Vom Umgang mit der Angst

(Um Missverständnissen vorzubeugen: Alles, was ich im Zusammenhang mit den Texten des Fastenkalenders schreibe, sind ausschließlich Gedanken, die mir ganz persönlich bei der Beschäftigung mit den Themen kommen. Sie haben ihren Ursprung in meinen bisherigen Erfahrungen und in meiner aktuellen Situation. Sie sind also weder allgemein- noch endgültig.)

Hast du schon mal von Herrn Tur Tur gehört? Wenn nicht, solltest du vielleicht mal Michael Endes Jim Knopf und Lukas, der Lokomotivführer lesen.
Herr Tur Tur lebt sehr einsam in der Wüste am Ende der Welt. Eigentlich ist er ein umgänglicher und freundlicher Mensch, er hat nur eine außergewöhnliche Besonderheit: aus weiter Ferne betrachtet ist er ein Riese. Deswegen traut sich auch niemand näher an ihn heran, denn wenn jemand schon aus Entfernung so groß ist, wie gewaltig muss er in der Nähe sein?
Allerdings kehrt sich bei Herrn Tur Tur das Naturgesetz der Optik um: denn je näher man ihm kommt, desto kleiner wird er. Steht man vor ihm, ist er nicht größer als der Durchschnitt. Er ist ein Scheinriese.
Jim Knopf und Lukas stellen das fest, als sie ihren ganzen Mut zusammennehmen und der Einladung des einsamen Herrn Tur Tur, ihm doch näherzukommen und sich mit ihm zu unterhalten, folgen. Schlussendlich findet sich auch noch auf Lummerland ein Platz für den Scheinriesen, an dem er genau richtig ist.

Ich will mit dieser Geschichte keineswegs Ängste relativieren. Sehr viele Ängste haben ihre Berechtigung (z.B. ganz konkrete, erfahrungsgestützte Ängste vor Situationen oder Personen) oder sind in uns fest verankerte Übrigbleibsel aus einer Zeit, wo alles Unbekannte, auf das unsere Vorfahren stießen, potenziell lebensbedrohlich sein konnte. Angst war lange Zeit DER Faktor, der entschied, ob man überlebte oder umkam. Angst stellt dem Körper Adrenalinreserven zur Verfügung, die dafür sorgen, dass man sowohl körperlich als auch mental Kräfte mobilisiert. Damit man blitzschnell Entscheidungen treffen und umsetzen kann (Fluchtreflex). Angst kann aber auch lähmen (je nach Gegner konnte auch „totstellen“ die bessere Entscheidung sein).

Inzwischen leben wir in einem Zeitalter, in dem viele Urängste nur noch begrenzte Lösungsansätze bieten.
Die Angst vor dem Feuer wird durch immer strengere Brandschutzmaßnahmen, Rauchmelder sowie gut ausgebildete und leistungsstarke Feuerwehren im Zaum gehalten.
Die Angst vor Überschwemmungen, Vulkanausbrüchen, Stürmen etc. wird durch Monitoring von Wetter, Plattentektonik und allem möglichen anderen zumindest eingegrenzt. Erdbeben sind aber nach wie vor eine relativ unberechenbare Größe, wie zahllose Menschen in der Türkei und in Syrien gerade erst leidvoll erfahren mussten. Allerdings hätte diese Katastrophe auch um ein vielfaches geringer ausfallen können, wenn die Erkenntnisse von Erdbebenforschern, Statikern und anderen, die in dem Bereich tätig sind, durchgängig befolgt worden wären. Korruption und menschliche Gewinnsucht haben die Vorsorge zerstört.

Die Ängste haben sich gewandelt. Dort, wo durch Erforschung und Prävention sinnvolle Maßnahmen ergriffen und auch durchgehalten werden, werden Ängste beherrschbar. Medizinische Vorsorgeuntersuchungen, bauphysikalische Vorschriften, sicherheitstechnische Einrichtungen wie die Gurte im Auto, unglaublich viele Gefahren wurden durch menschlichen Erfindergeist entschärft.

