Sendepause

Es ist wieder Montag. Der neunte in diesem Jahr bereits. Wie die Zeit vergeht…

Aber nun kommt’s: Ich habe heute nichts zu motzen. Ich habe

Bestimmt gibt es Themen, über die sich ergiebig meckern lässt, aber ich habe heute keine Lust dazu.
Deswegen wünsche ich euch einfach so eine gute Woche.

Sonn(en)tag

Begonnen habe ich den Tag mit Brötchenbacken. Unvermeidlich dabei sind Pausen, in denen ich warte, dass der Teig aufgeht (Zeit genug für eine halbe Stunde Ergometertraining im Gesundheitsmodus), dass die fertig gewirkten Brötchen nochmals aufgehen und der Ofen die passende Temperatur erreicht und schließlich, dass die Brötchen fertig sind. Da kann ich doch auch wunderbar bei der ersten Tasse Kaffee etwas lesen. Gelungener Auftakt.

Szenenwechsel

Nach dem Mittagessen entschloss ich mich spontan, das erste Mal nach überwundener Covid-Infektion und späterer Lungenentzündung wieder bergauf zu gehen, statt in der Ebene zu bleiben. Ich wollte es auch ganz gemächlich angehen. Blöd nur, wenn der Vierbeiner eine andere Vorstellung von „gemächlich“ hat. Kunststück, der kommt mit seinen vier Pfoten effektiver den Berg rauf als ich mit zwei Beinen. Der einzige Vorteil: die furchtbar steile Strecke gehört noch zum Ort, wenn ich mich also umdrehe und ein paar Schritte rückwärts gehe, habe ich erstens einen grandiosen Ausblick auf die norddeutsche Tiefebene, die sich dann vor mir erstreckt. Am Horizont sehe ich die Vergangenheit und die Zukunft der Energieerzeugung: Das Kohlekraftwerk in Lahde, wegen der befürchteten Gasknappheit letzten Sommer reaktiviert, spuckt große Wasserdampfwolken aus dem Kühlturm, noch etwas weiter nördlich drehen sich die Windräder majestätisch vor sich hin.
Zweitens kann ich mir im Rückwärtsgang mehr oder weniger erfolgreich einreden, dass sich meine ureigene Pumpe regeneriert, ähnlich wie ein rückwärtslaufender Stromzähler. Manchmal muss man sich halt doch ein bisschen in die Tasche flunkern😁. Wenn’s hilft…
Auf ein Foto der Aussicht müsst ihr leider trotzdem verzichten, mit dem Luftschnappen und Kalle war ich in dem Augenblick komplett ausgelastet.

Im Wald angekommen stellte ich fest, dass ich nicht die Einzige war, die irgendwie in der Luft hing. Dem abgesägten Baum ging es ganz ähnlich. Aber im Gegensatz zu mir wird ihm auch „tief Luft holen“ nicht mehr helfen. Kalle wiederum hatte viel zu schnuppern, denn in dem Waldstück gibt es Rehe, Wildschweine, Pioniere (letztere allerdings eingehegt hinter einem hohen Zaun und vermutlich nicht unbedingt sonntags) und natürlich Spaziergänger, gern auch mit Kindern und Hunden. Ich weiß gar nicht, wieso ich davon ausgegangen war, dass wir bei dem schönen Wetter den Wald für uns haben könnten. Da mir die Frequenz an Menschen und Fellnasen eindeutig zu viel wurde, gingen wir kurzerhand einen anderen Weg als geplant und das war eine sehr gute Entscheidung. Erstaunt stellte ich fest, dass in dem Stück Jakobsberg, in dem wir uns nun befanden, ein Weg existierte, den ich in dem halben Jahrhundert, das ich nun schon durch den Wald stromere, noch nie gegangen bin. Oder es ist so lange her, dass ich mich nicht erinnere. Den Weg hatten wir fast komplett für uns, nur ein einsamer Jogger in neongelbem Outfit, bestimmt 10 Jahre älter als ich, hüpfte beneidenswert leichtfüßig den schmalen Weg bergauf, der quer vor dem Ende des Wirtschaftsweges verlief – und auch vor dem Ende des Berges, es ging plötzlich jäh bergab zur Bundesstraße hin, deren Bau vor Jahrzehnten dafür gesorgt hatte, dass vom Gebirge die Kante abgeknabbert wurde. Wir gingen stattdessen bergab, weil ich durch die unbelaubten Bäume sehen konnte, wohin diese Strecke führen würde. Unter anderem zu fünf ziemlich zerfallenen und verlassenen Hochbehältern aus Beton, die nicht mehr sehr vertrauenswürdig wirkten:

Die anderen sahen ähnlich aus: Der Beton von außen bis auf die Armierung abgeplatzt, von abgebrochenen Ästen und Stämmen bedeckt, löcherig. Ein paar Meter weiter die nächste Überraschung:

Die alte Glasfabrik existiert seit vielen Jahrzehnten nicht mehr. Dass die Gebäude allerdings so weit in den Wald hineinragten, war mir nicht bekannt. Vielleicht hat auch der Wald in der langen Zeit einfach ein Stück des ehemaligen Werksgeländes überwuchert. Hm, das ist eine neue Aufgabe, das werde ich mal recherchieren.
Dann der Aha-Effekt: Ich komme am Open-Air-Schießstand des Bürgerbataillons heraus, von dort geht es zur Bundesstraße, die ich dann ein Stück entlangwandere, um wieder die Richtung nach Hause einzuschlagen. Glücklicherweise ist auf der Straße fast schon weniger los als im Wald. Da bin ich von den Wochentagen anderes gewohnt. Für Kalle allerdings eine ganz neue Erfahrung (die Bundesstraße kannte er noch nicht): Er schaut jedem entgegenkommenden Fahrzeug hinterher, muss sich also immer wieder umdrehen. Zum Glück gibt es auf dem Bürgersteig keine Türrahmen, vor die er laufen kann (was er im Haus öfter mal macht, wenn er wissen will, ob ich ihm folge). Auf der Straße, die uns wieder nach Hause führt, geht eine Zeitlang ein junger Mann ungefähr 100 Meter vor uns her. Kalles Neugier ist groß genug, dass er ihn gern einholen würde, aber nö. Da spiele ich nicht mit. Wir gehen jetzt stur dasselbe Tempo wie schon die letzten Kilometer.

