Siebte Fastenwoche

Endspurt. Irgendwie Wahnsinn, wie schnell die Wochen der Passionszeit wieder herumgegangen sind. Es war eine vollgepackte und dichtgedrängte Fastenzeit, sowohl von dem, was „in der Welt“ passiert ist, als auch von den Ereignissen in meiner Umgebung.
Umso schöner, dass auch immer wieder ein paar kostbare Augenblicke der Besinnung ihren Platz hatten.

Die letzte Fastenwoche, in der Ostern schon nah ist, steht unter dem Motto

In den Morgen

Christus spricht: Ich lebe, und ihr sollt auch leben.

Johannes 14,19 (Luther 2017)

Wer kennt ihn nicht, den Zauber eines frühen Morgens, wenn die erste Ahnung der Sonne den Horizont verheißungsvoll erhellt.

Ich habe diese Crossover-Version wegen des Textes ausgewählt, aber die klassische Version der „Morgenstimmung“ von Edvard Grieg ist natürlich auch sehr schön

Sonnenaufgang und warme Farben, aber auch mystischer Morgennebel in lichtem Grau, alles das symbolisiert das Ende der Nacht, Neuanfang und Aufbruchstimmung.
Etwas wird allumfassend neu: bietet neue Chancen, neue Erfahrungen, vielleicht sogar neue Weltsichten.
Durchatmen, optimistisch in die Zukunft blicken, neu anfangen.
Das fällt uns mit Sonnenaufgang und Tagesbeginn leichter als bei Einbruch der Nacht.

Gerade auch in der Musik, egal ob weltlich oder geistlich, Klassik oder Pop, Kirchenchoral oder Lobpreis, gibt es zahlreiche Beispiele, die den Morgen feiern. Wer gern fotografiert, ist immer wieder ergriffen und hingerissen von Sonnenaufgängen, in den Bergen, am Meer oder sogar in den Straßenschluchten der Großstädte. Das Gemälde „Impression“ von Claude Monet war sogar Namenspate für eine ganze Kunstrichtung in der Malerei. Schriftsteller und Dichter widmeten sich zu allen Zeiten dieser grandiosen Kulisse.

Alle Fotos dieses Beitrages sind an einem frühen Augustmorgen am großen Weserbogen entstanden

Wir brauchen die wärmenden Farben, den Optimismus und die Hoffnung, die von der Morgendämmerung oder dem Sonnenaufgang ausgehen.
Im Judentum beginnen die hohen Feste, wie zum Beispiel aktuell das Pessach- (oder Passah-)fest übrigens stets am Vorabend des eigentlichen Feiertages.
Mit Ostern wurde diese Tradition durchbrochen. Am frühen Morgen des dritten Tages gingen die Frauen zum Grab Christi:

Als der Sabbat vorüber war, gingen Maria aus Magdala und die andere Maria frühmorgens hinaus an das Grab. Es war Sonntag, der erste Tag der neuen Woche, und der Morgen begann gerade erst zu dämmern.

Matthäus 28,1 (HfA)

Und deswegen gehen wir in dieser letzten Fastenwoche langsam und bewusst in den Morgen.

Wer noch einmal die Fastenzeit mit mir rekapitulieren möchte, findet hier die bisherigen Beiträge:

https://annuschkasnorthernstar.blog/2023/02/22/der-erste-tag/

https://annuschkasnorthernstar.blog/2023/03/01/2-fastenwoche/

https://annuschkasnorthernstar.blog/2023/03/08/dritte-fastenwoche/

https://annuschkasnorthernstar.blog/2023/03/15/vierte-fastenwoche/

https://annuschkasnorthernstar.blog/2023/03/22/funfte-fastenwoche/

https://annuschkasnorthernstar.blog/2023/03/30/sechste-fastenwoche/

Sechste Fastenwoche

Nachtaufnahme Osterurlaub 2014: Useriner See

Durch die Nacht ist die Überschrift über der gestern angebrochenen Fastenwoche. Es ist schon ein Auf und Ab, welches uns der Kalender zumutet. Es geht mal wieder ans „Eingemachte“, an die Substanz und Essenz menschlichen Leidens. Deswegen habe ich auch länger gebraucht, meine Gedanken dazu zu ordnen.

Am Mittag wurde es plötzlich im ganzen Land dunkel. Diese Finsternis dauerte drei Stunden. Gegen drei Uhr schrie Jesus laut: »Eli, Eli, lema sabachtani?« Das heißt: »Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?«

Matthäus 27, 45-46 HfA

Nicht nur zur Zeit seiner Geburt war Jesus wahrer Mensch. Auch zum Zeitpunkt seines tiefsten Leids steht er nicht als glänzender Held oben drüber. Selbst die Gottverlassenheit, die Menschen in solchen Augenblicken empfinden können, lernt er kennen und durchleidet sie. Obwohl er ja mit Sicherheit vom Verstand her wusste, dass sein Tod am Kreuz nicht das Ende bedeutet.
Verstand und Gefühl, die zwei Eckpunkte unserer Wahrnehmung, sind eben nicht deckungsgleich. Ich schätze mal, jeder von uns kennt es, wenn man „objektiv gesehen“ relativ ungefährdet sein könnte – aber das Gefühl, unsere Angst, Unsicherheit und Ohnmacht uns einen dicken Strich durch die Rechnung machen.

Dass Jesus von diesen Empfindungen nicht verschont bleibt, zeigt mir ganz deutlich, dass wahre Stärke auch im Zulassen vermeintlicher Schwäche liegen kann. Dass sein Mitgefühl alle Facetten unseres Daseins umfasst, dass er bereit war, alles zu durchleiden, was einen Menschen zerbrechen kann, gibt mir (meist) Kraft. Mehr kann ich dazu gar nicht sagen, denn es sprengt mein Vorstellungsvermögen und ich bin zutiefst dankbar, dass ich in solch existenziellen Nöten noch nie war. Ich habe die vage Ahnung, dass es relativ wahrscheinlich ist, zu meinem Lebensende hin die Erfahrungen diesbezüglich zu erweitern. Und ich hoffe, mir wird die Zusicherung, dass ich niemals tiefer falle als in Gottes Hand, dann ein starker Trost sein.

Fünfte Fastenwoche

Über dieser Woche steht das Motto

Wir gehen gemeinsam

Der Bibeltext, der von der Redaktion des Fastenkalenders dafür ausgesucht wurde, ist ungewöhnlich. Denn er handelt nicht von der gemeinsamen Zeit Jesu und seiner Jünger während der Wanderpredigerzeit. Er ist viel älter, vielleicht auch etwas erklärungsbedürftig und ich habe deswegen eine moderne Bibelübersetzung gewählt:

Aber Ruth erwiderte: »Besteh nicht darauf, dass ich dich verlasse! Ich will mich nicht von dir trennen. Wo du hingehst, da will auch ich hingehen. Wo du bleibst, da bleibe ich auch. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott.
Wo du stirbst, will ich auch sterben und begraben werden. Nur der Tod kann mich von dir trennen; wenn ich dieses Versprechen nicht halte, soll der HERR mich hart bestrafen!«

Ruth 1,16-17, HfA

Ruth, die diese bedeutungsschweren Worte spricht, sagt das nicht etwa zu ihrem zukünftigen Ehemann. Sondern zu ihrer Schwiegermutter. Und ehe jetzt hier alle möglichen Witze und Vorurteile gegenüber Schwiegermüttern aufkommen, hole ich ein bisschen aus und erzähle euch, in welcher Situation Ruth und Noomi (die SchwieMu) sich befinden:

Noomi war als junge Frau mit ihrem Mann und den beiden jungen Söhnen aus Juda ausgewandert, da es aufgrund einer mehrjährigen Dürre schwierig geworden war, in der Heimat seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Im Land Moab wuchsen die Kinder heran, wurden zu jungen Männern, heirateten Moabiterinnen. Noomis Mann starb, die Witwe wurde von den Familien der Söhne durchgebracht, wie es Sitte war. Nun starben aber auch die jüngeren Männer nacheinander, übrig blieben die drei Frauen, alle ohne weitere Kinder. Verwitwete Frauen ohne Familie waren ausnahmslos bitterer Armut ausgesetzt, weil sie keinen Versorger mehr hatten. In dieser prekären Situation entschied sich Noomi, wieder nach Juda zurückzukehren, wo sie zumindest noch ein paar weitläufige Angehörige hatte. Ihre Schwiegertöchter gab sie frei, wollte sie zu ihren Herkunftsfamilien zurückschicken. Dort hätten sie die Möglichkeit gehabt, neue Ehemänner zu finden und eigene Kinder zu bekommen. Eine Schwiegertochter nimmt den Vorschlag an, aber Ruth bekennt sich zu ihrer Schwiegermutter mit den oben genannten Sätzen.

