Fünfte Fastenwoche

Über dieser Woche steht das Motto

Wir gehen gemeinsam

Der Bibeltext, der von der Redaktion des Fastenkalenders dafür ausgesucht wurde, ist ungewöhnlich. Denn er handelt nicht von der gemeinsamen Zeit Jesu und seiner Jünger während der Wanderpredigerzeit. Er ist viel älter, vielleicht auch etwas erklärungsbedürftig und ich habe deswegen eine moderne Bibelübersetzung gewählt:

Aber Ruth erwiderte: »Besteh nicht darauf, dass ich dich verlasse! Ich will mich nicht von dir trennen. Wo du hingehst, da will auch ich hingehen. Wo du bleibst, da bleibe ich auch. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott.
Wo du stirbst, will ich auch sterben und begraben werden. Nur der Tod kann mich von dir trennen; wenn ich dieses Versprechen nicht halte, soll der HERR mich hart bestrafen!«

Ruth 1,16-17, HfA

Ruth, die diese bedeutungsschweren Worte spricht, sagt das nicht etwa zu ihrem zukünftigen Ehemann. Sondern zu ihrer Schwiegermutter. Und ehe jetzt hier alle möglichen Witze und Vorurteile gegenüber Schwiegermüttern aufkommen, hole ich ein bisschen aus und erzähle euch, in welcher Situation Ruth und Noomi (die SchwieMu) sich befinden:

Noomi war als junge Frau mit ihrem Mann und den beiden jungen Söhnen aus Juda ausgewandert, da es aufgrund einer mehrjährigen Dürre schwierig geworden war, in der Heimat seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Im Land Moab wuchsen die Kinder heran, wurden zu jungen Männern, heirateten Moabiterinnen. Noomis Mann starb, die Witwe wurde von den Familien der Söhne durchgebracht, wie es Sitte war. Nun starben aber auch die jüngeren Männer nacheinander, übrig blieben die drei Frauen, alle ohne weitere Kinder. Verwitwete Frauen ohne Familie waren ausnahmslos bitterer Armut ausgesetzt, weil sie keinen Versorger mehr hatten. In dieser prekären Situation entschied sich Noomi, wieder nach Juda zurückzukehren, wo sie zumindest noch ein paar weitläufige Angehörige hatte. Ihre Schwiegertöchter gab sie frei, wollte sie zu ihren Herkunftsfamilien zurückschicken. Dort hätten sie die Möglichkeit gehabt, neue Ehemänner zu finden und eigene Kinder zu bekommen. Eine Schwiegertochter nimmt den Vorschlag an, aber Ruth bekennt sich zu ihrer Schwiegermutter mit den oben genannten Sätzen.

Eine ziemlich moderne Geschichte, wenn ich es so richtig betrachte: Prekäre Verhältnisse, Migration als Überlebensstrategie, aus dem Nichts neu anfangen müssen…

Und Ruth, die sicher noch jung genug wäre für einen Neuanfang, entscheidet sich, ihrer älteren Schwiegermutter loyal zu folgen. In die Fremde, in eine ungewisse Zukunft. Weil sie Noomi vertraut, sie nicht allein ihrem Schicksal überlassen will und hofft, dass die beiden gemeinsam einen Weg finden werden.

Kleiner Spoiler: Es ist eine Geschichte mit Happy End. Wenn auch ganz zum Schluss mit einer Wendung, die wir so nicht erwartet hätten, die uns fremd erscheint. Es waren eben ganz andere Zeiten damals und es ist eine Gegend der Welt, in der nach mitteleuropäischen Maßstäben auch heute noch andere und teilweise uns unverständliche Regeln gelten.
Aber lest gern selbst nach, das Buch Ruth ist kurz und innerhalb einer Viertelstunde durchzulesen.

Mich fasziniert an der Geschichte einiges: Das uneingeschränkte Vertrauen der jungen Frau, ihrer älteren Verwandten zu folgen, wohin sie auch geht. Damit aber auch ihre Bereitschaft, dieser Frau zur Seite zu stehen, wenn es schwierig wird. Was zu erwarten war.