Nach etwas mehr als einer Stunde endet unser heutiges Mikro-Abenteuer, von dem wir vor dem Start nicht einmal ahnten, dass es ein solches sein könnte. Mein Fazit: Auch in der anscheinend bekannten Umgebung lohnt es sich immer, nach Neuem Ausschau zu halten. Die Aufforderung des Tages im Fastenkalender lautete: „Das will ich mal genauer beleuchten“. Cool, wie das ganz unverhofft in die Tat umgesetzt wurde.
Ausbaufähig und bedürftig ist dagegen eindeutig meine Kondition bergauf. Daran muss ich arbeiten. Covid ist halt doch ’ne Bitch.

Demokratie als Zumutung

|Werbung, unbezahlt|

Es ist Freitag, der 24. Februar 2023. Ein Jahr ist vergangen, seit das passierte, was sich jahrzehntelang, spätestens nach dem Fall der Mauer, kaum jemand vorstellen konnte: Krieg auf europäischem Boden. Ich möchte an dieser Stelle nicht weiter darauf eingehen, zumindest nicht direkt. Das Thema wird an allen möglichen und unmöglichen Stellen von allen nur erdenklichen Seiten dargestellt, dazu braucht es mich nicht.
Trotzdem gibt es vermutlich kaum ein passenderes Datum, um mich nun endlich zu dem Buch zu äußern, dessen Lektüre mich meinen Notizen zufolge seit dem 22. November bereits beschäftigt und sehr zum Nachdenken angeregt hat.

Ich habe rund um Thesen und Schlagwörter aus dem Buch schon zwei Posts erstellt (am Ende des Beitrages verlinke ich die nochmal), weil das Thema Demokratie sowieso schon sehr komplex ist und weil es auch sehr viele unterschiedliche Auffassungen gibt, was Demokratie eigentlich ist, wie sie funktioniert – oder eben nicht – und was sie leisten kann.
Zunächst mal: Im Gegensatz zu einem autoritären Regime, in dem der einzelne Bürger sich zurücklehnen kann, die Verantwortung für Tun und Denken fast schon komplett abgegeben hat und sich auf den engen Rahmen dessen beschränken kann, was überhaupt noch erlaubt ist, ist das Leben in einer Demokratie anstrengend. Es erfordert 1.) Haltung und 2.) das Überdenken der eigenen Haltung im Verhältnis zu anderen Bürgern und deren Haltungen.
Es verlangt Einsatz, und das möglichst nicht nur am Wahltag. Es schreit förmlich nach (Selbst-)Reflexion, nach Kompromissen, nicht nur nach dem Erhalt von und dem Pochen auf Rechten, sondern auch nach dem Anerkennen und Erfüllen von Pflichten. Auch unser Grundgesetz kennt nicht nur die Rechte, sondern auch die Verpflichtungen der gesellschaftlichen Gruppen und des Einzelnen, aber das wird mitunter gern übersehen.

Als das Grundgesetz, die deutsche Verfassung, geschrieben wurde, hatte Deutschland einen Krieg verloren und war von einer mörderischen und menschenverachtenden Diktatur befreit. Man konnte aufatmen, einen Neuanfang wagen, wieder optimistisch in die Zukunft sehen. Man hatte sich für ein demokratisches Modell mit sozialer Marktwirtschaft entschieden, was in den kommenden Jahrzehnten ein unglaubliches Erfolgsmodell darstellte. Allerdings zeigt sich inzwischen auch, dass selbst ein solches Modell fast schon pervertiert, aber zumindest wie ein Gummiband gedehnt werden kann.

Eine zentrale These in dem Buch ist es, dass wir unsere Demokratie heutzutage wie ein Konsumgut sehen, und dafür sprechen gute Gründe. Allein schon rhetorisch: Die demokratischen Parteien sollen den Bürgern „Angebote machen“. Hat mit dem Wahlergebnis die Bevölkerung eines der Angebote (oder eine Mischkalkulation) angenommen, ist es Aufgabe der Politik, „zu liefern“. Oder betriebswirtschaftlich ausgedrückt: Wer hat eigentlich berechtigte Ansprüche, der Shareholder oder der Stakeholder? Ja, beide gehören zum Humankapital, aber wer ist eigentlich wer in diesem Spiel?
Dazu kommt aus dem Marketing das Storytelling. Alles ist nur so gut oder so schlecht wie die Geschichte, die man dazu erzählen oder ersinnen kann. Alles ist emotional, Bauchgefühl statt Hirnschmalz. Das eigene Land wahlweise als Abenteuerspielplatz oder heimelige gute Stube?

Sehr interessant wird es auch in dem Kapitel, in dem der Autor ein wenig tiefer in das politische System der Schweiz eintaucht, das so gern mit der direkten Demokratie als Musterlösung dargestellt wird. Unterschlagen wird dabei aber sehr oft, dass das Verhältnis von Rechten und Pflichten in der Schweiz viel feiner austariert wird als bei uns. Hauptberufliche Politiker gibt es eigentlich nur auf der obersten Ebene. Aufgaben, die in Deutschland von Schulämtern erledigt werden, werden in der Schweiz von Ehrenamtlern übernommen. Es gibt sogar einen Amtszwang, dessen Verweigerung disziplinarische Folgen haben kann. Feuerwehr, Katastrophenschutz, Schulaufsicht und vieles mehr sind viel tiefer in der Zivilgesellschaft verwurzelt als in Deutschland. Wer also nach mehr direkter Demokratie ruft, muss sich auch bewusst sein, dass sie nicht nur mehr Rechte, sondern auch mehr Pflichten beinhaltet.

Das Buch ist ein reichhaltiger Fundus für noch einige andere bedenkenswerte Facetten des demokratischen Systems, über die wir alle (oder zumindest die allermeisten) uns sehr selten nur Gedanken machen, die von manchen Gruppierungen und Parteien auch ganz gern unter den Teppich gekehrt werden. Lange hat mir ein politisches Sachbuch nicht so viele Denkanregungen gegeben, auch wenn ich nicht mit jeder Aussage konform gehe (muss ich ja auch nicht, auch das ist Demokratie). Politik- und SozialwissenschaftslehrerInnen kann ich das Buch (auch zur Unterrichtsvorbereitung) nur sehr ans Herz legen und dazu eigentlich jedem Menschen, dem die Demokratie als Allgemeingut wichtig ist.

Und am meisten empfehle ich es den Leuten, die sich selbst für unpolitisch halten.

