Und plötzlich kennt man Betroffene

Ungefähr 3.500 km südöstlich von hier bebt die Erde, in geringer Tiefe, mit ungeheurer Wucht und Zerstörungskraft. Klar ist man schockiert, wenn man die Bilder im Fernsehen sieht, aber man sitzt im einigermaßen warmen Wohnzimmer, trinkt heißen Tee und ist doch mehr oder weniger distanziert, heilfroh, weit weg davon zu sein.

Und dann bekommt man in aller Herrgottsfrühe die Nachricht der Tochter, dass die Familie einer Freundin aus Grundschultagen betroffen ist. Die Eltern der jungen Frau sind zurück in die alte Heimat gezogen, zumindest die Mutter kannte ich damals auch persönlich.
Und so bekommen die Erdbebenopfer wenigstens ein konkretes Gesicht für mich. Glücklicherweise sind alle Familienmitglieder lebend aus ihren Häusern gekommen. Aber sie sind jetzt obdachlos, ein Teil der Familie mit kleinen Kindern, in der bitteren Kälte des Winters, in einer total zerstörten Umgebung. Wie auch viele andere dort, dazu kommt noch die Trauer und die Ungewissheit: Wie geht es weiter? Sind alle Freunde und Bekannten gesund oder wird man Todesopfer zu beweinen haben?

Die Spende, die ich daraufhin getätigt habe, ist so ziemlich alles, was ich von hier aus tun kann. Ich kann auch darum bitten, dass möglichst viele sich beteiligen. Und ich kann dankbar sein, dass trotz aller Unsicherheiten, Konflikte und Streitereien auf der Welt sehr schnell die humanitäre Hilfe angelaufen ist. Auch aus Ländern, die zum Beispiel aus religiösen oder politischen Gründen der Türkei gegenüber eher skeptisch eingestellt sind. Und auch aus Ländern, die den Bürgerkrieg in Syrien als Stellvertreter für ihre eigene Agenda nutzen. Das entzündet einen kleinen Funken Hoffnung, dass nicht alles nur schlecht ist. Dass es Momente und Zeiten gibt, wo die Menschlichkeit überwiegt.

Gott sei Dank

Vor genau einem Jahr und 12 Stunden geriet meine Welt ins Straucheln (kannst du hier nachlesen). Im wahrsten Sinn des Wortes: zuerst mit dem linken und Sekunden darauf mit dem rechten Bein. Ich weiß seitdem, was es heißt, aus vollem Lauf auf die Nase zu fallen. Das, was mich umwarf, war nicht das böse C-Wort, sondern eine Folge meiner rheumatischen Grunderkrankung und zugleich ein negativer Lottogewinn. Bei Psoriasis-Arthritis ist es nichts ungewöhnliches, dicke Finger oder Zehen zu haben, sich unerklärlich müde zu fühlen, öfter mal eine Sehnenscheidenentzündung zu haben. Aber sich gleich beide sogenannten „Ham-Strings“ (Schinkensehnen, treffender könnte der Ausdruck kaum sein) ab- bzw. anzureißen, das ist nicht normal.

In den nächsten Tagen und Wochen machte ich eine Achterbahn der Gefühle durch:

Zunächst Verzweiflung, denn selbst die fünf Meter vom Bett zur Toilette mussten gut geplant sein, ich musste auf jeden Fall rechtzeitig los, mit den Unterarmgehstützen einer Tochter (Denn in der Notaufnahme hatte ich keine bekommen, da war man ja auch der Meinung, ich hätte lediglich Zerrungen und könnte nach Hause gehen. Meinem Hinweis, dass meine Beine mich einfach nicht tragen konnten, wurde nicht nachgegangen. Dumm gelaufen.) Ungefähr drei Minuten dauerte dieser so wichtige, kurze Weg. Und drei Minuten zurück. Zwischendurch musste ich auch noch das Kunststück vollbringen, mich auf der Toilettenbrille mit den Armen abzustützen wie beim Barrenturnen, weil ich nicht sitzen konnte🙈.

Wenn man es gewohnt ist, jahrelang diejenige zu sein, die für den größten Teil der häuslichen Sorge-Arbeit zuständig ist, ist es auch ein total doofes Gefühl, auf einmal auf der anderen Seite zu – liegen (stehen ging ja nicht). Das liegt aber nicht etwa daran, dass die Familie es nicht gut hinbekommt. Klar machen die anderen manches anders und das ist manchmal gewöhnungsbedürftig. Aber das Haupthindernis ist dieser Gedanke im eigenen Kopf, dass es falsch ist, wenn man selbst Hilfe in Anspruch nehmen muss. Man ist hilf-los.

Das Schwanken zwischen Erleichterung (einen Teil der Telefonhotline konnte ich auch vom Bett aus erledigen und war somit nicht ganz nutzlos, mit dem Notebook konnte ich auch die Bloggerwelt weiterverfolgen und bereichern) einerseits und dem Grauen andererseits, denn über die Newsticker erlebte ich die Entwicklung des Corona-Ausbruchs weltweit quasi in Echtzeit mit und hatte auch noch die Zeit, mir darüber reichlich Gedanken zu machen.

Die Ungeduld, denn der Heilungsprozess dauerte mir viel zu lange (und ist bis heute noch nicht komplett abgeschlossen, rein körperlich ist zwar alles einigermaßen in Ordnung, aber die Kraft und Geschicklichkeit ist noch nicht ganz auf dem Niveau von vorher). Damit verbunden die Kopf-Probleme, auf den vernünftigen Vorschlag des Mannes zu hören und sich einen Rollstuhl zu mieten, damit mehr Mobilität im Haus und draußen möglich ist. Ich leiste Abbitte und ziehe meinen Hut vor allen, die dauerhaft mit diesem doch sehr praktischen Gerät leben. Der Perspektivwechsel hat mich manches mit anderen Augen sehen lassen und mir auch infrastrukturelle sowie gesellschaftliche Probleme sehr eindringlich vor Augen geführt.

