Montagmorgen und der Frust nimmt kein Ende. Im Gegenteil, er fängt gerade erst an. Vielleicht sollte ich mal versuchen, die Tageszeitung erst nachmittags zu lesen…
Zwei aktuelle Schlagzeilen lauten Auf Pandemie folgt Personalkrise und Kita-Träger aus OWL schlagen Alarm: „Werden Einrichtungen schließen müssen“
Ach ja, da war doch noch was. Fast schon heimlich, still und leise hat sich die Corona-Pandemie vom Acker gemacht. Das, was uns die letzten drei Jahre auf Trab gehalten, müde gemacht und sogar Teile der Gesellschaft in gegnerische Lager aufgeteilt hat, ist offiziell für beendet erklärt worden. Ein Blick zurück auf die ersten Tage des ersten Lockdowns im März 2020, wo sich so viele Menschen über die Ruhe auf den Straßen, bessere Luft, freien Luftraum um die Flughäfen herum gefreut haben, zeigt mir, dass wir uns zwar insgesamt tapfer geschlagen haben, aber auch eine Steilvorlage für eine nachhaltige Änderung unseres Lebensstiles grandios …, ja, doch: verkackt haben. Und dass es gelungen ist, die Pandemie innerhalb drei Jahren einzudämmen und wir nicht wie anfangs prognostiziert mindestens fünf Jahre damit zugebracht haben, geht auch vollkommen unter angesichts der kollektiven Jammerei, man wolle „sein Leben zurück“ haben. Na gut, geschenkt, ist passiert🤷♀️.
Tja, jetzt geraten Dinge (wieder) in den Brennpunkt, die schon vor Corona virulent (sorry für das geschmacklose Wortspiel) waren, aber vor lauter Klatschen auf dem Balkon und steuerfreien Erschwernis-Bonuszahlungen (die nicht mal überall angekommen sind) drei Jahre lang mehr oder weniger kaschiert, zumindest aber nicht ernsthaft angegangen wurden. Und sie kommen mit Wucht.
In den Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und auch in ambulanten Praxen verabschieden sich immer mehr Menschen, die viel zu lange unter einer krankmachenden Arbeitsverdichtung gelitten haben. Die sich noch dazu drei Jahre lang teilweise als Blitzableiter für verbale Ausfälle zur Verfügung stellen und Verordnungen durchsetzen mussten, die dem Schutz der Patienten dienten, aber von Besuchern als Schikane empfunden wurden. Die sich mit Fieber zur Arbeit schleppten und nicht die Möglichkeit hatten, einfach mal „Dienst nach Vorschrift“ zu machen. Menschen, die sich anhören müssen, dass bessere Verdienstmöglichkeiten und würdige Arbeitsbedingungen aus wirtschaftlichen Gründen nicht möglich seien, während Klinik-Konzerne und Pflege-Imperien ihre Gewinne als Dividenden ausschütten statt sie zu reinvestieren.
Kinder sind unsere Zukunft. Ich mag die Sonntagsreden und das Wahlkampfgeschmalze nicht mehr hören. Denn wenn Montag ist und der Wahlkampf vorbei, ist Business as Usual. Die Kindertageseinrichtungen werden dringender denn je gebraucht. Sie sorgen dafür, dass Eltern arbeiten gehen können und damit die Wirtschaft stützen. Sie sorgen für sprachliche und soziale Integration, für die Vermittlung von Kulturtechniken, sie kümmern sich um Kinder, die sonst leicht mal „unter die Räder kommen“ und vieles mehr. Also um die Arbeitnehmer von Übermorgen. Aber auch die ErzieherInnen sind überlastet, so sehr, dass leider auch Übergriffe passieren, die nicht passieren dürften. Sie nehmen jede Kinderkrankheit mal so nebenbei mit, nicht einmal ihre Ausbildung ist anständig gegenfinanziert. Und so weiter, und so fort… Die Kita-Träger wissen nicht, wie sie ihre knappen finanziellen Ressourcen einigermaßen sinnvoll verteilen sollen auf Personal, Ausstattung, Hauswirtschaft, Bauauflagen, geschweige denn notwendige Investitionen.
Das alles und viel mehr regelt kein Markt. Das regelt nur ein fester (nicht starrer) Rahmen, eine verbindliche Regelung, Zielsetzung (natürlich mit regelmäßiger Kontrolle und Revision)und eine ordentliche, tragkräftige Finanzierung durch die öffentliche Hand. Wenn alles in den sozialen Bereichen dem Markt untergeordnet wird, um die Wirtschaft vor „Belastungen“ zu schützen, dann gibt es spätestens in 15 Jahren keinen Markt mehr, den man schützen muss. Weil die Spezies „Arbeitnehmer“ dann auf der roten Liste steht.
