Von „Stutenbissigkeit“ haben wir vermutlich alle schon gehört, und es ist ja auch was dran: Wenn Frauen sich gegenseitig fertigmachen, bleibt kein Stein auf dem anderen.
Aber glücklicherweise gibt es auch das Gegenteil: Frauen, die von anderen Frauen inspiriert werden, die Kraft aus dem Vorbild schöpfen, die lernen, ihren eigenen Weg zu gehen.
Das Buch, um das es heute geht, habe ich für die Besprechung erstmal quergelesen, aber an manchem Beitrag bin ich schon hängengeblieben, weil ich tief berührt wurde. Auf jeden Fall werde ich es über Weihnachten (das wieder recht ruhig wird) ganz genüsslich und mit Muße nochmal zur Hand nehmen. Ganz unterschiedliche Frauen schreiben über ihre weiblichen Vorbilder, Frauen mit diversem gesellschaftlichem und kulturellen Hintergrund, junge Frauen ebenso wie solche mit reichlich Lebenserfahrung. Gleich der erste Beitrag von Minh-Khai Phan-Thi hat mich beeindruckt, denn sie bringt mit ihrem familiären Hintergrund auch gleich das Leben in zwei diametral unterschiedlichen Kulturkreisen mit. Ich kann es schwer beschreiben, man muss es einfach selbst lesen.
Was mich beeindruckt und mir Mut gibt: viele Frauen haben weibliche Vorbilder innerhalb der eigenen Familie und oft ist es die Mutter oder Großmutter. Warum das für mich ein Grund für Mut ist? Vielleicht, weil man als Frau doch noch sehr oft damit konfrontiert wird oder sich dafür rechtfertigen muss, wie man es mit seinen Kindern auf die Reihe bekommt/bekommen hat. Weil es immer irgendwie und irgendwo Restzweifel gibt.
Ich überdenke mein Verhältnis zu meiner eigenen Mutter, von der ich vieles gelernt habe (vor allem viel lebenspraktisches), die auch hier im Dorf früher aneckte, weil sie mit Lippenstift in den Garten ging und mit Nagellack auf den Fingernägeln ihrer Freundin bei der Feldarbeit half. Auch eine Art von Emanzipation. Und in manchem sicher auch Vorbild. Aber mir sind eben auch die anderen Augenblicke in Erinnerung: dass ich als Mädchen nicht Fußball spielen durfte, weil das ein „unweiblicher“ Sport sei (Handball wäre ok gewesen, das hat sie in ihrer Jugend gespielt. Wo das weiblicher sein sollte, hat sich mir nie erschlossen, Handball hab‘ ich einfach als brutal empfunden…) Und später, als ich verheiratet und zweifache Mutter war, immer auch gearbeitet habe und mal mehr, mal weniger erfolgreich alles unter einen Hut bekam, da bekam ich mitunter zu hören, dass diese oder jene Frau das alles aber noch viel besser meistere, dass sie früh um fünf Uhr den Haushalt mache, damit sie danach putzen ging, um nachmittags für die Kinder da zu sein… Ziemlich ambivalente Sache. Logischerweise frage ich mich als Folge dieser Überlegung auch, wie meine Töchter mich wahrnehmen. Als die Frau, die versucht, ihre Werte und Überzeugungen im alltäglichen Leben unterzubringen oder als das verhuschte, situationsüberforderte, chronisch kranke Muttertier, das ich zweifelsohne auch von Zeit zu Zeit bin?
Auf jeden Fall, auch wenn dieses Buch das gefährliche Potenzial hat, Gedanken in Fluss zu bringen, so ist es auf jeden Fall vor allem eins: Eine Inspirationsquelle, denn es wird von so vielen faszinierenden Frauen erzählt, dass der Lesestoff, die Playlists oder die Liste der noch anzuschauenden Filme immer länger wird.
Liebe Männer, die das hier lesen: Es lohnt sich durchaus, euren Frauen/Lebensgefährtinnen/Freundinnen das Buch zu schenken, und es lohnt sich, auch mal selbst reinzulesen. Das erstere gilt natürlich nicht für mein Exemplar von Ehemann, denn ich habe es ja schon😄.
Bibliographische Angaben: Anne Ameri-Siemens, Die Frauen meines Lebens, Rowohlt Berlin, ISBN 978-3-7371-0127-1, € 20,-
|Werbung, unbezahlt|
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