Aber: die ersten Minuten nach dem „Umfall“, die lieben Leute aus Familie, Freundeskreis und Gemeindeumfeld, die mir beigestanden haben, sich in den nächsten Wochen mit Anteilnahme, praktischer Hilfe (und einem megaleckeren Rinderbraten, den werde ich nie vergessen) eingebracht haben, die Geduld, die meine Familie mit mir haben musste, wenn ich maulig war, nicht zuletzt der Rückhalt, den ich durch mein Vertrauen auf Gott, dass er es gut machen wird, meistens hatte (manchmal hab ich ihm aber auch Vorwürfe an den Kopf geklatscht, das gehört zur Vollständigkeit dazu. ER ist sehr geduldig mit mir), alles das hat auch eine tiefe Dankbarkeit hervorgerufen.

Von allem, was seit einem Jahr passiert ist, ist genau diese Dankbarkeit, das Gefühl, in allem bin ich trotzdem getragen, eigentlich das Wichtigste. Wie selbstverständlich nehmen wir es hin, wenn wir gesund sind. Ja, wir denken sogar, wir haben eine Art Rechtsanspruch darauf. Wie wenig Verständnis bringen wir auf für Menschen, die an Körper oder Seele nicht vollkommen fit sind. Wie sehr haben wir den Leistungsgedanken verinnerlicht. Und wie schwierig ist es, aus irgendeinem Grund aus dieser Tretmühle herauszukommen. Aber manchmal geht das ganz schnell und ungewollt: Ein Unfall, Schlaganfall, eine Diagnose, die uns aus der Bahn wirft. Oder ein Virus, das es schafft, innerhalb von wenigen Monaten weltweit ganze Wertesysteme aus der Balance zu bringen.

Wie wollen wir leben?

Catrins Hobbys & anderes Allerlei

Hier geht es um Hobbys & Alltag, Küche, Garten, Familie, Gedanken - eben auch um "anderes Allerlei" ;-)

Brotbackliebe ... und mehr

Meine kreative Küche

Kaffeehaussitzer

Bücher. Photos. Texte.

Lass mal lesen!

Books for Kids & Teens

Linsenfutter

Tier-, Naturbeobachtungen und mehr. Als Hobbyfotograf berichte ich. Stets suche ich Futter für die Linse meines Fotoapparates.

Regenbogen und Freudentränen

Von innen nach außen und von außen nach innen. Texte und Fotos

ROYUSCH-UNTERWEGS

Reiseberichte, Radtouren, Wanderungen, Bilder und mehr ....

Kommunikatives Lesen

Rezensionen zu aktuellen Büchern aus den Beststeller-Listen

Gnubbels kleine Gedankenwelt

Wenn man niemanden zum Reden hat aber die Gedanken und Erlebnisse einfach raus müssen...

Unterwegs ist das Ziel

ich bin gerne unterwegs, ich schreibe über Erfahrungen mit den öffentlichen Verkehrsmittel, tipps und Tricks und viele DIY Themen

Allerlei Gedanken

von Monika Huber

Sterntaler

Die Ostsee unter Segeln entdecken

Ich lese

Bücher sind die Freiheit des Geistes

Charis {ma}

Intuition ist besser als gar kein Plan ...

Schnippelboy

Ein Tagebuch unserer Alltagsküche-Leicht zum Nachkochen

Birthes bunter Blog-Garten

Grüner Garten-Frische Küche-Bunte Alltagswelt

Stachelbeermond

Wie das Leben - schön und stachelig

Wortman

Willkommen in den WortWelteN

CoffeeNewstom

Toms Welt des Kaffees

Marthas Momente-Sammlung

Bilder, Gedanken, und Geschichten.

The Organized Coziness

Interiorblog | Wohnen • Lifestyle • Kreatives

mutter-und-sohn.blog

Kluge Gedanken. Aus dem echten Leben

wortverdreher

Texte und Gedichte zu den Themen Tanzen und Leben

Kulturbowle

KulturGenuss, Bücherlust und Lebensfreude

reisswolfblog

"Bücher bieten keine wirkliche Rettung an, aber sie können den Geist davon abhalten, sich wund zu kratzen." - David Mitchell

wortwabe

Lies mich! Read me!

Naturgeflüster

Impulse für ein natürliches Leben

Taufrisch war gestern

Birgit Jaklitsch: Journalistin, Bloggerin, Autorin

romanticker-carolinecaspar-autorenblog.com

Vorstellung meiner Bücher - Blog: Romanti(c)ker

Künstlerhof Lavesum

Einblicke, Geschichten und mehr

Natis Gartentraum

Alles rund um den Garten, Ausflüge und mehr

Meine literarische Visitenkarte

Aus der Feder geflossen und vor die Linse gesprungen

-Naturliebe-

Im Fluss Des Lebens - Altes Wissen neu entdeckt

Steinegarten

Pflanzen, Steine und mehr

Geschichten und Meer

Die gnädige Frau wundert sich

Susis Querbeet

Bücher, Rezensionen, Rezepte, Katzen und mehr

Mein innerer Garten

Leben in emotionaler Instabilität

Wildgans's Weblog

Lese- und Lebensdinge

wupperpostille

...in Verbindung bleiben...

Sustainability

plastic free

Puzzleblume ❀

mit Wurzeln und Flügeln

Reginas Geschichten und Gedichte

Neu: viele Geschichten auch als HÖRGESCHICHTEN

%d Bloggern gefällt das: