Daran muss ich euch einfach teilhaben lassen. Ich hatte vor einer umgedrehten Maurerbütt gekniet und Schnecken im Gänsemarsch gefilmt. Dann stand ich auf und fand mich unvermittelt vor dieser Szene (ungefähr 50 cm Abstand):
Die junge Kohlmeise hatte ich gestern und heute schon öfter beobachtet, aber solche Aufnahmen sind absolut seltene Glücksgriffe.
Aber der „Großkampftag“ der Gastronomen und möglicherweise auch der Einsatzkräfte von Polizei und Rettungsdienst wirft seine Schatten voraus.
Während ein (zugegeben kleiner, denn trotz Sonne ist es ar…kalt) Teil unserer Gemeinde mit dem Posaunenchor den obligatorischen Outdoor-Gottesdienst auf dem Wanderparkplatz vor dem Fernsehturm feiert, bereiten die Männer vom Bismarckbund (kein Bismarck-Verherrlichungsclub: Natur- und Wanderwegpflege stehen dort im Vordergrund) den Kiosk auf den erwarteten Ansturm vor: Eine Predigt, begleitet durch den Transport von Gasflaschen und Currysauce in 10-Liter-Eimern hatten wir vorher auch noch nicht. Friedliche Co-Existenz von geistlicher und körperlicher Nahrung bzw. deren Vorbereitung. Hat definitiv was. Und signalisierte uns nebenbei: Nach dem Gottesdienst ist der Kaffee am Kiosk fertig, um sich wieder aufzuwärmen.
Ich habe die Gelegenheit genutzt und bin nach dem Käffchen auf den Fernsehturm gekraxelt. Mit Kamera natürlich.
Foto 1: Blick nach Nord-Nordost, weserabwärts Foto 2/3: Blickrichtung West, prominent: das Kaiser-Wilhelm-Denkmal auf der Spitze des Wiehengebirges. Durchs Wiehengebirge kann man bis Osnabrück wandern. Foto 4: Blickrichtung Südwest, Richtung großer Weserbogen und Bad Oeynhausen Foto 5: hier blicke ich nach Süden, und kaum zu glauben, zwischen den Hügeln im Vordergrund und dem lippischen Bergland im Hintergrund schlängelt sich auch dort die Weser, ehe sie den Bogen macht… Fotos 6-9: Von Ost-Südost bis Nordost wandere ich um die Aussichtsplattform herum. 6 und 7 zeigen südlich das lippische Bergland und dann den Höhenzug des Wesergebirges, das sich bis Hannoversch Münden zieht. Dort beginnt die Weser ihren Lauf („Wo Fulda sich und Werra küssen, sie es mit Namen büßen müssen…“) Die Reise durch Niedersachsen, Hessen, wieder Niedersachsen, NRW und schließlich wieder Niedersachsen beginnt. Am Horizont der Fotos 8 und 9 befindet sich das im Dunst liegende Steinhuder Meer. Foto 10: Die Kaffeeterrasse wartet auf den erhofften Ansturm der Currywurstesser… Foto 11: Einmal rum. Der Blick geht wieder nach Norden, Richtung Minden und noch weiter dahinter Petershagen. Foto 12: Blickrichtung Nordwest, über Hille mitsamt Hiller Moor, ganz am Horizont müsste irgendwo der Dümmer See liegen. Foto 13: Und noch ein abschließender Blick über mein Heimatdorf bis ins Schaumburger Land.
Als ich die Fotosafari einmal um die Aussichtsplattform machte, war es kurz nach 9 Uhr, bis auf zwei Mountainbiker herrschte noch die Ruhe vor dem Ausflugssturm. Inzwischen bin ich wieder zu Hause, wärme mich auf und sichte meine Ausbeute. Irgendwo in der Nachbarschaft versucht jemand, der ganzen Straße seinen fragwürdigen Musikgeschmack aufzuzwingen. Den restlichen Tag werden wir definitiv nicht auf dem Weserradweg oder an anderen frequentierten Orten verbringen.
Quelle: Google Maps
In unserer Gegend kommt man um das Weserbogenlied nicht herum. Und obwohl es überhaupt nicht „meine“ Musik ist, kenne ich es natürlich auch. Das Heimatgefühl kenne ich sehr gut, den Grabstein werde ich später eher nicht brauchen😉.
Wo die Weser einen großen Bogen macht, Wo der Kaiser Wilhelm hält die treue Wacht, Wo man trinkt die Halben in zwei Zügen aus, |: Da ist meine Heimat, da bin ich zu Haus. 😐
Refrain: Wir zieh’n ins Weserland, Ins schöne Heimatland, Dich will ich lieben Bis in den Tod.
Wo die wilde Werre in die Weser fließt, Wo der Kaiser Wilhelm noch von ferne grüßt, Wo man treibt den Kranken Gicht und Rheuma aus, |: Da ist meine Heimat, da bin ich zu Haus. 😐
Refrain
Wo die kleine Bastau in die Weser fließt, Wo der Kaiser Wilhelm noch von ferne grüßt, Wo man hört des Domes Glocken nah und fern, |:Da ist meine Heimat, ja da leb ich gern. 😐
Refrain
Muß ich einmal in die weite Ferne zieh’n, Treibt die Sehnsucht wieder mich zur Weser hin, Von Hann Münden bis zum Nordseestrand |: Dort ist meine Heimat, ist mein Vaterland. 😐
Refrain
Wenn ich einmal tot bin, schaufelt mir ein Grab, In die Erde, die ich so geliebet hab. Schreibt auf meinem Grabstein diese Worte auf: |: Hier war meine Heimat, hier war ich zu Haus. 😐
Refrain
Ich glaube aber kaum, dass die Bollerwagenbesatzungen heute unsere Regional-Hymne schmettern werden. Die grölen vermutlich eher Malle-Gassenhauer…
… habe ich heute unsere Kajaks zum Verkauf angeboten. Die letzten Jahre haben sie leider nur aufgebockt in der Garage verbracht, weil einer von uns Probleme mit den Beinen hat und nicht gut ein- oder aussteigen, die andere mit den angezählten Schultersehnen nicht mehr ausdauernd paddeln kann. Und die Dritte im Bunde kann und will allein auch nicht viel damit anfangen.
