen und nickte fast unmerklich. Dann schaute sie auf den Flyer, den er vor ihr ausgebreitet hatte.
„Ihre Kontaktdaten stehen da drauf, wie ich sehe. Im Augenblick ist niemand da, der etwas dazu sagen könnte, ich gebe das weiter und wir melden uns.“ Noch einmal versuchte er es: „Wir haben nur noch ein begrenztes Angebot frei, Sie sollten lieber schnell zuschlagen“ beharrte er.
„Ohne eine angemessene Beratung durch den Kirchenvorstand wird hier überhaupt nichts entschieden. Ich wünsche Ihnen noch einen guten Tag“ beendete die Sekretärin das Gespräch und wandte sich anderen Aufgaben zu.
Nachdem der Mann das Büro verlassen hatte, trat die Pfarrerin hinter dem Raumtrenner hervor, hinter dem sie unbemerkt verharrt hatte.
„Das hast du prima gemanagt. Es gibt definitiv die eine oder andere Stellschraube für uns, um mehr Menschen anzusprechen, aber nicht mit so einem unausgegorenen Veranstaltungsangebot.“

Wir verlieren unsere Kinder

Keine klassische Rezension, eher eine Art Gedankenaustausch und Erfahrungsbericht als Mutter und ehrenamtliche Jugendarbeiterin.

Die gute Nachricht vorab: Den EINEN Schuldigen an der Lage gibt es nicht. Weder die Kinder und Jugendlichen selbst, noch die Elternhäuser, Schulen oder die politischen und Verwaltungsinstitutionen.
Die nicht so gute Nachricht: Alle sind beteiligt daran, dass sich zu wenig tut, um Kinder und Jugendliche im Netz, in sozialen Medien und zunehmend im analogen Leben vor Gewalt, Hetze, Pornographie und anderem Mist zu schützen. Und alle sind auch beteiligt daran, dass es überhaupt so weit gekommen ist.
Die deprimierende Nachricht: Zum größten Teil liegt das an der mangelnden Digitalkompetenz – der Erwachsenen! Egal, ob auf Eltern- Lehrer-, Verwaltungs- oder Gesetzgebungsebene: wir, die wir (angeblich) „den Durchblick haben“, sind die größten Versager, denn wir – und möglicherweise auch schon eine halbe Generation vor uns, die Digitalpioniere – haben es versäumt, den Anschluss zu halten, rechtzeitig Regeln aufzustellen, die den Namen auch verdienen sowie angemessen Interesse am digitalen Leben unserer Kinder zu zeigen. Und selbst wenn wir Regeln aufstellen, halten wir uns selbst viel zu häufig nicht daran. (Kleiner Ausblick auf das, was uns mit KI noch bevorsteht, denn dort läuft es gerade in eine ähnliche Richtung…)

Vieles, was ich im Buch gelesen habe, hat mich beschämt. Und hilflos gemacht. Ich habe Fragen gestellt, an meine Töchter und an mich selbst. Ich bin froh, dass die schlimmsten Auswüchse uns als Familie nicht betreffen, aber ich bin mir bewusst, dass wir da viel Glück haben. Durch die ehrenamtliche Jugendarbeit habe ich in den letzten Jahren und Jahrzehnten einige Entwicklungen kennengelernt, selbst mitgemacht und nutze gern soziale Medien. Ich lerne ständig dazu (und trotzdem weiß ich verschwindend wenig), nicht immer nur hilfreiche Dinge. Auf manches könnte ich gut und gern verzichten. Aber ich kenne halt auch viele Eltern, die der Meinung sind: „Ich muss nicht jeden Trend mitmachen“. Das ist sogar sehr verständlich und nachvollziehbar, aber nicht unbedingt hilfreich, wenn man sich dafür interessiert, wie Jugendliche heute aufwachsen und mit welchen Themen sie tagtäglich umgehen (müssen).

Im Buch habe ich mir viele Stellen markiert, die ich hier zitieren könnte, um die Dringlichkeit aufzuzeigen. Aber ich habe mich entschlossen, das nicht zu tun, denn ich möchte, dass ihr, die ihr mit Kindern zu tun habt, es lest.
Nicht weil alles auf jeden zutrifft, aber um zu verstehen, dass die Kinder diejenigen sind, die am wenigsten „schuldig“ sind an den Entwicklungen, allerdings am meisten mit ihnen zu kämpfen haben.
Die schädlichen Inhalte, mit denen sie zu tun haben, stammen meist von Erwachsenen, oder sie sind zumindest davon inspiriert. Und das wirft auf unsere Welt, die oft stolz ist auf (manchmal falsche und manchmal fehlende) Toleranz und Offenheit, nicht immer das beste Licht.