Bemerkenswert finde ich, dass die Angst aber so elementar in unserer DNA verwurzelt scheint, dass wir uns andere Ängste teilweise suchen oder erschaffen.
Menschen mit Flugangst haben oft wahnsinnige Angst vor Flugzeugabstürzen, setzen sich aber frohgemut jeden Tag ins Auto, obwohl nach statistischen Erhebungen die Gefahr, durch einen Autounfall ums Leben zu kommen, um ein vielfaches größer ist.
Die Angst vor Spinnen hat ganz objektiv gesehen in Mitteleuropa überhaupt keinen rationalen Grund (das ändert sich in anderen Erdteilen, aber wie viele von uns werden dort nie hinfahren?), ist aber bei so manchem viel ausgeprägter als die Angst, im Haushalt beim Putzen oder bei Reparaturarbeiten von einem wackeligen Tisch-Stuhl-Leiter-Konstrukt zu stürzen und sich die Gräten zu brechen.

Die beiden Beispiele haben eines gemeinsam: es geht um Kontrollverlust. Im Flugzeug vertraue ich mein Leben einer mir unbekannten Crew an, das Auto steuere ich meist selbst. Die Spinne und ihre Sympathie oder Antipathie mir gegenüber kann ich nicht einschätzen. Baue ich mir aber eine fragwürdige Konstruktion, um an unzugängliche Stellen dranzukommen, traue ich mir logischerweise zu, sie so zu bauen, dass ich keinen Schaden nehme.

Traue ich andererseits den Forschern von großen Pharmakonzernen, dass sie Medikamente entwickeln, deren Nutzen für die Menschen an erster Stelle steht? Oder habe ich Erfahrungen gemacht, die mir sagen, dass der Profit sowieso immer vorgeht und dass dafür auch Personenschäden billigend in Kauf genommen werden?
Traue ich einem Regierungsoberhaupt zu, dass es seinen Amtseid gegenüber seinem Volk erfüllt, oder vermute ich eher, dass er/sie nur selbst gut dastehen will und auf den eigenen Machterhalt hinarbeitet?

Noch weiter: ich muss schlechte Erfahrungen noch nicht einmal selbst machen. Es reicht, wenn mir vertrauenswürdig erscheinende Personen hinters Licht geführt wurden, wenn jemand, den ich mag, geschädigt wurde. Und dann kommt oft wieder das Adrenalin ins Spiel: Statt mit kühlem Kopf zu überlegen, reagiere ich mit Angriff oder Flucht. Je nachdem, was angebracht erscheint oder mir in der Persönlichkeit eher verankert ist.

Tief Luft holen, sorgfältig abwägen, Vor- und Nachteile betrachten, verschiedene Blickwinkel einnehmen, den Mut zusammenkratzen und dann entscheiden, ob es sich um einen Scheinriesen handelt oder um eine echte Bedrohung, das ist und bleibt eine riesige Herausforderung. Auch für mich, und zwar lebenslänglich. Manchmal gelingt es besser und dann auch wieder schlechter. Mitunter ist es auch tagesformabhängig. Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung? Vielleicht. Vor allem aber ein gnädiger Umgang mit der Angst, mit mir und mit anderen.
Es ist oft leichter gesagt als getan. Trotzdem möchte ich nicht damit aufhören.

Zweite Fastenwoche

In der ersten Fastenwoche ging es um die helle Seite der Schöpfung: um das Licht, den Neubeginn, Aufbruch und Neugierde.
Es war ein wenig wie eine Aufwärmphase, um gedanklich in eine Bereitschaft des Sinnierens zu kommen. Diese Woche geht es nun ans Eingemachte:

Meine Ängste

Die Schöpfung haben wir hinter uns gelassen. Der Zauber des Anfangs war ja schon recht schnell verblasst, die Gewalt – selbst gegen Familienmitglieder – war in die Welt getreten. Kriege, Konflikte, Neid und alles mögliche andere an Übeln zeigte deutlich, dass die Menschen noch nie perfekt waren. (Und für diese Erkenntnis muss man nicht einmal wörtlich nehmen, was in der Bibel zur Geschichte des Volkes Israel aufgeschrieben ist. Es reicht vollkommen aus, wenn man die Texte als Parabeln begreift.)