Bibliographische Angaben: Felix Heidenreich, Demokratie als Zumutung, Verlag Klett-Cotta, ISBN 978-3-608-98079-0, € 25,-

Meine bisherigen Gedanken zu den Themen aus dem Buch:

https://annuschkasnorthernstar.blog/2023/02/05/zumutung/

https://annuschkasnorthernstar.blog/2023/02/09/freiheit-2/

Donnerstag, 23. Februar


Gott schuf als erstes das Licht, aber er schaffte die Dunkelheit nicht ab. Er ordnete beiden Zuständen ihre Zeiten zu und bis heute hat sich das nicht geändert. (Obwohl die Menschheit alles mögliche anstellt, um die Dunkelheit weniger dunkel zu machen.)
Beides hat seine Berechtigung:
ohne Zeiten der Dunkelheit wüssten wir das Licht nicht zu schätzen
und
ohne Licht, ohne Hoffnung wäre das Dunkel nicht zu ertragen.

Und so wie Licht und Dunkel gibt es unendlich viele andere Begriffspaare, die gegensätzlicher kaum sein könnten. Paarungen, die sich gegenseitig ausschließen und doch in allen ihren Facetten und Extremen wichtig sind, damit unser Leben gelingt und sinnvoll erscheint.

Schon im alten Testament hat Prediger diese Erkenntnis niedergeschrieben:

Alles hat seine Zeit 
Jedes Ereignis, alles auf der Welt hat seine Zeit:
Geborenwerden und Sterben,
Pflanzen und Ausreißen,
Töten und Heilen,
Niederreißen und Aufbauen,
Weinen und Lachen,
Klagen und Tanzen,
Steinewerfen und Steinesammeln,
Umarmen und Loslassen,
Suchen und Finden,
Aufbewahren und Wegwerfen,
Zerreißen und Zusammennähen,
Schweigen und Reden,
Lieben und Hassen,
Krieg und Frieden.
(Prediger 3, 1-8, HfA)

Vieles erscheint uns nur schwer erträglich, und doch ist auch das Schwere, das Traurige und das Dunkle in unserem Leben wichtig.
Gerade in den letzten Wochen, in denen wir durch Kriege, Naturkatastrophen und menschliches Versagen oft das Gefühl haben, die Welt sei schlecht, menschliche Zivilisation dem Untergang geweiht und es gehe nur noch bergab. Durch meine Montagsmotze bin ich sogar selbst auf diesen Zug aufgesprungen (wenn auch nicht mit der Intention, alles niederzuschreiben).

Und gerade in den letzten Wochen stelle ich fest, dass Bücher, die durch ihre Aussagen einen fast unerträglichen Positivismus, Erfolgsgarantien und ein rundum gutes Leben versprechen, Hochkonjunktur haben. Dass mir bei Instagram Erfolgsrezepte und die Angebote von Life-Coaches in die Timeline gespült werden (und je häufiger ich sie als „irrelevant“ kennzeichne, desto mehr kommen nach😟), dass ich insgesamt mitunter das Gefühl habe, mir wird positiv aufgeladener Content angeboten wie irgendwelche Glücksdrogen. Aber auch die hören irgendwann auf zu wirken und dann ist der unvermeidliche Absturz viel tiefer. Oder es wird anstrengend, ermüdend.
Das Leben bietet keine Gelinggarantien; Glück, Erfolg, Gelingen, Karriere oder Segen (oder wie auch immer wir es bezeichnen möchten) ist keine Gewährleistung.
Irgendwie geistert mir das Wort Annahme durch den Kopf. Es scheint mir einen praktikablen Weg zu zeigen, obwohl wir ja auch Meister im Annahme verweigert sind… Aber das würde jetzt zu weit führen🤔. (Vielleicht ein anderes Mal?)

(Übrigens, falls jemandem gleich die Hutschnur platzt:
In dem, was ich hier aufgeschrieben habe, geht es nicht um die ernstzunehmende Krankheit Depression. Die gehört in eine gute fachliche Behandlung. Vor allem gehört endlich die Stigmatisierung von Menschen mit Depressionen beendet. Dabei ist es nicht mit „Reiß dich mal zusammen“ getan. Oder mit Aussagen wie „Früher gab’s auch nicht so viele Menschen mit Depressionen“. – Ich kann nur jeden, der betroffen ist, ermutigen, sich lieber früher als später professionelle Hilfe zu suchen.
In allem, was ich oben beschrieben habe, geht es ausschließlich um das ganz alltägliche Leben mehr oder weniger gesunder Menschen. Just saying.)

Der erste Tag

Meine Gedanken zum ersten Fastenimpuls.

Der Zauber des Anfangs.
Aufbruchstimmung.
Kribbelige Anspannung, wann geht es endlich los?
Was wird mich erwarten? Und was erwarte ich?
Neugierde.
Schmetterlinge im Bauch.
Sich auf den Weg machen.
Den ersten Schritt tun.
Loslegen.

Warum heißt es „Lebe jeden Tag, als wenn es dein letzter wäre?“*

Lebe jeden Tag, als ob es der Erste wäre!
Der erste Tag vom Rest deines Lebens.

*(Rhetorische Frage, die Antwort ist mir bewusst)

An Aschermittwoch ist alles vorbei?

Oder fängt alles erst an? Das Motto der diesjährigen Fastenaktion klingt doch in dieser Hinsicht sehr positiv. Und positive Impulse (aber ohne toxischen Positivismus) brauche ich ganz dringend, vermutlich dürfte das vielen von uns so gehen.
In loser Folge werde ich von den Erfahrungen und Gedanken der Fastenzeit berichten. In welcher Form, habe ich noch nicht entschieden, da ich mich einfach auf das einlassen möchte, was kommt. Und dann wird sich die passende Methode finden.

Ab Morgen findet bei uns in der Gemeinde außerdem jeden Mittwochabend eine Passionsandacht statt. Mit den Texten des Matthäus-Evangeliums werden wir uns sieben Wochen lang auf Karfreitag und Ostern vorbereiten. Das, was ich seit Jahren sehr schön daran finde: Die Andachten werden fast komplett von Ehrenamtlichen, ganz normalen Gemeindegliedern, gehalten. Von ganz jungen Leuten oder solchen mit viel Lebenserfahrung, von konservativeren oder liberaleren, von nachdenklichen oder eher spontanen Menschen. Dadurch entsteht eine Weite und Fülle der Gedanken, die mir immer wieder gefällt.