Heute neigen wir eher dazu, nach dem Motto zu handeln: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Oder wir legen Wert darauf, unsere eigenen Erfahrungen zu machen, nicht alles zu übernehmen, was überkommen ist. Beides ist wichtig für unser Leben, wenn es gelingen soll: Das Vertrauen in andere, dass sie uns nicht in die Irre führen, aber auch der kritische Blick, das Überdenken und Neubewerten von Sachverhalten, Situationen und Traditionen.
Aus den Erfahrungen der letzten 8-10 Jahre stelle ich fest, dass bei vielen Menschen eine der beiden Seiten überwiegt. Wie bei einer klassischen Waage oder bei einer Wippe liegt häufig ein wenig bis viel mehr Gewicht auf nur einer der beiden verfügbaren Flächen.

Foto: Pixabay

Wir sind uns mitunter nicht sicher, wann mehr Vertrauen angebracht ist und wann eher ein kritisches Nachrechnen. Und das hat ja durchaus Gründe, nachvollziehbare Gründe sogar. Wir kommen aus unterschiedlichen Settings, bringen diverse Erfahrungen mit, jeder ist schon mal über den Tisch gezogen worden oder hat Vertrauen in Personen oder Institutionen gehabt, das missbraucht wurde, ob nun wissentlich oder durch widrige Umstände.

Wir neigen dazu, solche Vertrauensbrüche mehr in Erinnerung zu behalten als gelungene Situationen, denn wir werden vorsichtig. Wir hüten uns und wir suchen Sicherheit. Das ist menschlich. Wer möchte schon immer wieder das Gefühl haben, am Ende der Dumme zu sein?

Trotzdem, auch wenn ich mich nach Sicherheit sehne, wenn ich ein gutes Leben haben möchte, wenn ich nicht in die Irre gehen möchte, so ist es für mich am Ende erfüllender und auch erfolgversprechender, mich mit einer Gruppe von Leuten, denen ich grundsätzlich vertraue, gemeinsam auf den Weg zu machen. Selbst wenn wir vielleicht nicht ganz die richtige Richtung einschlagen: allein unterwegs zu sein, auch wenn ich noch so sicher bin, dass mein Weg zielführend ist, klingt für mich bedrückend. Das schließt Phasen, in denen ich mich am Rand der Gemeinschaft aufhalte, um mich selbst zu sortieren, nicht aus. Aber die Gemeinschaft braucht mich und noch wichtiger: ich brauche die Gemeinschaft.
Denn der Verzicht auf Gemeinschaft und sogar das Fehlen von Reibungspunkten führt dazu, dass ich mich selbst nicht mehr hinterfrage und damit auch nicht wirklich weiterkomme.
Das sind die essenziellen Erfahrungen, die ich in vielen Jahren durch das Abwechseln von Nähe und Distanz immer wieder gemacht habe.

Mal was anderes

Toll, einer arbeitet mehr?

Gerade geht mir beim Zeitunglesen mal wieder die Hutschnur hoch. Ist es nur gefühlt oder bekommt der Personalmangel an den Flughäfen wirklich mehr Aufmerksamkeit als die Streiks an den Unikliniken? Warum ist es so wichtig, dass Flughafenpersonal aus dem Ausland herangeholt wird? Wenn als Begründung dafür wenigstens die Entlastung des Stammpersonals herangezogen würde, könnte ich es ja noch verstehen. Denn die haben beileibe keinen einfachen Job (wie im Übrigen sehr viele im Dienstleistungssektor…). Es ist auch nicht so, dass ich den Menschen keinen stressfreien Start in einen unbeschwerten Urlaub gönne, ganz bestimmt nicht. Trotzdem empfinde ich es zumindest als großes Spannungsfeld.
Ehrlich gesagt, manchmal traue ich meinem Urteilsvermögen nicht mehr so ganz. Ich halte es auch durchaus für möglich, dass ich inzwischen irgendwas zwischen dünnhäutig und regelrecht getriggert bin, wenn es um die Diskrepanz geht zwischen dem, was wirklich notwendig ist und dem, was in erster Linie unserem Komfort dient.