Eine ziemlich moderne Geschichte, wenn ich es so richtig betrachte: Prekäre Verhältnisse, Migration als Überlebensstrategie, aus dem Nichts neu anfangen müssen…

Und Ruth, die sicher noch jung genug wäre für einen Neuanfang, entscheidet sich, ihrer älteren Schwiegermutter loyal zu folgen. In die Fremde, in eine ungewisse Zukunft. Weil sie Noomi vertraut, sie nicht allein ihrem Schicksal überlassen will und hofft, dass die beiden gemeinsam einen Weg finden werden.

Kleiner Spoiler: Es ist eine Geschichte mit Happy End. Wenn auch ganz zum Schluss mit einer Wendung, die wir so nicht erwartet hätten, die uns fremd erscheint. Es waren eben ganz andere Zeiten damals und es ist eine Gegend der Welt, in der nach mitteleuropäischen Maßstäben auch heute noch andere und teilweise uns unverständliche Regeln gelten.
Aber lest gern selbst nach, das Buch Ruth ist kurz und innerhalb einer Viertelstunde durchzulesen.

Mich fasziniert an der Geschichte einiges: Das uneingeschränkte Vertrauen der jungen Frau, ihrer älteren Verwandten zu folgen, wohin sie auch geht. Damit aber auch ihre Bereitschaft, dieser Frau zur Seite zu stehen, wenn es schwierig wird. Was zu erwarten war.

Heute neigen wir eher dazu, nach dem Motto zu handeln: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Oder wir legen Wert darauf, unsere eigenen Erfahrungen zu machen, nicht alles zu übernehmen, was überkommen ist. Beides ist wichtig für unser Leben, wenn es gelingen soll: Das Vertrauen in andere, dass sie uns nicht in die Irre führen, aber auch der kritische Blick, das Überdenken und Neubewerten von Sachverhalten, Situationen und Traditionen.
Aus den Erfahrungen der letzten 8-10 Jahre stelle ich fest, dass bei vielen Menschen eine der beiden Seiten überwiegt. Wie bei einer klassischen Waage oder bei einer Wippe liegt häufig ein wenig bis viel mehr Gewicht auf nur einer der beiden verfügbaren Flächen.

Foto: Pixabay

Wir sind uns mitunter nicht sicher, wann mehr Vertrauen angebracht ist und wann eher ein kritisches Nachrechnen. Und das hat ja durchaus Gründe, nachvollziehbare Gründe sogar. Wir kommen aus unterschiedlichen Settings, bringen diverse Erfahrungen mit, jeder ist schon mal über den Tisch gezogen worden oder hat Vertrauen in Personen oder Institutionen gehabt, das missbraucht wurde, ob nun wissentlich oder durch widrige Umstände.

Wir neigen dazu, solche Vertrauensbrüche mehr in Erinnerung zu behalten als gelungene Situationen, denn wir werden vorsichtig. Wir hüten uns und wir suchen Sicherheit. Das ist menschlich. Wer möchte schon immer wieder das Gefühl haben, am Ende der Dumme zu sein?

Trotzdem, auch wenn ich mich nach Sicherheit sehne, wenn ich ein gutes Leben haben möchte, wenn ich nicht in die Irre gehen möchte, so ist es für mich am Ende erfüllender und auch erfolgversprechender, mich mit einer Gruppe von Leuten, denen ich grundsätzlich vertraue, gemeinsam auf den Weg zu machen. Selbst wenn wir vielleicht nicht ganz die richtige Richtung einschlagen: allein unterwegs zu sein, auch wenn ich noch so sicher bin, dass mein Weg zielführend ist, klingt für mich bedrückend. Das schließt Phasen, in denen ich mich am Rand der Gemeinschaft aufhalte, um mich selbst zu sortieren, nicht aus. Aber die Gemeinschaft braucht mich und noch wichtiger: ich brauche die Gemeinschaft.
Denn der Verzicht auf Gemeinschaft und sogar das Fehlen von Reibungspunkten führt dazu, dass ich mich selbst nicht mehr hinterfrage und damit auch nicht wirklich weiterkomme.
Das sind die essenziellen Erfahrungen, die ich in vielen Jahren durch das Abwechseln von Nähe und Distanz immer wieder gemacht habe.

Vierte Fastenwoche

Wie die Zeit vergeht. Und wieder ein Schritt weiter. Habe ich mich in der vergangenen Woche damit beschäftigt, was mich trägt, vor allem in unruhigen Zeiten, so wird es diese Woche richtig hell. Denn das Motto der Woche lautet:

Und wie ich strahle!

 Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein.  Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es allen, die im Hause sind.  So lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.

Matthäus 5,14-16 (Luther 2017)

Klingt ja nicht gerade bescheiden. Eher nach „Tue Gutes und rede darüber“ als nach der altbekannten Forderung, das Gute still und selbstverständlich zu tun, ohne große Worte darüber zu verlieren. Und trotzdem geht es nicht um Selbstbeweihräucherung oder ein großkotziges Herzeigen der eigenen Fähigkeiten und Leistungen. Sondern eher um ein souveränes, sicheres Auftreten, einhergehend mit der Aufgabe, ein unaufdringliches Vorbild abzugeben.

Und ist es nicht vor allem eine sehr liebevolle Zusage?
Ihr seid das Licht der Welt! Wir sind es, die unsere Welt zum Guten wenden können. Wir müssen dafür nicht auf einen Impuls von außen oder den großen Zampano warten. Es liegt in unserer Hand. Niemand ist zu klein oder unbedeutend.
Fordernd ist es allerdings auch: Ihr seid das Licht der Welt. Also kommt in die Hufe, macht was draus. Seht zu, die Zukunft auf die Reihe zu bekommen.

Wie auch an vielen anderen Stellen in der Bibel wird deutlich: jeder kann etwas beitragen, aber jeder soll auch etwas beitragen. Beides gehört zu unserer Verantwortung. Oder wie es bei der Vorstellung der Agenda 2010 hieß:
Fördern und Fordern. Das Eine geht nicht ohne das Andere.

Dritte Fastenwoche

Nachdem ich nun mit dem Fastenkalender eine Woche lang durch das Tal der Ängste gewandert bin (und darüber bewusst nicht allzu viel geschrieben habe, weil Ängste eine sehr persönliche Sache sind und auch jeder seinen eigenen Umgang damit hat), geht es nun wieder bergauf.

Das Thema der dritten Woche lautet: Was mich trägt
und beginnt mit dem bekannten Segensspruch aus dem 4. Buch Mose (Numeri), der bei uns heute Aaronitischer Segen heißt

Der HERR segne dich und behüte dich; der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig; der HERR hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden. (4.Mose 6, 24-26, Luther 2017)

Was für ein Segen! Dieser Satz, den wir manchmal relativ gedankenlos benutzen, wenn eine Situation sich zum Guten wendet oder wir etwas empfangen, was wir gut gebrauchen können (Landregen nach langer Trockenheit zum Beispiel), gilt hier ganz wörtlich.