 Da trat aus dem Heer der Philister ein einzelner Soldat heraus: Goliat aus der Stadt Gat. Er war über drei Meter groß. Gerüstet war er mit einem Helm, einem schweren Schuppenpanzer und mit Beinschienen, alles aus Bronze. Dazu hatte er sich noch eine bronzene Lanze auf den Rücken geschnallt. Sein Brustpanzer wog 60 Kilogramm, sein Speer war so dick wie ein kleiner Baum, und allein die Eisenspitze des Speeres war über 7 Kilogramm schwer. Vor ihm her marschierte sein Schildträger mit einem riesigen Schild. Goliat stellte sich den israelitischen Schlachtreihen gegenüber auf und brüllte: »Was wollt ihr hier eigentlich mit eurem ganzen Heer? Ich bin ein Philister, und ihr seid nur Knechte Sauls. Los, wählt euren besten Mann aus und schickt ihn herunter zu mir! Wenn er mich töten kann, dann werden wir eure Sklaven sein. Aber wenn ich ihn erschlage, dann sollt ihr uns als Sklaven dienen. Ja, ich fordere heute alle Israeliten heraus. Wo ist der Mann, der es mit mir aufnehmen kann?«  Als Saul und seine Soldaten das hörten, erschraken sie und bekamen große Angst. (1. Sam. 17, 4-11, HfA)

Heute kennen viele von uns den weiteren Fortgang der Geschichte aus der (Kinder-)Bibel, wo ein jugendlicher Held die Bühne betritt und in bester Superheldenmanier den ehrfurchteinflößenden Schurken besiegt. Ich will nicht spoilern, nur so viel: Bis heute funktionieren Percy Jackson, Harry Potter, Frodo Beutlin und selbst die Helden des Marvel-Universums nach dem Vorbild Davids. Aber nicht so schnell, wir frieren die Szene einmal ein und stellen uns der beängstigenden Situation.
(Ich muss ja gestehen, ich war versucht, mal schnell eine Seite im Fastenkalender weiterzublättern, um die Auslegung des Textes quasi sofort als erlösendes Element zu lesen. Aber so funktioniert das nicht und ich konnte den Impuls besiegen. YES!👊)

Ich schätze mal, Sauls Soldaten waren mutige und kampferprobte Männer. Aber dieser Titan von einem Mann schüchterte sie ein. Nachvollziehbar, finde ich. Eine Ausbildung zum Soldaten dürfte damals ebenso wie heute unter anderem auch beinhaltet haben, dass man lernte, seine persönlichen Grenzen einzuschätzen. Eine wichtige und überlebensnotwendige Fähigkeit. Mutig ist nicht, wer sich überschätzt und keine Ängste kennt oder akzeptiert. Mutig ist, wer sich mit ihnen auseinandersetzt und seine Möglichkeiten realistisch als Handlungsgrundlage nutzt.

Ängste waren und sind wichtig. Einerseits bremsen sie in vielen Fällen die Tollkühnheit aus, andererseits verhelfen sie uns manchmal auch, über uns hinauszuwachsen. Ängste nehmen seit einigen Jahren in unserer Wahrnehmung zu. Sie wechseln sich mit der gefühlt immer schnelllebigeren Zeit nicht nur ab, sondern überlagern sich auch: Angst um unsere Lebensgrundlagen, um die planetare und persönliche ökologische und ökonomische Zukunft, Angst vor Krankheiten und Pandemien, Angst vor Krieg und Unterdrückung.

Und kommt uns die Szene nicht auch erschreckend aktuell vor? Ein riesiger, übermächtiger Aggressor, der ein anderes Volk verhöhnt und kleinredet? Auf der anderen Seite diejenigen, die unterjocht werden sollen und die, die es irgendwann sein könnten. Die sich fürchten, in Auseinandersetzungen hineingezogen zu werden, die sie sich nicht ausgesucht haben?

