Über Leben in der Klimakrise

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Über die Titelliste zur Netgalley-Challenge 2023 bin ich auf dieses Buch aufmerksam geworden. Die Autorin kannte ich nicht namentlich, aber sie ist diejenige, die den ersten Unverpackt-Laden in Berlin etablierte und den Verlag „Ein guter Plan“ gründete. Damit konnte ich etwas anfangen.

Für Milena Glimbovski steht fest: Vieles von dem, was uns bedroht, können wir nicht mehr rückgängig machen. Nicht mit vielen kleinen Tipps wie dem Coffee-to-go-Becher, den man immer in der Tasche hat oder dem Einkaufskorb statt der Plastiktüte. Was diese Maßnahmen deshalb nicht schlechter macht, aber es reicht halt nicht.
Aber auch großflächig geplante Maßnahmen werden nicht die Rettung bringen, so meint sie, weil die Umsetzung zu spät ins Auge gefasst wird, die Pläne oft noch unausgegoren sind und wir auch viel zu oft weitermachen wie bisher und die möglichen Lösungen in die Zukunft verschieben („Technologieoffenheit“, mein persönlicher Kandidat für das Unwort des Jahres 2023). Auch hier gilt: Diese Erkenntnis ist kein Freibrief, sondern sollte im Gegenteil ein Ansporn sein. Aber nun ja, die Trägheit der Masse…

Viele Menschen, das sieht man ja auch bei den Aktivisten der Letzten Generation, leiden deswegen – und das ist kein Scherz und keine Übertreibung – an einem depressiven Zustand, den nicht nur die Autorin „Klimagefühle“ nennt.

Die amerikanische Psychiaterin Lise van Susteren, die viele Menschen behandelt hat, die an einer posttraumatischen Belastungsstörung litten, stellte im Laufe ihrer jahrzehntelangen Praxis fest, dass auch Menschen, die Angst vor einem traumatischen Ereignis haben, unter vergleichbaren Symptomen leiden. Die prätraumatische Belastungsstörung beschreibt diesen psychischen Stress. Auslöser dafür können auch die Angst und Verzweiflung vor den Folgen der Klimakrise sein – nicht nur für einen selbst, sondern auch für die kommenden Generationen. Heute beschreibt van Susteren diese Diagnose weniger als psychische Störung denn als Zustand. Denn auch hier gilt: Die Klimakrise ist eine reale Bedrohung und damit keine Störung. Wenn wir also ständig von allen Seiten mit Nachrichten konfrontiert werden, wie schlecht es um unsere Umwelt bestellt ist, welche Stürme, Brände, Dürren und Hitzewellen gerade durch die Länder ziehen, dann kann diese intensive Beschäftigung zu einem prätraumatischen Belastungszustand führen.

aus Kapitel 3: Klimagefühle – ein kleiner Exkurs

Um in diesem dystopischen Zustand nicht zu verharren, müssen wir uns Strategien überlegen, und das führt zu der Überlegung, dass Anpassung notwendig ist. Dazu stellt sie Projekte und Menschen vor, die schon am Thema dran sind, forschen, durchführen, einfach machen.

Auch über dieses Buch könnte ich viel schreiben, aber ich möchte mich einmal auf unsere Lebensgrundlage schlechthin konzentrieren:

Das Wasser

Woran liegt es, dass dieselbe Ahr, die im Sommer 2021 Menschenleben, Existenzen und materielle Werte vernichtete, nur ein Jahr später nicht mal mehr den Rhein erreichte, sondern vorher schon versickerte?
Was ist eigentlich das Problem bei starken Regenfällen? Warum ist das nicht einfach nur „viel Regen auf einmal“, sondern eine reale Bedrohung für unseren Lebensstil?
Warum bekommt der Kohletagebau und überhaupt die Energiewirtschaft mehr als die Hälfte des gesamten deutschen Wasserbedarfs – und das fast umsonst?
Was ich übrigens zumindest in dieser Dimension bisher nicht wusste. Und jetzt kommt der Punkt, weshalb ich diesen Artikel unbedingt heute noch schreiben wollte:

Morgen, am 31.5.2023 soll im Bundestag über die nationale Wasserstrategie beraten werden. Erstaunlich eigentlich, dass es so etwas noch nicht gibt.

Konzerne, die jährlich viele Milliarden Liter Wasser nutzen und nichts dafür zahlen: Damit könnte es bald vorbei sein. Bis 2025 will die Bundesregierung prüfen, ob die Nutzung von Wasser in allen Bundesländern kostenpflichtig werden soll. Die Gebühren könnten unter anderem dafür genutzt werden, um einen „bewussteren Umgang mit der Ressource Wasser” anzustoßen, wie es in dem Dokument heißt. Am Mittwoch will sich das Bundeskabinett mit der Strategie beschäftigen.

Jan-Niclas Gesenhues, umweltpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, begrüßt die Strategie. Sie mache klar, dass es ein zeitgemäßes Wasserrecht brauche. Die Einführung von einheitlichen Gebühren für die Nutzung von Wasser sei ein wichtiger Schritt dahin. „Die Entgelte müssen die ökologischen Kosten widerspiegeln.“ 

Wann genau die vereinheitlichten Entgelte kommen sollen, bleibt allerdings offen. Denn ein konkreter Zeitpunkt findet sich in dem Dokument, das CORRECTIV vorab vorliegt, nicht.

https://correctiv.org/aktuelles/wirtschaft/2023/03/14/wasserstrategie-konzerne-sollen-fuer-wasser-zahlen/ (zuletzt abgerufen 30.5.23)

Besonders berührt hat mich eine ganz kleine, schlichte Aussage, die aber einen großen Teil der Misere ausmacht und leider viel über unser Aufmerksamkeitsvermögen aussagt:

Was wir nicht sehen, rutscht uns vom Schirm.

Aus Kapitel 3, „Anpassungsmaßnahmen“

Wenn wir nicht lernen, besser und sinnvoller mit dem Wasser umzugehen, dann haben wir meiner Meinung nach vielleicht einfach nicht verdient, weiter eine wichtige Rolle auf diesem Planeten zu spielen.

Auch wenn man nicht mit allen Schlüssen, die von der Autorin genannt werden, konform gehen mag (schließlich haben wir nicht alle dieselben Erfahrungen gemacht), lohnt es sich auf jeden Fall, sich mit dem Buch und insgesamt mit dem Thema zu beschäftigen. Ich habe viele neue Informationen bekommen, die mir weiterhelfen, für mich persönlich Probleme einzuordnen, Widerstände zu erkennen, Lösungen anzudenken.
Übrigens lese ich parallel abends im Bett von Marc Elsberg „Celsius“ (nicht die beste Schlaflektüre, gebe ich ja zu). Es ist schon bemerkenswert, an wie vielen Punkten das Sachbuch und der Thriller parallele Gedankengänge aufweisen… (Dazu in einem anderen Artikel mehr.)

Bibliographische Angaben: Milena Glimbovski, Über Leben in der Klimakrise, Ullstein Verlag, ISBN 978-3-548-06805-3, 16,99 €
Erscheinungsdatum: 1. Juni 2023

PS: Auch Maßnahmen, die manches Mal auf den ersten Blick sinnvoll erscheinen, haben Schattenseiten. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch dieser Artikel aus dem letzten Frühsommer:
https://correctiv.org/aktuelles/klimawandel/2022/06/14/klimawandel-konflikt-um-wasser-in-deutschland/

Das Klimabuch

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Vorweg: Dieser Post braucht ein wenig mehr Zeit, um ihn komplett zu lesen und nachzuvollziehen. Bitte versucht es trotzdem, ich denke, es lohnt sich. Nicht meinetwegen, sondern für die Zukunft.