Machen wir uns nichts vor. Gott wusste schon zu dem Zeitpunkt, als er die Anweisung zu diesem Segen gab, dass die Menschen alles andere als perfekt sind. Dass sie ihre guten Vorsätze schon immer schneller vergessen als gefasst und immer wieder Mist gebaut haben. Vielleicht kannte er auch schon das Motto „Die Hoffnung stirbt zuletzt“, wer weiß. Aber er weigerte sich jedenfalls, die Menschheit verloren zu geben. Für uns ist es nicht unbedingt nachvollziehbar, weshalb er uns trotzdem weiterhin unter seinen Segen stellt und uns behütet, weshalb er immer wieder gnädig ist und uns seinen Frieden (nicht zu verwechseln mit dem politischen Frieden in der Welt) schenkt.
Aber ich freue mich unglaublich darüber, immer wieder sonntags, wenn mir und anderen der Segen zugesprochen wird, weil ich Hoffnung damit verbinde. Und ich bin jedes Mal, wenn ich selbst in der Position der Segnenden bin, ehrfürchtig, dass ich diese wunderbare Zusage auch anderen weitergeben darf. Ich wünsche mir dann, dass die Menschen den Segen annehmen und etwas gutes daraus machen, ihn auch wieder weitergeben an andere.

Hast du schon einmal jemanden gesegnet oder einer Person einen Segen gewünscht? Den Kindern, bevor sie sich morgens auf den Weg zur Schule machen, dem Ehepartner vor einer langen Autofahrt oder einem dir wichtigen Menschen vor einer großen und verändernden Entscheidung?
(Kleiner Tipp: Man kann das auch ganz still innerlich tun, wenn man es nicht gern laut sagt oder sich nicht sicher ist, wie die Person den Segen aufnimmt.)
Ich habe den Segenswunsch eine Zeitlang ganz bewusst eingesetzt, wenn ich einen Anruf von ganz besonders nervigen Kunden bekam. Wenn ich auf dem Display bestimmte Namen las, segnete ich den Anrufer in Gedanken, ehe ich das Gespräch begann. Mag sein, dass sich damit vor allem für mich selbst die Wahrnehmung geändert hat, aber ich stellte fest, dass die Telefonate mit Segen besser verliefen. (Kommunikationstrainer empfehlen ja auch, zu lächeln, wenn man telefoniert, weil der Telefonpartner das Lächeln hören kann.)

Ich will dich […] segnen […] und du sollst ein Segen sein. (1. Mose 12, 2)

Eine gesegnete Woche wünsche ich euch allen. Ob im Kleinen oder im Großen.

Vom Umgang mit der Angst

(Um Missverständnissen vorzubeugen: Alles, was ich im Zusammenhang mit den Texten des Fastenkalenders schreibe, sind ausschließlich Gedanken, die mir ganz persönlich bei der Beschäftigung mit den Themen kommen. Sie haben ihren Ursprung in meinen bisherigen Erfahrungen und in meiner aktuellen Situation. Sie sind also weder allgemein- noch endgültig.)

Hast du schon mal von Herrn Tur Tur gehört? Wenn nicht, solltest du vielleicht mal Michael Endes Jim Knopf und Lukas, der Lokomotivführer lesen.
Herr Tur Tur lebt sehr einsam in der Wüste am Ende der Welt. Eigentlich ist er ein umgänglicher und freundlicher Mensch, er hat nur eine außergewöhnliche Besonderheit: aus weiter Ferne betrachtet ist er ein Riese. Deswegen traut sich auch niemand näher an ihn heran, denn wenn jemand schon aus Entfernung so groß ist, wie gewaltig muss er in der Nähe sein?
Allerdings kehrt sich bei Herrn Tur Tur das Naturgesetz der Optik um: denn je näher man ihm kommt, desto kleiner wird er. Steht man vor ihm, ist er nicht größer als der Durchschnitt. Er ist ein Scheinriese.
Jim Knopf und Lukas stellen das fest, als sie ihren ganzen Mut zusammennehmen und der Einladung des einsamen Herrn Tur Tur, ihm doch näherzukommen und sich mit ihm zu unterhalten, folgen. Schlussendlich findet sich auch noch auf Lummerland ein Platz für den Scheinriesen, an dem er genau richtig ist.

Ich will mit dieser Geschichte keineswegs Ängste relativieren. Sehr viele Ängste haben ihre Berechtigung (z.B. ganz konkrete, erfahrungsgestützte Ängste vor Situationen oder Personen) oder sind in uns fest verankerte Übrigbleibsel aus einer Zeit, wo alles Unbekannte, auf das unsere Vorfahren stießen, potenziell lebensbedrohlich sein konnte. Angst war lange Zeit DER Faktor, der entschied, ob man überlebte oder umkam. Angst stellt dem Körper Adrenalinreserven zur Verfügung, die dafür sorgen, dass man sowohl körperlich als auch mental Kräfte mobilisiert. Damit man blitzschnell Entscheidungen treffen und umsetzen kann (Fluchtreflex). Angst kann aber auch lähmen (je nach Gegner konnte auch „totstellen“ die bessere Entscheidung sein).

Inzwischen leben wir in einem Zeitalter, in dem viele Urängste nur noch begrenzte Lösungsansätze bieten.
Die Angst vor dem Feuer wird durch immer strengere Brandschutzmaßnahmen, Rauchmelder sowie gut ausgebildete und leistungsstarke Feuerwehren im Zaum gehalten.
Die Angst vor Überschwemmungen, Vulkanausbrüchen, Stürmen etc. wird durch Monitoring von Wetter, Plattentektonik und allem möglichen anderen zumindest eingegrenzt. Erdbeben sind aber nach wie vor eine relativ unberechenbare Größe, wie zahllose Menschen in der Türkei und in Syrien gerade erst leidvoll erfahren mussten. Allerdings hätte diese Katastrophe auch um ein vielfaches geringer ausfallen können, wenn die Erkenntnisse von Erdbebenforschern, Statikern und anderen, die in dem Bereich tätig sind, durchgängig befolgt worden wären. Korruption und menschliche Gewinnsucht haben die Vorsorge zerstört.

Die Ängste haben sich gewandelt. Dort, wo durch Erforschung und Prävention sinnvolle Maßnahmen ergriffen und auch durchgehalten werden, werden Ängste beherrschbar. Medizinische Vorsorgeuntersuchungen, bauphysikalische Vorschriften, sicherheitstechnische Einrichtungen wie die Gurte im Auto, unglaublich viele Gefahren wurden durch menschlichen Erfindergeist entschärft.

Bemerkenswert finde ich, dass die Angst aber so elementar in unserer DNA verwurzelt scheint, dass wir uns andere Ängste teilweise suchen oder erschaffen.
Menschen mit Flugangst haben oft wahnsinnige Angst vor Flugzeugabstürzen, setzen sich aber frohgemut jeden Tag ins Auto, obwohl nach statistischen Erhebungen die Gefahr, durch einen Autounfall ums Leben zu kommen, um ein vielfaches größer ist.
Die Angst vor Spinnen hat ganz objektiv gesehen in Mitteleuropa überhaupt keinen rationalen Grund (das ändert sich in anderen Erdteilen, aber wie viele von uns werden dort nie hinfahren?), ist aber bei so manchem viel ausgeprägter als die Angst, im Haushalt beim Putzen oder bei Reparaturarbeiten von einem wackeligen Tisch-Stuhl-Leiter-Konstrukt zu stürzen und sich die Gräten zu brechen.