Ich bin zum Beispiel überzeugt: Nicht sexuelle Diversität ist das Hauptproblem, sondern die immer selbstverständlichere Darstellung von Unterwürfigkeit und Gewalt – also S/M-Praktiken – oder einem devoten Frauenbild (die Frau sitzt auf den Knien vor dem sie überragenden Mann oder steht ihm anderweitig willig „zur Verfügung“) nicht nur in Pornos bei sogenannten „ganz normalen“ heterosexuellen Menschen.
Man muss nicht prüde sein, um zu erkennen: In einer Zeit, in der sich die Identitätsbildung vollzieht, wird dadurch ein Gesellschaftsbild erzeugt, das wir eigentlich überwunden glaubten, das aber durch „Influencer“ wie Andrew Tate wieder erschreckend viel Zulauf erhält. Und dass es mehr als verwerflich ist, wenn erwachsene Männer sich als Jugendliche ausgeben, um an Nacktbilder von jungen Mädchen zu kommen, versteht sich von selbst.

Eine andere, eher alltägliche Sache: Wir sitzen mit den Kindern im Restaurant oder im Wartezimmer. Statt Bücher vorzulesen oder mit den Kindern zu malen, stellen wir schon die Allerkleinsten mit blinkendem und piependen Content auf dem Smartphone ruhig. Wenn das die absolute Ausnahme bleibt in Härtefällen, wo gar nichts anderes mehr funktioniert, wenn es ein kurzes Mal in mehreren Monaten vorkommt, wenn wir die Faszination des Kindes für eine seltene Sache nutzen, ist das vermutlich weniger problematisch. Ein großes Problem ist aber: es ist halt so bequem. Man selbst hat den Kopf frei und kann etwas anderes machen. Und da sollte man sich vielleicht doch mal überlegen, ob das nicht auch schon eine Art der Vernachlässigung ist.
Etwas anderes ist es, wenn man gemeinsam etwas Sinnvolles mit dem Smartphone erlebt, zum Beispiel als Familie zum Geocachen geht.

Ganz simples Beispiel: Schnuckelige oder witzige Kinderbilder posten in sozialen Netzwerken. Seit mir meine älteste Tochter vor mehr als 10 Jahren deswegen einen Rüffel erteilte, (sehr zu Recht übrigens, obwohl das Foto wirklich harmlos war) mache ich das nicht mehr.
Wir zeigen Kinder in vermeintlich „putzigen“ Situationen, die ihnen in ein paar Jahren mindestens peinlich sein werden, möglicherweise unangenehm auf die Füße fallen. Ist der Kontext solcher Schnappschüsse dann auch noch: Sommer – leicht bekleidet bis nackig – Schwimmbad oder Planschbecken, dann müssen wir uns nicht wundern, wenn solche Fotos – sagen wir mal: inspirierend auf manche Menschen mit fragwürdigem Geschmack wirken.
Eigentlich sollten wir alle wissen, dass ein einfaches Löschen des Ursprungsposts keineswegs garantiert, dass die Bilder aus der Welt sind. Und dass Handyverbot, Begrenzung der Bildschirmzeit oder ein „Jugendschutz“-Filter am Router nicht die einfache Lösung eines komplexen Problems sein kann.

Durch die Tätigkeit unserer „Großen“ als Cybercop an der Schule schon vor einigen Jahren weiß ich, dass das Problem nicht neu ist.
Dass es aber mehr als ein Jahrzehnt, nachdem solche und ähnliche Projekte landauf, landab durchgeführt wurden, eher schlimmer als besser wird; dass der Verrohungsgrad absolut nicht blauäugig auf „Brennpunktschulen“ abgewälzt werden kann, sondern für viele Kinder und Jugendliche aller Gesellschaftsschichten Alltag ist, das ist ein Armutszeugnis.
Bei unserer Jüngsten gab es in der 8. Klasse Vorfälle im WhatsApp-Klassenchat. Lehrkräfte wurden beleidigt, antisemitische und verfassungsfeindliche Inhalte gepostet. Ich gehe davon aus, dass die Kids nicht durch und durch verdorben waren (einige hatten bei der Aufarbeitung die Größe, sich persönlich zu entschuldigen), sondern dass da ganz viel Gedankenlosigkeit im Spiel war. Vor allem bei Eltern, die der Meinung waren: „Ist ja nur das Netz, nicht das reale Leben“. Und das ist der Punkt, an dem wir uns nach Aussage Silke Müllers alle an die eigene Nase fassen müssen. Wir (ich auch) erkennen viel zu selten, dass für die Kinder diese beiden Ebenen nicht mehr getrennt sind. Was ja auch teilweise gesellschaftlich verlangt und gefordert wird: Technologieoffenheit ist das Schlagwort, von dem viele Politiker vermutlich überhaupt nicht ahnen, wie tief diese „Fähigkeit“ in unser Leben eindringen wird.