Für heute wird genau an dieser Stelle die Pause-Taste gedrückt.
Heute setze ich mich damit auseinander, dass nicht nur ich Angst, Furcht und Schrecken empfinde. Damit, dass diese Gefühle wichtig sind, aber dass ich mich ihnen stellen muss. Um handlungsfähig zu bleiben, um nicht davor zu erstarren wie das Kaninchen vor der Schlange. Um mich zu versichern, dass Kapitulation vor meinen Ängsten nicht die beste Lösung ist.
Ich akzeptiere und reflektiere, dass die Skala der Angst von Mensch zu Mensch unterschiedlich ist. Dass auch die Mittel und Wege, mit ihr umzugehen, verschieden sind. Dass die Verlockung, sich durch Aufgabe unter ihr durchzuducken, manchmal übermächtig sein kann.

Morgen gehe ich dann den nächsten Schritt, hoffentlich gestärkt und empathisch. Und lösungsorientiert.

Beim Aufräumen gefunden

Ich sitze am Schreibtisch und räume auf. Und zwar die Favoritenliste meines Browsers, die mal wieder eher einem Zettelkasten mit zu vielen Notizen, Ausschnitten und anderen irgendwann mal gesammelten Schnipseln ähnelt.

Was ich früher (und wenn ich sehr, sehr ehrlich mit mir selbst bin, immer noch) in alten Schuhkartons gesammelt habe, schiebe ich heutzutage in die Favoriten. Für irgendwann mal, wenn ich Zeit und Muße habe, es zu lesen. Und neben all den Kochrezepten, Gartentipps, Strickanleitungen, Stoffhändlern, DIY-Lifehacks, Rechercheseiten, Reiseblogs, Tiervideos und was man sonst noch so unheimlich wichtig findet, gibt es natürlich auch wirklich wichtige Links: Bank, ELSTER, Tageszeitung, die Schule der Tochter, Netgalley, WordPress…
Ab und zu muss auch in diesen digitalen Schuhkartons ausgemistet werden, und weil ich heute den Vormittag sowieso am Schreibtisch verbringen werde, kann ich das tun, solange kein Kunde anruft und mir für mein aktuelles Schreibobjekt die zündende Idee fürs Fortkommen fehlt. Vielleicht stolpere ich ja beim Durchwühlen all der oben genannten Ordner und Homepages über den kreativen Gedanken, der mir gerade fehlt.

Es dauert auch erwartungsgemäß nicht lange, bis ich hängenbleibe. Und zwar auf der Homepage des Zukunftsinstitutes Horx. Ich scrolle durch die vergangenen Ausgaben der Zukunftskolumne und bleibe mit dem Blick kleben an der Überschrift von Kolumne 73: Frieden mit Corona. Ob es daran liegt, dass ich selbst gerade die Erkrankung hinter mir habe, ich weiß es nicht, aber der Titel macht mich neugierig. Ein Absatz hat mich ganz besonders berührt, da denke ich jetzt schon eine ganze Weile dran herum:

Ich nenne die Gefühlslage, in der wir im Modus der anklagenden Beschwerde verharren, den Empörismus. Das ist ein Zustand, in dem unser Hirn – unser »mind« – in eine Art Negativitäts-Trance verfällt. Wir scannen unsere Umwelt dann unentwegt im Raster eines Abwärtsvergleiches. Wenn andere Misserfolge haben, stärkt uns das in unserem Gefühl, überlegen zu sein. Wenn andere einen Vorteil haben, sind wir empört über die Ungerechtigkeit. Wir suchen fanatisch nach dem Negativen, um daraus einen inneren Mehrwert zu generieren.

Empörismus ist eine erprobte Methode, von den eigenen Gefühlen abzulenken. Man hält die eigenen Ängste besser aus, wenn man sie anderen in die Schuhe schiebt. Man transformiert Angst in Wut und Abwertung, und das fühlt sich einfach besser an als die Hilflosigkeit, das Ausgeliefertsein.
So entsteht der Corona-Schwurbel – in seinen vielfältigen Varianten.
In den Medien wird dieser Schwurbel bereitwillig aufgenommen und verstärkt. Was wäre besser für Clickraten und Einschaltquoten als permanente wütende Empörung?
Dasselbe gilt auch für den bösartigen Populismus. Der freut sich ganz besonders über jede geistige und emotionale Verwirrung.