Was haben wir schöne Touren damit gemacht. Urlaube in Mecklenburg-Vorpommern, am Useriner See im Müritz-Nationalpark. Und zwar am liebsten entweder in den Oster- oder in den Herbstferien. Da konnten wir die Havelquellseen, auf denen keine Boote mit Motoren zugelassen sind und die Havelstücke dazwischen ganz in Ruhe genießen.
Denn im Sommer sah es gern mal so aus:
Oder sogar noch voller. Die Geräuschkulisse passte dann meist auch dazu. Kanadier eignen sich außerdem gut zum Transport von Bierkisten, deren Inhalt mit zunehmender Paddelleistung geleert werden muss, um Ballast loszuwerden. Ab Mittag paddelten manche Leute dann mangels Orientierung oder Koordination ganz gern mal in die Seerosenfelder oder auch in die Schilfgürtel, beides natürlich no-goes im Naturschutzgebiet.
Fotografieren vom Kajak aus ist übrigens grandios. So wunderbar auf Augenhöhe mit Tieren und Pflanzen bin ich sonst nur, wenn ich mich auf den Bauch lege.
Ich werde demnächst einmal ausführlicher über den Müritz-Nationalpark und das Havel-Quellgebiet erzählen, das ist einen kompletten Beitrag wert. Aber heute geht es ja um die Boote.
Das rote Zweierkajak heißt übrigens „Emma 2“. Den Vorgänger, die originale „Emma“, hatten wir in dem Jahr angeschafft, als ich mit unserer jüngsten Tochter schwanger war. Das Boot ist ein gutmütiges, etwas schwerfälliges, aber stabiles „Dickschiff“ und weil ich damals ebenfalls gutmütig, schwerfällig und ein Dickschiff war und außerdem ständig schnaufte, wurde die bekannte Kinderbuch-Lokomotive Emma kurzerhand Patin. Für das Kajak und zeitweilig auch für mich.
Auch die Weser war unser Revier
Da paddelt man allerdings am besten immer weserabwärts, denn die Weser hat eindeutig mehr Strömung als die Havel.
Eines unserer Boote durfte mehrfach als „Rudelanführer“ auf der Weser unterwegs sein, als einziges grünes Kajak unter lauter roten Kanadiern. Das sah dann so aus:
Das war kurz vor der Staustufe in Petershagen, da musste man die Ausfahrt zur Rutsche finden…
Diese Fotos existieren, weil wir uns aufteilten: Edgar machte den Kanu-Guide, ich brachte mit dem Auto den Trailer (für 8 Boote) von Ort zu Ort und sorgte für Abschlusslimo und Fotos. Einige Jahre veranstalteten wir mit der Gemeinde Kanutouren auf der Weser, grob zwischen Vlotho und Petershagen, immer am Fronleichnamswochenende. Und den Abschluss am Sonntag bildete ein ganz besonderes Highlight:
Die Kanurutsche am Wehr war immer wieder DIE Attraktion, die dafür verantwortlich war, dass wir erst in der Dämmerung nach Hause fuhren. Und manchmal passierte am Fuß der Rutsche auch das:
Aber nie dann, wenn die Kanubesatzungen es darauf anlegten😂
Es waren schöne Zeiten. Obwohl ich mir beim Betrachten der Bilder ein paar Tränchen verkneife, überwiegt die Freude und Dankbarkeit über die Momente, die wir erlebt haben. Sowohl die intensive Naturerfahrung mit unseren Kindern als auch die spaßigen Gemeinschaftserlebnisse mit vielen begeisterten Jugendlichen und Familien. Und nun wird es Zeit, sie ziehen zu lassen. Es gibt mit der Sterntaler ja auch bereits ein neues Kapitel des Wassersports im Hause Annuschka & Co.
Die Einsendeaufgabe der zweiten Lektion war es, eine Erzählung über einen ganz besonderen Ort zu schreiben. Schwierig war es absolut nicht, mir einen solchen Ort vorzustellen. Ich hätte auch den Müritz-Nationalpark nehmen können, aber meine Gedanken flogen spontan nach Heiligenhafen, die Erinnerungen sind frischer. Manches in der Erzählung ist biographisch. Einiges ist auch erfunden. Aber was, das bleibt mein kleines Geheimnis…😉
Steilküste an der Ostsee bei Heiligenhafen, April 2022
Mit jedem Schritt, so schien es mir, wurde der Wind rauer und sandpapierartiger auf meiner Haut. Die Luft roch salzig, das Geräusch der Brandung flutete meine Ohren. Das war in meiner aktuellen Situation heilsamer als jede Stress-Playlist, die ich zu Hause hörte, um mich zu beruhigen. Mit jedem weiteren Schritt wurde ich schneller, ungeduldiger, sogar die Länge meiner Beine schien über sich hinauszuwachsen. Es war schon viel zu lange her, dass ich zum letzten Mal diese ganz spezielle Ungeduld gefühlt hatte. Dort lag mein Sehnsuchtsziel, auf der gegenüberliegenden Seite der Promenade – und endlich sah ich auch, was ich bereits hören und riechen konnte. Alle meine Sinne waren gespannt wie eine Bogensehne kurz vor dem Loslassen.
Kaum hatte ich den Sandweg zwischen den Dünen erreicht, bückte ich mich, um hastig Schuhe und Socken loszuwerden. Konnte dieser Schnürsenkel nicht ein einziges Mal ohne Knoten aufgehen? Die erste Anspannung fiel von mir ab, sobald ich den Sand unter meinen Fußsohlen wahrnahm. Oberflächlich war er angenehm warm, aber wenn ich die Zehen spielerisch in den Sand grub, spürte ich noch die feuchte Kühle der letzten Regentage. Der Kontrast ließ mich unglaublich lebendig fühlen.