Die beiden Beispiele haben eines gemeinsam: es geht um Kontrollverlust. Im Flugzeug vertraue ich mein Leben einer mir unbekannten Crew an, das Auto steuere ich meist selbst. Die Spinne und ihre Sympathie oder Antipathie mir gegenüber kann ich nicht einschätzen. Baue ich mir aber eine fragwürdige Konstruktion, um an unzugängliche Stellen dranzukommen, traue ich mir logischerweise zu, sie so zu bauen, dass ich keinen Schaden nehme.

Traue ich andererseits den Forschern von großen Pharmakonzernen, dass sie Medikamente entwickeln, deren Nutzen für die Menschen an erster Stelle steht? Oder habe ich Erfahrungen gemacht, die mir sagen, dass der Profit sowieso immer vorgeht und dass dafür auch Personenschäden billigend in Kauf genommen werden?
Traue ich einem Regierungsoberhaupt zu, dass es seinen Amtseid gegenüber seinem Volk erfüllt, oder vermute ich eher, dass er/sie nur selbst gut dastehen will und auf den eigenen Machterhalt hinarbeitet?

Noch weiter: ich muss schlechte Erfahrungen noch nicht einmal selbst machen. Es reicht, wenn mir vertrauenswürdig erscheinende Personen hinters Licht geführt wurden, wenn jemand, den ich mag, geschädigt wurde. Und dann kommt oft wieder das Adrenalin ins Spiel: Statt mit kühlem Kopf zu überlegen, reagiere ich mit Angriff oder Flucht. Je nachdem, was angebracht erscheint oder mir in der Persönlichkeit eher verankert ist.

Tief Luft holen, sorgfältig abwägen, Vor- und Nachteile betrachten, verschiedene Blickwinkel einnehmen, den Mut zusammenkratzen und dann entscheiden, ob es sich um einen Scheinriesen handelt oder um eine echte Bedrohung, das ist und bleibt eine riesige Herausforderung. Auch für mich, und zwar lebenslänglich. Manchmal gelingt es besser und dann auch wieder schlechter. Mitunter ist es auch tagesformabhängig. Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung? Vielleicht. Vor allem aber ein gnädiger Umgang mit der Angst, mit mir und mit anderen.
Es ist oft leichter gesagt als getan. Trotzdem möchte ich nicht damit aufhören.

Zweite Fastenwoche

In der ersten Fastenwoche ging es um die helle Seite der Schöpfung: um das Licht, den Neubeginn, Aufbruch und Neugierde.
Es war ein wenig wie eine Aufwärmphase, um gedanklich in eine Bereitschaft des Sinnierens zu kommen. Diese Woche geht es nun ans Eingemachte:

Meine Ängste

Die Schöpfung haben wir hinter uns gelassen. Der Zauber des Anfangs war ja schon recht schnell verblasst, die Gewalt – selbst gegen Familienmitglieder – war in die Welt getreten. Kriege, Konflikte, Neid und alles mögliche andere an Übeln zeigte deutlich, dass die Menschen noch nie perfekt waren. (Und für diese Erkenntnis muss man nicht einmal wörtlich nehmen, was in der Bibel zur Geschichte des Volkes Israel aufgeschrieben ist. Es reicht vollkommen aus, wenn man die Texte als Parabeln begreift.)

 Da trat aus dem Heer der Philister ein einzelner Soldat heraus: Goliat aus der Stadt Gat. Er war über drei Meter groß. Gerüstet war er mit einem Helm, einem schweren Schuppenpanzer und mit Beinschienen, alles aus Bronze. Dazu hatte er sich noch eine bronzene Lanze auf den Rücken geschnallt. Sein Brustpanzer wog 60 Kilogramm, sein Speer war so dick wie ein kleiner Baum, und allein die Eisenspitze des Speeres war über 7 Kilogramm schwer. Vor ihm her marschierte sein Schildträger mit einem riesigen Schild. Goliat stellte sich den israelitischen Schlachtreihen gegenüber auf und brüllte: »Was wollt ihr hier eigentlich mit eurem ganzen Heer? Ich bin ein Philister, und ihr seid nur Knechte Sauls. Los, wählt euren besten Mann aus und schickt ihn herunter zu mir! Wenn er mich töten kann, dann werden wir eure Sklaven sein. Aber wenn ich ihn erschlage, dann sollt ihr uns als Sklaven dienen. Ja, ich fordere heute alle Israeliten heraus. Wo ist der Mann, der es mit mir aufnehmen kann?«  Als Saul und seine Soldaten das hörten, erschraken sie und bekamen große Angst. (1. Sam. 17, 4-11, HfA)

Heute kennen viele von uns den weiteren Fortgang der Geschichte aus der (Kinder-)Bibel, wo ein jugendlicher Held die Bühne betritt und in bester Superheldenmanier den ehrfurchteinflößenden Schurken besiegt. Ich will nicht spoilern, nur so viel: Bis heute funktionieren Percy Jackson, Harry Potter, Frodo Beutlin und selbst die Helden des Marvel-Universums nach dem Vorbild Davids. Aber nicht so schnell, wir frieren die Szene einmal ein und stellen uns der beängstigenden Situation.
(Ich muss ja gestehen, ich war versucht, mal schnell eine Seite im Fastenkalender weiterzublättern, um die Auslegung des Textes quasi sofort als erlösendes Element zu lesen. Aber so funktioniert das nicht und ich konnte den Impuls besiegen. YES!👊)

Ich schätze mal, Sauls Soldaten waren mutige und kampferprobte Männer. Aber dieser Titan von einem Mann schüchterte sie ein. Nachvollziehbar, finde ich. Eine Ausbildung zum Soldaten dürfte damals ebenso wie heute unter anderem auch beinhaltet haben, dass man lernte, seine persönlichen Grenzen einzuschätzen. Eine wichtige und überlebensnotwendige Fähigkeit. Mutig ist nicht, wer sich überschätzt und keine Ängste kennt oder akzeptiert. Mutig ist, wer sich mit ihnen auseinandersetzt und seine Möglichkeiten realistisch als Handlungsgrundlage nutzt.

Ängste waren und sind wichtig. Einerseits bremsen sie in vielen Fällen die Tollkühnheit aus, andererseits verhelfen sie uns manchmal auch, über uns hinauszuwachsen. Ängste nehmen seit einigen Jahren in unserer Wahrnehmung zu. Sie wechseln sich mit der gefühlt immer schnelllebigeren Zeit nicht nur ab, sondern überlagern sich auch: Angst um unsere Lebensgrundlagen, um die planetare und persönliche ökologische und ökonomische Zukunft, Angst vor Krankheiten und Pandemien, Angst vor Krieg und Unterdrückung.

Und kommt uns die Szene nicht auch erschreckend aktuell vor? Ein riesiger, übermächtiger Aggressor, der ein anderes Volk verhöhnt und kleinredet? Auf der anderen Seite diejenigen, die unterjocht werden sollen und die, die es irgendwann sein könnten. Die sich fürchten, in Auseinandersetzungen hineingezogen zu werden, die sie sich nicht ausgesucht haben?

Für heute wird genau an dieser Stelle die Pause-Taste gedrückt.
Heute setze ich mich damit auseinander, dass nicht nur ich Angst, Furcht und Schrecken empfinde. Damit, dass diese Gefühle wichtig sind, aber dass ich mich ihnen stellen muss. Um handlungsfähig zu bleiben, um nicht davor zu erstarren wie das Kaninchen vor der Schlange. Um mich zu versichern, dass Kapitulation vor meinen Ängsten nicht die beste Lösung ist.
Ich akzeptiere und reflektiere, dass die Skala der Angst von Mensch zu Mensch unterschiedlich ist. Dass auch die Mittel und Wege, mit ihr umzugehen, verschieden sind. Dass die Verlockung, sich durch Aufgabe unter ihr durchzuducken, manchmal übermächtig sein kann.