Uff. Das war jetzt heftig, teilweise polemisch und sicher auch zum Schluss etwas übertrieben. Tatsache ist aber, dass wir zunehmend einen Arbeitnehmermarkt haben, keinen Arbeitgebermarkt mehr wie vor 30 Jahren. Die Menschen werden auch über ihren Einsatz und ihre Arbeitskraft mit den Füßen abstimmen. Und dorthin gehen, wo sie auskömmlich und ohne Selbstausbeutung arbeiten können und auch die notwendige Wertschätzung erfahren.
Gibt es einen besser geeigneten Tag, um ein Buch vorzustellen, das sich mit Arbeit beschäftigt? Ich denke nicht. Der etwas provokante Titel verrät schon, warum Arbeit nach Corona, Krieg und der immer darüber schwebenden Metakrise Klimawandel das Zeug hat, das Aufregerthema 2023 zu werden.
Was haben wir denn in diesem Frühjahr schon alles anhören müssen:
Herr Kampeter [ehemals Bundestagsabgeordneter (1990 bis 2016) und parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesfinanzminister (2005 bis 2015), seit 2016 Hauptgeschäftsführer des BDA, gebürtiger Mindener] fordert lautstark und medienwirksam: Wir brauchen mehr Bock auf Arbeit. Ganz polemisch sage ich einfach mal: Lässt sich bequem verlangen, wenn man selbst nicht in einer Position ist, nach vielen Überstunden auf der Demenzstation nicht mehr gerade gehen oder denken zu können. Oder das Gefühl hat, den Asphaltgeruch nicht mehr aus den Poren zu bekommen, das Gepiepe der Scanner an der Kasse schon seit Jahren verantwortlich für einen Tinnitus ist oder was auch immer. (Natürlich brauchen wir auch Menschen, die vom Chefsessel aus den Überblick haben, nicht jeder taugt für jede Arbeit und es ist super sinnvoll und gut, dass es unterschiedliche Begabungen gibt. Aber seine Aussage empfinde ich schon als sehr übergriffig.)
Menschen, die sich aus Angst und als Mahnung vor der Klimakatastrophe (ohne das in diesem Moment bewerten zu wollen, meine Protestform der Wahl wäre es nicht) auf Hauptverkehrsstraßen festkleben, wird entgegengeschleudert: „Geht erstmal arbeiten, was habt ihr denn schon geleistet?“ Gut, das Festkleben erledigen meist junge Leute, die dafür oft ihr Studium unterbrechen, aber bei der Letzten Generation sind durchaus auch gestandene Leute dabei, die ihr Lebensarbeitswerk schon hinter sich haben. Übrigens so eine witzige urdeutsche Weise, jungen Leuten ihr Jungsein vorzuwerfen. War ja bei FFF nicht anders („Geht erstmal zur Schule und lernt anständig. Was könnt ihr denn schon an Lebensleistung aufweisen?“ Bemerkenswert, wie viele Menschen als studierter Ökonom, CEO oder meinetwegen auch Handwerksmeister zur Welt gekommen sind…)
Gewerkschaften sind selbstbewusst und streiklustig wie seit langem nicht, wenn es darum geht, für ihre Branchen neue Tarife zu erzwingen, was ich total wichtig finde, nur leider gehen wie fast immer diejenigen leer aus, die in Branchen oder Betrieben ohne Tarifbindung für Mindestlohn (oder als Praktikanten sogar für noch weniger) arbeiten.
Das Buch von Sara Weber provoziert, auch abseits des Titels. Aber vor allem provoziert es, sich aus unterschiedlichen Sichtweisen mit dem Thema Arbeit auseinanderzusetzen. Es macht erschreckend deutlich, dass Arbeit keine Insel ist, die man getrennt von anderen gesellschaftlichen Entwicklungen oder von globalen Herausforderungen abgekoppelt betrachten kann. Der folgende Ausschnitt aus dem ersten Teil des Buches fasst es sehr anschaulich zusammen:
Früher war das Versprechen von Arbeit klar: Wer hart arbeitet, wird es mal besser haben. Wenn ihr auf den Markt vertraut, gibt es Wohlstand für alle. Mein Haus, mein Auto und so. Dieses Versprechen funktioniert nicht mehr. Junge Menschen arbeiten und arbeiten, aber können es sich trotzdem nicht leisten, eine Immobilie zu kaufen, weil alles viel zu teuer geworden ist. Wir wissen nicht, ob wir irgendwann eine Rente bekommen, von der wir leben können. Und wenn wir die Klimakrise nicht in den Griff bekommen – und zwar schnell –, haben wir keine Lebensgrundlage mehr. Der Grund, um immer mehr und immer härter zu arbeiten, existiert nicht mehr.