Wer mitlesen möchte: es geht los mit Matthäus 26, 1-16. Für nicht so geübte Bibelleser: Es gibt den ERF Bibleserver mit unterschiedlichen Übersetzungen. Da findet jeder die richtige Ansprache. Zum Beispiel diese hier:

https://www.bibleserver.com/HFA/Matth%C3%A4us26

Ganz zum Schluss noch ein Musiktipp für die Passionszeit (seit Jahren mein musikalischer Begleiter für diese Wochen):

Pöbeleien, Drohmails und Ekelbriefe

Heute gibt es ein trauriges und ratlos machendes Phänomen, über das ich fast schon eher trauere als motze. Aber lest mal selbst:

https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/anfeindungen-wissenschaft-101.html

Warum, frage ich mich immer wieder. Das Phänomen ist nicht neu, wie ich letztens auch wieder in dem Buch „Post von Karlheinz“ gelesen habe, dessen Autor Hasnain Kazim bereits als Schüler (!) Hassbriefe per Post bekam.

Allerdings ist es durch Formate und Plattformen wie eMail, Facebook, Instagram, WhatsApp und Telegram in den letzten Jahren immer einfacher und bequemer geworden, seine Hassbotschaften und Gewaltphantasien in die Welt zu rotzen. Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund, die in exponierten beruflichen Positionen arbeiten (Wissenschaft, Journalismus, Politik…), sind besonders betroffen, wenn auch noch beides zutrifft, Holla die Waldfee!
Der oben erwähnte Journalist sowie seine Kolleginnen Dunja Hayali und Nicole Diekmann haben ihre Erfahrungen literarisch verarbeitet. Andere mit Sicherheit auch.

Auch anerkannte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aller möglichen Fachrichtungen werden zu Opfern von Hass und Hetze, Vertreter von Religionsgemeinschaften ebenso.
Nicht jeder muss jeden mögen, das tu‘ ich auch nicht. Manchmal meckere ich auch über jemanden, ich denke, soweit ist das auch ganz normal. Aber was Leute umtreibt, anderen persönliche Nachrichten zu schicken, in denen sie beleidigen, Vergewaltigung, Folter und ekelhafte Todesarten androhen, werde ich niemals nachvollziehen können.
Was treibt Leute um, die als Replik auf kontrovers diskutierte Problemstellungen (und noch schlimmer: manchmal sogar auf recht simple Themen) in übelsten Wortdurchfall geraten, ungefiltert Gewaltphantasien in die Welt setzen oder anderen ihre Existenzberechtigung absprechen, für Attribute, die sie sich nicht selbst ausgesucht haben?
Wieso leiden so viele (und wieder mal: meist Männer) unter so ausgeprägten Impulskontrollstörungen und werden so wenig dafür sanktioniert?
Ja, richtig gelesen, ich schrieb :so viele. Obwohl ich weiß, dass es absolut gesehen eine recht kleine Minderheit ist. Aber jeder Einzelne davon ist einer zu viel.

Vielleicht denkt jetzt die Eine oder der Andere hier „Weiß die Annuschka eigentlich noch, was sie will? Letzte Woche maulte sie über die gefühlten Experten, heute über diejenigen, die die tatsächlichen Experten angreifen…“
Ich kann euch beruhigen: im Allgemeinen weiß die Annuschka das.
Aber erstens überlappen sich die Phänomene und zweitens steigt der Ratlosigkeitslevel bei mir gerade mal wieder schneller als das Thermometer.

Was habe ich eben gelesen? Lieber Gott, mach mich blind, dass ich diese Welt gutfind‘.
Ganz so weit ist es nicht, aber Tendenzen sind dann und wann vorhanden.

Busy

Es war ruhig hier diese Woche. Aber im wirklichen Leben steppt der Bär.
Ich knabbere immer noch an meiner Rezension zu dem Demokratie-Buch, das Problem ist, dass mir zu viel zu dem Thema einfällt, was nicht in eine Rezension gehört. Ja, ja, ich weiß, das ist ein Luxusproblem, aber kürzen ist mitunter schwieriger als schwafeln.

Mein Garten ruft: „Hey, komm raus, hier gibt es jede Menge zu tun!“ Es juckt mich in den Fingern, ich habe (zu?) vieles gesehen und möchte es auch in Angriff nehmen, aber es zwickt und schmerzt seit ein paar Wochen heftig in mehreren Gelenken: Dicke, aber instabile Fingergelenke machen mir zu schaffen, die Schulter, die Knie und sogar die Sprunggelenke zicken herum. Auch die Bänder und Sehnen machen sich sehr unangenehm bemerkbar, ich hoffe auf den Rheuma-Doc-Termin nächste Woche. Ob Rheumahandschuhe eine Lösung oder zumindest eine Hilfe wären?

Am Dienstagabend waren wir in Bielefeld im Konzert: Die Musik aus „Herr der Ringe“ und dem „Hobbit“, mein Geburtstagsgeschenk von Tochter 1 und Schwiegersohn. Schön war’s, aber der Göttergatte hat nun eine Warnung in der Corona-App🤷‍♂️.

Um meine Untätigkeit im Garten zu verschleiern und weil ich es schon länger wollte, habe ich mir eine Schreib-Software gegönnt. Tippen am PC funktioniert nämlich wenigstens noch. Jetzt lerne ich eifrig den Umgang und hoffe, die Inspiration sprudelt auch weiterhin im passenden Tempo, in dem ich gut mitschreiben kann, aber auch keinen Leerlauf habe.

Und nicht zuletzt habe ich in puncto Handarbeiten etwas Neues entdeckt, worüber ich demnächst noch etwas ausführlicher schreiben werde. Zunächst ist aber ein kleiner Ausflug notwendig, den ich demnächst mit Tochter 3 machen werde, weil wir beide gern in kuschelig weicher Wolle schwelgen.

Heute habe ich Suppen gekocht, die nachher noch von schwer nachdenkenden Menschen (und das ist nicht ironisch gemeint) verspeist werden, danach wird im Rudel gesungen, und dann ist die Woche auch schon um.
Lasst euch nicht wegpusten und habt ein schönes Wochenende.

80 Millionen Multitalente

Vorbemerkung: der heutige Beitrag fällt eher unter die Kategorie
Nicht ärgern, nur wundern
und dient damit auch ein wenig der Seelenpflege. Immer nur motzen ist etwas anstrengend, selbst wenn man es nur montags rauslässt.