Auch auf die Aufgaben von Lehrerinnen und Lehrern habe ich einen neuen Blickwinkel dazugewonnen. Was diese, ähnlich wie ErzieherInnen, alles immer noch on Top bewältigen sollen, ohne dass veraltete Strukturen dafür wegfallen oder Zeiten und Inhalte anders geplant werden dürfen, das geht gar nicht.
Es ist mit einem „normalen“ beruflichen Engagement nicht zu schaffen, weshalb die Alternativen entweder Resignation oder Selbstausbeutung heißen.

Zuletzt möchte ich noch bemerken: Klar, nicht alle von uns sind digitalaffin. Und auch, wenn es vielleicht wünschenswert wäre, muss das nicht unbedingt sein (es gehen ja auch nicht kollektiv alle Eltern mit ihren Kindern joggen, bevor der Cooper-Test ansteht). Sich in alle Richtungen informieren, Elternnetzwerke in einer Weise sinnvoll nutzen, dass nicht über Lehrer X und Schule Y hergezogen wird, sondern man sich gegenseitig über TikTok-Trends oder zweifelhafte Games informiert, das wäre schon ein guter Schritt.
Miteinander die Schulfamilie leben und gestalten statt in Grüppchen gegeneinander Stimmung zu machen wäre in vielen Fällen vermutlich schon ein großer Fortschritt. Denn über eins sind sich schließlich alle Beteiligten ziemlich einig: Die Kinder verdienen es, anständig, ohne Ängste und möglichst ohne Gewalt- und Hasserfahrung aufzuwachsen.

Mein Fazit:
Ein wichtiges Buch, das mir sehr zu denken gegeben hat. Und mich manches Mal an den Rand meiner Fassung brachte. Die wichtigste Botschaft, die es meiner Meinung nach sendet, ist allerdings eine, die vielen Erwachsenen nicht sonderlich gefallen wird: Wir sind nicht unbedingt Teil der Lösung, sondern eher des Problems.
Wie in eigentlich allen Bereichen des Lebens sind Missstände nicht monokausal, sondern es spielen viele Faktoren eine Rolle.
Glücklicherweise sind nicht alle Kinder und Jugendlichen gleich heftig von den vorgestellten Problemen betroffen.
Aber das kann und darf kein Grund sein, vor den sich verstärkenden Tendenzen den Kopf in den Sand zu stecken. Also kann ich nur allen, die mit dem Aufwachsen von Kindern beruflich oder familiär beschäftigt sind, das Buch ans Herz legen. Selbst dann, wenn man nach der Lektüre aufatmet und sagt: Puh, zum Glück betrifft uns das nicht. Denn die Auswirkungen, wenn nichts geschieht, werden uns alle betreffen. Früher oder später.

Pluspunkte: Silke Müller steht nicht mit erhobenem Zeigefinger da, sondern räumt auch eigene Fehler und Versäumnisse sowie schmerzhafte Lernprozesse ein. Und sie bleibt auch nicht bei der Aufzählung der Missstände, sondern zeigt Lösungsansätze auf, die allerdings gesamtgesellschaftlich angepackt werden müssen. Am wichtigsten aber: Den Hauptbetroffenen (ob nun Opfer oder Täter), den Kindern und Jugendlichen gegenüber, steht sie stets wertschätzend und auch beschützend zur Seite.

Bibliographische Angaben: Silke Müller, Wir verlieren unsere Kinder,
Droemer Knaur, ISBN 978-3-426-27896-3, 20 €

Die spinnen,…

© picture alliance / Associated Press / Patrick Semansky

https://www.boersenblatt.net/news/literaturszene/schule-florida-verbietet-gormans-hill-we-climb-287891

Der Einwand einer einzigen Mutter hat gereicht. Mir fehlen die Worte.