Nur zwei Wochen, nachdem zwei Millionen Klimastreikende auf der ganzen Welt zu Beginn der Klimakonferenz COP25 in Madrid gegen deren Weiter-so-Politik protestiert hatten, wurde Anfang Dezember 2019 in Wuhan der erste Fall von SARS-CoV-2 beim Menschen registriert. Im Januar, als das Weltwirtschaftsforum in Davos sich ein neues Image als »Klimakonferenz« zu geben versuchte, wurden die ersten Todesfälle gemeldet. Im Februar, als die Welt außerhalb Chinas über das »neuartige Coronavirus« und seine Möglichkeiten, das Leben vieler Millionen zu bedrohen und aus den Angeln zu heben, in Panik geriet, starben weltweit 2718 Menschen an dieser Krankheit. Im selben Monat starben weltweit etwa 800 000 Menschen an den Auswirkungen der Luftverschmutzung durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe.
Im Verlauf des Jahres wuchs der Preis an Menschenleben, den die Pandemie forderte, grausig an, obwohl jeder neue Sterblichkeits-Meilenstein oftmals weniger Schrecken und Entsetzen auslöste als der vorige, nach dem entmutigenden, aber durchaus bekannten Rhythmus, mit dem Katastrophen schnell zu etwas Normalem werden. Bis Ende 2021 waren innerhalb von zwei Pandemiejahren weltweit schätzungsweise mehr als 15 Millionen Menschen daran gestorben, was Covid-19 zu einer der sieben tödlichsten Pandemien der Menschheitsgeschichte machte. In keinem der beiden Jahre überstieg die Zahl dieser Todesopfer jedoch die jährlichen Sterbefälle, die durch Luftverschmutzung verursacht wurden.
Während der Pandemie setzte sich die Klimakrise unerbittlich fort und führte alle paar Wochen – manchmal auch alle paar Tage – zu Ereignissen, die man einst unmissverständlich als Vorzeichen kommender harter Prüfungen erkannt hätte. Zweihundert Milliarden Heuschrecken schwärmten über das Horn von Afrika, verdunkelten den Himmel in brummenden Wolken, groß wie Städte, fraßen so viel, wie zehn Millionen Menschen an einem Tag essen, und starben schließlich in so großen Mengen, dass die Haufen der Insektenkadaver, wenn sie herunterfielen, Züge zum Stillstand brachten – alles in allem waren es achttausend Mal mehr Heuschrecken, als ohne den Klimawandel zu erwarten gewesen wären.
In Kalifornien wüteten 2020 Brände auf einer doppelt so großen Fläche als je zuvor in der modernen Geschichte des Bundesstaates, der in einem einzigen Jahr fünf der sechs größten jemals verzeichneten Waldbrände erlebte. Etwa ein Viertel des weltweiten Sequoia-Bestandes verbrannte. Über die Hälfte der gesamten Luftverschmutzung im Westen der Vereinigten Staaten war auf Wald- und Buschbrände zurückzuführen, die mehr Feinstaub produzierten als sämtliche industriellen und menschlichen Aktivitäten zusammen. In Sibirien gab es »Zombiefeuer«, so genannt, weil sie den ganzen arktischen Winter hindurch weiterbrennen, und tauender Permafrost ließ den Öltank eines abgelegenen Kraftwerks bersten, wodurch 17 000 Tonnen Öl in einen örtlichen Fluss gerieten; 2021 wurde durch weltweite Flächenbrände annähernd so viel Kohlenstoff freigesetzt wie von den gesamten Vereinigten Staaten, dem zweitgrößten Emittenten der Welt. Ein Hurrikan der Kategorie 4 traf in Mittelamerika auf Land, nur wenige Kilometer von einem Gebiet entfernt, über das nur Wochen zuvor bereits ein Hurrikan der Kategorie 5 hinweggefegt war. Sechzig Millionen Chinesen wurden wegen harmlos klingender »Flussüberschwemmungen« evakuiert, verursacht durch Regenfälle, die den imposantesten Damm der Welt gefährdeten, die aber, gemessen an den Niederschlagsmengen und dem Ausmaß der Evakuierung, nur leicht über den jüngsten Durchschnittswerten lagen. Als das erste Pandemiejahr sich dem Ende näherte, wurden im Südsudan eine Million Menschen, ein Zehntel der Bevölkerung, durch Überschwemmungen vertrieben. Im zweiten Pandemiejahr starben in Westeuropa Hunderte durch Hochwasser, Dutzende wurden im Großraum New York getötet, als Regenfälle während des Hurrikans Ida Souterrainwohnungen volllaufen ließen, und über dem Pazifik überstieg die Hitzekuppel die früheren Rekorde so weit, dass Klimaforscher sich fragten, ob ihre Modelle und Projektionen falsch kalibriert seien – außerdem tötete diese Hitze mehrere hundert Menschen und einige Milliarden Meerestiere und schuf beste Bedingungen für Flächenbrände und Erdrutsche durch spätere so heftige Überschwemmungen, dass Vancouver praktisch von der Klimakatastrophe blockiert war, als der Herbst in den Winter überging. Kurz vor Silvester schürte ein Sturm mit Windgeschwindigkeiten von über 140 Stundenkilometern einen urbanen Feuersturm in Vororten von Denver, wo der wärmste und zweittrockenste Herbst in 150 Jahren dem zerstörerischsten Brand in der Geschichte des Bundesstaates vorausgegangen war: Die Flammen tobten von Haus zu Haus durch Vororte und Sackgassen, die noch am Tag zuvor wie der Inbegriff einer brennbaren Moderne ausgesehen haben dürften.
Die ganze Welt schaute weg – abgelenkt von der hereinbrechenden Pandemie und durch die wachsenden Opferzahlen jüngster Katastrophen darauf trainiert, etwas, was sie früher vielleicht als brutalen Bruch der Lebenswirklichkeit wahrgenommen hätte, nun als logische Entwicklungen in einem bekannten Muster zu sehen. Aber was würden wir sehen, wenn wir die Lehren aus der Pandemie für die Zukunft der Klimamaßnahmen ziehen könnten? Vor allem, dass die Pandemie eine unerwartete Aufforderung zu ehemals unvorstellbar ehrgeizigen Maßnahmen darstellte, die die Welt als Ganze dann aber fatalerweise nicht ergriff. Man hätte die beispiellose Reaktion auf die Pandemie auch auf die beispiellose Herausforderung der Erderwärmung richten können, beseelt von einem wahrhaft globalen Geist und mit der Motivation, die ungleich verteilten Belastungen der schon jetzt am stärksten betroffenen Menschen zu mildern. Stattdessen wurde diese beispiellose Reaktion zur Verteidigung des Status quo genutzt, und die Führungsspitzen des globalen Nordens horteten neben ihren Emissionen nun auch Impfstoffe.
Covid-19 ist nicht so offenkundig als eine Episode des Klimawandels zu erkennen wie viele der Katastrophen, die wir in unserer Fokussierung auf die unmittelbarer erscheinende Bedrohung durch die Pandemie übersehen haben. Aber zu den zahlreichen beunruhigenden Lehren, die beide Krisen gemeinsam haben, gehört diese: Die Natur ist mächtig und kann beängstigend sein, und obwohl wir unser Zeitalter als das Anthropozän bezeichnen, haben wir die Natur weder besiegt, noch sind wir aus ihr ausgebrochen, sondern leben nach wie vor in ihr, sind immer noch ihren launischen Kräften unterworfen, ganz gleich, wo wir wohnen oder wie geschützt wir uns normalerweise auch fühlen mögen. Wir können uns nicht länger vormachen, wir würden die Regeln der Wirklichkeit in Konferenzen oder Seminarräumen selbst aufstellen, ohne zunächst die Umwelt zu berücksichtigen.

David Wallace-Wells „Lehren aus der Pandemie“ in: Thunberg, Das Klimabuch, Kap. 5.14

Hm. Ein bisschen lang, ja, gebe ich zu. Aber obwohl ich wirklich willens war, hier […] zu nutzen, weiß ich auch nach dreimal Lesen immer noch nicht, welche dieser überwältigenden Infos ich kürzen sollte.
Beim Lesen ist mir einmal wieder klar geworden, wie zweischneidig wir Menschen denken. Wir haben überhaupt kein Problem damit, mit Freunden und Verwandten auf anderen Kontinenten mittels Social Media zu chatten, uns virtuell zu verbünden, zu streiten, uns Komplimente zu machen oder Beschimpfungen an den Kopf zu knallen. Und sind dabei von diesen digitalen „Freundschaften“ so überzeugt, als hätte wir jahrelang miteinander die Schulbank gedrückt. Gleichzeitig übersteigt die bloße Information über Waldbrände auf anderen Kontinenten unser Vorstellungsvermögen, lassen uns Reportagen aus dem überschwemmten Pakistan kälter als solche aus Australien (obwohl das noch weiter entfernt ist als Pakistan, aber die armen Koalas…) Machen wir uns die Welt nicht alle ein bisschen nach der Prämisse Pippi Langstrumpfs?

Und das ist ja nur ein sehr kleiner Ausschnitt aus all den vielen Aufsätzen in dem Buch. Ja, das Buch besteht aus Essays, aus ganz unterschiedlichen wissenschaftlichen Forschungsfeldern, von Fachleuten der jeweiligen Themen möglichst kurz und prägnant geschrieben. Und in allen ihren Facetten von Greta Thunberg editiert, mit eigenen Texten kommentiert und gewertet. Denn das, was unserem Klima nicht einfach so passiert, sondern von (einer global gesehenen Minderheit) Menschen mit unserem Planeten gemacht wird, beschränkt sich nicht auf CO2-Ausstoß. Wir beuten unser Lebenserhaltungssystem aus, systematisch und in einem enormen Ausmaß. Wenn man bedenkt, dass der größte Anteil der gesamten Menschheit durchaus nicht nur innerhalb, sondern weit unterhalb der Ressourcengrenzen lebt, sollten wir, die in reichen Ländern leben, sowieso sehr demütig werden. Demütig nicht im Sinn von „Ab in die Ecke und kräftig schämen“, sondern eher von „Anpacken und endlich gegensteuern“. Und uns auch hinterfragen, aber dabei nicht stehenbleiben.

Nun kann man möglicherweise darüber streiten, ob dieses Buch unter dem Label der Autorenschaft Thunbergs nicht eventuell eine Mogelpackung ist. Ob sie nicht vielleicht eher als Herausgeberin fungieren sollte. Aber ehrlich gesagt, angesichts der Dringlichkeit des Themas ist das zweitrangige Erbsenzählerei. Bei Zahnpasta und Antifaltencremes haben wir ja auch keine Probleme mit Werbemaßnahmen. Die einzelnen Autoren der Essays werden benannt, ebenso ihre Funktion und ihr Arbeitsschwerpunkt in Forschung, Lehre, Organisationen oder Publizistik. Und sie alle haben ihr Okay dafür gegeben, dass das Buch so heißt, wie es heißt.

Man kann sich auch darüber mokieren, dass Greta Thunberg „erst“ 19 Jahre jung ist und einen erheblichen Teil der letzten Jahre Schulschwänzerin war.
Zu den Eigenarten vieler Menschen im Autismus-Spektrum gehört es aber nun einmal, sich umfangreiches Wissen bis hin zur ausgewiesenen Expertise im Eigenstudium anzueignen, die Welt- und auch die neuere Geschichte weiß von vielen derartig begnadeten Autodidakten. Und man denke nicht, diese Fähigkeit sei nur beneidenswert. Sie kann auch einen enormen Leidensdruck verursachen, unter anderem weil das Gehirn nie innehält, ständig arbeitet, analysiert oder einordnet und außerdem mit den „Unzulänglichkeiten“ der Umwelt klarkommen muss. Und sich mitunter alles, einfach alles merkt. Extended Memory.

Aber nun zum Buch. Alles hängt mit allem zusammen. Diese Erkenntnis haben nicht nur diejenigen, die zum Verschwörungsglauben neigen. Und es ist eines der wenigen Dinge, mit denen sie recht haben. Wir können nicht ohne die Verknüpfung von Lieferketten, Transport, Reisen, Konsum, Artensterben, Eisschmelze, Waldbränden, Migration, Gesundheit, Ressourcenverbrauch und so weiter nur an Einzelteilen herumdoktern. Ohne auskömmliche Löhne in fernen Ländern haben die Menschen dort keine Perspektive und suchen ihr Heil in der Migration. Ohne Gesundheit brechen Lieferketten zusammen und damit der Konsum. Ohne das richtige Mikroklima in einem Anbaugebiet keine Nahrungsmittel in ausreichender Menge und Güte. Das sorgt für gesellschaftliche Destabilisierung, Putsche, Generalstreiks und damit wieder für Migrationsbewegungen.
Im Übrigen ein Zusammenhang, den all die „[hier eine beliebige Nation einsetzen] first“- Anhänger nicht begreifen (wollen): in dem Maße, wie man sich seine angeblichen Freiheiten nicht nehmen lassen will, sorgt man auf die Dauer dafür, dass genau das passiert, was man um jeden Preis vermeiden will. Diejenigen, die man als Billigdullis ansieht, die am anderen Ende der Welt für einen Appel und ein Ei unseren Wohlstand zusammenzimmern sollen, stehen auf einmal vor unserer Haustür und wollen auch etwas vom Kuchen haben. Vielleicht auch nur deswegen, weil ihr Billiglohnland schlicht und ergreifend absäuft.

