Nachwehen

Heute früh war ich gespannt beim Aufstehen: Würde ich mich vor Muskelkater kaum rühren können? Erstaunlicherweise stellte sich heraus, dass die Muskeln in den Beinen gut drauf sind, vermutlich vom Kardiotraining auf dem Fahrradergometer. Aber von sämtlichen Sehnenansätzen in den Knieen weiß ich jetzt ziemlich genau, wo sie an den Gelenken andocken.

Das gibt mir ein wenig zu denken. Am Montag war ich zur Blutabnahme beim RheumaDoc, und da ich auch ein Rezept brauchte, musste ich kurz mit ihm selbst sprechen. Eine Kopie des Berichts der Radiologie über die diversen angerissenen Sehnen in der rechten Schulter hatte ich auch dabei. Seine Bemerkung dazu: Ja, mit Leflunomid (mein Basistherapeutikum, weil ich Methotrexat nicht vertrage) kann es schon mal vermehrt zu Sehnenrupturen kommen. Und er drückte mir das Rezept in die Hand.

Ich fasse es mal so zusammen: die Psoriasis-Arthritis verursacht unter anderem häufiger Sehnenscheidenentzündungen, schmerzhaft und einschränkend. Das Medikament, das die PSA im Zaum halten soll, verursacht vermehrt Sehnenrisse, ebenfalls schmerzhaft und einschränkend. So oder so, geht es den Sehnen an den Kragen. Und was die Sehnen nicht mehr schaffen, ob nun aus dem einen oder dem anderen Grund, das muss die Muskulatur stemmen.

Die Überlegung bringt mich zu dem Bild oben. Ist es nicht wundervoll, wie aus dem gestürzten Baum, dem riesigen Wurzelballen und dem schon halb verrotteten Stamm, neues Leben sprießt? Durch Mikro-Organismen und kleine Tierchen befindet sich in dem Lehmklumpen mit Wurzeln so viel Nährstoff, dass ein neues Bäumchen direkt daraus austreibt. Genau so ein Wunderwerk ist auch unser Körper. Wie oft ist es so, dass die Arbeit, die ein Teil nicht mehr schafft, von einem anderen übernommen wird? Klar, immer geht das nicht, aber trotzdem sind die eigenen Reparaturkräfte alles andere als trivial. Grund genug, sorgsam und ordentlich damit umzugehen. Deswegen gönne ich meinen Sehnen heute einen Ruhetag und mache Dinge, die nicht meinen kompletten körperlichen Krafteinsatz erfordern. Leicht fällt mir das nicht immer, aber ich lerne dazu. Man möge mir mein fortgeschrittenes Alter zugute halten, bekanntlich lernt man dann ja nicht mehr so schnell (nur leider unfreiwillig mitunter sehr effektiv).

Auch dieser Baum gibt sich nicht einfach geschlagen und treibt unverdrossen neu aus. Und bietet dabei vielen Tieren Lebensraum.

Gestern standen wir am Abgrund…

… und heute sind wir schon einen Schritt weiter. Diesen Spruch kennt ihr vermutlich alle. Heute geht es mir genauso, und trotzdem bedeutet die Erkenntnis keinen Sprung über die Klippe, sondern eine Perspektive.

Vorletzte Woche machten wir uns Gedanken um Kalle und seine offensichtlich schwer angeschlagene Gesundheit. Außerdem wusste ich nicht, wie ich meinen Kopf halten sollte, bekam den rechten Arm nicht über Schulterhöhe und alles war irgendwie doof.

Einer meiner Hausärzte (klingt luxuriös, bedeutet aber nur, dass es eine Gemeinschaftspraxis ist und ich immer dort hingehe, wo ich schneller einen Termin bekomme bzw. wer halt gerade Dienst hat) fackelte dieses Mal nicht lange, sondern griff zum Handy und machte mir ratzfatz einen Termin fürs MRT, nur mit drei Tagen Wartezeit (das Wochenende plus eins). Morgens um kurz nach 7 wusste ich dann am Dienstag, dass die nächste Sehne sich auf ein „Farewell“ vorbereitet. Die Hauptsehne in der Schulter ist angerissen, nicht durch Unfall oder so, sondern höchstwahrscheinlich heimlich, still und leise im Lauf der Zeit. Schließlich krebse ich ja schon seit vier Jahren immer mal wieder mit diesem Körperteil rum. Physiotherapie soll jetzt helfen, die Muskulatur so weit aufzupäppeln, dass sie die Arbeit der Sehne teilweise übernehmen kann. Aber: Keine Hauruck-Arbeiten mehr, alles etwas sinnig angehen.

Wer mich kennt, wird sich hier ein Grinsen nicht verkneifen können. Denn die meiste Zeit ist es in meinem Hirn noch nicht ganz angekommen, dass ich eben keine 30 mehr bin. Ist ja auch kein Wunder, wenn man im MRT die größten Hits der 80er auf die Kopfhörer bekommt und im Geiste laut mitsingen kann. Naja, also ich muss da mal an mir und meiner Selbstwahrnehmung basteln. Das wird schon (irgendwann).

