Tag 5 – Egoismus

|Werbung, unbezahlt|

2020 dürfte als ein Jahr in die Geschichte eingehen, in der die Spaltung der Gesellschaft einen traurigen Höhepunkt erreicht hat. Und in dem alle, die ihr eigenes Wohl über das der Gesamtgesellschaft stellen, als gnadenlose Egoisten abgestempelt werden, teilweise vollkommen zu Recht.

Offen zur Schau getragener Egoismus nervt uns alle vermutlich. Aber wenn wir ganz ehrlich sind, versteckt sich auch hinter vermeintlich altruistischen Motiven oft eine ganze Menge Ego-Schmeichlerei. Erik Flügge geht diesem Phänomen nach und stellt fest, dass Egoismus zu uns Menschen einfach dazugehört. Deswegen war ich etwas erstaunt und gleichzeitig erleichtert über seinen Ansatz: es geht ihm nicht (nur) darum, diverse Egoismen abzuschaffen, sondern sie im Gegenteil dazu zu nutzen, einen gesellschaftlichen Vorteil für möglichst viele Menschen zu erzielen. Das ganze hat er aufgeteilt in unterschiedliche Lebensbereiche, mit denen jeder einzelne von uns in Kontakt kommt: zum Beispiel Arbeit, Bildung, Wohnen, Gesundheit…

Aber auch das, was von vielen augenblicklich in Frage gestellt wird (es läuft bei den großen gesellschaftlichen Playern ja auch tatsächlich nicht alles rund), nämlich Parteien und Kirche, nimmt er nicht aus. In einer Zeit, in der Parteienverdrossenheit, Politikmüdigkeit und das Gefühl von mangelnder Relevanz der Kirchen um sich greift, tritt Flügge dafür ein, dass diese Institutionen wichtig sind. Aber er gibt auch Denkansätze, wie die Arbeit der Institutionen mehr an den Menschen ausgerichtet sein könnte, denen sie dienen sollen.

Alles in allem kein Buch, das zu radikalem Umdenken auffordert, sondern das mit den menschlichen Schwächen arbeitet. Dazu kein dicker Wälzer, sondern ein handliches kleines Format, in der Handtasche mitzunehmen, wenn man irgendwo warten muss und diese Zeit sinnvoll nutzen möchte. Das finde ich gut, auch weil vermutlich niemand Lust hat, sich stundenlang darüber zutexten zu lassen, was wir alles so falsch machen und wo wir nur an uns denken. Kurze, knackige Denkanstöße, an denen wir dann Stück für Stück arbeiten können, bei mir zumindest kommt das gut an und es hat mir auch schon wertvolle Impulse gegeben.

Bibliografische Angaben: Erik Flügge, Egoismus, Dietz Verlag, ISBN 978-3-8012-0577-5, € 10,- (Österreich € 10,30)

Frühlingsmorgen

Samstag früh um viertel nach Acht. Seit zwei Stunden sitze ich in der Küche und habe ganz gemütlich die Zeitung gelesen. Draußen ist es saukalt, aber ein wunderbarer Frühlingsmorgen. Die Amseln zwitschern, Tau glitzert auf allen Pflanzen, Möwen fliegen übermütig über unser Haus und die Krähen krächzen wie immer, sind nach wie vor auf der Suche nach übriggebliebenen Nüssen vom Herbst. Alles wie jeden Samstag?

Jein. Meine Samstagmorgenroutine sieht eigentlich immer so aus. Viel Zeit für frischen Kaffee und die Zeitung, Mann und Kind schlafen lassen, bis die Hunde anfangen zu motzen, dass es jetzt doch endlich mal Frühstück geben müsse.

Und trotzdem ist es anders, gefühlt. Es ist der Tag, nachdem Deutschland sich einen teilweisen Stillstand verordnet hat. Schulen und Kitas schließen (nur MeckPomm hat sich noch nicht entschlossen, aber dort geht ja auch die Welt 50 Jahre später unter), die Bundesliga ist gestoppt!!! Das öffentliche Leben, Theater, Ausstellungen, Vorträge, Konzerte, alles ausgesetzt. Viele Eltern müssen sich jetzt reiflich überlegen, wie sie die Anforderungen von Familie und Arbeit unter einen Hut bekommen. Nicht alle haben es so gut wie Edgar und ich, denn wir arbeiten beide schon seit langen Jahren von zu Hause. Für uns ist es Alltag, aber das liegt an unserem Arbeitsfeld. Fabrikation, Pflege, Sicherheit, Handel, das geht nicht ohne aus-dem-Haus-gehen.