Morgen gehe ich dann den nächsten Schritt, hoffentlich gestärkt und empathisch. Und lösungsorientiert.

Donnerstag, 23. Februar


Gott schuf als erstes das Licht, aber er schaffte die Dunkelheit nicht ab. Er ordnete beiden Zuständen ihre Zeiten zu und bis heute hat sich das nicht geändert. (Obwohl die Menschheit alles mögliche anstellt, um die Dunkelheit weniger dunkel zu machen.)
Beides hat seine Berechtigung:
ohne Zeiten der Dunkelheit wüssten wir das Licht nicht zu schätzen
und
ohne Licht, ohne Hoffnung wäre das Dunkel nicht zu ertragen.

Und so wie Licht und Dunkel gibt es unendlich viele andere Begriffspaare, die gegensätzlicher kaum sein könnten. Paarungen, die sich gegenseitig ausschließen und doch in allen ihren Facetten und Extremen wichtig sind, damit unser Leben gelingt und sinnvoll erscheint.

Schon im alten Testament hat Prediger diese Erkenntnis niedergeschrieben:

Alles hat seine Zeit 
Jedes Ereignis, alles auf der Welt hat seine Zeit:
Geborenwerden und Sterben,
Pflanzen und Ausreißen,
Töten und Heilen,
Niederreißen und Aufbauen,
Weinen und Lachen,
Klagen und Tanzen,
Steinewerfen und Steinesammeln,
Umarmen und Loslassen,
Suchen und Finden,
Aufbewahren und Wegwerfen,
Zerreißen und Zusammennähen,
Schweigen und Reden,
Lieben und Hassen,
Krieg und Frieden.
(Prediger 3, 1-8, HfA)

Vieles erscheint uns nur schwer erträglich, und doch ist auch das Schwere, das Traurige und das Dunkle in unserem Leben wichtig.
Gerade in den letzten Wochen, in denen wir durch Kriege, Naturkatastrophen und menschliches Versagen oft das Gefühl haben, die Welt sei schlecht, menschliche Zivilisation dem Untergang geweiht und es gehe nur noch bergab. Durch meine Montagsmotze bin ich sogar selbst auf diesen Zug aufgesprungen (wenn auch nicht mit der Intention, alles niederzuschreiben).

Und gerade in den letzten Wochen stelle ich fest, dass Bücher, die durch ihre Aussagen einen fast unerträglichen Positivismus, Erfolgsgarantien und ein rundum gutes Leben versprechen, Hochkonjunktur haben. Dass mir bei Instagram Erfolgsrezepte und die Angebote von Life-Coaches in die Timeline gespült werden (und je häufiger ich sie als „irrelevant“ kennzeichne, desto mehr kommen nach😟), dass ich insgesamt mitunter das Gefühl habe, mir wird positiv aufgeladener Content angeboten wie irgendwelche Glücksdrogen. Aber auch die hören irgendwann auf zu wirken und dann ist der unvermeidliche Absturz viel tiefer. Oder es wird anstrengend, ermüdend.
Das Leben bietet keine Gelinggarantien; Glück, Erfolg, Gelingen, Karriere oder Segen (oder wie auch immer wir es bezeichnen möchten) ist keine Gewährleistung.
Irgendwie geistert mir das Wort Annahme durch den Kopf. Es scheint mir einen praktikablen Weg zu zeigen, obwohl wir ja auch Meister im Annahme verweigert sind… Aber das würde jetzt zu weit führen🤔. (Vielleicht ein anderes Mal?)

(Übrigens, falls jemandem gleich die Hutschnur platzt:
In dem, was ich hier aufgeschrieben habe, geht es nicht um die ernstzunehmende Krankheit Depression. Die gehört in eine gute fachliche Behandlung. Vor allem gehört endlich die Stigmatisierung von Menschen mit Depressionen beendet. Dabei ist es nicht mit „Reiß dich mal zusammen“ getan. Oder mit Aussagen wie „Früher gab’s auch nicht so viele Menschen mit Depressionen“. – Ich kann nur jeden, der betroffen ist, ermutigen, sich lieber früher als später professionelle Hilfe zu suchen.
In allem, was ich oben beschrieben habe, geht es ausschließlich um das ganz alltägliche Leben mehr oder weniger gesunder Menschen. Just saying.)

Der erste Tag

Meine Gedanken zum ersten Fastenimpuls.

Der Zauber des Anfangs.
Aufbruchstimmung.
Kribbelige Anspannung, wann geht es endlich los?
Was wird mich erwarten? Und was erwarte ich?
Neugierde.
Schmetterlinge im Bauch.
Sich auf den Weg machen.
Den ersten Schritt tun.
Loslegen.

Warum heißt es „Lebe jeden Tag, als wenn es dein letzter wäre?“*

Lebe jeden Tag, als ob es der Erste wäre!
Der erste Tag vom Rest deines Lebens.

*(Rhetorische Frage, die Antwort ist mir bewusst)

An Aschermittwoch ist alles vorbei?

Oder fängt alles erst an? Das Motto der diesjährigen Fastenaktion klingt doch in dieser Hinsicht sehr positiv. Und positive Impulse (aber ohne toxischen Positivismus) brauche ich ganz dringend, vermutlich dürfte das vielen von uns so gehen.
In loser Folge werde ich von den Erfahrungen und Gedanken der Fastenzeit berichten. In welcher Form, habe ich noch nicht entschieden, da ich mich einfach auf das einlassen möchte, was kommt. Und dann wird sich die passende Methode finden.

Ab Morgen findet bei uns in der Gemeinde außerdem jeden Mittwochabend eine Passionsandacht statt. Mit den Texten des Matthäus-Evangeliums werden wir uns sieben Wochen lang auf Karfreitag und Ostern vorbereiten. Das, was ich seit Jahren sehr schön daran finde: Die Andachten werden fast komplett von Ehrenamtlichen, ganz normalen Gemeindegliedern, gehalten. Von ganz jungen Leuten oder solchen mit viel Lebenserfahrung, von konservativeren oder liberaleren, von nachdenklichen oder eher spontanen Menschen. Dadurch entsteht eine Weite und Fülle der Gedanken, die mir immer wieder gefällt.

Wer mitlesen möchte: es geht los mit Matthäus 26, 1-16. Für nicht so geübte Bibelleser: Es gibt den ERF Bibleserver mit unterschiedlichen Übersetzungen. Da findet jeder die richtige Ansprache. Zum Beispiel diese hier:

https://www.bibleserver.com/HFA/Matth%C3%A4us26

Ganz zum Schluss noch ein Musiktipp für die Passionszeit (seit Jahren mein musikalischer Begleiter für diese Wochen):

Wieder aktuell bei mir

Nächster Anlauf. Aber dieses Mal anders: Ich mache eine Ausbildung zur ehrenamtlichen Pilgerbegleiterin auf dem Sigwardsweg.
Das bietet sich an, weil er direkt vor unserer Haustür liegt und die Ausbildung gerade hier im Kirchenkreis angeboten wird. Den Auftakt-Abend habe ich schon hinter mir, Morgen folgt ein ganzer Tag Theorie, ab Mitte März werden wir etappenweise den Weg unter die Füße nehmen. Ich bin gespannt, freue mich wie Bolle und hoffe ein wenig bange, dass meine Gelenke, Bänder und Sehnen durchhalten.
Buon camino.

Endgame – Apokalypse (now?)

Endzeitstimmung? Symbolfoto: pixabay

Lesungs- und Predigttext des gestrigen Ewigkeitssonntages beschäftigen mich immer noch. Die Texte aus der Offenbarung und dem Markus-Evangelium über die Endzeit der Menschheit und die Wiederkunft Christi lesen sich lange nicht so aktuell wie in diesem Jahr.