Wir Deutschen sind doch ein putziges Völkchen. Und offenbar ein sehr multibegabtes noch dazu. Dass wir alle paar Jahre, nämlich immer dann, wenn größere Fußballturniere anstehen, zu einem großen Kollektiv von Bundestrainern mutieren, ist ja lange bekannt. Ein über Jahrzehnte eingespieltes Ritual. Umso erstaunter waren manche, die mit universitärer Hilfe in medizinischen und/oder gesundheitsforschenden Berufen tätig sind, dass im Frühjahr 2020 diese ganzen ambitionierten Herbergers, Schöns, Derwalls, Beckenbauers, Vogts‘, Ribbecks, Völlers, Klinsmanns und Löws (Flick war noch Co-Trainer zu Beginn der Pandemie) in Nullkommanix eine Umschulung zu Virologen hinlegten. Und nach dem Nachdruck zu urteilen, mit dem so mancher dieser frisch „Promovierten“ seine Thesen verbreitete, summa cum laude.

Noch mehr verwunderte allerdings die heftig gesunkene Halbwertszeit dieser Zusatzausbildungen, denn bereits relativ kurz, nachdem am 24. Februar 2022 die Zeitenwende in erster Linie über die Ukraine und damit verbunden auch über Europa hereingebrochen war, beschlossen diejenigen, die auch in den Wirren der Viren nicht ihre berufliche Erfüllung gefunden hatten, noch einmal umzuschulen. Ungeachtet der Tatsache, dass sie noch nicht die erforderliche Anzahl von mindestens 10 Bewerbungstrainings abgeschlossen hatten, und egal, ob sie „gedient“ hatten oder nicht: der neueste heiße Schei* war die Feierabendfortbildung per Fernunterricht zum Verteidigungsminister oder zur Strategieexpertin.

Wenn es nicht so zwiespältig wäre, könnte man fast lachen und sich fragen: Wann werden wir alle die ultimative Befriedigung darin finden, als Verkehrsminister die Zukunft unseres schönen Landes auf die Schiene und in den ÖPNV zu bringen? Bei aller Motzerei über denjenigen, der diese goldene Himbeere des Kabinetts als Aufgabe bekommt, fürchte ich, dass viele potenzielle Bewerber den bisherigen Amtsinhabern zumindest in einer Sache beipflichten würden: Deutschland ist und bleibt Autoland. 80 Millionen Schumachers und Vettels eingeschlossen. Naja, vielleicht auch eher um die 40 Millionen. Bisher hat sich jedenfalls noch keine Frau freiwillig auf den Posten beworben…

80 Millionen Klimaschützer sind vermutlich auch noch für längere Zeit eine Utopie, siehe meinen Beitrag vom letzten Donnerstag über die Freiheit.

Als Abschluss gönne ich euch einen kleinen Wochenanfangsohrwurm, auch wenn er nicht ganz zum Thema passt (oder gerade deswegen, weil er ein anderes Schlaglicht auf die 80 Millionen wirft).
Warum soll ich den denn alleine haben?

Wieder aktuell bei mir

Nächster Anlauf. Aber dieses Mal anders: Ich mache eine Ausbildung zur ehrenamtlichen Pilgerbegleiterin auf dem Sigwardsweg.
Das bietet sich an, weil er direkt vor unserer Haustür liegt und die Ausbildung gerade hier im Kirchenkreis angeboten wird. Den Auftakt-Abend habe ich schon hinter mir, Morgen folgt ein ganzer Tag Theorie, ab Mitte März werden wir etappenweise den Weg unter die Füße nehmen. Ich bin gespannt, freue mich wie Bolle und hoffe ein wenig bange, dass meine Gelenke, Bänder und Sehnen durchhalten.
Buon camino.

Freiheit

Manchmal denke ich, es gibt kaum einen zweiten Begriff, dessen Inhalt wir gleichzeitig für so essentiell wichtig halten und über den wir uns doch so uneins sind.

Bedeutet Freiheit, dass ich tun und lassen kann, was mir gerade in den Kopf kommt, ohne Kompromisse und ohne Rücksichtnahme auf andere? Oder dass ich mich schniefend und hustend in einen vollgepfropften Linienbus zwänge, ohne einen Mund-Nasenschutz zu tragen? Dass ich meine geringe Meinung über andere Menschen in die Welt schreien darf und niemand kann mich dafür belangen?
Bedeutet Freiheit, mich selbst zu verwirklichen, was auch immer ich darunter verstehe? Mein Ding durchzuziehen, auf der Autobahn mit 220 km/h und Lichthupe durchgängig auf der linken Spur zu rasen? Mich nicht an Regeln zu halten?
Bedeutet Freiheit, meine gesellschaftlichen Rechte einzufordern, aber mich um die damit einhergehenden Pflichten zu drücken? Keinen Wehr-, Ersatz- oder sonstigen Dienst für die Allgemeinheit leisten zu müssen?
Bedeutet Freiheit, aus der Kirche auszutreten und mir meinen Glauben nach meinem eigenen Gusto zusammenzubasteln? Nur die Überzeugungen gelten zu lassen, die mir angenehm erscheinen?
Bedeutet Freiheit, nach Belieben meine Umgebung verlassen zu können, weil ich es dort beengt finde und nach einigen Jahren des Umherziehens wieder zurückzukehren? In alle Länder der Erde reisen zu können?

Oder hat die Freiheit jedes Menschen auch Einschränkungen, die er oder sie hinnehmen muss, um auch anderen Freiheiten zu gönnen?
Ist Freiheit überhaupt wahrnehmbar und wird sie geschätzt, wenn sie einen absoluten Anspruch stellt? Wird sie nicht abgenutzt und beliebig, wenn wir sie absolut verstehen?

In der Pandemie habe ich wahrgenommen, dass manche Menschen eine sehr schwammige Vorstellung davon haben, was Freiheit bedeuten könnte. Denn oft waren jene, die ihre Freiheiten durch die Maßnahmen eingeschränkt sahen, so sehr, dass sie lauthals davon krakeelten, identisch mit denen, die mitunter Staaten oder Politiker als leuchtende Beispiele hochjubelten, die dafür bekannt sind, anderen die Freiheit zu nehmen oder zu beschränken.

Und ich? Was stelle ich mir unter Freiheit vor? Mit diesem Gedanken gehe ich in die Nacht, lese noch ein wenig in der Lektüre, die mir solche Gedanken beschert und träume … von der Freiheit?

Stereotype

Gründe, sich Gedanken über Stereotype und ihre Berechtigung zu machen, gibt es reichlich. Die Debatte um Migration und „kleine Paschas“ ebenso wie die aktuelle Buchlektüre und die rhetorische Frage an mich selbst, wie ich von Einheimischen gesehen und mich selbst verhalten würde, wenn ich in ein anderes Land zöge.