Im 1984 gedrehten Film Footloose, der auch das eingeschränkte Leben von Teenagern in einer sehr konservativ geprägten Kleinstadt thematisiert, gibt es eine Szene einer kleinen Bücherverbrennung aus Bibliotheksbeständen, weil amerikanische Klassiker manchen Eltern nicht passten. Ich hielt das damals für komisch, weil total überzogen.
Inzwischen wundert mich ja fast gar nichts mehr. Florida wird zum failed State.

Ich frage mich, wie dort heutzutage aktuelle Folgen von Miami Vice aussähen: Sonny Crockett muss seine Ex-Frau wieder heiraten, Rico Tubbs wird von Elvis, dem Alligator aufgefressen, die Latinos unter den Ermittlern in ein Ghetto gesperrt und pastellfarbene Klamotten gehen ja gar nicht, weil die „schwul“ aussehen? Ach nee, das darf man ja nicht sagen. „Don’t say gay.“

Da gibt es also ziemlich viele Leute, die deutlich mehr als ein Rad ab haben. Armes Amerika! Hat denen eigentlich mal jemand gesagt, dass für Kinder alles interessant ist, sobald es verboten wird?

Liebe, was du tust

Symbolbild: Pixabay

Der Text ist eine Kurzgeschichte, die ich im Rahmen des Schreibstudiums geschrieben habe. Es handelt sich um eine Einsendeaufgabe, die sich mit der Formgebung der Kurzgeschichte beschäftigt. Ursprünglich war die Geschichte etwas länger und ausgeschmückter, aber die Herausforderung bestand darin, sich auf 6.000 Zeichen (inkl. Leerzeichen) zu beschränken. Gar nicht so einfach. Vor allem konnte ich teilweise die Dinge, die ich in den Lektionen vorher gelernt hatte, in dem gewünschten Umfang kaum umsetzen. Zum Beispiel, Gesichtsausdrücke auszuarbeiten oder ähnliches. Aber auf dieses Problem wurde netterweise vorab hingewiesen. Ich freue mich schon auf die nächsten Lektionen, da geht es um lebendige Figuren😊

Die Vorgaben für die Geschichte lauteten: Hauptperson hat Problem, versucht es zu lösen, scheitert, versucht es anders, Lösung drängt jetzt, Wendepunkt, Ende gern halboffen oder es deutet sich ein neues Problem an.

Ich stelle euch hier die von mir nach der Korrektur bearbeitete Version vor und gebe auch ein paar Erläuterungen ab.

Ein Mann betritt die kleine Bühne. Mittelgroß, eher schmächtig, die Haare hellbraun und kurz, die Kleidung ist ordentlich, aber nichts Besonderes. Das Gesicht wirkt anziehend, wettergegerbt, mit einem freundlichen Ausdruck, der ein wenig Schalk verheißt. Er geht bis vorn an den Rand und verneigt sich leicht.
Der an der Seite stehende Moderator des Regionalsenders kündigt an: „Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, ich möchte Ihnen jetzt einen Mann vorstellen, der heute sein 25-jähriges Dienstjubiläum feiert. Vielleicht fragen Sie sich jetzt, warum das einen Beitrag im Regionalfernsehen wert ist? – Nun, sehen und hören Sie selbst. Hier ist … Herr Peter Müller!“

(Erste Bemerkung: Ich hatte den Anfang anders herum begonnen und zunächst den Moderator zu Wort kommen lassen. Das wurde – zu Recht – von meiner Studienleiterin moniert, denn es war dadurch nicht klar, wer nun die Hauptperson darstellt. Sie empfahl mir außerdem, den Moderator ganz zu streichen, was ich nach reiflicher Überlegung aber nicht möchte, denn mir ist der Kontrast zwischen den beiden Männern wichtig.)

Der Mann, der zunächst etwas schüchtern blickt, beginnt zu erzählen, dabei wird er zunehmend offener und selbstsicherer.
„Mein Name ist Peter Müller und ich bin Straßenkehrer. Das kam so: In der Schule fiel mir das Lernen nicht leicht und deswegen strengte ich mich auch nicht an. Ich schaffte gerade so den Hauptschulabschluss. Da war an tolle Ausbildungsplätze nicht zu denken. Also fing ich bei den städtischen Betrieben an. Ich bekam die Aufgabe, die Fußgängerzone sauber zu halten. Jeden Wochentag zog ich los, mit der großen Tonne, dem Müllgreifer, verschiedenen Besen, Schaufeln und einem Spachtel – zum Beseitigen von Kaugummis. Immer wieder musste ich mir ansehen, wie die Leute dort, wo ich eben fertig war, etwas hinwarfen: Zigarettenstummel, Snackverpackungen, alles Mögliche. Sie ließen Bananenschalen und anderes einfach auf den Bänken liegen, obwohl daneben Mülleimer standen.
Und die Hundebesitzer, die ihre Tiere überall hinkacken ließen, ohne sich um die Haufen zu kümmern, die nervten ganz besonders. Die meinten, für so etwas wäre ich ja schließlich da.
Ich fühlte mich wie ein Fußabtreter. Meine Laune und auch meine Arbeitsmoral wurden immer schlechter, ich maulte die Menschen an und ich verlotterte sogar selbst. Dieser Job, den ich da machte, zog mich richtig runter. Ich wollte das nicht mehr!“ An dieser Stelle seiner Erinnerung holt Herr Müller tief Luft und blickt griesgrämig.