Wir alle sind zurückgeworfen auf uns selbst, müssen uns mit einer Situation auseinandersetzen, die uns einschränkt, die Egoismus eigentlich verbietet, die geeignet ist, das Beste aus jedem von uns herauszukitzeln. Ja, ich habe meine Zweifel, ob es jedem gelingt, aber ich habe die Hoffnung, dass sich die Erkenntnis durchsetzt, dass es gut nur miteinander geht. Und ja, vielleicht bin ich eine hoffnungslose Sozialromantikerin, aber ich habe mich bewusst entschieden, dass ich keine miesepetrige Zynikerin sein möchte. Das würde die Lage ja nicht verbessern, sondern mir am Ende nur Magengeschwüre bescheren.

Was uns diese Situation bringt, werden wir erst später erkennen, bis dahin gilt: Leben kann man das Leben nur vorwärts. Aber bitte achtsam.

In diesem Sinne: lest gute Bücher. Und wenn eure Bücherstapel abgearbeitet sind, tauscht sie untereinander. Ruft die Buchhändler eures Vertrauens an, die beraten auch telefonisch und schicken euch die Lektüre ins Haus. Zumindest, solange die Geschäfte noch geöffnet sind. Singt! Singen gegen die Angst ist etwas wunderbares. Den Beitrag aus Italien gestern Abend mit den singenden Menschen in den Hochhaussiedlungen fand ich sehr berührend. Und wenn ihr allein in eurem Zimmer hockt, ist es auch egal, wie schief 😉

Schaut aus dem Fenster, hört den Vögeln zu, entdeckt eure Gärten neu, als Orte des Lebens, nicht der stummen Steine. Schreibt euren Lieben Briefe. Oder Mails. Egal. Und bleibt gesund, vor allem in Kopf und Seele.

Meine kleine Presseschau

Meine Beine brauchen noch Zeit, daher hat sich meine Morgenroutine etwas geändert. In der Zeit, wenn ich in der Frühe meine Beine im Bett sortiere, so gut es geht dehne und versuche, die Kraft zum Aufstehen zu sammeln, schau ich aufs Smartphone nach den Nachrichten. Überfliege sie kurz und stelle mich darauf ein, nach Frühstück und Tageszeitung (ohne geht gar nicht) nochmal genauer hinzulesen.

Dann, am Frühstückstisch, der Blick in die Zeitung. Corona beherrscht gefühlt alles, den Lokalteil, den Politikteil, die Börsennachrichten. „Gefühlt“ ist das wichtige Wort. Denn natürlich geht das restliche Leben weiter, und im Endeffekt drehen sich die meisten Artikel um ganz andere Themen, aber die Konditionierung auf „Corona“ bei uns Menschen funktioniert so zuverlässig wie die unserer Hunde auf „Leckerlecker“. Also bearbeite ich auch an dieser Stelle dieses Thema als erstes, dann habe ich es hinter mir und kann mich anderen Dingen zuwenden. Mein Highlight der Tageszeitung kommt am Schluss, aus psychologischen Gründen 😉

Erstmal etwas bemerkenswertes: Unsere Bundeskanzlerin hat gestern eine umfassende und gut durchdachte Erklärung zum Umgang von Bundesregierung und EU mit der Thematik abgegeben. Sachlich und auch empathisch. Ist dir auch aufgefallen, dass sie immer noch ein ziemliches Vertrauen in die Gesamtgesellschaft hegt, obwohl es nicht wenige Leute gibt, die ihr dieses Vertrauen, etwas gut und ordentlich anzupacken, längst entzogen haben? Sie vertraut darauf, dass es Verständnis, Mitgefühl und Vernunft in der deutschen Gesellschaft gibt, dass es eine Bereitschaft gibt, zusammenzuhalten, wenn es um Themen geht, die jeden einzelnen mittelbar oder unmittelbar betreffen können. Wer immer noch mit pauschaler Medienschelte über „Panik, geschürt von den Zwangsgebührenmedien“ spricht, will es vermutlich nicht verstehen. Denn das stimmt einfach nicht. Für Panikmache gibt es ganz andere Medien, die nicht so sehr auf sachliche Berichterstattung achten.

In den Kommentarspalten von Facebook, Instagram und Co. liest man inzwischen zwar erfrischend viele ermutigende Kommentare, die für unser Zusammenleben hoffen lassen, aber auch solche Sprüche: „Irgendwann ist halt jeder mal dran. So what?“ oder „Mir doch alles egal. Nicht mein Problem. Ich mach weiter wie bisher“. Ganz besonders schockierte mich eine Kommentatorin, die schrieb: „Wenn man schon 75 oder 80 Jahre gelebt hat, dann ist es doch egal, ob man heute stirbt oder in 5 Jahren“. Ich unterstelle der Frau, dass auch sie Verwandtschaft hat, Eltern, Großeltern, Tanten und Onkel… Ob sie diesen Post wohl denen einfach so unter die Nase halten würde? Oder sind solche Leute einfach nur geil auf Klicks und Likes?