Ehe ich mich jetzt hier in Rage schreibe: das sind einige Beispiele von vielen, die man auch mit der Schmetterlingstheorie veranschaulichen könnte. Ich habe das Buch bisher nur quergelesen, mir zunächst die Aufsätze herausgepickt, die mein Covid-geplagter Kopf verarbeiten konnte. Aber es hat ausgereicht, um mich zu ärgern. Ärgern darüber, dass nicht nur skrupellose Großkapitalisten, sondern auch Millionen Menschen, die sich selbst für recht plietsch halten, die meinen, sie hätten den Durchblick und sie wüssten, wo und wie der Hase läuft (also auch du und ich und andere intelligenzbegabte Individuen) sich so unglaublich selbst überschätzt haben. Dass wir uns von Marketingkampagnen an der Nase herumführen lassen, oft genug dadurch, dass wir uns einfach einlullen lassen wollen. Weil es bequem war und für viele auch noch ist. Weil es schier unmöglich ist, den Überblick zu behalten in dieser Welt. Und wer verspricht, eine ganz einfache Lösung für die vielfältigen Probleme bieten zu können, der ist schlichtweg unredlich oder hat unlautere Absichten.

Aber ich habe auch Hoffnung geschöpft. Weil ich ein großes Potential darin sehe, sich einen Überblick zumindest teilweise zu verschaffen und daraus kleine, lokale oder persönliche Ansätze zu beginnen. Nicht jeder von uns muss denselben Schwerpunkt setzen. Aber wenn viele unterschiedliche Ansätze entstehen und kommuniziert werden, wenn also eine Art Graswurzelbewegung entsteht, dann kann daraus etwas großes werden. Es ist halt nur wichtig, dass endlich konsequent angefangen wird, dass nicht immer wieder hinausgeschoben wird und jede Regierung, Organisation oder jedes Individuum darauf wartet, dass jemand anderes den ersten Schritt tut.

Darin sehe ich übrigens eine Stärke des Buches: Es muss nicht von vorne bis hinten in einem Rutsch durchgelesen werden. Man darf durchaus vorne ins Inhaltsverzeichnis schauen und mit dem anfangen, was man nachvollziehen kann, was einem logisch erscheint, wo man sich selbst fähig fühlt, zu beginnen.

Bibliographische Angaben: Greta Thunberg, Das Klima-Buch, S. Fischer Verlage, ISBN 978-3-10-397189-7, € 36,-
(Eventuell in der Bibliothek reservieren lassen, wenn die Anschaffung zu teuer ist. Oder als Gebrauchtbuch erwerben.)

Geblitzdingst

Plakat: Sony

Ist das vielleicht eine Idee? Der dritte Teil von Men in Black lief letztens im TV (leider habe [oder wurde?] ich vergessen, auf welchem Programm😂, aber das ist ja auch zweitrangig) und ich kam im Nachhinein auf die Idee, es hätte ja was, wenn so manche Leute einfach mal vergessen könnten, was sie eigentlich gerade für einen Mist verzapfen oder welche Macht sie ausüben.
Auch eine Reise ins Jahr 1969 wäre bedenkenswert. Die erste Klimastudie aus dem Jahr 1965 (wissenschaftlicher Beirat des US-Präsidenten) liegt noch nicht so lange zurück, die Exxon Studie, der Bericht des Club of Rome und die großen internationalen Klimakonferenzen hatten noch gar nicht stattgefunden. Allerdings wage ich zu bezweifeln, dass die Ergebnisse mit offeneren Ohren aufgenommen würden, weil nach dem Blitzdingsen ja auch sämtliche seitdem erlangten Erkenntnisse futsch gewesen wären. Und dann stünden wir wieder da wie bei Und täglich grüßt das Murmeltier und ich möchte nicht wirklich wissen, wie viele Wiederholungen wir bräuchten, um klimatechnisch die Kurve zu bekommen.

Bisher ist mir eher aufgefallen, dass abgewählte Politiker nach dem Regierungswechsel vollkommen ausgeblendet haben, wofür sie vorher zuständig waren und was sie dort getan – oder vor allem auch nicht getan haben. Eindeutig Geblitzdingst! Und nicht nur sie, das trifft genauso für Wirtschaftslenker und auch für viele andere zu. Unter anderem möglicherweise auch, weil es einfach mühsam, anscheinend fruchtlos und zäh wie Kaugummi ist.

Manchmal wünsche ich mir auch für mich selbst, von einem Neutralisator getroffen zu werden und so einiges zu vergessen.
Aber – nee, lieber doch nicht, denn dann wären ja auch die vielen wunderschönen Erinnerungen meines Lebens weg. Also, deswegen und weil es nur in Hollywood funktioniert, bleibe ich dann doch in der ewigen Tretmühle. Und von ein paar schönen Erinnerungen, die ich nicht missen möchte, schreibe ich in den nächsten Tagen auch mal.

Countdown -Teil 7

Am Sonntagmorgen habe ich mir die Ruhe und die Laune vermiest, indem ich weitergelesen habe. Es ging im gelesenen Kapitel vor allem um globale (Klima-)Gerechtigkeit. Denn das Klima wirkt global, Emissionen machen nicht an politischen Grenzen halt und es ist auch ganz klar, dass am meisten unter den Klimafolgen bisher die Länder leiden, die am wenigsten zu den Problemen beigetragen haben. Allerdings sind es autokratisch regierte Nationen wie China und Russland, die am meisten auf der Bremse stehen, wenn es zum Beispiel um den Meeresschutz in der Antarktis geht (Stichwort: Bodenschätze). Zur Wahrheit gehört aber auch, dass es ziemlich mittelmäßig ist, dass wir immer wieder mit dem Finger auf China zeigen, wenn die Produkte, die dort unter klimaschädlichen Voraussetzungen hergestellt werden, in Mitteleuropa konsumiert werden.

Wir verharren im „Wird schon nicht so schlimm werden“, wenn es um das globale Klima geht, das eindeutig aus dem Ruder gelaufen ist. Warum eigentlich? Wenig Sichtbarkeit (außer bei konkreten Ereignissen, wo dann aber trotzdem beschwichtigt wird), wenig Vertrauen der Staaten untereinander, die Einstellung „Ich bewege mich erst, wenn die anderen das auch tun“ (die dazu führt, dass sich keiner bewegt) und dann kommt ein großartiger Satz, der einem aber das ganze Dilemma vor Augen führt:
„Der deutsche Neurowissenschaftler Henning Beck, der sich auch mit dem Klimawandel beschäftigt hat, argumentiert damit, dass man die Zukunft nicht spüren kann, und deswegen sei sie den Menschen egal. (S. 162/287 eBook)
Besser kann man das Trauerspiel nicht in einem Satz ausdrücken.

Latif fährt fort:
„Die Zukunft würde im Gehirn einer Art „Downgrade“ unterliegen, so Beck, es sei denn, man kann die Zukunft im Gehirn real werden lassen. Meine eigene Erfahrung sagt mir, dass die Zukunft zum Beispiel durch Kunst in den Köpfen erzeugt werden kann, etwa durch Musik, Theater, Malerei oder auch Bildhauerei. Oder durch spannende Filme und Erzählungen, die eine positive Zukunftsvision transportieren. Das funktioniert. Man erreicht zwar nur vergleichsweise wenige Menschen und oftmals gerade diejenigen, die man gar nicht mehr davon überzeugen muss, dass das Prinzip der Nachhaltigkeit das Leben der Menschen bestimmen sollte. Trotzdem sind diese Dinge wichtig, weil die, die man erreicht, wichtige Multiplikatoren sind.“ (S. 163/287)

Bei diesen Sätzen geht meine Erinnerung mal wieder spazieren. Ich sehe eine deutliche Parallele zu Büchern und Filmen aus den Genres Fantasy und Science Fiction, gerade aus den 80er und 90er Jahren des 20. Jahrhunderts: viele dieser Geschichten spielen in der Zukunft, wobei die Welt durch eine große Katastrophe lange unbewohnbar war. Der Aufbau neuer Zivilisationen, meist mit mittelalterlichem Standard oder auch das auf ganz niedrigem zivilisatorischen Niveau stattfindende Überleben vereinzelter Menschen trägt Filme wie „Waterworld“, „Mad Max“ oder „The Day after“, Buchreihen wie „Shannara“, „Die Drachenreiter von Pern“ und viele andere. Der Entstehungsepoche geschuldet wird meist eine Atomkatastrophe vorausgesetzt, aber im Endeffekt spielt dieses Detail die kleinste Rolle.


„Umgekehrt scheint es verhängnisvollerweise einfacher zu sein. Der ehemalige Präsident der USA, Donald Trump, hat es geschafft, mit Lügengeschichten Massen gegen den Klimaschutz zu mobilisieren. Wie also können wir breite Schichten der Bevölkerung dafür gewinnen, für einen Klimaschutz zu sein, der seinen Namen verdient? Beim Impfen hat bei einigen die Aussicht auf eine Bratwurst geholfen. Was aber ist das Pendant zur Bratwurst bei der Bewältigung der Klimakrise? Hierauf haben wir keine Antwort, zumindest keine, die bisher in der Praxis funktioniert hätte. Eines scheint mir jedoch glasklar zu sein: Wenn wir nicht die allermeisten Menschen für die Überwindung der Klimakrise gewinnen, indem sie merken, dass sie selbst oder die Gesellschaft von den notwendigen Veränderungen profitieren, werden wir das Problem nicht in den Griff bekommen. Ohne eine breite gesellschaftliche Akzeptanz für Klimaschutzmaßnahmen werden wir nicht weit kommen.“ (S. 163/287)

Warum fehlt die breite Akzeptanz, und ich möchte hinzufügen, nicht unbedingt in der Bevölkerung, sondern zunächst mal in konventioneller Politik und Ökonomie? Es wird vor allem darauf geschaut, was es heute kostet, etwas zu tun. Dass es viel teurer wird, und zwar in jeglicher Hinsicht, wenn das „Tun“ ständig verschoben wird, das stört viele vermutlich vor allem deswegen nicht, weil sie mit den Folgen nicht mehr (lange) leben müssen. Und weil den Menschen, die sich heute schon einschränken müssen bei der gesellschaftlichen Teilhabe, immer nur vorgerechnet wird, was alles nicht mehr gehen wird, und das ist perfide und unredliche Bauernfängerei noch dazu.