Nach einem kurzen, bewussten Innehalten ging ich langsam weiter, den Blick gesenkt, nach innen horchend, jeden Schritt und jeden einzelnen Augenblick auskostend. Rechts und links des Sandweges erhoben sich die hügeligen Dünen, der allgegenwärtige Wind ließ den Strandhafer und die Segge, ja sogar die robusten Stranddisteln rascheln.
Dann hob ich den Blick und erfasste die gesamte Szene, die sich mir bot. Den weißen, puderigen Sandstrand, noch fast menschenleer. Vereinzelt standen bereits Strandkörbe für die kommende Saison bereit, einige wenige waren sogar schon besetzt mit lesenden oder tagträumenden Senioren. Ein paar kleine Kinder in Matschhosen und Gummistiefeln bauten Sandburgen, von ihren Eltern sorgsam aus dem Hintergrund beaufsichtigt, selbstvergessen in ihr Spiel versunken. Ich seufzte. Einmal noch so unbeschwert in den Tag hineinleben!
Ich nahm den Spülsaum wahr, wo sich Muschelschalen, Tang, kleinere Kiesel und größere Steine, vereinzelt sogar Hühnergötter häuften. Die Ostsee, die heute ruhig, aber energisch in ihrem ewig wiederkehrenden Rhythmus an den Strand brandete. Und schließlich im milchigen Dunst die Silhouette des südwestlichen Zipfels der Insel Fehmarn, durch den Sund vom Festland getrennt und durch die Brücke trotzdem mit ihm verbunden. In regelmäßigen Abständen blitzte das Leuchtfeuer des Leuchtturms Flügge in der Nähe von Orth auf. Solch hilfreiche Orientierungspunkte brauchte auch ich immer wieder, damit sie mir zeigten, wo mein Weg entlangführte. Ein lautes Spektakel brachte mich wieder ins Hier und Jetzt. Die launischen Böen trugen sowohl die Möwen als auch ihre klagenden Schreie neckend mal hierhin, mal dorthin.
Ich spürte, wie meine Mundwinkel sich von ganz allein hoben und ein breites Bananenlächeln mein Gesicht erhellte. Das war Mamas ständige Frotzelei gewesen: „Du kannst beim Lachen eine Banane quer essen.“ Na und? Besser, als vom ständig verkniffenen Mund einen Faltenkranz um die Lippen zu bekommen! Aber die Zeit, als Mutter und Tante mein Selbstbild bestimmten, war lange vorbei. Ich selbst war für meine Gedanken und Gefühle zuständig, niemand sonst.
Spontan ließ ich mich rücklings in den Sand plumpsen, streckte Arme und Beine aus, schloss die Augen genießerisch und atmete tief ein.
Angekommen!
Alle Fotos nach dem oberen sind aus dem Oktober, aber die Atmosphäre kommt trotzdem gut rüber, finde ich.
Ganz zum Schluss noch ein Foto, das ich an jedem größeren Gewässer einmal mache (wenn ich es nicht vergesse😅). Einfach aus Jux. Wer kriegt jetzt einen Ohrwurm?
Gestern hatte ich mal wieder ein längeres Zeitfenster, wo es sich nicht lohnte, zwischen zwei Taxidiensten nach Hause zu fahren. Obwohl es bedeckt und nicht ganz so frühlingshaft war wie am Tag zuvor, nahm ich also die Kamera mit und entdeckte den botanischen Garten neu. Es ist schon etliche Jahre her, dass ich dort öfter mal herumlief. Seither haben Stürme, Hitze, Kälte, Nässe und Trockenheit, also Witterungsbedingungen einerseits sowie die Schaffung von Sichtachsen und das Entfernen von schlecht einsehbaren Stellen (wegen Dealerei) andererseits den Garten ganz schön verändert. Aber ein schönes Fleckchen Natur, Ruhe und Rückzug vom Alltag ist geblieben, mitten in der Stadt.
Die alten Grabstellen sind, bis auf wenige Ausnahmen, aufgelöst. Grabsteine, oft von Familien, welche in der Zeit ab ungefähr 1800 die Stadtgeschichte geprägt haben (Unternehmer, Bürgermeister, Verwaltungsbeamte aus preußischer Zeit, Militärs) stehen verteilt auf dem Gelände. Ich selbst habe eine ambivalente Einstellung zu Friedhöfen – ich besuche nicht häufig die Gräber meiner Angehörigen, weil ich sie (die Menschen) dort nicht finde. Sie leben eher als Erinnerungen tief in mir weiter . Aber ich mag die Atmosphäre auf alten Friedhöfen, weil sich dort Ende und Neubeginn, Vergänglichkeit und Ewigkeit, Vergehen und Aufblühen treffen. Dort ist Kulturgeschichte mit vielen Sinnen erfahrbar. Obwohl durch den Wandel der Bestattungskultur durchaus die Frage im Raum steht, wie lange das noch so ist. Aber auch das gehört zum Lauf der Zeit.
Bemerkenswert: Fast alle Grabmäler bestehen aus Sandstein (regional erste Wahl) oder Marmor. Einige Metallkreuze zeige ich euch später noch. Aber das Feld mit den drei schlichten, kleinen Holzkreuzen macht mich neugierig auf die Geschichte, die dazugehört. Das werde ich mal versuchen, herauszufinden.
Bäume sind, neben Bodendeckern und Stauden, unverzichtbar für Friedhöfe, heute mehr denn je. Natürlich findet man die „heiligen“ Bäume wie Ilex und Eibe, aber vor allem Koniferen und mächtige Laubbäume. Auch die Bäume dieses Platzes mitten in Minden haben Geschichte(n) erlebt. Sogar als Baumleichen erzählen sie noch davon. Hier einige charakterstarke Exemplare:
Auch um die Tiere in der Stadt kümmert sich die Parkverwaltung: Igel-Hotels für den Winter, Vogeltränken, Futterhäuschen, sogar Ausstiege aus den Wasserstellen finden sich verteilt über das Gelände. Als ich in die Betrachtung einiger alter Grabsteine vertieft war, nahm ich plötzlich aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahr: Zwei Eichhörnchen spielten Fangen, flitzten über die Wiese, einen Baum hinauf und immer um den Stamm herum. Es war herausfordernd für mich, so schnell die Brille von der Nase zu reißen und die Kamera vor dieselbe zu halten😅. Mit mehr Glück als Können erwischte ich die Tierchen doch noch. Naja. Nicht mit der Qualität gewisser Mitblogger zu vergleichen.
