Worum geht es? Um den Besitz, der in unserem Leben viel Platz einnimmt. Zu viel Platz. Ich finde die Idee super und melde mich an, als Teilnehmerin an einem bürgerwissenschaftlichen Projekt. Hier findet ihr alle Infos dazu.
Ich fühle mich immer noch gefangen von dem ganzen Kram in unserem Haus: Zeug von meinen Großeltern, meinen Eltern und meiner Schwiegermutter, alte Schulsachen unserer Kinder, gefühlt kilometerlange Telefondrähte und Netzwerkkabel (die alten mit dem Bajonettverschluss am Stecker), Uralt-Leseexemplare, kaputte Möbel, Legionen an Einmachgläsern, Klamotten, in die ich vermutlich im Leben nicht mehr reinpassen werde, meine Pumps und die Tanzschuhe meines Mannes, die gesundheitsbedingt wohl niemals wieder zum Einsatz kommen werden und vieles andere. Vor zwei Jahren musste ich ja leider aufhören mit meinem Ausmist-Projekt, aber „im Dienst der Wissenschaft“ werde ich einen neuen Anlauf nehmen. Ich muss und will es so oder so, aber wenn es für andere auch hilfreich sein kann, welche Erfahrungen ich damit mache, macht es vielleicht sogar mehr Spaß.
Ich werde euch auf dem Laufenden halten, und möglicherweise hat ja noch jemand Lust, mitzumachen?
Es wäre mal wieder Zeit für das jährliche Abwaschen der ungenutzten Dinge…
Vor etwas mehr als 29 Jahren sagten wir „Ja“ zueinander. In diesem Jahr war unsere Jüngste die Einzige, die tatsächlich daran dachte, vielleicht, weil unsere Sterntaler-Crew an diesem Tag losfuhr.
Heute früh saß ich draußen und mir ging so durch den Kopf, dass wir vor fast dreißig Jahren in gewisser Hinsicht bürgerlicher waren als heute. Warum? Naja, zunächst einmal beschlossen wir, zu heiraten, weil Julia unterwegs war. Ein bisschen, damit namenstechnisch alles seine Ordnung hatte, ein bisschen pragmatisch, damit Edgar Entscheidungen treffen durfte, falls ich mal nicht in der Lage wäre….
Und bevor irgendjemand Schnappatmung bekommt: zum größten Teil, weil wir uns sicher waren, dass wir unser Leben zusammen verbringen wollten😄. Tatsächlich machten wir auch damals schon einiges anders als es üblich war. Er suchte mein Brautkleid aus, ich den Brautstrauß… Unsere Hochzeit „stand“ innerhalb von drei Monaten, eine ausgefallene Location war nicht unsere Priorität. Wir trommelten die Leute zusammen, die wir dabei haben wollten, buchten ein Restaurant, bestellten das Aufgebot und den Pfarrer und das wars.
Absolut im Rahmen des damals Üblichen war allerdings der sogenannte „Hochzeitstisch“ im Kaufhaus. Wir suchten uns im ganzen Laden Dinge zusammen, von denen wir dachten, dass wir sie für eine erfolgreiche Ehe brauchen könnten: Vasen, ein Kaffee- und Essgeschirr von Hutschenreuther, weiteres Besteck zu meinem „Aussteuerbesteck“ von der Konfirmation, Serviettenringe(!!!😳) und Gläser für alle möglichen Getränke, die aus der heutigen Sicht nerven, da sie meist nur einmal im Jahr zum Abwaschen aus der Vitrine genommen werden, weil sie zwar gut aussehen und auch ganz schlicht und ohne irgendwelchen Schliff sind, aber lange dünne Stiele haben.
Wer konnte auch ahnen, dass ich ein Vierteljahrhundert später eigentlich am liebsten Recycling-Gläser hätte oder für ein schönes Abendessen mit einem leckeren Wein bevorzugt die uralten Gläser meiner Oma benutzen würde (obwohl es dabei keine Unterscheidung von Rotwein- und Weißweingläsern gibt)? Dass ich weiße Tischdecken meide, nicht ganz so wie der Teufel das Weihwasser, aber eben fast (schließlich sind wir eine Sippschaft, die fast zwangsläufig zu kleckern anfängt, sobald Rotkohl, Tomatensoße oder Rotwein im Spiel ist). Dass das Hochzeitsgeschenk, das bis heute am häufigsten bei uns im Einsatz ist, ein Satz Geschirrtücher mit Waffelmuster ist, die sich optisch so sehr von den anderen unterscheiden, dass jeder in der Küche weiß: die sind zum Abtrocknen von Obst und Gemüse (nach fast 30 Jahren werden sie nun langsam leider etwas fadenscheinig).
Heute ist unser Haus voll von unserem eigenen Krempel, von dem wir einmal dachten, dass wir ohne ihn nicht leben können, aber auch von den unzähligen Sammelgedecken, Cognac-Karaffen, Tortenhebern, Kerzenleuchtern, Kristallrömern in allen Farben und was man noch so sammelte, als man es sich nach dem Krieg mal wieder leisten konnte. Von meinen Großeltern, meinen Eltern, meinen Schwiegereltern.
Wenn bei uns jemals ein Umzug ansteht, egal ob in ein normales oder erst recht in ein Tiny House, dann gnade uns Gott. Es hilft nichts, ich muss bald dringend mit einer Befreiungsaktion loslegen. Aber jetzt, wo ich dieses hier schreibe, bin ich gerade erst seit einigen Stunden das Abduktionskissen los. Ich darf mit rechts nichts heben, das schwerer ist als eine Kaffeetasse, und selbst die zittert unkontrolliert, weil nach vier Wochen Zwangspause der Arm so schwabbelig ist wie Wackelpudding…
Ach übrigens: Klar, es hätte auch alles ganz anders kommen können. Aber wir sind auch heute noch ausgesprochen gern miteinander verheiratet (auch wenn wir beide öfter mal unseren Hochzeitstag vergessen) und sehr dankbar dafür. Wir haben Höhen, wir haben auch mal Tiefen, wir arbeiten sogar seit vielen Jahren erfolgreich zusammen, und wenn einer von uns mal nicht so kann, übernimmt der andere Partner. Wir haben keine Reichtümer angehäuft, aber unser Auskommen und wir haben drei tolle Töchter sowie zwei klasse Schwiegersöhne. Was wollen wir mehr?
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