Neben diesen überregionalen Themen ist es aber heute auch ein Artikel über die Weiterbeschäftigung der AlltagshelferInnen in den Kindergärten, der mich aufhorchen lässt. Immer noch besteht hier akuter Bedarf, zum Beispiel durch erhöhte Hygieneanforderungen. Aber auch in „ganz normalen“ Zeiten frage ich mich, warum um alles in der Welt die ErzieherInnen sich mit dem Ein- und Ausräumen der Spülmaschine, dem Waschen der Bettwäsche oder anderen hauswirtschaftlichen Arbeiten beschäftigen müssen. Nicht, weil sie „überqualifiziert“ dafür wären, sondern weil sie sowieso schon viel Dokumentation und anderes nebenher erledigen müssen, was von der reinen Arbeit mit den Kindern abgeht. Die hauswirtschaftlichen Tätigkeiten sind natürlich sehr wichtig für den Tagesablauf in Kindertagesstätten, aber es gibt ja schließlich ausgebildete Hauswirtschaftskräfte und manches könnte auch von Menschen erledigt werden, die noch auf der Suche nach ihrem beruflichen Werdegang sind. Die in der Pandemie geschaffenen Finanzierungsmodelle der Bundesländer werden (mal wieder) auslaufen, aber der Bedarf bleibt. Auf der Strecke bleiben Kommunen, die sich eine eigene Finanzierung nicht leisten können und natürlich ErzieherInnen, Familien und Kinder.

Warum schreibe ich das überhaupt? Nicht, weil ich bei irgendjemandem Empörung auslösen möchte oder eine gesellschaftliche Gruppe gegen eine andere ausspielen will, sondern weil es verdeutlicht, dass die verschiedenen und berechtigten Ansprüche verschiedener gesellschaftlicher Gruppierungen sehr vielfältig sind und dass es meiner Meinung nach im Endeffekt immer darauf ankommt, dass sie gesehen und ausbalanciert werden. Dass es nicht immer dieselben Gruppen sind, die zurückstecken müssen und andere bekommen mehr Unterstützung, weil sie lauter, wirtschaftlich stärker oder angesehener sind. Weil unsere Zeit eine wahnsinnige Herausforderung ist, für Politikerinnen und Journalisten, die das alles kommunizieren müssen, aber auch für jeden einzelnen von uns Wahlvolk und Medienkonsumenten, weil wir nicht über jedes hingehaltene Stöckchen hinüberspringen sollten.
Und auch als eine Selbstvergewisserung, weil ich das auch mir selbst immer wieder ins Gedächtnis rufen muss.

PS: Ich hoffe, das war einigermaßen verständlich. Die Gedanken rasen wie ein ICE durch meinen Kopf, während ich sinnbildlich mit dem 9-Euro-Ticket versuche, mitzuschreiben…🙈

Tag 3 – Grundgesetz

|Werbung, unbezahlt|

Bitte entschuldigt die Verspätung, obwohl ich bereits um kurz nach 7 im Supermarkt angekommen bin, hat es etwas länger gedauert, bis ich meinen Krempel zusammen hatte. Teils dem süßen Senf geschuldet, den brauchen wir nur sehr selten, es gibt aber zumindest in dem Laden nur große Gläser, egal wie intensiv ich gesucht habe. Egal, da bin ich.

Heute geht es um ein Buch, das immer wieder neu aufgelegt wird, im Jurastudium zur Grundausstattung gehört und in Auszügen im Verlauf dieses Jahres immer wieder zitiert wurde. Allerdings häufig verkürzt auf wenige Sätze und beschränkt auf das Herauspicken der vermeintlich gerade wichtigen „Rosinen“ aus diesem Teig des Gesetzes. Daher täte es uns allen vermutlich mal sehr gut (mich natürlich eingeschlossen), wenn wir unser wichtigstes Gesetzeswerk in Deutschland einmal genauer unter die Lupe nehmen und im Ganzen lesen. Dann könnten wir nämlich feststellen, dass dieses Gesetz sehr umfassend ist und auch alles andere als statisch. Klar, an den Paragraphen an sich ändert sich nicht besonders viel, sie werden aber ab und an mal ergänzt, an aktuelle Entwicklungen angepasst und immer wieder neu mit Leben gefüllt.

Wer dann noch nicht vor dem Amtsdeutsch kapituliert, kann auch noch mit dem bürgerlichen Gesetzbuch oder dem Strafgesetzbuch weitermachen😁.

Oder das GG vergleichen mit anderen wichtigen Texten und Selbstverpflichtungen wie der UN-Charta der Menschenrechte, der Magna Charta, dem Code Civil, den 10 Geboten oder dem Doppelgebot der Liebe. Es könnte erhellend sein. Wobei ich mich keinen Illusionen hingebe: Diejenigen, die in diesem Bereich des Miteinanderlebens dringend Nachhilfe bräuchten, werden vermutlich auf meinen Vorschlag eher nicht eingehen. C’est la vie.