Mit diesen niederschmetternden Gedanken werde ich jetzt erstmal dieses Lesetagebuch beenden. Ich habe lange darüber nachgedacht, ich werde auch das Buch weiterlesen, aber ich brauche jetzt eine große Pause davon. Ich habe in den letzten Tagen und Wochen gemerkt, dass die ganze Dringlichkeit, die in der Thematik steckt, gemeinsam mit dem Unverständnis, wie man so dermaßen den Kopf in den Sand stecken kann und allem anderen, was mich sowieso auch noch beschäftigt hält, mich einfach zu sehr runterzieht. Ich brauche Tapetenwechsel.

Countdown- Teil 5

Als ich heute früh wach werde, höre ich ein leises Rauschen vor dem Schlafzimmerfenster: es regnet, richtig schön. Richtig schön bedeutet: es pladdert nicht mit viel Druck, sondern es ist ein gleichmäßiger Landregen, wie aus dem Rasensprenger. Im Radio machen die Moderatoren Witze über das Wetter. Ehrlich gesagt, denke ich spontan, ich führe inzwischen lieber Unterhaltungen über Glaubensfragen als Smalltalk übers Wetter zu halten. Ist unverfänglicher…

Landwirten gestehe ich augenblicklich einen zwiespältigen Blick zu: denn während Herbstkulturen wie Kartoffeln, Mais und Zuckerrüben von dem Regen profitieren, ist es natürlich blöd für die gerade begonnene Getreideernte, dass es heute nicht trocken ist. Aber im Großen und Ganzen brauchen wir den Regen.

Aber nun zum Buch: Habe ich schon über Extremniederschläge, Dürreereignisse und den Jetstream gelesen, so kommt es jetzt zu dem, was uns Menschen offensichtlich Probleme beim Verständnis bereitet: Zusammengesetzte Ereignisse, also die unterschiedlichen Kombinationen von scheinbar gegensätzlichen Wetterereignissen. Die machen alle Vorhersagen unberechenbar.
Es ist übrigens nach dem, was ich bisher gelesen habe, ein grundlegendes Problem, dass die Art, der Zeitpunkt und das konkrete Aussehen von Kipppunkten zurzeit noch kontrovers diskutiert werden. Das hat zur Folge, dass sehr viele Menschen sich denken, solange es nicht restlos zweifelsfrei bewiesen und auch nicht tatsächlich eingetroffen ist, brauchen wir noch nichts tun.
Und das ist ein Trugschluss. Denn egal, was passieren wird: es wird dann unumkehrbar sein.

Oder hat es schon mal irgend jemand gesehen, dass ein bereits einstürzender Jenga-Turm sich plötzlich spontan wieder aufrichtet?

Wir beklagen lieber wortreich relativ kleine Eingriffe in angebliche „Freiheitsrechte“, als uns damit auseinanderzusetzen, dass unweigerlich ein Punkt in erreichbare Nähe rückt, an dem uns die Entscheidungsgewalt entgleitet. Wir riskieren die Freiheit unserer Kinder und Enkel um unserer eigenen Bequemlichkeit willen.
Das hat etwas von kindlichem Augenzuhalten: Wenn ich etwas nicht sehe, dann kann es mich auch nicht sehen (respektive passieren).
Zugleich stampfen PS-Junkies in den sozialen Medien verbal mit den Füßen auf, bestehen auf ungebremstem Rasertum und kommen sich dabei offensichtlich wichtig, erwachsen und stark vor. – Wer sagt es ihnen?

Ja, es gibt tatsächlich Gründe, schnell zu fahren: Mit Blaulicht und Martinshorn, wenn Gefahr für Leib und Leben besteht. Phallus-Ersatz (Viagra auf vier Rädern?) dagegen gehört nicht dazu.

Übrigens, ich halte es für sehr seriös, dass Mojib Latif bei allen Szenarien, die er beschreibt, auch immer wieder darauf hinweist: es gibt Unsicherheiten. Nicht alles lässt sich genauestens vorhersagen oder berechnen. Natürlich nicht, denn viele Komponenten, wie zum Beispiel wirtschaftliche Entwicklungen, aber auch das Verhalten eines jeden Einzelnen, liegen noch vor uns.
Aber Politik und Wirtschaft sowie auch ein großer Teil der Menschheit können nur schwer mit Unwägbarkeiten umgehen. Man wünscht sich Planbarkeit und Eindeutigkeit.
Ich habe allerdings in der letzten Zeit einige Bücher von Latif gelesen, auch solche, die er schon ganz am Anfang des Jahrtausends geschrieben hat. Seine Trefferquote der Szenarien ist beachtlich hoch.

Zum Schluss dieses Tagebucheintrages möchte ich eines zu bedenken geben, worauf Latif im Buch hinweist, und diese Bemerkung geht vor allem an die Leute, die mit der FDP glauben, Technologie wäre der Schlüssel:

„Gestatten Sie mir eine Bemerkung zu den negativen Emissionen. Die Simulationen mögen den Eindruck erwecken, als ob das 2-Grad-Ziel leicht zu erreichen sei. Doch das wäre ein großes Missverständnis. Denn in den entsprechenden Szenarien sind bereits negative Emissionen enthalten. Damit wird implizit davon ausgegangen, dass in einigen Jahrzehnten technologische Möglichkeiten zur Verfügung stehen, um große Mengen an Treibhausgasen wieder aus der Atmosphäre zurückholen, und zwar mehr, als in sie emittiert wird. Nur gibt es diese Technologien bislang gar nicht. Ohne die negativen Emissionen ist die Welt tatsächlich auf einem Kurs, der eine globale Erwärmung von etwa 3 Grad Celsius bedeuten würde. Die Menschen sind also schon längst eine Wette auf die Zukunft eingegangen. Außerdem könnten die Verfahren zur Entfernung von CO2 aus der Atmosphäre andere gewaltige Umweltprobleme verursachen. (auf meinem Reader S. 116/287)

Was bisher geschrieben wurde:

https://annuschkasnorthernstar.blog/2022/06/23/neues-lesetagebuch-countdown/

https://annuschkasnorthernstar.blog/2022/06/25/countdown-teil-2/

https://annuschkasnorthernstar.blog/2022/06/29/countdown-teil-3/

https://annuschkasnorthernstar.blog/2022/07/03/countdown-teil-4/

Ich kann es einfach nicht lassen

Rom – Glasgow – Kleinkleckersdorf

Das erste, was ich mich in dem Zusammenhang gefragt habe: Warum war eigentlich zeitlich zuerst das G20-Treffen und die Klimakonferenz erst danach? Andersherum wäre möglicherweise beim G20 ein etwas besseres Ergebnis herausgekommen. Mehr Druck auf die Möchtegern-Bosse der Welt.

Außerdem habe ich mir den Podcast „Mal angenommen“ der ARD https://www.ardaudiothek.de/episode/der-tagesschau-zukunfts-podcast-mal-angenommen/kohleausstieg-2030-was-dann-oder-gedankenexperiment/tagesschau/94547176/ angehört. Und fand ihn interessant und bedenkenswert.

Vorweg: Ich kann jeden einzelnen Menschen verstehen, der vor dem Aus seiner beruflichen Existenz steht, wenn sein Arbeitsplatz in den „alten“ Industrien wegfallen wird. Ich kann aber auch jeden verstehen, der heute die Hoffnung hat, dass „sein“ Dorf nicht mehr abgebaggert werden muss. Denn auch, wenn diese beiden Menschen anscheinend auf gegenüberliegenden Seiten stehen, so ist doch beiden übel mitgespielt worden, von Teilen von Politik und Wirtschaft, die mit Sicherheit selbst die Zeichen der Zeit zwar erkannt haben, aber sich hartnäckig weigern, danach zu handeln. Aus Angst vor Wählern und Aktionären. Aus Angst vor uns. Ist ihnen nicht klar, dass sie durch Prokrastination irgendwann noch viel mehr zu verlieren haben? Was nützt es der Wirtschaft, wenn (Atom-/Gas-/Kohle-)Kraftwerke an Flüssen immer wieder abgeschaltet werden müssen, weil entweder zu wenig und zu warmes Wasser zum Kühlen vorhanden ist oder im Gegenteil eine Überschwemmung der Anlagen droht? Wenn die großen Konzerne nicht mehr beliefert werden können, weil die Lieferketten zusammenbrechen aufgrund von Extremwetterereignissen? Für alle diese Szenarien hatten wir seit 2018 schon Beispiele.

Seit 1965 warnen Wissenschaftler:Innen verschiedenster Fachrichtungen immer lauter werdend unermüdlich vor dem, was uns bevorsteht. Aber die Meisten ziehen es vor, lieber auf die zu hören, die jegliche Verantwortung immer weiter auf künftige Generationen abschieben. Es ist frustrierend, sich vorzustellen, wo wir stehen könnten, wenn von Anfang an gehandelt worden wäre. Es wäre im Vergleich zu heute fast paradiesisch.

Wer heute noch der Meinung ist, den menschengemachten Klimawandel (der ja auf den natürlichen noch on top kommt) gäbe es nicht, der wohnt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht auf Sylt, Wangerooge, einer Hallig oder in anderen küstennahen Regionen. Wenn die Malediven absaufen, wen kümmert es? Okay, eine Tauch-Destination weniger, aber tote Korallen wegen der Korallenbleiche im immer wärmeren Meerwasser will ja sowieso keiner sehen! Wenn in küstennahen Gebieten Afrikas, aber auch beispielsweise in Spanien, das Grundwasser versalzt und nichts mehr angebaut geschweige denn getrunken werden kann, wer nimmt dann die Klimaflüchtlinge auf?