Es ist doch nicht zu viel verlangt, sich so zu verhalten, dass man nicht wissentlich seinem Umfeld schadet. Zwischendurch kommt mir immer wieder der Gedanke, dass Gott vielleicht einen besonders schrägen Humor hat. Oder dass dieses Virus das Potenzial hat, unsere Lebensweise, unsere Hybris, unser Wirtschaftsmodell mal auf ein Normalmaß zurück zu stutzen.

Was gesellschaftlich bei manchen nicht richtig läuft, lässt auch die Überschrift „Eine Menge illegalen Mülls erfasst“ ahnen. Vermutlich sieht es in anderen Regionen nicht anders aus, aber in unserem Landkreis ist es zunehmend ein Problem, dass irgendwelche Asozialen (Definition: die Gemeinschaft / Gesellschaft schädigenden) ihren Sperrmüll, Hausmüll, Sondermüll oder auch gelbe Säcke einfach in der Landschaft oder in abgelegenen Ecken der Städte abladen. Dabei gibt es genügend Möglichkeiten, dieses alles legal und umweltverträglich zu entsorgen. Mich macht so etwas einfach fassungslos. Im Endeffekt müssen die Entsorgungen dann von allen Bürgern der jeweiligen Kommune bezahlt werden. Geld, das an anderen wichtigen Stellen dann nicht zur Verfügung steht.

Zum Beispiel hier: „Ministerin räumt Sanierungsstau an Schulen ein“. Um dann im nächsten Satz aber zu betonen, dass dieser Stau ja nicht erst seit Schwarz/Gelb in NRW bestehe. Okay, NRW hat viele SPD-Regierungen gehabt. Aber zumindest von 2005 bis 2010 gab es allein in diesem Jahrhundert bereits eine CDU/FDP-Regierung. Da ist aber offensichtlich auch nicht viel gemacht worden. Ich denke ja, der Fehler liegt im System. Merkt man bei jeglicher Art der öffentlichen Infrastruktur: Erst wird etwas gebaut, und wenn das dann fertig ist, vergisst man es lange Jahre. Ein privater Bauherr, der ein Haus baut, wird von der Fertigstellung an normalerweise laufend etwas Geld an die Seite legen, um für spätere Reparaturen vorzusorgen. Ein Beispiel: Als die öffentliche Kanalisation hier Ende der 50er Jahre errichtet wurde, erhoben die Städte Gebühren für den Erhalt. Da in den ersten Jahren alles in Ordnung war und noch kein Bedarf für Sanierungen, wurde das zurückgelegte Geld zweckentfremdet verwendet. Als die ersten Reparaturen notwendig wurden, war dieses Geld nicht mehr vorhanden, musste also wieder irgendwo anders abgegraben werden. Neverending Story…

So. Ehe es hier zu meckerig wird, kommt mein Highlight des Zeitungstages:

„Mit Gesang und Gitarre“ Ein Integrationsangebot der anderen Art. Es geht darum, Senioren und Kinder zusammenzubringen durch Musik. Diese beiden so weit voneinander entfernten Bevölkerungsgruppen zählen zu denen, die am meisten singen, schätze ich mal. Und so gibt es ein Projekt der Hiller Musikschule, diese in Kontakt zu bringen. Eine Win-Win-Situation, denn vielen Kindern fehlt der regelmäßige Kontakt mit der Großelterngeneration, weil die eigenen Großeltern nicht mehr zwingend in täglicher „Besuchsentfernung“ wohnen. Und viele alleinstehende Senioren kennen es nicht, sich mit Kindern zu beschäftigen. Sie verstehen deren Sichtweisen einfach nicht. Deswegen mag ich solche Angebote sehr gern. Wie ich es übrigens auch begrüßen würde, wenn den Konfirmanden erfahrene Gemeindeglieder als „Paten“ oder „Mentoren“ zur Seite gestellt werden, um einen Generationenaustausch und auch Perspektivtausch als selbstverständlich zu etablieren.

PS: So ein Gemeinschaftsgefühl wie auf dem Beitragsbild kann meiner Meinung nach nicht nur entstehen, wenn man wie die Sardinen in der Büchse in einem Fußballstadion sitzt oder steht. Auch mit etwas Distanz voneinander, lächelnd oder gute Wünsche austauschend, ist das möglich.

PPS: Ich lese gerade „Kain und Abel“ von Jeffrey Archer. Und da komme ich gerade bei der Weltwirtschaftskrise an. Erschreckend aktuell…

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