Bibliografische Angaben:

Grundgesetz GG

(mit Menschenrechtskonvention, Verfahrensordnung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, Parteiengesetz, Untersuchungsausschussgesetz, Gesetz über den
Petitionsausschuss, Vertrag über die Europäische Union, Vertrag über Arbeitsweise der Europäischen Union, Charta der Grundrechte der Europäischen Union)

dtv, ISBN 978-3-423-53045-3, € 8,90 (für interessierte Österreicher: € 9,20, aber ihr habt bestimmt etwas vergleichbares…)

Gottesdienst in Corona-Zeiten

Ja, es ist anders und auch gewöhnungsbedürftig. Und ja, es ist merkwürdig, mit Maske in die Kirche zu gehen, sich dort namentlich registrieren zu lassen und sich dann auf vorher definierte, gleichmäßig verteilte Plätze zu setzen. Und statt zu singen, sich Vorträge von Orgel, Klavier oder Gitarre anzuhören.

Aber andererseits: verteilt haben die Besucher schon immer gesessen, nur eben auf ihren „Stammplätzen“, am liebsten möglichst weit weg vom Pfarrer. Durch die gleichmäßige Verteilung und die „Abstandsdeko“ in unserer Kirche sieht es von hinten aus gesehen sogar voller aus als sonst.

Naja, und was den Gemeindegesang angeht, wenn 40 Menschen in einer Kirche sitzen, die über 1000 Leute fasst, und dann noch die Orgel gespielt wird, man wird dann gerade bei Liedern, die nicht so geläufig sind, meist vom Instrument übertönt.

Deswegen mag ich an unserem Corona-Gottesdienst-Konzept, dass sich Musiker aus den Bereichen Organisten, Chorleuten, Lobpreis abwechseln und dass dadurch eine größere Vielfalt an Musikstilen vorkommt. Auch ungewöhnliche musikalische Allianzen entstehen. Und dadurch bekommt der Gottesdienst auch eine Dimension von Kulturvermittlung: ohne mich auf einen Text konzentrieren zu müssen, kann ich die Musik genießen, verinnerlichen, einfach wirken lassen.

Also gilt hier wie in vielen Lebensbereichen: nicht nur beklagen, was alles nicht so klappt oder Nachteile bringt, sondern einfach mal darauf einlassen und ganz neue Schätze entdecken😊.

Gemeinsam

Dieser Rebengang wirkt äußerst verlockend für mich. Ich stelle mir vor, dass er Schatten und Schutz bietet. Schutz vor Sonne, Wind und Regen, vor der Hitze eines Sommertages, vor neugierigen Blicken. Gerne würde ich mich hier einfach mal hinsetzen oder -legen, den Duft der Natur um mich herum einatmen, die Kühle unter dem Blätterdach genießen, auch mal Trauben naschen, wenn sie schon reif sind. Ich glaube, ich wäre dort sehr behütet. Dieser Traubengang ist eine Art sakraler Raum in meiner Vorstellung.

„Ich bin der wahre Weinstock, ihr seid die Reben“ sagte Jesus einst. Das heißt, ich bin ein Teil dieses Bildes. Diese Darstellung ist unter anderem: Kirche!

Denn was ist „Kirche“ eigentlich? Der Ursprung ist das griechische „Ecclesia“ (ursprünglich eine Volksversammlung), im christlichen Sinn gebraucht als „Die Herausgerufenen“, die von Jesus Christus durch das Evangelium herausgerufen wurden aus der Welt.

Kirche ist nicht einfach die Bezeichnung für ein Gebäude, auch nicht für eine Variante der Religionsausübung. Kirche ist auch nicht zuerst katholisch oder evangelisch, baptistisch oder sonstwie. Kirche ist vor allem Gemeinschaft oder Familie.

Wie in jeder Familie gibt es Gemeinsamkeiten und Differenzen. Es gibt Menschen, die man mag und solche, die man am liebsten von hinten sieht. Sogar in der Gemeinde, in der man sich zuhause fühlt. Und das ist gut und richtig so und meiner Meinung nach sogar wichtig für die eigene Entwicklung. So wie sicherlich jeder in der Verwandtschaft jemanden kennt, den man nur ungern besucht, von der man sich abgrenzt, eine Person, die Widerstand hervorruft. Das hilft beim Aufwachsen. Sich zu sagen: Wie diese Person möchte ich nicht werden! Da sträubt sich alles in mir.