Der Moderator ergreift das Wort und sagt mitfühlend: „Ah, das ist wirklich schlimm, was Sie da erzählen. Ich muss ja gestehen, dass ich mir bisher wenig Gedanken gemacht habe, was diese Arbeit bedeutet. Und dabei haben Sie es 25 Jahre ausgehalten?!“
Herr Müller nickt bedächtig, sein Gesicht hellt sich wieder auf, als er weiterspricht: „Ich war kurz davor, alles hinzuschmeißen. Ich ging mir sogar selbst auf den Geist. Ich wollte mich nicht mal mehr morgens im Spiegel ansehen und am liebsten wäre ich einfach verschwunden. – Aber dann passierte etwas, das alles für mich geändert hat. Ich hatte mich gerade mal wieder über so einen geschniegelten Sesselfurzer aufgeregt, der irgendwas Buntes auf einer Bank liegengelassen hatte. Es war ein Buch mit dem Titel ‚Liebe, was du tust‘. Ich starrte auf den Titel und dachte: So ein Blödsinn, wie soll ich denn das hier lieben? Als ich aufsah, war der Typ verschwunden. Ich konnte ihn nirgends mehr sehen, also steckte ich das Buch ein. Konnte ja nicht schaden, mal reinzuschauen, was da für Unfug drinstand. Ich meine, schlimmer als es war, konnte es sowieso nicht mehr werden.
Bei den ersten Seiten des Buches musste ich mehrfach nachlesen. Aber je weiter ich mich damit beschäftigte, desto leichter fiel mir das Lesen und dann war ich irgendwann ganz geflasht davon. Wenn ich es schaffen würde, dem ganzen Müll, mit dem ich jeden Tag zu tun hatte, etwas Positives abzugewinnen, könnte ich dann wirklich etwas ändern?
Naja, von einem Tag auf den anderen ging das nicht. Es waren kleine Schritte: wenn ich bemerkte, dass jemand seinen Abfall in einen Mülleimer warf, lächelte ich und grüßte freundlich, manchmal bedankte ich mich sogar. Die Leute fanden das erstmal merkwürdig, aber mit Einigen spielte sich das ein wie ein kleines Ritual. Als ich merkte, dass das Grüßen gut ankam, grüßte ich fast alle Leute. Bei Hundebesitzern, die keine Beutel dabeihatten oder keine Lust, sie zu benutzen, ging ich hin und fragte, ob ich mit einem Kotbeutel aushelfen sollte und ich könnte Ihnen auch gern die Handhabung erklären.“
Hier macht Peter Müller eine kleine Pause und grinst verschmitzt in die Kamera.
„Das war den Meisten dann unglaublich peinlich. Aber ich stellte fest, dass ich auf diese Weise viel mehr Menschen dazu brachte, die Hundehaufen wegzumachen, als wenn ich einfach nur schimpfte!
So ging es bergauf mit mir. Ich begann auch wieder, selbst mehr auf mich zu achten, je mehr Leute mich beachteten und mir auch freundlich begegneten.
Das Thema begeisterte mich inzwischen so richtig, immer wieder nahm ich das Buch zur Hand.
Und ich informierte mich über Themen wie Müllvermeidung, Umweltschutz und Nachhaltigkeit. Vorher war mir das auch ziemlich egal gewesen, aber ich hatte es wirklich geschafft, in meiner Arbeit etwas Liebenswertes zu finden. Schulkindern, die Getränkekartons in die Gegend warfen, bot ich eine Challenge an: Ich forderte sie auf, mit gutem Beispiel möglichst vielen Erwachsenen als Vorbild zu dienen. Jugendliche fragte ich, ob sie später in einer total vermüllten oder lieber in einer sauberen Umgebung leben wollten. Ich erzählte von Rattenplagen und verseuchtem Trinkwasser. Und plötzlich hörten mir Leute zu, was ich zu sagen hatte.“
Nun lacht er übers ganze Gesicht.