-Der deutsche, etwas tumbe Michel, der seiner Obrigkeit hinterherläuft
-Der melancholische, wodkasaufende Russe
-der spanische Latin Lover
-die italienische Nonna, die ihre gesamte Familie energisch im Griff hat
-der gauloiserauchende Franzose mit Baskenmütze und Baguette unterm Arm
-tiefenentspannte, eben „hygge“ Dänen
-traditionsbewusste, konventionsbehaftete Japaner
-patriarchalische Türken
-korrupte Kolumbianer, die alle miteinander Drogen anbauen
-übergewichtige Amis, die mit dem Pickup von Barbecue zu Barbecue fahren
-durchs Leben sambatanzende, knapp bekleidete Brasilianerinnen
-titelverliebte Österreicher, die im Grunde immer noch KuK sind
-(sexuell?) freizügige Schweden
-„gern schnackselnde Afrikaner“ von Frau Thurn und Taxis (den Spruch finde ich nach wie vor besonders perfide)
– teetrinkende Engländer mit miserabler Küche
-trinkfeste, fiedelspielende irische Barden
-sauerkrautessende und Starkbier trinkende Bayern in absonderlichen Trachten, mit Rasierpinsel auf dem Hut
-autoklauende Polen (auch so ein beklopptes Negativbeispiel)
-streng neutrale Schweizer, die funktionieren wie ein Uhrwerk

Ja, einige dieser Aussagen klingen amüsant, andere dienen eher dazu, bestimmten Nationalitäten zwielichtige bis kriminelle Charakterzüge zu unterstellen oder ihnen mangelnde Intelligenz zuzugestehen.
Was in der überspitzten Darstellung von Satire-Formaten noch erträglich erscheint, wird aber von vielen Menschen als bare Münze genommen und ich frage mich, was hat man davon?
Fühlt man sich moralisch erhöht, wenn man anderen Leuten Eigenschaften andichtet, die sie ins Lächerliche ziehen oder gleich als illegal abstempeln? Dazu kommt noch: Wer austeilt, muss auch einstecken können. Das haut auch nicht immer hin, mitunter habe ich sogar das Gefühl, je mehr manche Leute austeilen, desto weniger mögen sie einstecken.

Während ich über Stereotype grübele, verlangt die CDU eine Entschuldigung von Marie-Agnes Strack-Zimmermann, weil sie in einer Büttenrede den CDU-Vorsitzenden als „Flugzwerg“ titulierte. Da müsste sie sich ja bei mehreren entschuldigen, auch beim bayerischen Ministerpräsidenten, beim Kanzler, dem Wirtschaftsminister, bei Putin und Trump und auch bei Armin Laschet, der aber die ihn treffende Spitze lächelnd wegschunkelte und -sang. Man mag persönlich vom Karneval halten, was man will, aber gerade beim politischen Karneval darf man nicht zimperlich sein, egal wo man steht im politischen Spektrum. (Persönlich fand ich übrigens interessanter, welche Zwerge sie NICHT nannte und dadurch abqualifizierte…)

Ich halte es für viel wichtiger, wenn wir uns bewusst sind, dass jeder einzelne der ungefähr 8 Milliarden Menschen dieser Erde in fast jedem Land der Welt „Fremder“ oder „Ausländer“ ist. Hier in Deutschland wollen nicht wenige, dass auf deutschen Schulhöfen beispielsweise ausschließlich deutsch gesprochen wird. Das wird, wenn ich es ein wenig gehässig überspitze, schon auf sächsischen oder schwäbischen Schulhöfen schwierig. Ganz im Ernst gibt es aber handfeste Gründe dagegen. Das kann zum Beispiel sein, dass es für Schülerinnen und Schüler zur Entspannung und Psychohygiene beitragen kann, sich in Lernpausen sprachlich einfach mal in ein gewohntes Muster fallenzulassen. Auch für Familien, die aus Krisengebieten in die Fremde geflohen sind, kann es wichtig sein, sich der eigenen Identität bewusst zu bleiben.

Natürlich sind Sprachkenntnisse der Umgebungssprache unverzichtbar. Für den täglichen Umgang mit Nachbarn, fürs Einkaufen, für Verwaltungsangelegenheiten, Arztbesuche… Aber solange (fast) jeder deutsche Tourist ganz selbstverständlich davon ausgeht, dass in spanischen Hotels, auf niederländischen Campingplätzen oder amerikanischen Kreuzfahrtschiffen sowohl deutsche Sprachkenntnisse als auch deutsches Essen verfügbar sind, sollten wir den Ball vielleicht doch eher flach halten.
Ganz davon abgesehen, dass dort, wo Deutschstämmige in Communities leben, zum Beispiel im mittleren Westen der USA, in Japan, weltweit, auch nach über 100 Jahren noch viele Menschen im privaten Umfeld deutsche Dialekte sprechen, obwohl sie in gesellschaftlichem Kontext die Landessprache benutzen. Und das ist doch prima, oder?

Machen eigentlich nur wir Deutschen uns so viele, teils unnötige Gedanken darüber oder ist das international?

Und plötzlich kennt man Betroffene

Ungefähr 3.500 km südöstlich von hier bebt die Erde, in geringer Tiefe, mit ungeheurer Wucht und Zerstörungskraft. Klar ist man schockiert, wenn man die Bilder im Fernsehen sieht, aber man sitzt im einigermaßen warmen Wohnzimmer, trinkt heißen Tee und ist doch mehr oder weniger distanziert, heilfroh, weit weg davon zu sein.

Und dann bekommt man in aller Herrgottsfrühe die Nachricht der Tochter, dass die Familie einer Freundin aus Grundschultagen betroffen ist. Die Eltern der jungen Frau sind zurück in die alte Heimat gezogen, zumindest die Mutter kannte ich damals auch persönlich.
Und so bekommen die Erdbebenopfer wenigstens ein konkretes Gesicht für mich. Glücklicherweise sind alle Familienmitglieder lebend aus ihren Häusern gekommen. Aber sie sind jetzt obdachlos, ein Teil der Familie mit kleinen Kindern, in der bitteren Kälte des Winters, in einer total zerstörten Umgebung. Wie auch viele andere dort, dazu kommt noch die Trauer und die Ungewissheit: Wie geht es weiter? Sind alle Freunde und Bekannten gesund oder wird man Todesopfer zu beweinen haben?