Auch in der Gemeinde gibt es solche Menschen. Aber: Ich habe inzwischen festgestellt, dass mir teilweise sogar schmerzliche Auseinandersetzungen mit solchen Menschen letztlich mehr geholfen haben, meine eigene spirituelle Identität zu finden, als solche, mit denen ich einer Meinung war. Denn sie fordern heraus, Positionen zu überdenken statt zufrieden im eigenen Saft liegen zu bleiben. Das kann dazu führen, dass ich in meinem Denken bestärkt werde, aber es kann auch bedeuten, dass ich erkenne, selbst auf dem Holzweg zu sein. In jedem Fall aber muss ich reflektieren, und sei es, um Argumente zu sammeln. Das ist natürlich unbequem. Aber im Nachhinein oft sehr hilfreich.

„Meine “ Gemeinde ist sicher nicht perfekt. Das wäre unmenschlich und überhaupt nicht erstrebenswert. Aber sie ist so wie wir Menschen eben sind!

Und jetzt du…

Bild- und Textkarten: ©Neukirchener Verlag (Bibliographische Angaben siehe Beitrag „Talk-Boxing“)

13. Dezember

Zieht ein durch die Tore der Stadt, zieht ein! Ebnet einen Weg für das Volk, das unterwegs ist zur Stadt. Baut eine Straße, räumt die Steine aus dem Weg! Stellt ein Feldzeichen auf, das alle Völker sehen können!« Hört, was der HERR verkündet! Seine Stimme dringt bis zum Ende der Erde: »Sagt den Menschen auf dem Berg Zion: Euer Retter kommt! Den Lohn für seine Mühe bringt er mit: sein Volk, das er sich erworben hat; es geht vor ihm her. (Jesaja 62,10-11)

Jetzt bist du dran! Lies den Text und schaue in dich, welches Bild oder welche Videosequenz sich vor deinem inneren Auge abspielt…

(Schließlich geht es hier nicht nur um vorgekaute Gedankenspiele 😉 )

 

Herbstanfang

Heute ist Herbstanfang, und ich denke mir: Gestern hat der Sommer sich würdig verabschiedet, und heute kommt der Herbst, aber noch ganz sachte und auf leisen Sohlen. Und ich stelle gerade fest, dass bei mir fast drei Wochen Sendepause war.

Und das liegt nicht daran, dass in diesen Wochen nichts passiert ist, eigentlich eher im Gegenteil, und dieses viele hat in mir eine kleine Blockade ausgelöst.

Eigentlich hatte ich einen schönen Artikel schreiben wollen über unseren Ausflug am 14. September zum Frauentag in Krelingen. Vier Frauen, ein Baby und ein Gemeinschaftspicknick. Wir hatten einen sehr berührenden, inspirierenden und gesegneten Tag mit Singen, Beten, sehr gut gemachten Vorträgen von Sefora Nelson (kannste googeln), die sich so gar nicht nach Vorträgen anhörten. Und mit unserem grandiosen Picknick:

DSC07514

Aus der Erfahrung von 2018 hatten wir keine Lust auf Gemeinschaftsverpflegung und so bereitete jede von uns etwas liebevoll vor. Hier konnte dann auch Julias englische Picknickdecke ihren Einstand feiern. Und als hätten die Krelinger Organisatorinnen geahnt, was wir vorhaben, waren auf der Wiese vor der Halle überall verschiedene Sitzgelegenheiten wie Hängematte und Hängesessel, Sofas, Deckchairs und anderes aufgebaut. Ich habe leider nur ein Foto von diesem DIY-Tischchen:

DSC07517

Von der Pause auf der Heimfahrt stammt das Beitragsfoto ganz oben. Denn es symbolisiert aus meinem heutigen Blickwinkel sehr schön nicht nur die aktuelle Jahreszeit, sondern auch eine diffuse Sehnsucht nach der „guten alten Zeit“ ohne viel Hektik und mit rudimentärer Technik.

Und vielleicht sogar den „Herbst der Menschheit“?