Solche Fragen gibt es zuhauf. Die jungen Leute von FFF stellen sie, viele NGOs stellen sie, Wissenschaftler aller Disziplinen stellen sie. Aber wer gibt die Antworten? Und wer will die Antworten hören? Lassen wir uns nicht viel lieber weiter Sand in die Augen streuen? Vor der BTW2021 habe ich in einer Dokumentation gesehen, dass von Seiten der CDU in den deutschen Hochwassergebieten gegen den Umweltschutz gehetzt wurde. Den Menschen, die ihr Hab und Gut verloren hatten, wurde erzählt, die Brücken seien durch Totholz aus flussnahen Naturschutzgebieten verstopft und zerstört worden. Durch morsche, vermodernde Baumstämme sei das Hochwasser so zerstörerisch gewesen. Sicher ist auch das abgeflossen, aber seit Jahren morsches Holz dürfte längst nicht so viel Zerstörungspotenzial bieten wie LKWs, Wohnwagen, Autos oder halbe Häuser, die man auf den Fernsehbildschirmen entlangschwimmen sah. Und viele haben es geglaubt. Irgendwie sogar verständlich, denn wer möchte in einer solchen Situation denn eingestehen, dass auch der eigene Lebensstil mit zu der Katastrophe beigetragen hat? Vielleicht wäre es mir sogar ähnlich ergangen?

Ich könnte vermutlich stundenlang weiterschreiben und Beispiele finden, warum wir als gesamte Menschheit so träge sind, vor allem als westliche, gesättigte Industrienationen, die nicht in erster Linie an der Front stehen (ich mag diese militärischen Ausdrücke nicht, aber für die Menschen in den Südseestaaten zum Beispiel ist es Kampf und Krieg! Endgame!)

Ich könnte auch die Schultern zucken, den nächsten Roman von meinem Stapel nehmen und den Sonntag genießen. Was geht mich das an?

Aber das kann ich nicht, und so lese ich mich weiter wie die Raupe Nimmersatt durch die Bücher, die mir Erklärungen bieten, mir Argumente liefern und mir hoffentlich helfen können, das mir mögliche zu tun, um doch noch eine große Vollbremsung hinzubekommen. Eins ist sicher: Die Erde kann ohne uns Menschen gut klarkommen. Umgekehrt funktioniert das nicht. Das ändern auch die Herren Bezos, Branson und Musk mit ihren Weltraumeroberungsfantasien nicht.

Wenn das Wasser kommt

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Den Zusatz „Ein Essay“ hatte ich doch glatt überlesen, als ich mir das Leseexemplar bei Netgalley runterlud. Aber so kam es, dass ich in einem Rutsch beim Warten auf die abendlichen Nachrichten das gesamte Büchlein durchlesen konnte.

Kann nicht. Darf nicht. Geht nicht.

So charakterisiert Rutger Bregman seine niederländische Heimat und ihre Menschen. Und diese Aussagen tragen sie so lange vor sich her, bis eine Katastrophe eintritt. Ab dann sind die Niederländer allerdings in der Lage, das Unmögliche möglich zu machen. Spätestens seit 1953 gäbe es sonst große Teile der Niederlande nicht mehr. Vielleicht sollte ich an dieser Stelle erwähnen, dass dieser Essay 2020 geschrieben, für die deutsche Ausgabe aber um einige spezifisch deutsche Informationen durch Susanne Götze erweitert wurde.

Jedenfalls, ausgehend von der großen Flutkatastrophe 1953 in den Niederlanden und der neun Jahre später Hamburg verwüstenden Sturmflut breitet Bregman seine These aus, dass die Menschheit erstens ziemlich geschichtsvergessen ist und zweitens, dass immer die Neigung da ist, zu sagen „Wird schon nicht so schlimm kommen“. Bemerkenswert, denn eigentlich steht diese Haltung ja im krassen Gegensatz zur typischen „German Angst“.

Die surreale Absurdität liest sich dann beispielsweise so:
„Noch schlimmer trifft es die Ostfriesischen Inseln, deren Untergrund aus Sand besteht. Sie liegen ungeschützt gegen jede Sturmflut vor der Nordseeküste und ragen nur wenig über den Meeresspiegel hinaus. Viele dieser Inseln haben Schutzdünen aus Sand, auf denen sogar teilweise Häuser stehen. Bei einem Meeresspiegelanstieg ab einem Meter und einer Zunahme von Sturmfluten sind sie stark gefährdet, Hotels und Ferienhäuser erste Opfer der Fluten. Aus diesem Grund verklagte eine Familie von der Nordseeinsel Langeoog die Europäische Union auf schärfere Klimaziele – und scheiterte 2021 am Europäischen Gerichtshof.[41]Was manche Bewohner schon heute nicht mehr schlafen lässt, ist dem Immobilienmarkt offenbar komplett egal: Ein Grundstück auf Langeoog in der Nähe zum Strand kostet spektakuläre 7200 Euro pro Quadratmeter. Eine geeignete Versicherung, die künftige Schäden mit abdeckt, bietet allerdings niemand mehr an. (6. Kapitel)

Wie bitter muss es für die Journalistin Susanne Götze gewesen sein, ihr Nachwort mit diesen Worten zu beginnen:
„Kaum hatte ich den Stift für die Erweiterung des Textes von Rutger Bregman beiseitegelegt, da passierte es. Das Wasser kam. Noch hatte ich den Satz von Michael Kleyer aus Oldenburg im Ohr: «Natürlich gibt es unwahrscheinliche Konstellationen. […] Aber wir wissen, dass diese Extremwetter durch den Klimawandel zunehmen. Wir können das ernst nehmen – oder wie bei den großen Fluten Mitte des Jahrhunderts hoffen, dass alles nicht so schlimm kommt. »Es war unheimlich, fast surreal, dass dieser Essay so schnell von den Ereignissen überholt wurde. Erftstadt, Schuld, Altenahr – diese überschwemmten Orte in Westdeutschland haben im Juli 2021 die so «unwahrscheinlichen» Konstellationen erfahren. Die ganze Republik konnte tagelang verfolgen, dass die angebliche Sicherheit, in der wir uns in Deutschland wiegen, nur ein schöner Schein ist. Als die braunen Wassermassen zwischen den Fachwerkhäusern brausten, Menschen auf den Dächern auf die Helikopter warteten und Einwohner nach ihren Angehörigen suchten, wurde diese Illusion begraben. Das Unwahrscheinliche wurde wahr, aus Sicherheit wurde Angst, aus Schwarzmalern wurden plötzlich Propheten. All das, was dieser Text beschreibt, wurde uns in den vergangenen Monaten wie durch einen Spiegel vorgehalten. Doch nach fast 200 Toten, Tausenden zerstörten Existenzen und apokalyptischen Szenen aus den Flutgebieten dankt niemand den Propheten, die es ja schon wussten. Keiner vergibt Orden dafür, dass man recht hatte. Und wer wollte sie auch haben?“

Und erst die Diagnose dessen, was wirksame Maßnahmen zu oft verhindert:
„Für eine echte Krisenvorsorge müsste die Politik aber weit vorausdenken. Dieses langfristige Denken fehlt in Politik und Wirtschaft.“
So lange das Denken und Handeln bestimmt ist von Legislaturperioden und Geschäftsjahren, so lange kann man kein vorausschauendes Denken, geschweige denn Handeln erwarten. Und so lange niemand zugeben mag, dass Verbesserungen erstmal weh tun können, ehe sich ihr Sinn zeigt, bleibt das Denken deswegen „Wird schon nicht so schlimm.“

Bibliographische Angaben: Rutger Bregmann/Susanne Götze, Wenn das Wasser kommt, Rowohlt Verlag, ISBN 978-3-499-00729-3, € 8,-

Lesetagebuch 2.0 – Fazit

Boah! Das war ein Brocken. Nicht nur vom Gewicht des Buchblockes, sondern vor allem von der Gewichtigkeit des Inhaltes her. Deswegen musste ich zwischendurch auch ein paarmal was anderes lesen, besprechen, bedenken.

Im Endeffekt könnte ich aber direkt wieder von vorn anfangen, weil ich auf einige Dinge gestoßen bin, mit denen ich mich gern näher beschäftigen möchte. Besonders hat mich berührt, dass eben wirklich alles irgendwie mit allem anderen zu tun hat, was wir gern im Alltag ausblenden. Was aber erstens verständlich ist (sonst findet man ja gar keine Ruhe mehr, und die brauchen wir einfach), und zweitens ist es auch in Ordnung, wenn nicht jedem von uns alles gleich wichtig ist und wir müssen auch keine Perfektion erreichen.

Wichtig ist: sich Gedanken zu machen, und anfangen, eine Sache (und dann die nächste, und irgendwann die übernächste…) umzusetzen. Nicht alle Aspekte betreffen ja auch jeden von uns gleichermaßen. Aber wir sollten trotzdem im Hinterkopf behalten, dass es Sachverhalte gibt, die in anderen Gegenden die Welt auf den Kopf stellen und dass im Endeffekt stets die gesamte Erde betroffen ist. Ihr wisst schon, Schmetterling und so.

Hilfreich ist es in jedem Fall, Dinge nicht abstrakt zu betrachten, sondern die persönliche Dimension dahinter in den Fokus zu stellen: wie würde ich mich verhalten, wenn etwas mir oder meiner Familie, vor allem meinen Kindern, passieren würde? Wie wünsche ich mir, dass wir in den nächsten Jahren leben können? In welcher Situation sollen meine Töchter im Jahr 2050 sein, soll ihr (Über-)leben ein K(r)ampf sein oder sollen sie sich vielleicht auch lieber daran freuen, ihren Enkelkindern irgendwann die Schönheiten der Erde zu zeigen?

Oder viel näher am hier und jetzt: Wo möchte ich nächstes Jahr meinen Urlaub verbringen? An einem Strand voller Plastikmüll? In einem Wald, der aus abgestorbenen Bäumen besteht? In Bergen, die immer instabiler werden, weil der Permafrost die Felsen nicht mehr zusammenhält?