(Hier bekam ich wieder eine Änderungsempfehlung, nämlich, den letzten Absatz ganz zu streichen. Denn am Ende der Konfliktlösung steht ein noch größerer Konflikt bevor. An der Stelle des Korrekturschreibens dachte ich dann nur: So ein Mist, dass du deiner Intuition nicht vertraut hast. Denn ich hatte den letzten Absatz dazugeschrieben, weil im Lektionsheft der Hinweis auf einen neuen Konfliktstoff so prominent erwähnt wurde. Ursprünglich war ich mit meinem Happy End durchaus zufrieden. Tja, wieder was dazugelernt. Trotzdem will ich euch den nicht so optimalen Schluss nicht vorenthalten, urteilt einfach selbst.)

Wieder übernimmt der Moderator: „Und inzwischen sind Sie, Herr Müller, eine Art Institution hier in der Innenstadt. Aber eine bedrohte, wenn ich es richtig gehört habe?“ Er wendet sich der Kamera zu und spricht direkt hinein:
Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, diese Erfolgsgeschichte soll nicht weitergehen! Aus Kostengründen will die Stadt Herrn Müller durch einen Kehr-Roboter ersetzen. Dieser braucht als Begleitung dann nur noch einen geringfügig Beschäftigten, der mitgeht und an manchen Stellen korrigierend eingreift! Wieder eine auskömmliche Stelle weniger!

Nachdem die ersten beiden Aufgaben-Korrekturen „nur“ Lob enthielten, ging es nunmehr in die Richtung, die ich auch von einem Lektorat erwarte. Und vor der ich immer sehr viel Respekt, wenn nicht sogar Bammel hatte. Nach dem Motto: Da wird dein „Baby“ zerpflückt, alles unter die Lupe genommen, geändert und am Ende kennst du deinen Text nicht wieder. Ich würde lügen, wenn ich schreibe, mir macht das alles überhaupt nichts aus. Doch, klar, es macht etwas, das man für sich selbst erstmal annehmen muss.
Aber zwei Dinge sind dabei wichtig und hilfreich: Korrektur und Lektorat soll immer dazu helfen, das Beste aus einem Text herauszuholen, dafür braucht man nun mal auch Leute, die nicht aus Freundschaft oder Verbundenheit alles loben, was man schreibt, sondern auf Schwächen hinweisen. Persönlicher Abstand ist da sogar von Vorteil.

Und am Ende ist es meine Entscheidung, was ich für mich selbst und meinen Text daraus mache. Ob ich mich darauf einlasse, Passagen noch einmal zu überarbeiten, ob ich alles verwerfe oder ob ich sage: Nee, das ist meine künstlerische Freiheit, ich lasse das jetzt alles so. Es gibt ja auch Gründe für die ganz persönliche Art zu schreiben, die der Lektorin nicht bekannt sind. (Demnächst werde ich noch einen Artikel über das Selfpublishing einstellen, wenn ihr den lest, behaltet diesen Absatz im Hinterkopf.)

Eine weitere Herausforderung war die Ausdrucksweise: Ein Mensch, der eine einfache Schulbildung auch nur so mittelmäßig „genossen“ hat, hat natürlich, vor allem nach 25 Jahren Arbeit auf der Straße, eine ganz andere Art zu reden als ich, weiblich, Mitte 50, Bildungsbürgertum. Auf die Dauer wird da mehr Recherche notwendig sein, um die unterschiedlichen Charaktere glaubhaft zu zeichnen. Gut zu wissen.

Sehr gefreut habe ich mich übrigens über folgende Bemerkung:
Peter Müller ist eine ausgezeichnete Hauptfigur, denn er hat einen Konflikt gelöst in seinem Leben.

Das hat mich tatsächlich sehr aufgebaut, denn diese Hauptfigur lag mir wirklich am Herzen, die habe ich sehr bedacht und liebevoll entwickelt. Nun sitze ich am Studienheft 4 und darf mich in das Entwerfen von Figuren so richtig hineinvertiefen. Ich freue mich und bin megagespannt!