Im Kern hat der Schwurbel mit unserem Anspruchssystem zu tun. Wir erwarten viel von der Welt. Wir erwarten vom Staat, dass er sich nicht einmischt. Uns nicht behelligt, belästigt, die Freiheit nimmt. Wir verlangen gleichzeitig perfekte Autobahnen. Ohne Geschwindigkeitsbeschränkung.
Im Ernstfall, in der Krise, erwarten wir allerdings Perfektion.

Wir erwarten von Technologie, dass sie die schnellen Lösungen bereitstellt. Aber wir blenden die Fehlerhaftigkeit von Technik aus. Und dass das menschliche Verhalten immer die zentrale Rolle spielt.

Dieser Text stammt aus der Zukunfts-Kolumne von Matthias Horx:
www.horx.com/die-zukunfts-kolumne
Siehe auch: www.zukunftsinstitut.de

Etwas weiter unten führt Horx aus:

Wir werden die Krise bewältigt haben, wenn wir uns selbst verzeihen – unsere Dummheiten, Eitelkeiten, Aufregungen, Hysterien. Dann können wir der Krise irgendwann sogar dankbar sein.
Dankbar? Das geht jetzt vielleicht doch ein bisschen zu weit. Wäre das nicht zynisch?

Zynisch wäre nur, wenn wir die andere Seite verleugnen: Den Mut und die Größe, die Menschen in Millionen alltäglicher Situationen gezeigt haben. Die Geduld, das Durchhaltevermögen. Das Über-Sich-Hinauswachsen, das in unendlich vielen kleinen Geschichten auftauchte.
Alles, was wir gelernt und verstanden haben. Über uns selbst und die Welt. Über das, was kostbar ist. Und das, auf was wir verzichten können.
Eine Krise ist furchtbar. Aber sie beinhaltet die Möglichkeit, dass wir uns verwandeln. Diese Möglichkeit auszuschließen heißt, die Zukunft zu leugnen.

Es geht hier nicht um toxisches Positiv-Denken. Es geht um Einordnung. Nicht alles ist negativ. Und auch im größten Unglück kann man Augenblicke des Glücks verspüren, das darf und muss man sogar.
Mir fällt dabei eine Episode aus dem ersten Weltkrieg ein: sowohl 1914 als auch 1916 gab es den „Weihnachtsfrieden“, als Soldaten der verfeindeten Nationen gemeinsam Weihnachtslieder sangen, beteten und die Waffen schweigen ließen. Nicht „von oben verordnet“, sondern weil es ihnen ganz persönlich richtig erschien. Das macht den Krieg nicht besser, es leugnet nicht die vielen vollkommen unnötigen Kriegstoten. Aber es zeigt, dass auch in den übelsten Situationen nicht alles falsch läuft zwischen den Menschen, dass sich Solidarität, Empathie und Menschlichkeit immer wieder auch in solchen Situationen finden, in denen man nur das Schlechte sieht.

Ein letztes Zitat aus der Kolumne:

Aber die Wahrheit der Krise zeigt uns: Wandel besteht aus vielen kleinen Erkenntnissen, Einsichten, Wahrnehmungen, die uns befähigen, eine neue Wirklichkeit zu erzeugen. Wandel entsteht, indem wir in ihn hineinwachsen. 

Ich schätze mal, das alles, was in der Kolumne 73 geschrieben steht, trifft in mancher Facette nicht nur auf Corona zu. Krisen gibt es rund um uns herum reichlich. Ich kann nur empfehlen, die Kolumne komplett zu lesen. Ganz in Ruhe und vielleicht nicht nur einmal. Und wirken lassen. Mir zumindest hat sie eine Entspannung der Gedanken gebracht, die ich momentan ganz dringend brauche.