So, Schluss mit lustig,  jetzt geht es ans Eingemachte, an das, was mich in den letzten Tagen so umtreibt.

Weltweit sind am vergangenen Freitag Millionen Menschen auf die Straße gegangen, teilweise Menschen, denen das Wasser heute schon nicht nur symbolisch, sondern ganz konkret fast bis zum Hals steht. Menschen in Kriegsgebieten, die sich nicht nur um ihr Überleben im Krieg sorgen, sondern um das Überleben der Menschheit.

Aber auch unendlich viele junge und alte Menschen in den Industrieländern, die einsehen, dass ein „Schneller, höher, weiter“ zwar das olympische Motto sein mag, aber uns kaputt macht, uns die Lebensgrundlage entzieht. Zeitgleich wollte das „Klimakabinett“ der deutschen Bundesregierung den großen Wurf in Sachen Klimapolitik machen. Was soll ich sagen – der Berg kreißte und gebar eine Maus!

Wenn jetzt einfach „nur“ die einschlägigen NGO’s und Parteien, deren tägliches Brot das Mahnen ist, sich hier entsetzt geäußert hätten, dann könnte man noch sagen: „Naja, das ist eben ihr Geschäft“. Aber wenn anerkannte Wissenschaftler so drastische Aussagen treffen wie: „Ich kann gar nicht so viel essen, wie ich kotzen müsste!“, wenn die Bundesregierung sich Expertise vom Wissenschaftsrat einholt und sich daran nicht hält, wenn die Damen und Herren, die im Klimakabinett sitzen, mit dem Schwung und der Begeisterung von Schlaftabletten vortragen, was sie denn jetzt gerade für die Rettung des Planeten getan haben, da kann ich nicht umhin, daraus zu schließen: Da läuft etwas ganz gewaltig nicht so, wie es sein müsste.

Storytelling, das A und O einer positiven Verkaufsstrategie, beherrschen die nicht. Da könnten sie noch gewaltig lernen.

Liebe Politiker, schaut euch doch mal in der Zeitgeschichte um: da gab es Menschen wie John F. Kennedy („Frage nicht, was dein Land für dich tun kann; frage, was du für dein Land tun kannst“), Nelson Mandela (der aus dem Knast heraus gegen die Apartheid kämpfte), Martin Luther King („I have a Dream!“) Diese Menschen hatten Visionen (nicht Phantastereien durch Drogengenuss, sondern positive Visionen für die menschliche Gemeinschaft), die sie mit der entsprechenden Be-Geist-erung vorantrieben.

Allerdings weiß ich aus eigener Erfahrung genau: da gibt es dann gleich wieder abwertende Urteile: Der Kennedy nahm es mit der ehelichen Treue nicht genau, der Mandela hat angeblich seine Frau geschlagen, und zu Dr. King fällt den Leuten garantiert auch was ein.

Pure Ironie: diese Art von Whataboutism funktioniert auch anders herum: Hitler hat ganz bestimmt unglaubliche Gräueltaten veranlasst, aber, hey, immerhin hat er die Autobahnen gebaut und die Arbeitslosen von der Straße geholt! (Ernsthaft, solche Argumente hört man immer noch. Da fällt mir nix zu ein!!!)

Ah, da fällt mir doch ein, solche „Whataboutism“ sind gar nicht neu, das gab es schon vor 2000 Jahren.

Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem Auge bemerkst du nicht? Oder wie kannst du zu deinem Bruder sagen: Lass mich den Splitter aus deinem Auge herausziehen! – und siehe, in deinem Auge steckt ein Balken!
Du Heuchler! Zieh zuerst den Balken aus deinem Auge, dann kannst du zusehen, den Splitter aus dem Auge deines Bruders herauszuziehen!

Das steht in der Bergpredigt, Matthäus 7,3-5. Erinnert ein bisschen an „Wenn die Chinesen keine neuen Kohlekraftwerke mehr bauen, dann fange ich vielleicht an, mir Gedanken über meinen CO2-Verbrauch zu machen (aber auch nur vielleicht…)“.

Nein. Fang an, dich um deinen persönlichen Scheiß zu kümmern, ehe du den der anderen anprangerst, sagt Jesus!