Abschied auf Italienisch

Neue Gegend, neuer Kommissar, neues Leseglück. So einfach könnte ich es zusammenfassen. Kriminaltechnisch war ich bisher eher selten in Italien unterwegs, außer natürlich mit Commissario Brunetti in Venedig. Ich weiß gar nicht so genau, woran das liegt, habe aber schon gemutmaßt, dass mir das Polizeisystem in Italien ein Buch mit sieben Siegeln sein könnte.
In Deutschland ist es ja auch aufgeteilt in Schutzpolizei, Kriminalpolizei, LKAs und BKA, aber das kennt man halt mehr oder weniger…

Am Buch hat mich zunächst angesprochen, dass Ligurien mir vorher nur durch meinen Olivenöl-Lieferanten bekannt war und ich deswegen neugierig auf die literarische und kriminelle Ebene wurde.

Commissario Vito Grassi aus Rom lässt sich nach Levanto versetzen, als er das Haus und den Olivenhain seines Vaters erbt. So kann er auch familiären Problemen aus dem Weg gehen. Allerdings muss er sich in der beschaulichen Provinz erstmal einen Stand erarbeiten, denn Vorurteile über seine römische Herkunft begleiten seine ersten Tage und seine Methoden sind auch eher unkonventionell.
Viel Zeit zum Ankommen bleibt ihm allerdings nicht, da er direkt mit zwei unnatürlichen Todesfällen konfrontiert wird. Ob er (und auch die anderen Beteiligten) will oder nicht, man muss sich zusammenraufen auf den unterschiedlichen Ebenen der italienischen Polizeihierarchie.
Ganz nebenbei lernte ich die Gegend zwischen Levanto und La Spezia ein wenig kennen, weil ich wie immer bei neu zu erlesenden Gegenden öfter mal Google Earth konsultierte. Sorry, das ist halt meine Macke😁. Es könnte immerhin passieren, dass ich dort mal unverhofft hinfahre und dann will ich schließlich wissen, wo ich gelandet bin.

Ich habe mich gut unterhalten gefühlt, es kam doch glatt ein wenig Urlaubsstimmung auf (was sich beim Kochen niederschlug) und warte jetzt gespannt auf weitere Titel mit dem unangepassten Commissario.

Bibliographische Angaben: Andrea Bonetto, Abschied auf Italienisch, Droemer Knaur, ISBN 978-3-426-28410-0, 16,99 €

3M: Montags-Motz-Moratorium

Wichtig finde ich das Motzen immer noch, schon allein, um Frust abzulassen: über gesellschaftliche Missstände; über unnötige Steine, die einer notwendigen Entwicklung in den Weg gelegt werden; über Einzelinteressen, die stärker gewichtet werden als Werte, die allen zugute kommen.

Aber ich habe in den letzten Wochen bereits bemerkt, dass nicht nur der bei mir gewünschte Effekt entstand, wenn ich regelmäßig jeden Montag meinem Unmut Luft machte. Ich hatte mir erhofft, wenn ich das so strukturiert tue, dann halte ich mir den Rest der Woche frei für schöne und konstruktive Gedanken. Soweit die Theorie.
Aber in der Praxis ist bekanntermaßen ja vieles ganz anders. Motzenswerte Dinge passieren nicht immer zeitlich passend zum Montag. Klar, viele Zustände dauern länger an und sind es auch noch ein oder zwei weitere Montage wert, darüber zu schreiben. Aber oft ist dann doch der Biss raus.

Viel stärker empfinde ich allerdings den Eindruck, dass die regelmäßige Montagsmotzerei bei mir im Kopf und im Herzen Energien bindet, die ich augenblicklich lieber für andere Sachen nutze: Mein Schreibstudium, für das ich die gedanklichen Fühler in so viele unterschiedliche Richtungen ausstrecke. Meine Familie, wo es genügend Themen gibt, um die ich mich „ganz in Echt“ kümmern möchte. Der Garten, der eindeutig mehr Aufmerksamkeit braucht, als er bekommt. (Wobei ich da zumindest meine körperlichen Kräfte immer noch sehr einteilen muss und das nach Aussage meines Lungenfacharztes noch eine ganze Weile andauern kann. Aber vorausdenken und planen geht!) Und auch meine „Z(w)eitfamilie“, die Gemeinde, in der absehbar ist, dass dem ehrenamtlichen Dienst in den kommenden Jahren immer mehr Bedeutung zukommt (Fachkräftemangel, Geldsorgen, alternde Gesellschaft …).