Und ich? Was mache ich jetzt, nachdem ich das Buch durchgehechelt habe? Nun, ein wenig Luft holen, einen Roman lesen, morgen zum ersten Mal wieder zum Arbeiten in die Buchhandlung gehen, mein Nähzimmer neu organisieren und dann versuchen, einen Teil der Bücher abzuarbeiten, die mir beim Lesen von „Mensch, Erde“ neu auf meine Liste gewandert sind. Und am Klimastreik teilnehmen. An dem Vormittag darf dann halt keiner unserer Buchhändler EDV-Probleme haben. Am besten, sie gehen alle mitstreiken😅.

Das Lesetagebuch war auf jeden Fall auch in der zweiten Auflage eine Herausforderung und spannende Erfahrung. Noch mehr als im Winter, als ich das Jahr 2021 mit Harald Lesch begann. Ob ich in absehbarer Zeit noch einmal so tief in eine komplexe Materie einsteigen kann/werde, das werde ich erst mit etwas zeitlichem und mentalen Abstand beurteilen können. Vielleicht mag ja die eine oder der andere von euch seine Meinung dazu in die Kommentare schreiben.

Jetzt geht es ans Eingemachte,…

… denn in den beiden letzten Kapiteln dreht es sich zunächst um das, was wir in den sozialen Medien auch dauernd tun: Reden (bzw. Schreiben) und noch wichtiger: Zuhören (bzw. Lesen)! Ersteres auf jeden Fall, beim zweiten hoffe ich es zumindest. Und dann in Kapitel 12 wird aus der Kommunikation die Tat. Nur durch Anpacken wird aus der ganzen grauen Theorie auch praktisches Handeln.

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Bevor es aber praktisch wird, kommen erst noch ein paar teils unangenehme Fragen, zum Beispiel, warum es so schwierig ist, den inneren Schweinehund zu überwinden. Oder sein Verhalten zu ändern. Warum wir eigentlich immer geneigt sind, zu sagen: „Aber XY ist viel schlimmer als ich. Soll der/die doch anfangen…“

Ein Grund ist möglicherweise, dass zu häufig „Klimawandel“ gesagt wird. Es wird doch, gerade in der Zeit vor der Bundestagswahl, immer davon gesprochen, dass einige sich „wandeln“ sollen. Und nun ist das auch wieder nicht richtig? Krise oder Katastrophe, diese Ausdrücke, die viel besser beschreiben, was vor unseren Augen passiert, werden lieber umgangen, denn das klingt so apokalyptisch. So ähnlich wie bei „global“, das hat was von „weit weg, jedenfalls nicht hier“.

Ein anderer Grund ist, dass wir zum Understatement neigen: „Was kann ich kleiner, einzelner Mensch denn tun? Ich bin doch nur ein Rädchen im Getriebe…“ Diese Denkweise kaschiert an sich nur unsere Trägheit, Faulheit, unser Bedenkenträgertum. Wir können genau das tun, was ein Mensch tun kann. Und wenn wir genügend kleine Rädchen mit genügend Sand im Getriebe sind, dann läuft die große Maschinerie eben nicht mehr wie geschmiert.

Es folgen einige Ansätze, wie man beginnen kann, bewusster mit Ressourcen aller Art umzugehen. Dieses Vorgehen vereinfacht die Sache: Beginne mit etwas, das dir wichtig ist. Egal was. Ob plastikfreieres Leben, mehr Fahrrad und weniger Auto, öfter selber kochen, beim Biobauern einkaufen… egal. Hauptsache anfangen. Der Rest kommt dann.

Ich muss gestehen, ich bin gerade ein bisschen überfordert, alles wiederzugeben, was mir wichtig erscheint, aber andererseits geht es darum ja auch nicht. Ich hoffe, euch „Appetit“ auf das Buch zu machen. Und ein ganz kleines bisschen hoffe ich auch, dass ihr es noch vor dem 26. September lest und euch ganz genau überlegt, wem ihr das Wohl unserer Zukunft am ehesten anvertrauen wollt.

Und noch einmal der Verweis auf den Beginn des Lesetagebuches, wer hier Quereinsteiger ist, kann von dort an nochmal alle Kapitel verfolgen.

Es geht voran und mein Kopf brummt mal wieder

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EvH geht der Frage nach dem Wert eines Vogels ebenso nach wie der Überlegung, was wir denn überhaupt noch frühstücken könnten, wenn es keine Bienen (wilde und Honig-) mehr gäbe. Die Antwort ist verstörend, denn da bleibt kaum etwas außer Wasser übrig. Es ist also dringend geboten, sich außer mit Hitzewellen, Starkregenereignissen, brennenden Wäldern und Tornados über Ostfriesland auch mit dem Artensterben zu beschäftigen.

Aber auch mit dem Artensterben in unseren Körpern, wenn wir jede Erkältung mit Antibiotika behandeln. Und mit der Unsitte, ohne Not (aber leider auch ohne ausreichenden Platz im Stall oder Auslauf) vor allem Geflügel, aber auch andere Nutztiere, routinemäßig mit Reserve-Antibiotika zu füttern, die dann für den Menschen im Ernstfall nicht mehr als Reserve zur Verfügung stehen. Merken wir das eigentlich wirklich nicht, dass wir vor allem uns selbst schaden? Oder sind wir Lemminge, die unaufhaltsam dem Abgrund entgegentaumeln? (Wobei ich letztens gelesen habe, dass dieses Klischee auf die armen Tierchen eigentlich überhaupt nicht zutrifft.)

Als ob die Konsequenzen nicht schon heftig genug wären, geht es uns tierliebenden Deutschen an den Kragen. Unsere Art, mit unseren Haustieren (im Gegensatz zu den Nutztieren) umzugehen, ist schon ziemlich gewöhnungsbedürftig und nicht gerade ressourcenschonend. Ich will hier gar nicht so sehr ins Detail gehen, aber es ist tatsächlich ein bisschen abartig, wenn wir unsere Hunde und Katzen mit bestem Bio-Muskelfleisch vom Rind oder Truthahn füttern, obwohl bei diesen Rassen wildlebende Tiere alles fressen, was ihnen vor die Zähne kommt. Und zwar, wenn es vorher lebendig war, samt Innereien und Darminhalt (Kunststück, sie haben ja auch nicht die teuren Nahrungsergänzungen zur Verfügung, die wir für teures Geld dazukaufen, damit die lieben Fellnasen alle Mikronährstoffe bekommen). Und Rind, Känguruh oder Strauß dürfte bei verwilderten mitteleuropäischen Hunden sowieso eher nicht auf der Speisekarte stehen. Auch Thunfische liegen eher selten überfahren auf unseren Landstraßen.

Wer hätte das gedacht: Mücken und Menschen sind die gefährlichsten Lebewesen überhaupt! An Würmer denkt eigentlich kaum jemand, selbst unsere Hunde sind gefährlicher als Haie oder Wölfe. Und jetzt ratet mal, wen die Menschen am liebsten weg haben würden?

Am Ende des Kapitels geht es um das Moor, Schauplatz vieler schaurig-schöner Geschichten quer durch die Weltliteratur. Doch nicht nur den Bücherwürmern wird zukünftig vieles fehlen, wenn die Moore nicht in großem Stil wiedervernässt werden. Mit Schaudern denke ich an die 70er Jahre zurück, als meine Mutter Torf in großen Säcken kaufte… Sie wusste zumindest so viel: Torf hält das Wasser sehr gut. Nur sollte er das im Moor tun und nicht in Gärten.

Weiter geht es, immer neue Aspekte geben mir zu denken. Zum Beispiel der Zusammenhang von intakter Natur und seelischer Gesundheit. Mir fällt ein, wie viele Menschen letztes Jahr während der Lockdowns den Waldspaziergang für sich entdeckt haben. Oder das Baum-Umarmen. Davon sang schon das ehemalige Ekel Kakmann im Bibi-und-Tina-Film. Auch Kinder- und Jugendfilme können für Umweltbildung sorgen. Ob die erholsame Wirkung aber noch so stark ist, wenn wir zwischen trockenen und öden Baumskeletten, abgebrannten Stümpfen und käferzerfressenen Fichtenleichen herumstapfen, wage ich zu bezweifeln.

Je weiter ich im Buch komme, desto mehr merke ich, dass bisher jeder angesprochene Aspekt auch mein Leben berührt. Manche mehr, manche weniger, aber auch beim Schreiben stelle ich fest, dass ich immer weniger über das Buch referiere als vielmehr eigene Erlebnisse reflektiere, die mir beim Lesen ins Gedächtnis kommen. Ich bin fasziniert von dem Ausdruck „Solastalgie“, der ein bestimmtes Gefühl wiedergibt: „Wie bei der Nostalgie kommt zum Unbehagen an der Gegenwart und der unbestimmten Sehnsucht nach einer vergangenen, heileren Welt noch etwas anderes: das Bewusstsein, dass es diese heile Welt in Zukunft nicht mehr geben wird, weder räumlich noch zeitlich. Unwiederbringlich dahin. Irreversibel.“ (S: 393) Man bedenke, dass dieses Buch vor der letzten Hochwasserkatastrophe geschrieben wurde. Ich schlucke, als ich überlege, wie die Menschen an der Ahr, der Erft und in den anderen Flutgebieten diese Sätze empfinden mögen. Oder diejenigen, die am Rande des Braunkohletagebaus stehen und die Heimat ihrer Kindheit nicht mehr wiedererkennen. Oder die Australier, Kalifornier und andere, die unter Rauch und Asche die Überreste ihrer Existenzen ansehen müssen.

Und all dieses, was die Betroffenen um Hab und Gut, um das Leben ihrer Angehörigen, um ihre persönliche Geschichte bringt, das zerstört nicht nur die Umwelt, sondern es macht auch krank. An Körper und Seele. Und alle von uns, die aus der relativen Sicherheit ihrer Wohnzimmer davon lesen, ohne selbst betroffen zu sein, können einfach nur sehr dankbar und sehr demütig sein.