Im eBook markiere ich mir immer wieder verschiedene Aussagen, weil das Thema so dicht, so vielfältig ist, dass ich mich mit den Thesen und Situationsbeschreibungen länger beschäftigen muss und möchte. Denn das Thema hat es verdient, dass ich es nicht einfach konsumiere wie einen Wirtschaftskrimi, sondern mich wirklich tiefer hineindenke.
Wie bei jedem guten Sachbuch, finde ich auch hier hilfreiche Fakten, die ich noch nicht kannte und in meiner Meinungsbildung beachtet hatte. Zum Beispiel zur Entwicklung der Arbeits(zeit)modelle, wie wir sie heute kennen. Oder dass es in Japan Fachbegriffe gibt für Überarbeitung und sogar für den Tod durch selbige. Was mich erstaunt hat, galt doch Japan lange als Paradebeispiel für Selbstdisziplin und strenge Arbeitsmentalität. Es gibt Beispiele, die außerhalb meiner Erfahrungswelt liegen (Arbeitswelt aus der Sicht marginalisierter Gruppen, Beschäftigungs“modelle“ angestellter Lehrer). Es gibt Thesen, bei denen ich erstmal auf Abwehr gehe und denke: aber das ist doch schon lange nicht mehr so (Arbeitsausbeutung migrantischer Frauen in Care-Berufen, und doch, gibt es, wenn ich an die 24/7-Pflegekräfte aus Osteuropa erinnern dürfte…)
Alle diese Punkte sind es aber eindeutig wert, bedacht zu werden, auch von Ökonomen und Arbeitslobbyisten. Wir leben in Deutschland (andere Länder kann ich nicht beurteilen) in einer Atmosphäre, in der uns vieles suspekt ist, was nicht unserer eigenen Sichtweise und Erfahrung entspricht. Und wir haben eine unglaubliche Regelungswut, was sich augenblicklich in der Diskussion um die 4-Tage-Woche wieder deutlich zeigt: Erstens wird entweder auf dieses Modell gepocht oder es wird ebenso verbissen niedergemacht. Es wird darüber gestritten, dass eine solche Regelung überhaupt nicht regelbar und umsetzbar sei, weil in vielen Branchen dann nicht die Zeiten abgedeckt werden können. Seit Jahren wird mehr Flexibilität in der Arbeitswelt gefordert, aber hier stehen wir anscheinend schon wieder wie der Ochs‘ vorm Berg und gucken blöd.
Kennt ihr Marie Kondo? Die Ausmist-Expertin? Eine Marie Kondo der Gesetzgebung und des Verordnungsdschungels bräuchten wir dringend. Nicht mit der Fragestellung: Macht uns dieses Gesetz noch glücklich? Sondern: Ist es hier und jetzt noch hilfreich, bringt es uns weiter, nutzt es den Menschen/der Gesellschaft? Und zukünftig: Immer, wenn ein neues Gesetz in den „Kleiderschrank“ kommt, muss ein altes ausgemustert werden. Das klingt und ist wahrscheinlich etwas übertrieben, aber in einigen Bereichen habe ich schon lernen müssen, dass es für manche Aufgabenstellungen Gesetze und Verordnungen gibt, die einander widersprechen und so ein sinnvolles Handeln wahnsinnig erschweren.
Wirtschaftslenker laufen dem Bruttoinlandsprodukt hinterher und tanzen da herum wie um das goldene Kalb. Dabei ist die Fixierung auf diesen einen Punkt kontraproduktiv, das dürften wir aus vielen Negativbeispielen doch inzwischen gelernt haben: Das BIP steigt, wenn es eine Katastrophe wie die Ahrtalflut gegeben hat, weil dann viel Umsatz durch die Beseitigung der Folgen entsteht. Das wiegt mehr als das Leid der betroffenen Bewohner. So etwas ist doch krank! Wenn Eltern zuhause bleiben, um sich um ihre kleinen Kinder oder pflegebedürftigen Eltern zu kümmern, wenn Menschen sich ehrenamtlich um Alte, Kranke, Migranten, Sterbende, vernachlässigte Kinder (beliebig fortzusetzen) bemühen, dann trägt es nicht zu einer „gesunden Wirtschaft“ bei. Ob es aber für das gesellschaftliche Miteinander positive Auswirkungen hat, zur Zufriedenheit und einem guten Selbstwertgefühl beiträgt, ist vollkommen egal.