Und dann ist da noch dieses diffuse Gefühl, dass ich grundsätzlich lieber zuversichtlich an Herausforderungen herangehe, das Meckern übernehmen sowieso genügend andere Leute.
Ganz einstellen werde ich das Thema sicher nicht, aber auf ein für mich gesundes und erträglicheres Maß zurückstutzen. Das Experiment ist nicht gescheitert, aber das Konzept muss modifiziert werden. Wenn der Motz seltener, aber dann so richtig mit Schmackes und Herzblut kommt, erreiche ich – möglicherweise nicht nur für mich selbst, sondern auch für andere – mehr als durch ein kontinuierliches Grundgemurmel der Unzufriedenheit.

Wer sich aber aus irgendeinem Grund bemüßigt fühlt, montags aus seinem Herzen keine Mördergrube zu machen, kann das selbstverständlich auch weiterhin tun, allerdings beachtet bitte die Grundsätze, die ich aufgestellt hatte, wenn ihr euch des Mottos „Montagmotz“ bedient.

Zur Erinnerung:
https://annuschkasnorthernstar.blog/2023/01/21/motzen-mit-system/

Danke und habt eine schöne Woche.
Übrigens habe ich noch eine „frohe Botschaft“ zum Wochenbeginn:
Am Samstag habe ich auf einer Familienfeier getanzt. Zu AC/DC, den Ärzten, den Blues Brothers🤗 … Der aktuellen Verfassung meiner Lunge gehorchend immer nur einen Song und dann Pause, aber immerhin. Vor drei Jahren habe ich um diese Zeit mühselig wieder das Laufen gelernt. Es ist einfach so ein tolles Gefühl, das musste ich mal teilen!

Liebe oder Eierlikör

Mit diesem Hörbuch starte ich in die diesjährige Netgalley-Challenge, die am 15. Mai gestartet ist und bis zum 25. Juni geht. 24 Bücher und Hörbücher stehen für die Challenge zur Verfügung, die in einer Art Rezensionsclub von vielen Netgalley-Mitgliedern nicht nur besprochen, sondern auch diskutiert werden.

Ernst Mannsen, pensionierter Zollbeamter, Hobbykriminalist und selbsternannter Retter von Witwen und anderen einsamen Syltern, legt wieder los. Er und seine Truppe bunt zusammengewürfelter Dörfler haben mir mit „Geld oder Lebkuchen“ bereits die letzte Adventszeit versüßt, also freute ich mich auf ein Wiederhören.
Und das Hören ist gerade bei diesem Buch ein doppelter Genuss, weil so schöne Wörter wie „Lowe-Skamming“ (mit gesprochenem A) gehört viel besser funktionieren als ein gelesenes „Love-Scamming“ (mit Ä).
Und da wären wir auch schon beim Thema: Eine Dating („Deiting“)-App macht die alleinstehenden älteren Damen und Herren von Sylt ganz wuschig.
Ernst wittert Betrug und macht sich mit Hilfe seines kriminalistischen Instinkts, der mit allen Wassern gewaschenen, ehemaligen Schauspielerin Hella und seines Enkels Mats (als Digital-Experte) auf, um den vermeintlichen virtuellen Heiratsschwindlern das Handwerk zu legen.
Natürlich alles äußerst unauffällig, vor allem seiner misstrauischen Frau gegenüber…

Komödie, Schmonzette, Cozy Crime, alle diese Schlagworte treffen zu und auch wieder nicht, denn es ist eine gelungene Mischung aus ein bisschen von allem. Und es macht Spaß, sich die Geschichte anzuhören, die neben guter Unterhaltung auch immer ein paar nachdenkliche Momente bietet. Probleme, die es auch im wirklichen Leben gibt, die hier aber mit Humor auf die Spitze getrieben werden. Und obwohl die Charaktere mitunter etwas klischeehaft überspitzt dargestellt werden, funktioniert es sehr gut.
Auch wenn die Hauptfiguren mehr oder weniger nah am Renteneintrittsalter oder auch darüber hinaus sind, ist es auch keineswegs einfach nur eine seichte Seniorengeschichte, das wäre zu kurz gegriffen.

Die Sprecherin hat eine angenehme Stimme und meist spricht sie auch sehr gut die verschiedenen Personen. Manchmal kommt sie bei plötzlichen Wechseln etwas durcheinander, aber wer käme das nicht?
Mir hat das Hörbuch jedenfalls für ein paar fröhliche Stunden die Hausarbeit erleichtert, was ich als vollen Erfolg werte😅.

Bibliographische Angaben: Dora Heldt, Liebe oder Eierlikör
Buchausgabe: dtv; ISBN 978-3-423-28337-3; 15 €
Hörbuch: GoyaLIT (Jumbo); ISBN 978-3-8337-4564-5; 18 €

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