Immer mehr stelle ich fest, dass ein „Weiter so“ in keinerlei Hinsicht eine Option ist. Und dass eine Hoffnung auf die Lösung unserer Probleme auf keinen Fall „Technologie und Wachstum“ heißt. Diese Hoffnung ist Augenwischerei und der größte Rebound-Effekt aller Zeiten. So ende ich also mit dem heutigen Beitrag mal wieder ein bisschen ratlos, aber hoffentlich nicht mutlos und verweise alle Neueinsteiger auf den Beginn des Lesetagebuches.

Das Kapitel mit dem Lastenfahrrad

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Aber auch der SUV kommt vor (und nicht sehr gut weg, das kann ich schon verraten). Der Traktor und das Flugzeug finden auch noch Platz, aber das Kapitel beginnt zu Fuß. Also, die Bewegung steigert sich langsam bis zum bitteren Ende.

Vielleicht ahnt ihr es, einfach wird es nicht, denn die meisten von uns haben mindestens ein Auto vor der Tür stehen. Und schon aus rein statistischen Gründen ist es bei vielen ein SUV. Die können ja auch wirklich vorteilhaft sein, wenn man einen größeren Wohnwagen zu ziehen hat oder irgendwo in der Pampa wohnt. Ich persönlich mag auch gern Pickups, aber ich brauche so ein Teil eben nicht, im Gegensatz zu unserem Nachbarn, aber der ist auch Landwirt und transportiert Saatgutsäcke, Kartoffeln und alles mögliche andere. Wenn ich dagegen manchen dicken Pseudogeländewagen namhafter deutscher Hersteller sehe und feststelle, dass da auch nicht viel mehr in den Kofferraum passt als in meinem Fiat 500 (mit dem ich sogar mal die Lebensmittel für eine 40-Personen-Kinderfreizeit transportiert habe!) und man keine zwei Australian Shepherds darin bequem mitnehmen kann, dann freue ich mich, dass ich wenigstens in jede Parklücke passe, vorausgesetzt, die Leute links und rechts von mir haben ordentlich eingeparkt.

Ein Lastenfahrrad hätte ich noch lieber. Das, was ich mir in den Kopf gesetzt habe, ist allerdings für dieses Jahr ausverkauft, ich muss auf 2022 warten. Auch ohne finanzielle Förderung verkaufen sich die Teile wie geschnitten Brot. Und da macht sich auch keiner Gedanken, wo die denn parken sollen…

Aber eigentlich wollte ich erzählen, dass dieses Kapitel gerade in der ersten Hälfte trotz des ernsten Themas richtig Spaß beim Lesen macht. Das liegt auch daran, dass es ziemlich viele schräge und lustige Wortspiele rund um die (Fort-)Bewegung gibt. Nebenbei regen Sätze wie dieser zum Nachdenken an: „Wenn es eine feste Zeit im Hin und Her braucht, dann fahre ich nach der Arbeit doch lieber mit dem Rad nach Hause und hab mich bewegt, als erst mal mit dem Auto ins Fitnessstudio, wo ich mich dann auf ein Laufband stelle, das verhindert, dass ich von der Stelle komme.“ Immerhin spart das auch Zeit und Geld.

Was ist der Unterschied zwischen Berlin und Utrecht? 127,30 Euro pro Person und Jahr. Soviel mehr gibt Utrecht für Fahrradinfrastruktur aus:

Abschließend geht es den Flugzeugen auch noch an den Kragen. Aber da ich überhaupt keine Flugerfahrung habe außer einem Rundflug über die Porta Westfalica in einer kleinen zweimotorigen Maschine, vor knapp 40 Jahren als Schülerin gewonnen, klinke ich mich dabei aus und frage mich, ob ich vielleicht noch eine Flasche Tomatensaft im Schrank habe. Bis bald!

Hier geht es zum Anfang dieses Lesetagebuches und zu den bibliographischen Angaben.

Nachdenklich und etwas beschämt…

… schreibe ich meinen 401. Artikel hier. Und wieder ist es

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denn ich habe nach ein paar Tagen, an denen ich mich mit anderen Themen beschäftigt habe (das musste einfach mal sein, es wurde zu viel), die Lektüre an „Mensch, Erde“ wieder aufgenommen.

Puh, es ist teilweise heftig. Am Anfang dachte ich noch, da sind wir fein raus, denn wir halten alle nicht viel von „Fast Fashion“, selbst unsere Töchter trugen von Klein auf ihre Klamotten oft, bis ich sie ihnen wegnehmen musste. Nicht weil sie kaputt waren, sondern damit die Leute nicht meinten, wir könnten uns keine passende Kleidung für unsere Kinder leisten. Lieber fünf Lieblingsteile, die man unendlich waschen und anziehen kann als zehn Billigshirts, bei denen nach zwei Wäschen die Nähte auf Bauch und Rücken sitzen und sich nach weiteren drei Waschmaschinenrunden dieselben komplett auflösen.

Heftig schlucken musste ich aber, als es um das Thema Daten, Digitalisierung und vor allem Streaming ging. Denn ich muss gestehen: ich höre wahnsinnig gern Podcasts. Naja, dafür habe ich kein Netflix, aber ich blogge und ich lese andere Blogs. Alle diese Aktivitäten verbrauchen Unmengen an Strom, direkt für den Datenverkehr und indirekt für den Betrieb der immer größeren Serverfarmen, die alles verwalten müssen, was uns so wichtig erscheint. Ich war lange nicht so froh darüber, wenigstens meine zahlreichen Lieblingsfilme immer noch auf DVDs zu sammeln, die muss ich nicht immer wieder übers Netz liefern lassen. (Auf der anderen Seite hamstere ich dadurch natürlich auch wieder Dinge, die irgendwann einmal entsorgt werden müssen, wenn nicht von mir selbst, aber spätestens von meinen Erben…)

Coffee to go wenigstens vermeide ich und jedes Familienmitglied hat bereits seit langem sowohl eine Wasserflasche als auch einen Thermosbecher aus Edelstahl, wenn sich das Mitnehmen von Heiß- und Kaltgetränken als sinnvoll erweist. Und wir wohnen in einem (Teil-)Fachwerkhaus, einem alten Bauernkotten, der seit über 200 Jahren bei jedem Wind vor sich hin knarzt, immer noch viel Lehm und Stroh, Sandsteine und grobe Eichenbalken enthält (und wo das allein irgendwann nicht mehr hielt, schmierte meine Mutter bevorzugt Gips hin😅), Beton findet man hier nicht. Aber für alle ist das ja eher nicht die Lösung, so viele alte Katen gibt es nun mal nicht. Und nicht jeder kommt mit dem Geknarze zurecht (ich dagegen brauche es, es zeigt mir, dass unser Haus gewissermaßen „lebt“).

Das war’s für heute. Im Ausblick auf das nächste Kapitel fällt mein Blick auf das Stichwort „Lastenfahrrad“ und ich bin gespannt, ob Eckart von Hirschhausen dabei das „Rote Tuch“ in den Medien der letzten Tage schon vorhergesehen hat…

Und natürlich auch hier wieder der Hinweis, wie dieses Lesetagebuch begonnen hat.

Der Strom kommt aus der Steckdose oder: No Atomstrom in my Wohnhome

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Das Kapitel heißt „Aufwärmen und abkühlen“ und beides braucht Strom. Viel Strom. Meine Heimatstadt scheint davon zu viel zu besitzen, denn auch, wenn es heute früh um kurz vor halb Acht etwas verhangen und regnerisch ist, die Straßenlaternen müssten eigentlich nicht eingeschaltet sein, so dunkel ist es nun auch wieder nicht. Und ich glaube kaum, dass am Sonntagmorgen die Laternen auf Funktionsfähigkeit geprüft werden.

Aber der Reihe nach. Es gibt kein Fieberthermometer, das über 42 Grad geht, denn 42 ist nicht nur die Antwort auf alles, sondern auch die Höchsttemperatur für menschliches Leben. Zu Beginn des Kapitels erfahren wir, dass Schwitzen gut ist, Klimaanlagen schlecht fürs Klima sind und Wind ist Luft, die es eilig hat. Wusstet ihr schon? Geschenkt.

Etwas nachdenklicher macht vielleicht, dass Bauten, die heutzutage gebaut werden, energetisch oft lange hinterherhinken, weil sie schon vor Jahren geplant wurden. Der Städtebau hinkt deswegen (lange Genehmigungsverfahren etc.) meist Jahrzehnte hinter aktuellen Bedürfnissen zurück.

Was noch wichtiger ist: effektiver Klimaschutz sorgt auch für mehr soziale Gerechtigkeit, denn wenn jeder Mensch und jede Familie selbst zusehen muss, wie sie den Sommer bei erträglichen Temperaturen verbringen, dann gilt: kühle Kellerräume in ausreichender Größe und Wohnlichkeit oder Pools im eigenen Garten oder Klimaanlagen (die aber bei genauem Hinsehen eh nur für weiteres Aufheizen draußen sorgen, Kühlschrankprinzip) können sich nur die Wohlhabenderen leisten.

Hier noch ein Abschnitt zum Nachdenken: Es geht um den Kohleausstieg, bitte nicht vor 2038, denn da hängen Arbeitsplätze dran. Auch schon gehört, oder? „Während Deutschland 2009 noch führend bei der Produktion von Solarmodulen war, stammen heute so gut wie alle aus Asien, weil dort mehr, schneller und billiger produziert wird. Deutschland hat nach einem fulminanten Start in der Photovoltaik durch die Verschlechterung der politischen Rahmenbedingungen nach 2012 rund 80.000 Arbeitsplätze in einer Branche vernichtet, in der in China im selben Zeitraum mehr als eine Million Arbeitsplätze entstanden. Aus meiner Sicht verlieren bei diesen Dimensionen die 20.000 Arbeitsplätze in der Kohleindustrie an argumentativem Gewicht.“ (S. 278f.)

Erstaunt war ich, dass anscheinend in der Umgebung der Asse, zu der Zeit als dort Atommüllfässer eingelagert wurden, Kindergeburtstage als Event veranstaltet wurden. Sollte hier jemand mitlesen, der dabei war, bitte melden. Inzwischen werden die Fässer dort wieder rausgeholt, weil es sich als doch nicht so sicher erwiesen hat… (An dieser Stelle haue ich noch einen Spontispruch der 80er raus: „Kein Atommüll auf den Mars, denn Mars bringt verbrauchte Energie sofort zurück.“ Kleine Denkanregung, falls einer der Herren Branson, Bezos oder Musk auf diese Idee kommen sollte.)