PS: Und mein digitaler Zettelkasten ist immer noch so voll wie vorher🙈😂…

„Ohne Rücksicht!“

|Werbung, unbezahlt|

Wer kennt sie nicht, die Zeitung mit den vier Großbuchstaben? Und wer kennt nicht den Ruf, der ihr vorauseilt? Als ich noch zur Schule ging, so Ende der 70er Jahre oder auch Anfang der 80er, kursierte der Spruch „Mutter drehte Kind durch den Fleischwolf. BILD sprach als erstes mit dem Klops!“ und ich wusste überhaupt nichts damit anzufangen, denn im Haus meiner Eltern fand die BILD schlichtweg nicht statt. Mit zunehmendem Alter sah ich die Schlagzeilen, wenn ich beim Bäcker in der Schlange stand oder nach der Schule im Kiosk mein Schokokuss-Brötchen holte. Ich fand sie stets sehr merkwürdig, dachte mir aber nicht so sehr viel dabei. Das änderte sich erst mit der Buchhändler-Ausbildung, denn es gab auch ein Zeitschriften-Regal in der Buchhandlung. Das tägliche Austauschen der Tageszeitungen und die wöchentlichen Remittenden gehörten zum Aufgabenbereich der Azubis im ersten Lehrjahr.

Also, ich hätte ja wissen können, was auf mich zukommt, wenn ich dieses Ebook in die Hand nehme. Allerdings ist es bis heute so, dass diese Zeitung nicht die Schwelle unseres Hauses überschreitet und ich daher nie so ganz genau weiß, was dort alles so geschrieben wird. Ich muss gestehen, für dieses Buch habe ich fast vier Monate gebraucht. Mit vielen Pausen zwischendurch, denn ich mochte mir die geballte Ladung wiedergegebenen Mist nicht auf einmal antun. Chapeau an die beiden Autoren, die alles, was sie beschreiben, sauber recherchiert und dokumentiert haben. Ich frage mich, was braucht man als Ausgleich, um bei dieser Tätigkeit seelisch gesund zu bleiben.

In den letzten Monaten hat man ja auch, wenn man nicht selbst dieses Blatt liest, mitbekommen, dass der Chefredakteur offensichtlich „Compliance“-Probleme hat, was sehr wohlklingend und elegant umschreibt, dass er keinerlei Skrupel hat, Frauen, Minderheiten und Opfer von Straftaten gnadenlos zu instrumentalisieren. Ich weiß nicht, was ich ekelhafter finden soll: Die absolut menschenverachtende Art, Journalismus zu betreiben, die Bereitschaft von ausgebildeten JournalistInnen, das beruflich mitzumachen oder die Treue von viel zu vielen Lesern zu diesem Blatt, in das ich nicht mal auf dem Wochenmarkt meinen Fisch eingewickelt haben möchte.

So ziemlich jede Bevölkerungsgruppe ist schon in ehrverletzender Weise durch den Kakao gezogen worden (Das ist noch viel zu harmlos gesagt, denn zu häufig werden geradezu Existenzen zerstört!), vom Hartz-IV-Empfänger bis zum hochdotierten Wissenschaftler, Spitzensportler ebenso wie Spitzenpolitiker, von Frauen, queeren Personen, Migranten gar nicht erst zu reden. (Wer käme zum Beispiel auf den Gedanken, bei einem männlichen Fußballprofi in der Öffentlichkeit zu spekulieren, wie gut er denn „bestückt“ sei oder da sei in der Rückansicht ja ein prächtiger Knackarsch zu erkennen! Bei den Spielerinnen werden aber ständig Äußerlichkeiten betont, ehe auch nur ansatzweise auf die Leistung auf dem Spielfeld eingegangen wird.) Trotzdem lesen aus allen diesen gesellschaftlichen Gruppen Menschen tagtäglich diese Zeitung und mehr noch: selbst seriöse Parteien oder Medien nutzen die Berichte als Referenzen!