Der Lesungstext aus der Offenbarung Kapitel 21 war immer ein Text, der mir Hoffnung geschenkt hat:

1 Dann sah ich einen neuen Himmel und eine neue Erde. Denn der vorige Himmel und die vorige Erde waren vergangen, und auch das Meer war nicht mehr da. 2 Ich sah, wie die Heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herabkam: festlich geschmückt wie eine Braut für ihren Bräutigam. 3 Eine gewaltige Stimme hörte ich vom Thron her rufen: »Hier wird Gott mitten unter den Menschen sein! Er wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein. Ja, von nun an wird Gott selbst in ihrer Mitte leben. 4 Er wird ihnen alle Tränen abwischen. Es wird keinen Tod mehr geben, kein Leid, keine Klage und keine Schmerzen; denn was einmal war, ist für immer vorbei.« 5 Der auf dem Thron saß, sagte: »Sieh doch, ich mache alles neu!« Und mich forderte er auf: »Schreib auf, was ich dir sage, alles ist zuverlässig und wahr.« 6 Und weiter sagte er: »Alles ist in Erfüllung gegangen. Ich bin der Anfang, und ich bin das Ziel, das A und O. Allen Durstigen werde ich Wasser aus der Quelle des Lebens schenken. 7 Wer durchhält und den Sieg erringt, wird dies alles besitzen. Ich werde sein Gott sein, und er wird mein Kind sein.

https://www.bibleserver.com/HFA/Offenbarung21

Vor allem der Vers 4 ist der ultimative Trostgedanke. Wir werden alles, was uns in unserem Leben Leid und Schmerz bereitet, überwinden. Aus, vorbei, vielleicht nicht mal mehr eine Erinnerung wert, wird alles sein, was uns Kummer bereitet: Krankheit, Krieg, Klimawandel. Die modernen drei K’s, nicht nur für Frauen. Schade eigentlich, dass dafür erst alles den Bach runtergehen muss, denn es ist ja eine grundsätzlich sehr schöne Lebensumgebung, die wir drangeben müssen. Aber wir wissen natürlich nicht, wie es danach aussehen wird, bis auf die Bilder, die uns das 21. Kapitel der Offenbarung weiter liefert: Gold, Kristallglas, Edelsteine, Perlen etc. sehen aus unserer Sicht doch recht nach Großkapitalismus aus. Sie sind allerdings symbolisch für kostbare und seltene Dinge zu sehen, denn als das Buch der Offenbarung geschrieben wurde, wurden diese Schätze noch nicht im großen Stil mit industriellen Mitteln wie heutzutage gefunden und geschürft. Damals waren sie wirklich noch sehr besonders.

Ganz anders klingt der Predigttext, viel alarmistischer und drängender:

32 »Doch niemand weiß, wann das Ende kommen wird, auch die Engel im Himmel nicht, ja, noch nicht einmal der Sohn. Den Tag und die Stunde kennt nur der Vater. 33 Darum haltet die Augen offen und seid wachsam! Denn ihr wisst nicht, wann es so weit ist. 34 Es wird dann so sein wie bei einem Mann, der vorhat, ins Ausland zu reisen. Bevor er sein Haus verlässt, überträgt er seinen Dienern die Verantwortung: Er weist jedem eine bestimmte Arbeit zu und befiehlt dem Pförtner, wachsam zu sein. 35 Genauso sollt auch ihr wach bleiben. Ihr wisst ja nicht, wann der Hausherr kommen wird, ob am Abend oder um Mitternacht, im Morgengrauen oder nach Sonnenaufgang. 36 Wenn er plötzlich kommt, soll er euch nicht unvorbereitet und schlafend antreffen. 37 Was ich euch sage, gilt auch für alle anderen Menschen: Ihr müsst immer wachsam und bereit sein!«

https://www.bibleserver.com/HFA/Markus13

Seid wachsam! Zur Zeit des Lebens Jesu Christi und auch in den Jahren nach seiner Kreuzigung lebten die Menschen in der sogenannten Endzeiterwartung. Sie gingen felsenfest davon aus, dass sie die Wiederkunft erleben würden. Voraussagen in die glorreiche Zukunft der Menschheit gab es nicht. Das Volk Israel lebte unter der römischen Besatzung, sie waren zum Teil fremdbestimmt, auf jeden Fall gab es mit der Herrscherdynastie des Herodes Marionettenkönige. Technologie als Zukunftsvision war unbekannt. Wachsamkeit war überlebenswichtig.

Und wir heute? Wir leben, als müsse alles ewig weitergehen. Alles Mögliche verschieben wir in die Zukunft:
– wenn ich in Rente bin, werde ich reisen…
– in 10 Jahren wird es eine Technologie geben, die das überflüssige CO2 aus der Atmosphäre holt
– in Zukunft wird die Menschheit sich anpassen an die neuen Gegebenheiten
– oder das Credo der Nachkriegsgeneration: Unsere Kinder sollen es einmal besser haben

Es gibt da nur ein paar Störfaktoren in dieser Zukunftsmusik: einige Gruppen von Aktivisten, die ähnlich wie die ersten Christen in der Erwartung der Endzeit leben, allerdings nicht in der Erwartung der schönen neuen Zeit, sondern zunächst einmal in der Überzeugung, die Katastrophen und die Apokalypse, die alledem vorangehen werden, stehen unmittelbar bevor: Kriege, Erdbeben und andere Naturkatastrophen, Fluchtbewegungen, Verleumdung, Hassrede, Verrat, falsche Propheten. Aber sind sie deswegen nur weltfremde Spinner und Chaoten? Ich denke nicht. Im Angesicht großer Ängste reagieren manche Menschen mit der Verleugnung von Gefahren, andere mit anscheinenden Überreaktionen.

Denn das alles klingt nicht sooo abwegig und fremd, so gegen Ende des Jahres 2022. Aber: in Wellen war die Menschheit schon immer mal wieder davon überzeugt, unmittelbar vor dem Untergang zu stehen.
Die Wahrheit ist: Keiner von uns weiß es genau, niemand kann es vorhersagen, es kann sein, es kann aber auch noch ein Zeitalter weitergehen.

Die eigentliche Frage, die sich stellt, ist doch eher: Wie verhalten wir uns angesichts der Unwägbarkeiten?
Lassen wir die Sau raus, volle Kanne in den Untergang, keine Panik auf der Titanic (auf der bis zuletzt Party und Musik war)?
Oder gehen wir in Sack und Asche, geißeln uns, ziehen das Büßerhemd an?

Mir persönlich sind diese beiden Extrempositionen fremd und daher keine Optionen. Ich ziehe es vor, im Angesicht der Ungewissheit ein gutes Leben zu führen. „Gut“ heißt für mich in dem Zusammenhang: möglichst ressourcenschonend, nach Möglichkeit niemandem unbedacht wehtun, keinen groben Unfug veranstalten und hoffentlich inspirierend sein für einige Menschen in meinem Umfeld. Weder auf der einen noch auf der anderen Seite „vom Pferd fallen“ und noch ein wenig Geduld und andere Skills lernen.

Und auch wenn es altmodisch klingt: Ich möchte mir mein Grundvertrauen nicht nehmen lassen. Mein Vertrauen in die Menschen, mit denen ich zu tun habe. Mein Vertrauen in das politische System unseres Landes (das trotz aller Luft nach oben halt auch nicht das Schlechteste ist). Mein Vertrauen, dass es Institutionen und Menschen gibt, die es gut und ehrlich meinen, mich nicht über den Tisch ziehen oder alles aus mir rauspressen wollen. Vertrauen auch in meinen Glauben, dass noch etwas Großes auf mich wartet, dass ganz am Ende keine Tränen mehr sein werden. Nicht blauäugig (obwohl ich blaue Augen habe), aber hoffnungsvoll. Ich möchte die Hoffnung auf keinen Fall verlieren. Denn sie ist es, die das Leben lebenswert macht.

