Eine Lanze für den Einzelhandel

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Heute möchte ich ein paar Gedanken über den (Fach-) Einzelhandel loswerden. Anlass dafür waren die Twitterperlen, die sich gestern unter anderem durch einen Thread über die Unfähigkeit oder den Unwillen des Einzelhandels hervortaten. Obwohl ich dieses Format eigentlich mag und gern lese, habe ich mich ehrlich gesagt etwas geärgert.

Klar, außer in dem einen Laden, in dem ich arbeite, bin auch ich ansonsten Kundin. Und selbstverständlich komme ich auch in Situationen, wo ich denke: „Menschenskind, wenn dich das alles so anwidert, was du hier gefragt wirst, dann hast du eindeutig den Beruf verfehlt!“ Ich kenne Geschäfte, in die ich nicht (mehr) gehe, weil ich dort mehrfach angemault wurde, unzureichende Informationen bekam oder auch schlichtweg ignoriert wurde. Und es gibt einige Dinge, die ich online bestelle, weil ich genau das, was ich suche, vor Ort aus welchem Grund auch immer nicht bekommen kann.

Das muss aber nicht zwingend so sein, weil alle Einzelhändler keinen Bock haben, mir das zu besorgen. Das kann auch tatsächlich mal daran liegen, dass ich gern „karierte Maiglöckchen“ erwerben möchte, die von den Großhändlern, mit denen der fragliche Laden arbeitet, nicht im Programm geführt werden. Kein Geschäft arbeitet mit allen Herstellern oder Grossisten zusammen, die es am Markt gibt. Das wäre schlicht nicht auskömmlich, also finanziell darstellbar. (Ein stationärer Händler muss schließlich seine Miete, Nebenkosten, die Löhne der Mitarbeiter und on top sein eigenes Einkommen sowie die Altersvorsorge erwirtschaften.)

Oder ich möchte gern in Oberbayern etwas kaufen, das normalerweise in den Urlaubsorten an der Küste zuhauf in den Regalen liegt, aber eben in Bayern sonst ein Ladenhüter wäre. Servietten mit „Moin“ und einem Seehund darauf zum Beispiel. An der Küste werde ich dagegen den Filzhut mit Gamsbart vergeblich suchen…
Es kann passieren, dass eine bestimmte Ware nicht lieferbar ist. Weil die Teile für die Herstellung aus Fernost kommen, aber die „Ever Given“ quer im Suezkanal liegt. Weil ein Buch ganz plötzlich auf Platz 1 der Bestsellerliste steht, nachdem die Autorin spontan bei einer Talkshow am Freitagabend das besagte Buch hochgehalten hat und am Samstag alle Leute die Buchhandlungen stürmen.

Ich weiß selbst andererseits auch noch sehr gut, dass ich mich schon 1993 (also vor dem Onlinehandel) geärgert habe, wenn meine kleine Tochter im November Stiefel brauchte und mir im Schuhgeschäft gesagt wurde: „Da hätten Sie aber eher kommen müssen, jetzt sind die schon alle ausverkauft.“ Ich kann doch für ein Kleinkind, dessen Füße mitunter wachsen wie mit Kunstdünger gebadet, nicht schon im September Stiefel kaufen, die im Winter dann am Ende nicht passen! Trotzdem muss ich den Schuhhändlern zugestehen, dass sie den Einkauf für den kommenden Winter bereits im vergangenen Frühjahr tätigen mussten (vielleicht sogar noch früher). Denn die Schuhe müssen ja auch produziert werden. In welchen Mengen, welchen Farben, welchen Größen, damit sie dann auch tatsächlich verkauft werden?