Die Spende, die ich daraufhin getätigt habe, ist so ziemlich alles, was ich von hier aus tun kann. Ich kann auch darum bitten, dass möglichst viele sich beteiligen. Und ich kann dankbar sein, dass trotz aller Unsicherheiten, Konflikte und Streitereien auf der Welt sehr schnell die humanitäre Hilfe angelaufen ist. Auch aus Ländern, die zum Beispiel aus religiösen oder politischen Gründen der Türkei gegenüber eher skeptisch eingestellt sind. Und auch aus Ländern, die den Bürgerkrieg in Syrien als Stellvertreter für ihre eigene Agenda nutzen. Das entzündet einen kleinen Funken Hoffnung, dass nicht alles nur schlecht ist. Dass es Momente und Zeiten gibt, wo die Menschlichkeit überwiegt.

Ich parke, also bin ich

Es ist wieder Montag und natürlich gibt es ein Thema, über das ich schon immer mal so richtig Dampf ablassen wollte. Vorweg gesagt: viele Parkplätze und -häuser in Deutschland gibt es schon sehr lange und sie wurden offensichtlich nie an die Dimensionen neuerer Autos angepasst. Warum auch, dann würden ja weniger Autos hinpassen und die Einnahmen in den Keller gehen. Aber das ist nicht unproblematisch (also die mangelnde Größe der Parklücken).

Meist bin ich mit meinem kleinen Fiat 500 unterwegs, der allen möglichen Schnickschnack wie Parkassistent, Rückfahrkamera und so nicht besitzt. Immerhin piept er, wenn ich beim Rückwärtsfahren Gefahr laufe, eine Mauer, ein anderes Auto oder Verkehrsteilnehmer zu rammen. Bei Pollern und Pömpeln sieht es schon diffiziler aus, die müssen dick genug sein und im richtigen Winkel stehen, damit der Sensor sie erkennt.
Das Schöne an dem kleinen, wendigen Auto ist neben dem überschaubaren Verbrauch an Benzin auch die Bescheidenheit beim Parkplatzbedarf. Aber was nutzt mir diese Bescheidenheit, wenn andere um mich herum mit dem knappen, weil für 70er-Jahre-Autos gebautem Parkraum umgehen, als hätten sie alles Recht der Welt, gleich mehrere Parkplätze zu besetzen. Dann kann ich richtig sauer werden. Und da muss ich auch gestehen, dass ich eine mindestens 3-Klassen-Brastigkeitsskala habe.

Wenn ein T5 oder das Äquivalent irgendeines anderen Autofabrikats parkt und gefühlt sechs bis neun Familienmitglieder verschiedener Grobmotoriknuancen, Hund, Katze, Papagei, Buggy, Klapprad und was weiß ich noch ausspuckt, habe ich eher Verständnis dafür, dass die fahrzeugführende Person auf genügend Abstand zu den rundum parkenden Autos achtet. Ebenso, wenn jemand mit offensichtlicher Mühe, seinen Körper aus dem Auto heraus zu entfalten, möglicherweise auch noch mit Hilfsmitteln dabei, umständlich dem Auto entsteigt. Oder wenn ein Elternteil damit rechnen muss, dass der Nachwuchs („Ich bin schon groß, ich kann das selber“) blitzschnell die Türen öffnet, ohne auf irgendwas zu achten.

Biegt aber ein jugendlich-dynamischer Zeitgenosse (zumindest nach meinen Beobachtungen sind es in mindestens 90 % der Fälle Männer) mit seinem AMC oder einer anderen Protzkarosse schwungvoll auf wahlweise die weiße Linie zwischen zwei Parkflächen oder auf einen Sonderparkplatz für Körperbehinderte oder Mutter-Kind-Parkplatz (auf letzteres gibt es ja auch keinen Exklusivanspruch) ein, pfeffert die Pilotensonnenbrille aufs Armaturenbrett und entspringt voller Elan seinem Vehikel, um nur ja keinen Schritt zu viel auf dem Weg zu seiner Besorgung zu machen, dann werde ich innerlich zum Tier. Gern auch mit nicht sehr netten Phantasien, die ich (zum Glück für mich selbst und andere) bisher nie ausgelebt habe. Contenance, bitte!

Ebenfalls nicht sehr angesehen auf meiner Skala sind die Leute, die es nicht mal schaffen, mit einem ähnlich kleinen Töff wie meinem ordentlich in eine Parklücke zu fahren, in der auch ein Hummer (oder beim Längsparken eine Stretch-Limousine) Platz finden würde. Aber vielleicht sehe ich das auch falsch und die letztgenannte Gruppe gehört zu den Menschen, die wie ich einfach davon genervt sind, dass sie mit ihrem kleinen Auto immer so gründlich zugeparkt werden, dass sie zum Ausparken ein Periskop oder Radargerät brauchen, um zwischen den ganzen riesigen SUVs überhaupt zu sehen, wie sie wieder aus der Lücke rauskommen.

Außerdem gibt es, augenscheinlich vor allem bei den immer größeren, teureren und stärker motorisierten Autos offensichtlich beklagenswert viele, bei denen funktionsfähige Blinker fehlen. Oder deren Besitzer sind der Meinung, dass ein beabsichtigter Fahrtrichtungswechsel unter den Datenschutz fällt. Das nervt nicht nur, sondern kann auch sehr gefährlich sein. Negativ aufgefallen ist es mir vor allem wieder bei der letzten Autobahnfahrt, aber auch im Stadtverkehr halte ich das für ein No Go.

Ein letztes, was mir in den vergangenen Wochen wieder täglich begegnet ist: Bei „Grün“ fahren etliche Autofahrer auch in ganz offensichtlich vollgestopfte Kreuzungen ein, wohl wissend, dass bei der unweigerlich folgenden Grünphase des kreuzenden Verkehrs dasselbe passiert und sich die Situation aufschaukelt, bis überhaupt niemand mehr vorankommt. Oder sie fahren dickfellig immer noch, wenn ich auf der gegenüberliegenden Linksabbiegerspur schon „Grün“ sehe und anfahre.

Seit ich zwei Tage vor Weihnachten 2014 einen unverschuldeten Unfall hatte, bei dem mein damaliger knallroter Fiat 500 (mit dem ich mich auf einer Hauptstraße befand und wie zum Teufel sieht man ein feuerwehrrotes Auto nicht kommen?) von einem rechts aus einer Seitenstraße kommenden Mercedes auf die Hörner genommen wurde, bin ich da echt empfindlich. Der Mercedes hatte danach einen kaputten Scheinwerfer und einen etwas eingedetschten Kühlergrill, mein Auto aber einen Totalschaden. Und hinten rechts saß mein Kind!