Erntedank 2022

Ich empfinde das Erntedankfest in diesem Jahr ganz besonders. Der Krieg in der Ukraine und die lange Trockenheit im Sommer, die Ungewissheit, was im Winter an gesundheitlichen und energietechnischen Einschränkungen auf uns zukommen mag, machen nachdenklich.
Gestern hat sich unser Nachbar bei mir fast schon für die kleinen Kartoffeln entschuldigt. Warum? Wer auch nur ein Fünkchen nachdenkt, kann ohne Wasser keine fetten Feldfrüchte erwarten. Und satt machen auch kleine Kartoffeln. Aber die Erwartungshaltung ist halt oft eine andere.

Die Erntegaben in unserer Kirche

Hier ist der Predigttext für heute, den 2. Oktober 2022 – Erntedankfest

5. Mose 8, 7-18 (Gutes Leben Übersetzung)

7 Denn der HERR, euer Gott, bringt euch in ein gutes Land. Dort gibt es Flüsse, Seen und Quellen, die in den Tälern und Bergen entspringen,
8 und Weizen und Gerste, Weinstöcke und Feigenbäume, Granatäpfel, Ölbäume und Honig.
9 Es ist ein Land, in dem ihr euch satt essen könnt und es euch an nichts fehlen wird. Ein Land, in dem die Steine Eisen enthalten und aus dessen Bergen du Kupfer abbauen kannst.
10 Wenn ihr dann gegessen habt und satt seid, sollt ihr den HERRN, euren Gott, für das gute Land, das er euch gegeben hat, loben.
11 Passt aber auf, dass ihr den HERRN, euren Gott, nicht vergesst und dann seine Gebote, Vorschriften und Gesetze, die ich euch heute gebe, nicht mehr befolgt.
12 Wenn ihr genug zu essen habt und euch prächtige Häuser baut und darin wohnt,
13 und wenn eure Schaf-, Ziegen- und Rinderherden groß werden und ihr viel Gold, Silber und vieles andere besitzt,
14 dann werdet nicht überheblich und vergesst nicht den HERRN, euren Gott, der euch aus der Sklaverei in Ägypten befreit hat.
15 Er hat euch durch die große, schreckliche Wüste mit ihren wasserlosen Gegenden, ihren Giftschlangen und Skorpionen geführt. Er ließ euch Wasser aus dem Felsen sprudeln
16 und gab euch in der Wüste Manna zu essen, eine Speise, die eure Vorfahren bis dahin nicht kannten. Auf diese Weise wollte er euch demütig machen und auf die Probe stellen, um euch letztendlich mit Gutem zu beschenken.
17 Denkt nur nicht, ihr wärt aus eigener Kraft und Anstrengung reich geworden.
18 Erinnert euch vielmehr daran, dass es der HERR, euer Gott, ist, der euch die Kraft gibt, Reichtum zu erwerben. Denn er erfüllt den Bund, den er mit euren Vorfahren schloss und der jetzt noch gilt.

Der Text ist uralt. Er handelt von der sogenannten „Landnahme Israels“, der Eroberung Kanaans. Historisch gesehen hat es sich vermutlich eher nicht so abgespielt wie in der Bibel erzählt. (Ehrlich gesagt, finde ich das auch zweitrangig, ob es eins zu eins so stattgefunden hat. Wichtiger ist der Sinn hinter der Erzählung)

Etwas verkürzt und gestrafft ausgedrückt:
Es ist kein ganzes „Volk“ im heutigen Sinne durch die Wüste gezogen und hat ein komplettes anderes „Volk“ von seinem angestammten Boden vertrieben. Insgesamt waren es vermutlich eher kleinere Stammesverbände, die sich über einen längeren Zeitraum ein Gebiet angeeignet haben. Die bisherigen Bewohner dürften teilweise parallel zu den Neuankömmlingen an ihren Wohnorten weitergelebt haben, sich auch durch Heirat miteinander vermischt haben, einige sind bestimmt auch fortgezogen. Die allermeisten Menschen lebten damals in den Ländern des nahen Ostens sowieso zumindest halbnomadisch.

Der Zeitraum, in dem das geschah, war um das 12. Jahrhundert vor Chr. herum, verschriftlicht wurde das alles wahrscheinlich sogar erst Jahrhunderte später, während des babylonischen Exils der Israeliten (rd. 600 -530 v. Chr.). Denn erst dort, im Exil, bildete sich ein tragfähiges religiöses Bewusstsein mitsamt einer Historie. Das brauchten die Menschen, um sich ihrer Identität in der Fremde bewusst zu werden und nicht haltlos zu werden.
(Um es mal zu vergleichen: Was wir heute als „deutsche Geschichte“ betrachten, ist auch über lange Jahrhunderte die Geschichte zahlreicher rivalisierender Kleinstaaten, Dynastien, Fürstentümer, die je nach Gusto des jeweiligen Landesherrn nach der Reformation auch noch entweder katholisch oder reformiert waren. Die Preußen, Habsburger, Hohenzollern und wie sie alle hießen, jagten sich gegenseitig Gebiete ab, verbündeten oder bekämpften sich, schlossen und brachen Allianzen und heirateten sich gegenseitig oft aus politischen und strategischen Erwägungen.)

Während ich den Bibeltext lese und mir meine Gedanken dazu mache, den Hintergrund aufschreibe, denke ich daran, wie wenig sich doch im Grunde geändert hat. Wie aktuell der Text doch eigentlich immer noch ist.

Ob wir uns Gott als einen alten Mann mit Rauschebart und weißem Gewand vorstellen oder als ein Auge in einem Dreieck, das über einer Wolke schwebt, eine eher diffuse Ahnung haben, mit einem göttlichen Prinzip überhaupt nichts zu tun haben wollen oder einfach dem Geld huldigen, ist dabei total egal.

Solange es uns gutgeht, solange wir alles haben, was wir zum Leben brauchen oder zu brauchen meinen, noch dazu ein kleines (oder gern auch größeres) „Nice to have“ obendrauf sitzt und alles glatt geht, nehmen wir es als selbstverständlich hin.

Aber sobald etwas passiert, was uns dieser Selbstverständlichkeit beraubt, eine Naturkatastrophe, ein kriegerischer Aggressor oder auch nur unser jahrzehntelanger schluderiger Umgang mit der Welt, suchen wir Schuldige. Und zwar immer sehr gern bei „den Anderen“, nie bei uns selbst. Unsere eigene Fahrlässigkeit oder Gleichgültigkeit unterschlagen wir gern.

Und jetzt bleibe ich ein bisschen ratlos zurück nach meiner Analyse. Denn ich selbst bin ja auch nicht besser. Ich bin viel zu oft ein Teil der gedankenlosen Masse. Ich habe auch kein Patentrezept, wie wir das alles überwinden können.
Ich glaube, ich wünsche uns allen einfach nur mehr Bewusstsein für die Welt, ihre Geschöpfe und wunderbaren Landschaften, die Einzigartigkeit unseres blauen Planeten als Lebensgrundlage in diesem riesigen Universum. Und Dankbarkeit.

Einen schönen und dankbaren Erntedanktag wünsche ich allen.

Wandel und Dankbarkeit

Sonntag früh, ungefähr halb Acht. Hochnebel rieselt leise und hauchzart herab. Würzige Luft, verhaltene Ruhe. Selbst die Vögel sind recht leise. Sie ahnen den Abschied des langen Sommers.