Eine merkwürdige Zusammenstellung von alten Grabmälern habe ich am Anfang des Rundgangs gesehen:
Diese ungewöhnliche Trinität steht tatsächlich so nebeneinander. Ganz links wurde im Jahr 1827 der Oberst und Comandant zu Minden begraben, der seine militärische Laufbahn 1780 als Leibpage Friedrichs des Großen begonnen hatte. So geht es aus dem Grabkreuz hervor. In der Mitte sehen wir das Grabkreuz des Bürgermeisters Martin Friederich Kleine, der im März 1854 verstarb. Das ionisch anmutende Säulenfragment rechts passt nun überhaupt nicht in die Reihe, die Steine daneben sind außerdem so verwittert, dass keine Informationen zu der Grabstelle vorhanden sind.
Wie in so vielen Städten spielen leider immer wieder Kriegsgefallene eine Rolle. Minden war preußische Garnisonsstadt, daher gab es hier immer viele Militärangehörige. Im Jahr 1759 gab es sogar die Schlacht um Minden, die in die Geschichtsbücher einging. Die Wunden der Kriege hinterlassen auf jedem Friedhof Spuren, so auch hier.
Von links nach rechts: An dieses merkwürdige Gebäude schlich ich mich heran und schaute hinein. An den Innenwänden befinden sich auf beiden Seiten Tafeln mit den Namen Gefallener. Leider konnte ich nicht auf Anhieb erkennen, aus welcher Epoche. Auch eine „Hausaufgabe“. Der Grabstein in der Mitte erzählt eine tragische Familiengeschichte: Offensichtlich konnte der Leichnam des im November 1918 (in den letzten Kriegswirren) gefallenen Sohnes nicht geborgen und nach Hause gebracht werden. Die Mutter des jungen Mannes, der nur 18 Jahre alt werden durfte, verstarb im Juni 1919. Aus Trauer und Gram? Ich weiß es nicht. Der Vater und Ehemann lebte noch bis Mai 1939 und musste so zumindest den offiziellen Ausbruch des zweiten Weltkrieges nicht mehr erleben. Der Steinklotz, der einmal den Sockel für ein Sandsteinkreuz bildete, erinnert an die französischen Kriegsgefangenen des Krieges von 1870/71, die ihre Heimat nie wiedersahen, vermutlich weil sie in Gefangenschaft umkamen. Die Gedanken wandern ganz automatisch in die vielen Kriegsgebiete weltweit, die auch heute noch solche furchtbaren Schicksale hervorrufen.
Damit dieser Beitrag aber nicht so ganz bedrückt endet, habe ich mir ein Foto bis zum Schluss aufgespart, das für alle trüben Gedanken entschädigt. Und auch hoffentlich für das eine oder andere etwas verschwommene Bild. Wenn ich die Kamera nutze, sehe ich gern durch den Sucher, da kann ich die individuelle Sehstärke einstellen. Entweder muss ich das mal nachjustieren oder die vielen Leute im botanischen Garten haben dafür gesorgt, dass ich immer wieder auf die Schnelle knipsen musste, damit mir niemand durchs Bild lief. Oder von beidem etwas. Eine hochmotivierte Hundeschulklasse (sämtliche Größen, wie die Orgelpfeifen😊), eine fast ebenso enthusiastische Laufgruppe und etliche Familien mit Kleinkindern waren unterwegs. Kiffer oder Dealer habe ich dagegen nicht gesehen. Sichtachsen und so bringen wohl doch etwas😁.
Das nenne ich mal eine innige Umarmung. Oder Umbaumung?
Wer gern mehr über den Alten Friedhof Minden erfahren möchte, findet hier Informationen und weiterführende Links.
Heute hatte ich mal wieder etwa eine Stunde Zeit zu überbrücken, die ich für einen Spaziergang am Weserradweg nutzen wollte. Von der Schachtschleuse in Minden ging ich also guten Mutes weserabwärts los und freute mich, dass die Weser nach den wasserarmen Sommermonaten letztes Jahr mal wieder reichlich Wasser hat. Leider sorgte das auch dafür, dass ich schneller als gedacht den Rückweg antreten musste, weil ich nicht das passende Schuhwerk trug. Genossen habe ich den Spaziergang trotzdem und ein paar „Beweisfotos“ gemacht, für die nächste Trockenphase, die auch bestimmt wieder kommen wird…
Hier geht es zum Projekt. Diese Woche ist die Frage: „Was gibt es oft im Herbst?“ Danke, Roland, für die Inspiration, denn bis vor einer halben Stunde wusste ich noch nicht, was ich heute kochen würde. Und irgendwie haben mich die vielen Kastanien zum um die Ecke denken gebracht😅.
Ich präsentiere also hungrig und gespannt:
Unschwer zu erkennen, es wird Kürbissuppe geben. Heute die etwas schärfere Variante mit Chili. Inzwischen habe ich mehrere Rezepte, nur mit der oft empfohlenen Kokosmilch kann ich mich nicht so recht anfreunden. Mitunter koche ich sogar ungefähr 10 Liter auf einmal für Veranstaltungen. So auch demnächst am 31. Oktober.
Zu Friedhöfen habe ich ein zwiespältiges Verhältnis, das sich seit Jahrzehnten zwar immer etwas wandelt, aber der Zwiespalt an sich bleibt. Als Kind begleitete ich meine Mutter mindestens einmal im Monat zu den Friedhöfen, bei uns im Dorf, wo ihre Eltern begraben waren und nach Minden auf den Südfriedhof zu den Gräbern meiner Großeltern väterlicherseits. Ja, ich hatte nicht lange in meinem Leben Großeltern, da ich das spätgeborene Kind einer Mutter war, die selbst auch schon die Jüngste in ihrer Familie war.
Alte Familiengruft auf dem Nordfriedhof
Also wurden die Gräber gepflegt, es wurde gejätet, geschnitten, geharkt, gegossen, Mama hatte extra eine „kleine Friedhofsharke“ (die übrigens immer noch existiert), mit der am Ende die Furchen schön parallel in der dunklen Erde gezogen wurden. Wie auf allen anderen Gräbern in der Umgebung auch. Und zweimal im Jahr, vor Ostern und vor Totensonntag, gab es Großeinsätze. Dann wurden auch zu groß gewordene Koniferen ausgetauscht. Die Großen nahmen wir mit nach Hause und pflanzten sie im Garten ein, dafür wurden kleine Pflanzen nachgekauft, bei denen sich das Spiel nach ein paar Jahren wiederholte. Zu Ostern gab es außerdem zum Abschluss Tulpen, im November einen Kranz als Winterschmuck. Überflüssig zu erwähnen, dass gerade diese großen Aktionen für ein Kind schnell langweilig wurden.
Vor vier Wochen lief hier noch Wasser, gerade in diesem Jahr Inbegriff des Lebens
Schon damals, vor fast einem halben Jahrhundert, machte ich mich also auf den Weg, während meine Mutter an den Gräbern hingebungsvoll arbeitete, und erkundete den Friedhof. Bei uns im Dorf war das übersichtlich und recht schnell geschehen, ich balancierte auf Grabumrandungen (sorry, so mit ungefähr fünf Jahren macht man sich noch keine Gedanken, ob das „schicklich“ ist), bewunderte alte Familiengruften der Landwirtsfamilien, sammelte je nach Jahreszeit Blumen, Kiefernzapfen oder Kastanien und Eicheln. In Minden war der Friedhof ungleich viel größer, mit „uralten“ Bereichen, die total zugewachsen waren mit sehr großen Eiben, hohen und dicken Lebensbäumen, schiefen und verwitterten Sandsteingrabsteinen. Da konnte sich ein Dötz schon mal verlaufen.
Prächtige Gruft mit Sarkophag. Heute eher unüblich.
Warum ich das erzähle? Weil ich vermute, mein innerer Zwiespalt rührt aus dieser Zeit. Ich weiß um die Stärke und Wichtigkeit von Ritualen, sie können heilen helfen in Zeiten der Trauer. Ich habe auch früher immer gesagt, es ist gut, einen konkreten Ort zu haben, an dem man gedenken kann. Ein Teil von mir sieht das heute noch so. Ich möchte jedenfalls niemandem die rituelle Grabpflege madig machen, weil es oft ein tiefes Bedürfnis ist, aber ich musste leider auch häufig beobachten, dass sie nur aus dem Grund betrieben wurde, „die Leute“ könnten ein schlechtes Bild bekommen. Und diese Motivation fühlt sich für mich falsch an. Inzwischen habe ich noch ein anderes Verständnis dazugewonnen: Das Gedenken findet bei mir persönlich eher in Alltagssituationen statt. Zum Beispiel hier auf dem Blog, wenn ich kleine Anekdoten aufschreibe. Oder bei der Gartenarbeit, wenn mir in den Sinn kommt, wie Mama mich als Kind angeleitet hat (und ich trotzdem sehr vieles heute anders mache😉, weil mir neben Traditionen auch neue Herangehensweisen wichtig sind). Wenn ich den Rotkohl grundsätzlich nach ihrem Rezept „frei Schnauze“ koche, aber ein paar Kleinigkeiten verändere, die es zu meinem ganz eigenen machen.
Friedhöfe liebe ich nach wie vor. Als Orte der Stille (auch, wenn ich heute früh leider in der Zeitung lesen musste, dass auf dem Nordfriedhof neuerdings eine Gruppe Leute säuft und randaliert, was ist mit manchen Menschen bloß los?), der Besinnung, der Erinnerung. Als ich gestern über den alten Teil des Friedhofes geschlendert bin, habe ich einige der alten Familiengruften fotografiert, weil sie Geschichten erzählen. Ganz bewusst habe ich alte Grabstellen ausgewählt, wo die letzte Bestattung schon lange zurückliegt und darauf geachtet, dass möglichst keine persönlichen Angaben lesbar sind. Die Geschichten, die hier erzählt werden, handeln von familiärer Identität über Generationen hinweg. Von Honoratioren der Stadtgeschichte, deren Wichtigkeit und Wert noch nach ihrem Tod in Stein gemeißelt wurde. Grabstätten mit Sandsteinbänken, eine sogar mit einem relativ modernen Gartenstuhl, die davon zeugen, dass Menschen die Nähe ihrer Vorfahren such(t)en, als Trost, als Bestätigung der Bindung oder als Ruhepunkt im unbeständigen Leben. Andere Geschichten handeln von unerfüllten Hoffnungen, wie der Grabstein eines Fliegers aus dem ersten Weltkrieg. Die Eltern des jungen Mannes hatten sogar auf den Grabstein schreiben lassen, in welcher Berufsausbildung sich ihr Sohn befand, als er brutal aus dem Leben gerissen wurde. Sehr berührend und wegen der Aktualität natürlich ohne Fotos ist das Sternenkindergrabfeld. Bunte Windspiele, Kuscheltiere, Laternchen, Spielzeugautos und viele kleine persönliche Statements zeigen anschaulich, dass die Trauer um ein Baby, das nicht leben konnte, nicht in einer bestimmten Zeit „abgearbeitet“ werden kann, wie es von der Gesellschaft mehr oder weniger unterschwellig aber oft erwartet wird. Werten will ich nichts davon.
Besonders empfinde ich auf Friedhöfen immer den Geruch, nach vielen Pflanzen, großen Bäumen und kleinen Stauden, im Herbst gern auch etwas modrig, nach Vergehen. Die Vögel singen zu fast jeder Jahreszeit, weil sich hier viele Nistplätze finden. Auf dem Nordfriedhof gibt es auch eine große Saatkrähenkolonie. Menschen werkeln an den Gräbern, erholen sich auf Sitzbänken am Wegesrand, führen ihren Hund spazieren oder schlendern einfach herum, so wie ich. Keine hundert Meter entfernt ist eine große Ausfallstraße mit viel Verkehr, auf der anderen Seite liegt die Weser und die Kanalschleusen, gegenüber der Weser beginnt das Industriegebiet. Aber hier ist von Alltag, Hektik und Lärm nichts spürbar. Ein bisschen wie ein Kokon, in dem die Zeit eine untergeordnete Rolle spielt.
Friedhöfe sind Orte der Trauer, keine Frage. Aber sie sind auch Orte der Besinnung, des Luftholens und der Hoffnung. Ob es nun die Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod ist, die Gewissheit, dass Schmerzen und Leid ein Ende finden oder schlicht und einfach ein Ort, der ein innehalten in der Hektik ermöglicht. Sie können dadurch ebenso Kraftorte sein. Alles das hat seine Berechtigung.
Für die dritte Woche von Rolands Fotoprojekt brauchte ich etwas länger, denn obwohl sich die Blätter schön bunt färben (kalte Nächte und relativ warme, sonnige Tage sind hilfreich), bleiben sie zum großen Teil noch hängen.
Es ist also noch nicht so einfach mit dem Motto „Spaziergänge durch raschelndes Herbstlaub“. Hm. Aber heute hatte ich wieder meine Mittwochs-Auszeit und machte mich auf die Suche. Wo gibt es in einer Stadt mehr Bäume als auf einem alten, gut eingewachsenen Friedhof? In Minden zumindest im Glacis, aber das war mir fußläufig zu weit weg. Also Nordfriedhof.
Nun ist es aber auch so, dass auf Friedhöfen fleißige Friedhofsgärtner unterwegs sind. Aber ich hatte beobachtet, dass die Linden zurzeit am meisten Laub abwerfen, also auf zu einer Lindenallee auf dem Friedhof:
Naja, wie gesagt, fleißige Gärtner und so. Aber geraschelt hat es, ich schwöre. Zumindest, wenn die Vögel im Laub herumgehüpft sind😀.
Aber der kurze Spaziergang hat mich auch noch zu einigen anderen Fotos und Gedanken inspiriert, auf die ich demnächst ein wenig ausführlicher eingehen werde.
Zum Fotoprojekt von Roland geht es hier. Seine heutige Aufgabe lautet „Was ist typisch für den Herbst?“
Da fällt mir eine ganze Menge ein. Aber auch dieses Foto, das ich gestern ganz spontan nach einem recht schnell durchziehenden Gewitter aufgenommen habe, dem ein Versprechen vom goldenen Oktober auf dem Fuß folgte. Eine ausgeklügelte Wetterdramaturgie ist etwas, was ich total herbsttypisch finde und einen gewissen Gemütlichkeitsfaktor kann man nicht leugnen.
Der Blick geht Richtung Westen, nach Nordost ziehen noch die schweren, dramatisch anmutenden Wolken fort. In den nächsten Tagen ist aber eine recht stabile Wetterlage angekündigt, auf die ich mich nach einigen nassen Tagen auch wieder freuen kann.
Wieder hatte ich ein halbes Stündchen, zum Warten, zur freien Verfügung. Weil ich sowieso in der Nähe war und das Wetter lockte, zog es mich mal wieder zum Wasserstraßenkreuz.
Heute waren beide Schleusen offen, vom Kanal aus gesehen, das sehe ich nicht oft. Aber auf dem linken Foto gibt es ein Detail, das ich noch länger so nicht gesehen habe. Der Kühlturm in der Bildmitte dampft wieder.
Das Steinkohlekraftwerk in Lahde an der Weser wurde im Sommer 2021 vom Netz genommen, aber noch nicht endgültig stillgelegt. Bis Ende September 2022 sollte es als Reserve zur Verfügung stehen. Seit Ende August wird dort nun wieder Strom produziert.
Wunderschön und im Gegensatz zum Sommer auch mit grünem Rasen ist der kleine Park an der alten Schachtschleuse anzusehen, das tut Augen und Gemüt gut.
Zum Schluss stelle ich euch noch ein paar Häuser vor, die in unmittelbarer Nähe zum Wasserstraßenkreuz stehen, Häuser, die ich schon öfter bewundert habe.
Wieder einmal denke ich mir: Wenn ich in Minden wohnen wollte, wäre hier möglicherweise meine bevorzugte Wohnlage. Nah am Wasser, an der Natur, am Stadtrand, am Weserradweg… und die Architektur dieser Häuser gefällt mir sehr gut. Wahrscheinlicher Wermutstropfen: im Sommerhalbjahr wimmelt es an dieser Straße von Autos, Reisebussen, Motorrädern und Wohnmobilen, deren Nutzer Parkplätze suchen, um eine Fahrt mit der Fahrgastschifffahrt zu unternehmen oder sich die beiden so unterschiedlichen Schleusen aus zwei Jahrhunderten anzusehen, die hier so einträchtig nebeneinander liegen. Und möglicherweise merkwürdige Gerüche von den chemischen und anderen Werken, die auf der gegenüberliegenden Weserseite angesiedelt sind, aber das nur bei Ostwind.
Ich liebe den Herbst (und alle anderen Jahreszeiten normalerweise auch, aber der Herbst gibt fotografisch und kulinarisch einfach so viel her). Deswegen klinke ich mich spontan in das neue Fotoprojekt von Royusch ein.
Das Thema der ersten Woche lautet „Herbst beschreiben“. Oje, die Qual der Wahl. Aber weil ich eben schon im Text die Verbindung mit der Kulinarik hergestellt hatte und weil Essen und Trinken Leib und Seele zusammenhält, habe ich für den Anfang dieses Bild herausgesucht:
Kartoffelacker vor der Ernte
Kartoffeln bauen unsere Nachbarn an und ihr solltet mal sehen, welche Autoschlangen sich bei uns durchs Dorf wälzen, wenn der Verkauf der Einkellerungskartoffeln startet. Wahnsinn. Kartoffeln essen wir in jeder Form auch sehr gern, aber dieses Jahr wird es wegen der Trockenheit im Sommer häufig Pellkartoffeln geben, denn die Feldfrüchte sind ziemlich klein ausgefallen, da schäle ich ungern noch was ab. Ein kleiner Vorgeschmack darauf, was mit zunehmendem Klimawandel auch auf uns hier im reichen Deutschland zukommt? Ich weiß es nicht, die Zeit wird es zeigen.
Dankbar bin ich allemal für alles, was unsere Böden hergeben und freue mich darauf, am kommenden Sonntag in der mit Erntegaben geschmückten Kirche diesen Dank auch feiern zu können. Die Gaben gehen dann übrigens am Montag an die örtliche Tafel.
Gestern früh las ich in der Tageszeitung einen Artikel, dass der Weser langsam das Wasser ausgeht. Laut „Pegelonline“ war zu der Zeit am Pegel Porta noch ein Wasserstand von 126 cm. Auf der Oberweser war bereits der Schiffsverkehr eingestellt, bei uns hier profitieren wir (noch) von der Staustufe in Petershagen, der Rückstau sorgt unter anderem dafür, dass die Versorgung des Mittellandkanales aus der Weser noch gewährleistet ist (Ja, auch der Kanal verliert Wasser. Nicht so viel wie die Weser, aber auch dort findet Verdunstung statt.) In Hameln sah das schon ganz anders aus, dort waren es gestern früh 66 cm. Werra und Fulda, die Quellflüsse der Weser, sind schon ziemlich flach, aber auch die Diemel- und die Edertalsperre können nicht mehr viel Wasser abgeben.
Der Zeitungsartikel inspirierte mich, auf dem Weg zur Arbeit mit dem Rad einen Abstecher an die Kanueinsetzstelle am Porta Bahnhof zu machen. Es sieht noch nicht so spektakulär aus wie am Rhein, aber viel Wasser ist da definitiv nicht:
Bild 1: Blick auf die andere Weserseite nach Barkhausen. Kanuten haben dort schon Schwierigkeiten beim Ein- und Aussteigen. Bild 2 und 3: Der Schiffsanleger für die Fahrgastschifffahrt sieht noch gut versorgt aus, aber das täuscht. Bis hier kann die „weiße Flotte“ nicht mehr fahren, es ist zu flach. Bild 4 und 5: Mein Standpunkt ist eine Kanueinsetzstelle. Normalerweise geht das Wasser mindestens bis an die unterste Stufe heran, manchmal sogar etwas mehr. Aktuell ist von der Oberkante des Brettes bis an die Wasseroberfläche mehr als ein halber Meter Platz, Kanus einsetzen klappt nicht, denn wie man auf Bild 6 und 7 sieht, ragen die Steine teilweise aus dem Wasser.
Jetzt, wo ich dieses schreibe, ist der Pegel Porta auf 107 cm gesunken. Nennenswerte Regenfälle werden uns nicht angekündigt. Und ich bin gerade ganz froh, dass ich in meinem Garten die Brennnesseln und Disteln stehengelassen habe. Nicht, dass diese Absicht dahintergestanden hätte, aber es ist hier immer noch relativ viel Grün zu sehen, weil der Boden fast flächendeckend beschattet wird. Wind und Sonne kommen jedenfalls nicht zum Zug. Und das, obwohl ich nur die Tomaten, Chilis und Paprika an der Hauswand relativ sparsam mit dem restlichen Regenwasser aus dem Tank versorge.
Immerhin. Vier Liter Wasser auf den Quadratmeter in 24 Stunden. Das war gestern. Heute haben wir eine Mädelstour mit Quoten“mann“ Kalle durchs Hiller Moor gemacht.
„Großes Torfmoor und Altes Moor bilden mit der Bastauniederung wesentliche Kerngebiete im Biotopverbund zwischen Weserniederung und dem Bastau-Hunte-Korridor und sind diesbezüglich von herausragender Bedeutung. Für den Naturraum der Dümmer–Geest-Niederung stellt es den typischen Lebensraum eines Hochmoores dar, der neben den eigentlichen Hochmoorbereichen mit einem äußerst strukturreichen Vegetationskomplex auch noch Birken-Moorwald und ausgedehnte Feuchtheiden aufweist. Das Gebiet bietet zahlreichen Tier- und Pflanzenarten – darunter viele seltene und gefährdete Arten, z. B. Bekassine, Krickente und Knäkente sowie Moorfrosch – einen Brut-, Nahrungs-, Durchzugs- und Siedlungsraum ersten Ranges. Sowohl ornithologisch als auch pflanzensoziologisch darf dieses Moor sicher in die Reihe der international wichtigsten Feuchtgebiete eingestuft werden. Aus diesem Grund wurde das Große Torfmoor 1980 als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Das Kerngebiet, das eigentliche Hochmoorgebiet, umfasst eine Fläche von ca. 3,5 km², (davon 2,3 km² auf Lübbecker und 1,2 km² auf Hiller Stadt-/Gemeindegebiet). Das gesamte Naturschutzgebiet umfasst dagegen mittlerweile rund 20 km² Fläche. Zur Fauna gehört unter anderem auch der Weißstorch, der innerhalb Westfalens im Kreis Minden-Lübbecke seinen Verbreitungsschwerpunkt hat.
Wo letztes Jahr im Bruchwald noch Tümpel waren, in denen Enten herumplantschten, bekommen die Schwarzerlen augenblicklich trockene Füße und Brombeerhecken breiten sich aus.
Ein Moorteich, auf dem Teichrosen normalerweise schwimmen, sah ebenso traurig aus, die Blätter der Wasserpflanzen werden schon gelb und rollen sich ein.
