Ungefähr 3.500 km südöstlich von hier bebt die Erde, in geringer Tiefe, mit ungeheurer Wucht und Zerstörungskraft. Klar ist man schockiert, wenn man die Bilder im Fernsehen sieht, aber man sitzt im einigermaßen warmen Wohnzimmer, trinkt heißen Tee und ist doch mehr oder weniger distanziert, heilfroh, weit weg davon zu sein.
Und dann bekommt man in aller Herrgottsfrühe die Nachricht der Tochter, dass die Familie einer Freundin aus Grundschultagen betroffen ist. Die Eltern der jungen Frau sind zurück in die alte Heimat gezogen, zumindest die Mutter kannte ich damals auch persönlich.
Und so bekommen die Erdbebenopfer wenigstens ein konkretes Gesicht für mich. Glücklicherweise sind alle Familienmitglieder lebend aus ihren Häusern gekommen. Aber sie sind jetzt obdachlos, ein Teil der Familie mit kleinen Kindern, in der bitteren Kälte des Winters, in einer total zerstörten Umgebung. Wie auch viele andere dort, dazu kommt noch die Trauer und die Ungewissheit: Wie geht es weiter? Sind alle Freunde und Bekannten gesund oder wird man Todesopfer zu beweinen haben?
Die Spende, die ich daraufhin getätigt habe, ist so ziemlich alles, was ich von hier aus tun kann. Ich kann auch darum bitten, dass möglichst viele sich beteiligen. Und ich kann dankbar sein, dass trotz aller Unsicherheiten, Konflikte und Streitereien auf der Welt sehr schnell die humanitäre Hilfe angelaufen ist. Auch aus Ländern, die zum Beispiel aus religiösen oder politischen Gründen der Türkei gegenüber eher skeptisch eingestellt sind. Und auch aus Ländern, die den Bürgerkrieg in Syrien als Stellvertreter für ihre eigene Agenda nutzen. Das entzündet einen kleinen Funken Hoffnung, dass nicht alles nur schlecht ist. Dass es Momente und Zeiten gibt, wo die Menschlichkeit überwiegt.
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