Der Garten atmet auf. Nach ein paar feuchten Tagen macht sich auch zaghaftes Grün wieder breit in der Wiese. Aber der Holunder hängt trotzdem als Dörrobst an den Sträuchern, er war so trocken dieses Jahr, dass ich ihn als Futter für die Vögel hängengelassen habe. Es hätte selbst mit viel Energiezufuhr kaum Saft gegeben, was ich ziemlich bedauere. Ich liebe Holundergelee, besonders mit etwas Apfelanteil. Sei’s drum. Seit Dienstag gab es in unserem Garten 19 Liter Regen pro Quadratmeter. Den meisten davon am Donnerstag, da waren es 10 Liter innerhalb von 24 Stunden. Immer noch viel zu wenig, aber immerhin; mit Dankbarkeit kann ich zumindest sagen, es war abgesehen von einer Viertelstunde an dem Nachmittag kein Starkregen, und auch dieser kurze kräftige Guss war noch im Rahmen. Nur die Straßenabläufe waren vollkommen überfordert, weil weggespülter Staub, Reifenabrieb und anderer Dreck sowie trockenes Laub innerhalb kürzester Zeit die Siebe verstopften und somit Senken in den Straßen zur Seenlandschaft mutierten.

Ich atme tief ein, genieße die ruhige Atmosphäre und spüre Vorfreude auf den Herbst. Trotz aller Unsicherheiten, die er dieses Jahr mitbringen wird: steigende Energiekosten, Inflation, gesellschaftliches Klima, Konsumrückgang… lasse ich mir den kostbaren Moment nicht nehmen und bin dankbar für alles, was gelingt, was unserem Leben Helligkeit und Sinn gibt.

Und ich erinnere mich an einen neuen Song, den wir beim letzten New Music Friday gehört haben, den möchte ich euch nicht vorenthalten. Er klingt melancholisch und passt damit in meine Sommerabschiedsgedanken, aber er gibt auch Kraft und Liebe weiter, gerade in mitunter kraft- und lieblosen Zeiten.

FunFact zum Schluss: Ein Institut wertete Twitter-Nachrichten und Kommentare aus und setzte sie in Beziehung zu Zeitpunkt, Standort und Wetter. Ergebnis: Bei Temperaturen über 35 Grad nimmt der Anteil an herabwürdigenden und hasserfüllten Tweets überproportional zu. Noch ein Grund, sich auf den Herbst zu freuen?

Zurecht gerückt

Oft ist es mir schon so ergangen und jedes Mal bin ich trotzdem erstaunt, geflasht und dankbar: Wegen irgendwas bin ich komplett neben der Spur, habe mich geärgert oder etwas hat mich total mitgenommen, ich habe meinem Frust auch lauthals Luft gemacht- und dann begegnen mir Menschen („in Echt“ oder auch virtuell), die mir helfen, eine Einordnung vorzunehmen oder eine ganz andere Sichtweise auf die Lage zu finden.

Nachdem ich gestern meinen Ärger hier ausgebreitet hatte, schickte mir zunächst Werner einen aufschlussreichen Link, der mir bereits half, mich wieder ein wenig auszurichten. Ich konnte also einigermaßen ruhig abends schlafen gehen und heute früh waren die Wogen schon wieder geglättet. Eine frühe Hunderunde, die anschließende Radtour zum Bäcker (ich hatte nicht daran gedacht, Brötchenteig anzusetzen) und das meditative Schlangestehen dort taten ihr übriges.

Womit ich aber gar nicht gerechnet hatte, war die Predigt unseres derzeitigen Gastpfarrers, mit der heute die Bibelwoche in unserer Gemeinde eröffnet wurde. Das Motto der ganzen Woche lautet „Freude an der Gemeinde“ und wer sich in einem solchen Umfeld engagiert, fragt sich vielleicht, ob das ernst oder leicht ironisch gemeint ist. (Oder ein bisschen von beidem?) Weil ich wissen wollte, was heute auf uns zukam, hatte ich vor dem Frühstück bereits den Bibeltext nachgelesen. Es ist aus dem ersten Korintherbrief des Paulus die Einleitung, und diese ist ausgerechnet ein Dank des Paulus für die Gemeinde in Korinth. Wer sich ein bisschen auskennt, weiß es, allen anderen sei angemerkt: Diese Gemeinde war kein Musterkonstrukt, außer man sucht eine Blaupause für Streit, Neid und andere Nickeligkeiten. Kurz gesagt. Für die Langform bitte nachlesen…

Pfarrer Hagedorn wies uns zunächst darauf hin, dass Paulus seine Briefe (fast) immer mit einem Dank begann, die einzige Ausnahme war der Galaterbrief, da hatte selbst Paulus seine Contenance verloren. Aber darum geht es mir jetzt nicht. Sondern: da ist eine Gemeinde, die sich zankt, über den besten Apostel (Gemeindeleiter), über die richtige Art, miteinander das Abendmahl zu feiern, über das Zusammenleben von Männern und Frauen und ob letztere etwas zu sagen haben sollten… und vieles mehr. Und Paulus dankt für diese Gemeinde, ehe er dann tief Luft holt und ihnen schriftlich die Leviten liest.
Ich kam nicht umhin, mir parallel zum Gehörten eigene Gedanken zu machen, wie ich das ins Hier und Jetzt übertragen kann und ob es eventuell auch auf so etwas wie Deutschland angewendet werden kann.

Weiter führte der Referent/Prediger aus, dass es Zeiten gab und immer noch gibt, wo man sich, gern auch in Seminaren oder in der Fachliteratur, mit Gemeindeentwicklung beschäftigte. Und bei alledem, was man dort über erfolgreiche Gemeinden hörte und las, kam dann die eigene Gemeinde fast immer ziemlich schlecht dabei weg, weil man noch mehr als sonst darauf gestoßen wurde, was denn vor der eigenen Haustür an Defiziten vorhanden war.
Etwas beschämt dachte ich mir, ob es sich nun um eine geistliche oder kommunale Gemeinde, einen Landkreis, ein Bundesland oder gar den gesamten Staat handelt, wir neigen doch dazu, immer eher darauf zu achten, was besser oder zumindest anders laufen könnte.

Er hielt uns zwei Bilder von Gemeinden vor Augen: Einerseits die „Bei-uns-klappt-gar-nichts“-Gemeinde und andererseits die „Irgendwas-klappt-immer“-Gemeinde. Er erinnerte daran, dass zwar Dankbarkeit keine Erfolgsgarantie bietet, aber die Voraussetzungen neu dimensioniert. Und dass uns das Danken im Allgemeinen schwerer fällt, als das Bitten, uns aus irgendeiner Situation zu erlösen oder einen (vermeintlichen) Erlöser zu schicken.

Es muss ja nicht gleich so pathetisch klingen wie bei JFK der Satz „Frage nicht, was dein Land für dich tun kann, sondern was du für dein Land tun kannst“, aber es ist nicht von der Hand zu weisen: Wenn ich erstmal eine Kleinigkeit finde, für die ich dankbar sein kann, dann finde ich auch noch mehr. Wenn ich die Perspektive wechsle, kann aus dem halbleeren Glas auch ein halbvolles werden.

Mir wurde heute mal wieder bewusst, dass ich eigentlich mit meiner meist positiven Grundhaltung fast immer gut durch alles komme, was mir das Leben an Herausforderungen in den Weg wirft. Immer dann, wenn ich diesen Pfad verlasse, weil ich zu viel negativen Input hatte (und Leserkommentare in Zeitungen oder Nachrichtensendungen können sehr viel negativen Input enthalten, leider) wird mein innerer Kompass abgelenkt und es geht mir nicht gut.
Und mir wurde auch bewusst, dass es einen Supervisor gibt, der mir dann häufig ein Ereignis oder einen Menschen schickt, der den Kurs wieder korrigiert. Der mir das Gute selbst im Schlechten zeigt und mich danken lässt.

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