Was mich ein bisschen erschreckt, bei vielen Schlagzeilen in den Medien, bei Diskussionen und Talkshows mit Lobbyisten, Experten, Wissenschaftlern, Arbeitgebern und Arbeitnehmervertretern, aber auch bei Meinungen „von der Straße“: Einmal mehr drohen wir in eine furchtbare Falle zu tappen. In die Falle der Polarisierung, der Vereinfachung, der lautstarken Debatte um Extrempositionen, des Abbügelns aller, die versuchen, Ruhe, Differenzierung und eine seriöse, abwägende Diskussion hineinzubringen. Weil so ein Themenbereich, der sich durch ganz viele Lebensbereiche zieht, nicht mal eben in drei Wochen abgehakt werden kann. Wir sind anscheinend echt nur noch begrenzt lernfähig, noch begrenzter als früher. Die „Fronten“ verhärten sich (im Jahr 2023, angesichts aller Kriege auf der Welt, finde ich es übel, in zivilen Konflikten von Fronten zu reden, aber es hat ja teilweise kämpferische Ausmaße), wozu auch die allgegenwärtigen Algorithmen und die Meinungsblasen der sozialen Medien ihren Beitrag leisten.
Manchmal denke ich, die Menschheit ist systemisch degeneriert.
Oje, ich bin schon wieder schwafelig geworden. Nicht alles, was ich hier geschrieben habe, steht 1:1 im Buch. Aber alles entspringt den Gedankengängen, die mir beim Lesen gekommen sind. Und selbstverständlich kann und darf man das alles auch ganz anders sehen als ich. Aber gerade deshalb finde ich es sehr wertvoll, mich einmal mit diesen Problemen und Lösungsansätzen genauer auseinanderzusetzen. Es gibt den Spruch: „Franzosen arbeiten, um zu leben. Deutsche leben, um zu arbeiten.“ Da ist was dran. Das fleißige, disziplinierte und ehrgeizige Wirtschaftswunderland sollte dringend mal wieder ein wenig mehr in Richtung Genuss schnuppern. Die junge Generation macht es uns vor. Es wird immer Menschen geben, die sich über ihre Arbeit definieren. Aber es wird auch Menschen geben, die sich neu überlegen, ob alles noch so passt.
Lest das Buch. Es lohnt sich, auch, wenn ihr nicht in einer Neufindungsphase seid. Wenn ihr offen seid, über den Tellerrand der eigenen Sichtweise zu schauen.
Über dieses Buch: Im März 2020 änderte sich alles. Homeoffice war plötzlich die neue Norm. Alle mussten sich digitalisieren und transformieren – ob sie wollten oder nicht. Die Arbeit drängte weiter ins restliche Leben, zur Erwerbsarbeit kam noch mehr Carearbeit. Die Schere zwischen systemrelevanten Berufen und Bürojobs ging weiter auf. Covid hat uns gezeigt, was in der Arbeitswelt nicht mehr funktioniert. Und da ist nicht nur die Pandemie: Überschwemmungen, Waldbrände, Inflation, Krieg – unsere Welt steht in Flammen, im wahrsten Sinne des Wortes. Und wir? Brennen aus, um bloß keine Deadline zu reißen. Was zur Hölle machen wir da eigentlich? Warum tun wir uns das an? Immer mehr Menschen stellen sich diese Fragen, einige ziehen Konsequenzen. In den USA hat der Trend sogar schon einen Namen: »The Great Resignation«, das große Kündigen. Es bricht eine neue Ära an, aber weder durch agile Methoden noch durch Yoga im Alltag wird es gelingen, ein für uns alle und für den Planeten verträgliches Wirtschaften zu realisieren. Wir müssen uns überlegen, wie Arbeit heute und morgen wirklich funktionieren kann – mit einem Fokus auf Gerechtigkeit, Zukunftsfähigkeit und den Menschen. Sara Weber ist Journalistin, Expertin für die Arbeitswelt der Zukunft und war als Redaktionsleiterin von LinkedIn das Gesicht des Netzwerks in Deutschland, bis sie selbst Teil der »Great Resignation« wurde. In diesem Buch geht sie den Fragen nach, die gerade eine ganze Generation umtreiben, und zeigt Lösungen auf, die Arbeit besser machen können.