Auch an anderer Stelle sagt Jesus ganz klar, was er von Selbstgerechtigkeit hält:

Es gingen zwei Menschen hinauf in den Tempel, um zu beten, der eine ein Pharisäer, der andere ein Zöllner.
Der Pharisäer stand für sich und betete so: Ich danke dir, Gott, dass ich nicht bin wie die andern Leute, Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner.
Ich faste zweimal in der Woche und gebe den Zehnten von allem, was ich einnehme.
Der Zöllner aber stand ferne, wollte auch die Augen nicht aufheben zum Himmel, sondern schlug an seine Brust und sprach: Gott, sei mir Sünder gnädig!
Ich sage euch: Dieser ging gerechtfertigt hinab in sein Haus, nicht jener. Denn wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt werden; und wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht werden. (Lukas 18, 10-14)

Wir haben keinen Grund, uns besser zu fühlen als die Regierung Brasiliens, denn wir alle haben unsere persönlichen Leichen im Keller, vielleicht in Form von viel zu vielen unnötigen Dingen, die wir horten, vielleicht durch zwei bis drei Kurztrips im Jahr mit dem Flugzeug, wo es auch die Bahn getan hätte, es ist ganz egal, wie groß oder wie klein unsere Umweltsünden sind. Und sollte jemand hier die Frau kennen, die im Fernsehinterview ganz frech sagte: „Ich knalle jeden Morgen mit 600 PS in die City, und jetzt erst recht!“: Schönen Gruß, Kindergartentrotz ist ja wohl auch nicht die Lösung.

Jeder kleine Schritt hilft. Das sollten wir nicht vergessen. Die längste Reise beginnt mit dem ersten Schritt, und wenn der erste Schritt ist, sich über das eigene Handeln klar zu werden, dann ist das so. Ich schätze mal, bei vielen Leuten ist Angst ein großer Antreiber, Angst, etwas zu verlieren (vordergründig Verlust von Lebensqualität durch weniger Konsum oder so). Und dann gibt es eben die, die mit Trotz reagieren. Weil man Angst und Ratlosigkeit nicht zugibt.

Erzählen wir doch lieber die Geschichte von dem, was wir gewinnen, wenn wir uns „einschränken“: Achtung vor dem Mitgeschöpf, ob Mensch oder Tier. Nicht das einkaufen, was der Discounterprospekt billig anpreist (in zu großen Mengen, was zum Wegschmeißen führt); sondern genau das kaufen, was wir gerade tatsächlich brauchen, was gerade hier wächst, weil es schmeckt (reif geerntet), weil es die Vielfalt an Lebensmitteln in unserer Region widerspiegelt. Selber kochen, weil es nicht nur Plastikverpackungen spart (ich sag nur: gekochtes und gepelltes Ei eingeblistert 😦 ), sondern weil es uns den Wert von LEBENsmitteln nahebringt. Überschüsse einwecken (ist oft besser als Tiefkühler, denn ich brauche nur einmal Strom, aber ich weiß selbst, bei manchen Sachen ist der Tiefkühler praktischer.) Wir gewinnen gute Luft, das Zwitschern der Vögel, wenn sie sich in unseren unaufgeräumten Gärten wohl fühlen (und wer Meisen hat, braucht nebenher auch kein Mittel gegen Blattläuse). Wir werden geerdet, indem wir uns auf Wesentliches besinnen. Wir lernen hoffentlich, das zu schätzen, was wir haben, und nicht dem nachzujammern, was wir nicht besitzen.

Und wir sollten uns den Druck nehmen, alles auf einmal ändern zu wollen (ich meine jetzt im ganz persönlichen Leben jedes Menschen), denn es dauert mindestens DREI WOCHEN, um eine Gewohnheit zu ändern. Je länger wir etwas auf eine bestimmte Art und Weise getan haben, desto länger dauert auch das abgewöhnen. Wenn eine neue, bessere Gewohnheit daraus entstanden ist, kommt die nächste Baustelle dran.

Von daher betrachtet, ist das Vorgehen der Bundesregierung zwar immer noch quälend langsam und unzureichend, aber möglicherweise auch nicht ganz der schlechteste Weg. Hätte jedenfalls noch schlimmer kommen können.

Und noch mal zum Storytelling: Bitte helft mit, dass wir die mitreißenden Geschichten nicht denen überlassen, die für gigantische Probleme einfache Lösungen parat haben!

Zum Schluss komme ich einer Bitte nach, denn dieses Video ist wirklich super verständlich. Danke, Julia!

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