Kalle fand trotzdem in einem unaufmerksamen Augenblick den einzigen Pfuhl mit brackigem Wasser direkt am Weg, in den er mit einem lauten „Platsch“ einen Köpper machte…
Den Modder an seinen Beinen kann man aus der Perspektive nur vage erahnen…
Ein größerer Moorsee war immerhin noch nicht ausgetrocknet, so dass Enten und Gänse sich noch wohlfühlen können, aber der Wasserstand ist deutlich niedriger als sonst. Auch die Heideblüte ist farblich leicht ausgeblichen und eher verhalten.
Immerhin freuen die Wildbienen und Hummeln sich über die ausgiebige Distelblütenpracht. Immerhin etwas…
Insgesamt waren nur wenige Menschen im Moor unterwegs, auch die Schafe der Moorschäferei haben wir nicht gesehen. Aber etwas hat mich so geschockt, dass ich es gar nicht erst fotografiert habe: Es gibt eine Moortretanlage, ähnlich wie ein Kneippbecken, wo man seine Runden durch den Mutt drehen kann und dann die Beine unter einer Schwengelpumpe mit teebraunem Moorwasser wieder abwaschen. Was soll ich sagen: knochentrocken!
Ein solches Moor kann keine vernünftige CO2-Senke sein. Eher im Gegenteil. Und die moortypischen Pflanzen und Tiere verlieren ihren Lebensraum, der in den letzten 30 Jahren mit viel Geduld, Geld und Arbeitseinsatz renaturiert wurde und immer noch wird.
Für alle, die aus den „echten Bergen“ kommen, mag der Ausdruck vielleicht hochstaplerisch klingen, aber unser Jakobsberg stellt tatsächlich die Grenze zwischen Mittelgebirge und norddeutscher Tiefebene dar. Oben auf dem Jakobsberg steht der Fernsehturm, unten im Berg sind die Stollen der Nazis, die sie von Zwangsarbeitern graben ließen. Auf dem Wanderparkplatz am Fernsehturm findet seit Jahrzehnten immer an Christi Himmelfahrt morgens um 8 Uhr ein Open-Air-Gottesdienst unserer Kirchengemeinde statt. Mit Posaunenchor. Manchmal auch mit Regen, meist aber schafft Petrus es, dass es trocken ist. Heute war es auch trocken, obwohl es um 7 Uhr noch regnete.
Am Fuß des Fernsehturms gibt es einen Kiosk, der vom Bismarckbund betrieben wird, die Ehrenamtlichen, die sich darum kümmern, hatten extra auch schon frühzeitig geöffnet. Sehr nett, wir haben dann auch mit einigen Leuten nach dem Gottesdienst dort einen Kaffee getrunken. Und ich bin nach langer Zeit mal wieder auf die Aussichtsplattform des Fernsehturms gestiegen.
Ich hatte schon bessere Sichtverhältnisse dort oben, aber vor allem bin ich erschrocken. Ich war einige Jahre nicht mehr aufgestiegen, weil ich Höhenangst habe. Heute war ich ein bisschen geschockt, weil in den Jahren so viel Landschaft versiegelt wurde.
Bild 1: Blick nach Norden, prominent in der Mitte das Logistikzentrum, das erst letztes Jahr direkt bei uns am Ortsrand gebaut wurde. Bild 2: Der graublaue Bereich im Hintergrund ist Minden. Ich werde wohl demnächst nochmal mit der Kamera und dem Teleobjektiv hochsteigen, das Handy gibt nicht viel her. Bild 3: Blick nach Westen, auf das Wiehengebirge mit dem Kaiser-Wilhelm-Denkmal. Links die Weser, die hier an der Porta Westfalica ihren Durchbruch durch die beiden Gebirgsketten hat. Bild 4: Nochmal der Blick nach Westen. Links vom Wiehengebirge ist Bad Oeynhausen im Hintergrund, rechts geht es nach Lübbecke. (Bei Handballfans und Biertrinkern bekannt) Bild 5: Richtung Südwest. Im Tal ist Hausberge zu sehen, der Hauptort von Porta Westfalica Bild 6 und 7: Süden. Immer noch etwas Hausberge, erschreckend viel kaputter Wald und der weite Blick ins Lipperland. Bild 8: Nochmal nördliche Blickrichtung. Im Hintergrund die vielen Baggerseen von Petershagen.
Es fehlt (und ich dachte, ich hätte auch nach Osten fotografiert) der Blick nach Nordost und Ost. Aber das wirklich spannende, nämlich der Ausblick bis zum Steinhuder Meer und zu den Kalihalden in Wunstorf, lag heute sowieso im Dunst. Viel weiter als Bückeburg ging der Blick nicht.
Farbenfroh: der Sitzbereich des Kiosks. Dort kann man auch Kuchen oder Bratwurst essen.
Auf dem Parkplatz, wo der Gottesdienst stattfand, parkte ein Wohnmobil aus Leipzig. Das Ehepaar, das dazugehörte, war angenehm überrascht vom unverhofften Kulturprogramm, mit dem sie natürlich nicht gerechnet hatten. Sie meinten, wenn wir das jedes Jahr dort machen, könnten sie ja 2023 wiederkommen.
In den meisten Jahren wandere ich übrigens frühmorgens durch den Wald dorthin, dieses Jahr bin ich nur zu Fuß wieder nach Hause gegangen. Ich traue meinen Füßen nicht so ganz. Aber mein Waldspaziergang hat mir richtig gutgetan, vor allem meinen Blick wieder auf die schönen Details der Natur gerichtet, nach dem gestrigen Tag konnte ich das gut gebrauchen und habe es genossen.
Ich brauche dringend wieder mehr Natur und weniger Nachrichten. Heute geht es den Rest des Tages ruhig zu. Ich werde lesen, ein bisschen am Gemeindebrief weiterarbeiten und vermutlich noch Holunderblütensirup ansetzen. Ich hoffe, die Blüten sind nicht allzu ausgewaschen nach den letzten Tagen mit Regen und Wind. Einen gesegneten Feiertag wünsche ich allerseits.
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