Bibliographische Angaben: Sara Weber Die Welt geht unter, und ich muss trotzdem arbeiten? Kiepenheuer & Witsch ISBN 978-3-462-00415-1 18,- €
Laut eines Buchtitels von Richard David Precht ist das eine Definition von Liebe. Howard Jones besang im Jahr 1983 die Frage nach der Liebe „What is love?“ und Pat Benatar gab postwendend die Antwort „Love is a battlefield“. Eurythmics waren da schon einen Schritt voraus, denn „Love is a stranger“ erschien bereits 1982. Unvergessen aus dem Liebesfilm schlechthin, Pretty Woman, ist auch das vermeintliche Ende einer großen Love Story: „It must have been love“ von Roxette. Wesentlich früher schon sang Connie Francis im Jahr 1961 „Die Liebe ist ein seltsames Spiel“. Ich schätze, es gibt kaum etwas, das über die Liebe nicht schon geschrieben oder gesungen wurde. Ganz davon abgesehen wäre Hollywood vermutlich fast pleite, wenn es die Irrungen und Wirrungen nicht gäbe. Nur von Superhelden, Serienmördern und Geschwindigkeitsjunkies kann Kino und TV nicht leben.
Selbst die Bibel, von manchem als strenges Sittengesetz angesehen, schwärmt in einem ganzen Buch über die Freuden der Liebe (Das Hohelied) und auch Paulus erkennt „Nun bleiben aber Glaube, Liebe, Hoffnung, diese drei, aber die Liebe ist die größte“ (1. Korinther 13,13).
Die alten Griechen unterschieden zwischen erotischer und platonischer Liebe. Vielleicht verschwimmen diese Grenzen auch ab und zu einmal. Kommt sicher vor, wie in Klaus Lages „1001 Nacht“. Oder es gibt in einer Ehe/langjährigen Beziehung zwischendurch Phasen, in denen man eher kameradschaftlich verbunden als leidenschaftlich entbrannt ist. Hauptsache ist doch, es fühlt sich für die Beteiligten gut an.
Liebe lässt uns himmelhoch jauchzen und alles in rosarot getaucht sehen. Liebe lässt uns aber auch in die tiefsten Abgründe stürzen und zieht sämtliche Farbe aus unserem Leben. Sie lässt die größte Freude zu und die stärkste Verzweiflung. Lachen, weinen, ärgern, alles das gehört dazu, das gibt es nur im Gesamtpaket.
Übrigens finde ich „Trauung“ eigentlich viel passender als „Hochzeit“. Wenn man getraut wird, traut man sich selbst und dem Gegenüber zu, das Leben in jeder Situation miteinander zu teilen. Geht man davon aus, dass die Hochzeit im wörtlichen Sinn der „schönste Tag des Lebens“ ist, kann es ja danach eigentlich nur noch bergab gehen. Vor allem verkennt diese Definition die Tatsache, dass Liebe und eine gelingende Beziehung nicht nur Gefühlsduselei ist, sondern auch Arbeit. Und eine immer wieder neu zu treffende Entscheidung für den geliebten Menschen.
Man kann jemanden wie den Frosch aus dem Märchen an die Wand klatschen wollen und trotzdem an der Liebe festhalten. Nicht umsonst heißt es „in guten wie in schlechten Zeiten“.
Das alles schreibe ich jetzt aus der Perspektive eines Menschen, bei dem nicht immer alles Zucker war, mit der Dankbarkeit, dass mein Partner zu mir gehalten hat, als ich vor fast 20 Jahren meine Existenz gegen die Wand gefahren hatte, aus der Perspektive eines Paares, das noch immer die Kurve gekriegt hat bei allen Zitronen, die uns auf die eine oder andere Weise im Weg lagen. Dann gab es Zitronenkuchen, Zitronenlimonade, manchmal ein paar Tage Diät, Zitronensouflée… und immer wieder die Erkenntnis, dass wir im Team vieles schaffen, was uns allein vor riesengroße Hindernisse stellen würde. Dass wir nach 29 Jahren Ehe immer noch gemeinsame Träume in Angriff nehmen können, auch wenn wir den einen oder anderen Traum schon (z. B. aus gesundheitlichen Gründen) begraben mussten. Aufhören zu träumen? Keine Alternative!
Falls ihr euch jetzt fragt, warum ich heute so sentimental bin: Ich musste das dringend mal loswerden😊. Immer nur Klimakrise schlägt sonst noch aufs Gemüt.
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