Die Grafik über die Todesursachen von Wildvögeln dient auch noch dazu, Dimensionen zurecht zu rücken. Nachdenklich überlasse ich euch jetzt dem Sonntag. Beim Bäcker heute früh gab mir die Verkäuferin auf den Weg: „Einen schönen Sonntag -trotz des Regens.“ Ich antwortete: „Naja, Regen ist halt Regen, so what?“ Eine andere guckte mich erstaunt an: „Aber es soll den ganzen Tag regnen!!!“ (Einfach nur regnen. Ohne Gewitter, ohne Starkregen, ohne Tornado. Zumindest in unserer Gegend.) Und ich: „Na okay, dann nähe ich halt.“ Vielleicht lese ich auch weiter…

Ach ja, und hier wie immer zum Beginn dieser Lesereise.

Googelst du noch oder hilfst du schon Bäume pflanzen?

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Was ist denn das für eine Frage? Naja, wo suchst du denn, wenn du etwas in den Tiefen des Internets finden willst? Ist dir bewusst, dass es eine Suchmaschine gibt, die ihre Werbeeinnahmen nicht dafür verwendet, ihr Geschäftsmodell durch unsere sämtlichen Lebensbereiche hindurch auszuweiten, sondern Bäume zu pflanzen? Obwohl ich diese selbst verwende (Ecosia.org), stutzte ich, als ich den Abschnitt las. Außerdem ging mir so durch den Kopf, wie häufig ich in der letzten Zeit Wälder gesehen habe, die stellenweise nur aus struppigen, trockenen Baumstämmen bestanden oder sogar bereits abgeholzt waren:

An den Nammer Klippen. Hier ist sogar schon wieder etwas zaghaftes Grün im Kommen. Das Foto ist vom 13. Mai 2021

Ich war überrascht, als ich eben las, dass Pollen in Verbindung mit Asthma und Gewitter echt wandelnde Bomben sind: durch die elektrostatische Aufladung der Luft platzen sie und ihre Bruchstücke gelangen besonders tief in die Lunge, wo sie viel mehr Schaden anrichten als oben auf den Bronchien. Das wusste ich noch nicht, obwohl ich seit vielen Jahren allergisches Asthma habe.

Eigentlich muss sich auch niemand wundern, wenn Allergien, Asthma, Heuschnupfen und Co immer weiter zunehmen, beispielsweise weil sich die Ambrosia-Pflanze, eines der stärksten Allergene, immer weiter ausbreitet und das besonders gern dort, wo die Luft schlecht ist. Klimaschutz ist hier auch eindeutig Gesundheitsschutz. Als ich weiterlese, bekomme ich prophylaktisches Mitleid mit allen Berlinern, Münchenern oder allen anderen Großstadtbewohnern. Das ist schon echt Hardcore, was die unbewusst ihrer Gesundheit mit jedem Atemzug antun. Aber lest selbst, dann wirkt es stärker…

Und während ich immer mal wieder wahlweise die Luft anhalte oder Schnappatmung bekomme, gelange ich beim Lesen zu diesem Punkt: „Was nix kostet, is auch nix. Leider stimmt dieser Satz nicht beim CO2. Es ist was, zwar durchsichtig, aber schwergewichtig. Deshalb wird es ja auch in Tonnen gemessen. Man kann Unmengen davon herstellen und in der Luft verteilen, und das kostet erst mal nix. Kohle zu verbrennen und daraus Strom herzustellen, gilt als >>billig<<. Das beschert den Konzernen Milliardengewinne und Subventionen, aber auf den ganzen Folgekosten bleibt die Allgemeinheit hocken.“ (S. 233)

Mein Gedanke dazu: Wenn dann die Konzerne gezwungen werden sollen, auf Dreckschleudern zu verzichten, bekommen sie auch noch Entschädigungen. Nochmal auf Kosten der Allgemeinheit! Da werden wir Verbraucher doppelt und dreifach zur Kasse gebeten und verar…t, aber alles gut, Hauptsache kein Windrad in der Nachbarschaft. Und falls noch jemand denkt: Aber die CO2-Steuer ist ungerecht, und das wird nie funktionieren; den Zahn bekommen wir auch noch gezogen, denn E.v.H. weist darauf hin, dass es in vielen Ländern rund um uns herum längst so gemacht wird. Surprise, surprise: Die leben alle noch und die Wirtschaft ist auch nicht zusammengebrochen.

Ganz zum Schluss des Kapitels wird noch die größte Freiluftmülldeponie der Welt behandelt: Die Billionen weltweit in die Natur geschnipsten Zigarettenkippen, die unter anderem dazu führen, dass Rauchen nicht nur für die Raucher hochproblematisch ist, sondern für alle Menschen.

Dieses Kapitel lässt mich zwar nicht atemlos, aber sehr müde zurück. Vor allem, weil sich beim Lesen des Buches immer mehr Querverbindungen zwischen allen möglichen Lebensbereichen darstellen, weil es glasklar wird, dass bei systemischen Fehlentwicklungen nicht nur an einer Schraube gedreht werden kann, und schon läuft es wieder gut. Und wenn ich dann zwischendurch auf Instagram die zahlreicher werdenden Beiträge der Parteien lese, vor allem der etwas kleineren, welche die Farbe Gelb zu Markte trägt, dann befürchte ich, auch Politiker und Werbestrategen haben das Ausmaß der Krise immer noch nicht begriffen oder es ist ihnen schlichtweg wurscht. Ach Leute…!

Hier geht es nochmal vom Anfang des Projektes Lesetagebuch 2.0 los, für alle, die ihn verpasst haben.

Sag, wie hältst du’s mit dem Wasser? (Frei nach Goethes „Faust“)

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Und, welches Wasser bevorzugst du zum Essen? Gletscherwasser aus Island oder dem Himalaya, die Edelquelle aus Italien, mineralstoffreiches Tiefenwasser aus der Auvergne? Eifel, Rhön oder Bielefelder Ursprung?

Oder vielleicht ein exquisites „Eau du robinet“? Kennst du nicht? Obwohl ich rudimentär des Französischen mächtig bin, kannte ich den Ausdruck bis gestern auch noch nicht. „Leitungswasser“ klingt da wesentlich bekannter. Obwohl bei uns im Keller auch eine Kiste gekauftes Mineralwasser (in Glasmehrwegflaschen) herumdümpelt, für kurzfristig höheren Bedarf, im Allgemeinen kommt bei uns Kranenburger Entenwein auf den Tisch. Entweder direkt oder mit dem Umweg über den Aufsprudler, je nach Vorliebe. Seit Jahren schont das den Kofferraum meines Kleinwagens, meine Schultermuskulatur und nebenbei auch den Geldbeutel. Und es schmeckt uns auch, ostwestfälisches Wasser stößt auf ostwestfälische Menschen. Passt!

Nächste unangenehme Frage: Magst du Rosen? Und freust dich so richtig, wenn du einen dicken Strauß davon geschenkt bekommst? Wenn ja, steck bitte deine Nase nicht zu tief rein zum Schnuppern. Nicht nur, weil Edelrosen kaum duften. Die meisten Rosen (und Schnittblumen überhaupt) kommen nicht von den schönen Feldern, an denen selbstgebastelte Schilder zum Selberpflücken auffordern mit der Goodwill-Kasse nebendran. Nicht mal aus niederländischen Gewächshäusern. Die allermeisten kommen aus Ländern wie Kenia, Tansania oder Chile und werden auf großen Plantagen an Seen gezüchtet. Diese Seen liefern das massenhaft gebrauchte Wasser dafür, das aber im Gegenzug der örtlichen Bevölkerung nicht zur Verfügung steht. Naja, immerhin „dürfen“ die Leute auf den Plantagen arbeiten, bis zur Erschöpfung und bis ihnen die Allergien von den Pestiziden und anderen Chemikalien das Arbeiten unmöglich machen. Meist wissen sie nicht einmal, was sie dort alles so verspritzen und holen Trinkwasser in denselben Eimern, in denen sie die Pampe angerührt haben. So genau wusste ich das bislang auch noch nicht und ich bin irre froh, dass ich schon seit Jahren keine Schnittblumen zum Hochzeitstag bekomme (ich erzählte ja bereits, dass wir in stillschweigender Übereinkunft mitunter unseren Hochzeitstag vergessen😂).

Und dann, wenn man sich durch diesen Schrott schon durchgelesen hat, dann wird es richtig unappetitlich. Nein, nicht, was ihr jetzt möglicherweise gerade denkt. Es geht um Mikroplastik, um die Überreste unserer Plastiksucht, die überall auf der Welt im Wasser herumschwimmen und damit logischerweise auch in unserer Nahrungskette ankommen. Allen gelben Tonnen und grünen Punkten zum Trotz wird immer noch nur ein Bruchteil allen Kunststoffes recycelt, und der meiste Müll landet mal wieder dort, wo am wenigsten davon benutzt wird.

Das Kapitel lässt mich ein wenig desillusioniert und ratlos, aber auch etwas kämpferisch zurück. Hirschhausen regt am Ende an, auch ordnungspolitisch stärker tätig zu werden, und dieser Satz ließ mich nachdenklich am Küchentisch zurück. Gerade im aktuellen Wahlkampf wird von einigen Parteien alles, was zu sehr nach „Ordnung“ im Sinne von verbindlichen Regeln klingt, vehement zugunsten eines diffusen „Marktes“ an den Rand gedrängt. Und ich frage mich, warum in aller Welt der Markt etwas besser regeln soll als ein gemeinsames Regelwerk, eine Übereinkunft, wie wir alle, Produzenten und Verbraucher, das Leben miteinander gestalten werden. Denn „der Markt regelt das“ bedeutet, die Gestaltung einseitig vor allem der Wirtschaft zu überlassen. Wer das verlangt, hat meines Erachtens auch die Leistung des sog. „Wirtschaftswunders“ nicht verstanden, das ohne ordnungspolitischen Rahmen ganz anders ausgesehen hätte.

Und hier wie immer der Hinweis auf den Beginn des Lesetagebuches…

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