Quasi als ausgleichende Gerechtigkeit, um nicht nur die „armen“ Autofahrer anzumotzen, noch ein zweckdienlicher Hinweis: Ich kann auch wunderbar auf unbeleuchtete Radler im Dunkeln, geisterfahrende Radfahrer auf der falschen Fahrbahnseite und andere Leute schimpfen, die der Meinung sind, die Straßenverkehrsordnung gelte nur für die Anderen.

Alle wollen zurück zur Natur, aber keiner zu Fuß. Außer die Schüler einer großen Gesamtschule bei uns im Ort, die aus dem Bus steigen und einfach über die Straße rennen, ohne rechts und links zu gucken oder – Gott bewahre – die Fußgängerampel direkt neben der Haltestelle auch nur eines Blickes zu würdigen.

So. Jetzt habe ich mich abreagiert. Bleibt noch zu sagen: Jedem kann das mal passieren, durch Unachtsamkeit, situationsbedingte Eile, allgemeine Trotteligkeit… da kann und will ich mich selbst auch nicht freisprechen. Aber im Allgemeinen achte ich darauf, platzsparend zu parken, den Blinker zu benutzen, Regeln zu beachten und mich so zu benehmen, wie ich auch gern behandelt werden möchte. Mir geht es bei meiner Tirade nicht um ein allgemeines Niedermachen solcher Vorfälle, sondern einfach darum, dass ich (unter anderem durch Beobachten aus der Buchhandlung heraus, wenn niemand bemerkt, dass da drin jemand steht und guckt) häufiger bemerke, dass manche Leute aus Prinzip so handeln, wie man es mit etwas Rücksichtnahme auf andere nicht tun sollte. Parken auf dem Radweg oder Bürgersteig bzw. im Parkverbot gehört übrigens auch dazu. Eine schöne Woche euch allen. Mit vielen netten Begegnungen.

Zumutung

Was fällt dir als erstes ein, wenn du das Wort liest?

Mir geht als allererstes durch den Kopf, dass es bei uns fast immer nur im negativen Kontext gebraucht wird. Eine Zumutung ist eine Frechheit, ein absolut kritikwürdiges Verhalten, es ist unverschämt und rücksichtslos, jemandem etwas zuzumuten. Wir ärgern uns, wenn uns jemand etwas zumutet, denn es bedeutet meist, dass wir uns mit einer Verhaltensweise oder einem Setting auseinandersetzen müssen, mit dem wir uns nicht beschäftigen wollen, was uns keine Freude bereitet, was wir am liebsten ganz weit von uns weg halten wollen.

Jeder von uns hatte schon mit Zumutungen durch andere zu tun, und ebenso hat jeder von uns den Mitmenschen schon mehr oder weniger oft etwas zugemutet.

Aber muss das denn eigentlich so sein? Kommt Zumutung nicht auch von Mut? Und Mut bedeutet laut Duden:
Fähigkeit, in einer gefährlichen, riskanten Situation seine Angst zu überwinden; Furchtlosigkeit angesichts einer Situation, in der man Angst haben könnte
oder auch
[grundsätzliche] Bereitschaft, angesichts zu erwartender Nachteile etwas zu tun, was man für richtig hält

Wenn wir also unser Herz in die Hand nehmen, Ängste überwinden, aus der Überzeugung, das Richtige zu tun, ins Handeln kommen, dann muten wir uns selbst etwas zu. Und wenn wir dieses von anderen erbitten, dann muten wir ihnen im besten Sinn etwas zu. Und dann hat Zumutung auch etwas damit zu tun, dass wir Zutrauen zueinander haben, etwas auf die Reihe zu bekommen.

Und nun fragst du dich vielleicht, warum ich dieses geschrieben habe.
Ganz einfach: Ich lese gerade ein Buch über Demokratie. Es mutet mir eine Menge an Denkarbeit zu😁.
Deshalb gibt es heute erstmal dieses Appetithäppchen, die Denksportaufgabe für den Sonntagabend.
Näheres zu dem Buch wird folgen. (Ich bin selbst gespannt, wohin mich das führen wird…)

Regenbogen und Freudentränen

Von innen nach außen und von außen nach innen. Texte und Fotos

ROYUSCH-UNTERWEGS

Reiseberichte, Radtouren, Wanderungen, Bilder und mehr ....

Kommunikatives Lesen

Rezensionen zu aktuellen Büchern aus den Beststeller-Listen

Gnubbels kleine Gedankenwelt

Wenn man niemanden zum Reden hat aber die Gedanken und Erlebnisse einfach raus müssen...

Unterwegs ist das Ziel

ich bin gerne unterwegs, ich schreibe über Erfahrungen mit den öffentlichen Verkehrsmittel, tipps und Tricks und viele DIY Themen

Allerlei Gedanken

von Monika Huber

Sterntaler

Die Ostsee unter Segeln entdecken

Ich lese

Bücher sind die Freiheit des Geistes

Charis {ma}

Intuition ist besser als gar kein Plan ...

Schnippelboy

Ein Tagebuch unserer Alltagsküche-Leicht zum Nachkochen

Birthes bunter Blog-Garten

Grüner Garten-Frische Küche-Bunte Alltagswelt

Stachelbeermond

Wie das Leben - schön und stachelig

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CoffeeNewstom

Toms Welt des Kaffees

Marthas Momente-Sammlung

Bilder, Gedanken, und Geschichten.

The Organized Coziness

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mutter-und-sohn.blog

Kluge Gedanken. Aus dem echten Leben

wortverdreher

Texte und Gedichte zu den Themen Tanzen und Leben

Kulturbowle

KulturGenuss, Bücherlust und Lebensfreude

reisswolfblog

"Bücher bieten keine wirkliche Rettung an, aber sie können den Geist davon abhalten, sich wund zu kratzen." - David Mitchell

wortwabe

Lies mich! Read me!

Naturgeflüster

Impulse für ein natürliches Leben

Taufrisch war gestern

Birgit Jaklitsch: Journalistin, Bloggerin, Autorin

romanticker-carolinecaspar-autorenblog.com

Vorstellung meiner Bücher - Blog: Romanti(c)ker

Künstlerhof Lavesum

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Meine literarische Visitenkarte

Aus der Feder geflossen und vor die Linse gesprungen

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Die gnädige Frau wundert sich

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