Hier kommt dann spätestens auch die Verbraucherin oder der Endkäufer ins Spiel: Ware, die letzten Winter übrigblieb, will kaum noch jemand haben. Es gibt andere Farben, neue Disneyfilme, deren Protagonisten auf die Schuhe gedruckt werden (ob das wirklich sein muss, ist noch eine ganz andere Frage, meine Töchter fanden das allesamt total ätzend). Und je öfter ich die Erfahrung gemacht habe, dass kurz vor Eintritt einer bestimmten Situation die benötigte Ware nicht verfügbar ist, desto eher schätze ich als Mutter oder Vater tollkühn die Entwicklung der Körpergröße meiner Sprösslinge…
(Außer bei Schulbüchern. Da weiß ich recht zuverlässig, dass jedes Jahr dieselben Familien sich darüber beschweren, wenn drei Tage vor Schuljahresbeginn die gefragtesten Bücher nicht lieferbar sind. So lange, bis auch das jüngste Kind die Schule hinter sich hat…)

Also: es ist nicht so einfach, und es ist nicht schwarz-weiß. Es gibt unendlich viele Kombinationen von „es geht einfach gerade nicht“ und „ich will nicht“, die da zusammenkommen können. Das kann auch mal eine durchwachte Nacht mit zahnendem Baby, eine geprellte Schulter oder eine schlechte Nachricht im privaten Umfeld sein. Also Dinge, bei denen sich jeder und jede Betroffene etwas Verständnis wünscht.
Manchmal ist es tatsächlich eine grundsätzliche Inkompatibilität von Verkäufer und Käufer, auch das gibt es. Aber einfach zu behaupten, dass im deutschen Einzelhandel nur blöde Tussen arbeiten, die in Angst um ihre Raubtierfingernägel verharren, rechthaberische Ignoranten, die noch nie etwas von Kundenorientierung gehört haben oder ähnliches, das geht gar nicht.
Nicht mal so selten sind es zunehmend auch Kunden, die sich nicht wie Könige, sondern wie Despoten oder schlecht erzogene Rotzlöffel verhalten. Oder die sich nicht zu schade sind, jemandem seinen Beruf erklären zu wollen, der ihn schon seit Jahren erfolgreich und mit viel Herzblut ausübt.
Im Endeffekt möchte doch niemand von uns, dass vollkommen fachfremde Menschen uns erzählen, wie wir unseren Job auszuüben haben, egal ob wir im Einwohnermeldeamt, in der Sparkassenfiliale, beim Sanitärinstallateur, einem Medienunternehmen oder bei der Müllabfuhr arbeiten. Oder? Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es meist heraus.

Zum Schluss noch eine Bemerkung zu einem amerikanischen Gemischtwarenkrämer, der angeblich alles immer sofort und in Superqualität liefern kann: Der ist erstens nicht darauf angewiesen, mit genau einer Branche auskömmlich zu arbeiten, hat außerdem wenig gut eingearbeitetes Fachpersonal, sondern verlässt sich statt auf persönliche Beratung lieber auf Kundenrezensionen (die dann auch noch häufig gefaked sind) und genießt eine Marktmacht, die es ihm erlaubt, auf Großhandelslager allerorten zurückzugreifen, deren Betreiber ihm das Erstverkaufsrecht einräumen (müssen oder katzbuckeln, darüber kann man geteilter Meinung sein), so dass der Fachhandel schon allein deswegen mitunter in die Röhre guckt.
Wie gesagt, auch ich habe mich schon das eine oder andere Mal durchgerungen und dort etwas bestellt, was ich sonst nirgends bekam. Aber man muss wissen, worauf man sich einlässt und darf nicht denken, dass dort die pure Menschenfreundlichkeit herrscht.
Onlineshops findet man spätestens seit Corona übrigens auch bei kleinen lokalen Händlern. Und statt sich darüber lustig zu machen, dass diese, die oft aus der Not geboren, etwas unbeholfen daherkommen, kann man ja auch einfach mal sagen: „Schön, dass ihr diesen Service bietet. Wenn ihr den jetzt noch um … erweitern könntet, wäre es super.“

Ach übrigens: Ihr habt vermutlich schon vom Papiermangel im Buchhandel gehört. Der hat unter einigem anderem als Grund, dass es Papierfabriken gibt, die während der Pandemie auf Verpackungsmaterial (Kartonnagen) umgerüstet haben für den boomenden Onlinehandel. Kein Witz.

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