Habe ich eigentlich schon erwähnt, dass in diesem Herbst Zeitungspapier knapp ist? Bloß für ein Schmierenblatt mit dicken schwarzen und roten Lettern, da scheint genügend Kapazität vorrätig zu sein…

Mein Fazit: Ja, es mag den einen oder die andere geben, die mir bescheinigen, dass ich in manchen Dingen heillos naiv bin. Ich habe einfach riesige Schwierigkeiten, es auf die Kette zu kriegen, dass dieses Geschäftsmodell funktioniert. Obwohl ich weiß, dass es so ist. Aber dieses Buch habe ich trotz meiner Schwierigkeiten als sehr wichtig empfunden. Eine andere Rezensentin schrieb, die Leute, die total auf BILD stehen, erreiche man leider eher nicht und ich gebe ihr Recht mit dieser Einschätzung. Aber ich hoffe doch sehr, dass es Menschen gibt, die bisher eher gleichgültig waren und zukünftig diese Art „Journalismus“ nicht mehr hinnehmen wollen.

Bibliographische Angaben: Mats Schönauer/Moritz Tschermak, Ohne Rücksicht auf Verluste. Wie BILD mit Angst und Hass die Gesellschaft spaltet; Verlag Kiepenheuer & Witsch, ISBN 978-3-462-05354-8; € 18,-

PS: Beim Schreiben des Beitrags ging mir immer wieder von den Ärzten das Lied „Lasse reden“ durch den Kopf…

Das ist mein…

…Land, meine Stadt, mein Zuhause, mein Anspruch. Kennen wir glaube ich, alle. Leider, muss man sagen, in einer Zeit, in der Deutschland ein ziemlich wohlhabendes Land mit ordentlichen Sozialleistungen ist und auch bisher glimpflich durch die Pandemie kam. Ich fange jetzt gar nicht erst mit Moria an, dann geht es mit mir durch und wird heftig.

Eine tolle Geschichte für Kinder und ihre Vorlesenden ist zu diesem Thema aktuell im Gerstenberg Verlag erschienen. Schon das Titelbild macht neugierig mit diesem Eichhörnchen, das einen Stock verschluckt haben könnte, beim Rasenmähen rings um „seinen“ Baum. Im Buch erfahren wir, dass es den Baum als sein Eigentum ansieht, ebenso wie die Zapfen von diesem Baum, die besonders gut schmecken und natürlich auch exklusiv für das Eichhörnchen zur Verfügung stehen sollen.

Klar, das Eichhörnchen möchte seinen „Anspruch“ verteidigen, und da kommt ihm eine geniale (?) Idee (woher es die wohl hat???): Es beschließt, eine Mauer zu bauen. Diese muss lang sein und hoch, und sie darf keine Lücken haben. Ehe es sich versieht, ist das Eichhörnchen von einem wahren Monstrum von Mauer umgeben, viel höher als der Baum, und es ist ganz allein innerhalb seines kleinen Reiches, das inzwischen eher einem Gefängnis gleicht.

Irgendwann fragt es sich, was denn außerhalb der Mauer liegen könnte, denn es sieht ja nichts mehr… Und der Neid, der es die Mauer bauen ließ, zerfrisst es weiter, denn, wir wissen es ja: auf der anderen Seite könnte das Gras viel grüner sein, die Bäume viel größer und die Zapfen ebenso! Also holt es eine lange Leiter, klettert hinauf und stellt dann verdutzt fest, dass auf der anderen Seite ein Wald ist.

Ein ganz normaler Wald, mit ganz normalen Bäumen, ganz normalen Zapfen und ganz normalen Eichhörnchen.

So. Jetzt habe ich mächtig gespoilert, denn ihr kennt jetzt den Inhalt des gesamten Buches. Aber jenseits des Inhaltes punktet es vor allem mit wunderbaren Illustrationen, die sehr gut die Gefühlswelt des Eichhörnchens darstellen. Und mit einigen Einzelheiten, die ich hier nicht beschrieben habe. Es lohnt sich auf jeden Fall, diesem Buch mehr Blicke zu gönnen.

Bibliographische Angaben:

Olivier Tallec, Das ist mein Baum; Gerstenberg Verlag, 2020, 13 € ISBN 978-3-8369-6069-4

Zu bekommen in eurer lokalen, gut sortierten Buchhandlung😃

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