Bei Kalle ist es etwas diffiziler gewesen. Ich habe mir eine tierärztliche Zweitmeinung eingeholt, und das war sehr gut so. Mein Hauptproblem beim bisherigen Tierarzt war sein mangelndes Mitteilungsbedürfnis, was er denn beim Hund diagnostiziert habe. Irgendwie ist es nicht toll, wenn man ein Medikament mitbekommt und zuhause erstmal googeln muss, wofür das eigentlich gut sein soll. Ich muss allerdings zugute halten, dass ich auf höfliche Anforderung sowohl die Blutergebnisse als auch die Röntgenaufnahmen bekommen habe. Die Tierärztin, für die ich mich entschieden habe, ging ganz anders an den Hund ran. Sie ließ ihn im Sprechzimmer herumlaufen und schaute sich sein Gangbild in Ruhe an, in der Zeit erzählte ich. Und erst nachdem Kalle sich akklimatisiert hatte und auch ein paar Streicheleinheiten abgeholt hatte, untersuchte sie ihn genau, und zwar setzte sie sich dazu auf den Fußboden. Auf den Untersuchungstisch musste er erst, als es darum ging, Fieber zu messen, Blut und Lymphe abzunehmen.

Gestern Vormittag waren wir noch einmal dort, und ich konnte erleichtert aufatmen, denn die durch die stark geschwollenen Lymphknoten als möglich erkannte Tumorerkrankung war ausgeschlossen. Eine rheumatische Erkrankung wurde dagegen wahrscheinlicher, weil Kalle immer noch große Probleme sowohl beim Hinlegen als auch beim Aufstehen hat. Er tippelt umher, dreht sich im Kreis und lässt sich irgendwann einfach fallen, wenn er sich hinlegen will, und „Sitz“ funktioniert überhaupt nicht. Beim Aufstehen hat er richtig Mühe, den Po hochzubekommen, die Beine rutschen ihm weg.

Jedenfalls hatte die Ärztin mit einem Kollegen aus Bielefeld über den Fall telefoniert und dieser wollte dann gern, dass ich direkt mit Kalle zu ihm komme. Also machten wir uns nach dem Mittagessen auf den Weg nach Bielefeld. Auch dort waren die Leute sehr nett und redeten sowohl mit mir als auch mit dem Hund selbst. Er wurde noch einmal geröntgt, dieses Mal aber ganz gezielt die Läufe, denn diesem Tierarzt war auch aufgefallen, was ich seit ein paar Tagen beobachte, nämlich dass alle vier Läufe, aber vor allem hinten, sehr nachgaben, also er ging nicht auf den Zehen, sondern setzte den gesamten „Fuß“ auf, wenn ich es mal mit menschlicher Anatomie vergleiche. Und die Hinterbeine gaben immer wieder nach. Ganz davon abgesehen sind die Sprunggelenke geschwollen, was ich vermutete und der Arzt bestätigte.

Nach dem Röntgen war das Bild dann ziemlich klar: Kalle hat eine Polyarthritis, was auch durch den stark erhöhten CRP-Wert im Blut schon wahrscheinlich war. Nun muss er erstmal weiter abspecken, wie bei uns Menschen geht jedes Kilo zu viel auf die Gelenke. Und über das letzte Jahr hatte er ganz gut zugelegt. Parallel dazu bekommt er Schmerztabletten, die auch entzündungshemmend wirken, wenn es ihm damit besser geht, kann erstmal auf Kortison verzichtet werden. Springen ist tabu, ebenso wie Spiele, die auf die Gelenke gehen. Also keine Bälle werfen, keine Zerrspiele, lieber entspannte Spaziergänge mit Kopfaufgaben. Das kommt uns beiden zugute. Und uns ist allen ein Stein vom Herzen gefallen. Nur die Pilgertour mit Hund, die ich gern mal machen würde, muss ich mir vermutlich abschminken.

Gott sei Dank

Vor genau einem Jahr und 12 Stunden geriet meine Welt ins Straucheln (kannst du hier nachlesen). Im wahrsten Sinn des Wortes: zuerst mit dem linken und Sekunden darauf mit dem rechten Bein. Ich weiß seitdem, was es heißt, aus vollem Lauf auf die Nase zu fallen. Das, was mich umwarf, war nicht das böse C-Wort, sondern eine Folge meiner rheumatischen Grunderkrankung und zugleich ein negativer Lottogewinn. Bei Psoriasis-Arthritis ist es nichts ungewöhnliches, dicke Finger oder Zehen zu haben, sich unerklärlich müde zu fühlen, öfter mal eine Sehnenscheidenentzündung zu haben. Aber sich gleich beide sogenannten „Ham-Strings“ (Schinkensehnen, treffender könnte der Ausdruck kaum sein) ab- bzw. anzureißen, das ist nicht normal.

In den nächsten Tagen und Wochen machte ich eine Achterbahn der Gefühle durch:

Zunächst Verzweiflung, denn selbst die fünf Meter vom Bett zur Toilette mussten gut geplant sein, ich musste auf jeden Fall rechtzeitig los, mit den Unterarmgehstützen einer Tochter (Denn in der Notaufnahme hatte ich keine bekommen, da war man ja auch der Meinung, ich hätte lediglich Zerrungen und könnte nach Hause gehen. Meinem Hinweis, dass meine Beine mich einfach nicht tragen konnten, wurde nicht nachgegangen. Dumm gelaufen.) Ungefähr drei Minuten dauerte dieser so wichtige, kurze Weg. Und drei Minuten zurück. Zwischendurch musste ich auch noch das Kunststück vollbringen, mich auf der Toilettenbrille mit den Armen abzustützen wie beim Barrenturnen, weil ich nicht sitzen konnte🙈.

Wenn man es gewohnt ist, jahrelang diejenige zu sein, die für den größten Teil der häuslichen Sorge-Arbeit zuständig ist, ist es auch ein total doofes Gefühl, auf einmal auf der anderen Seite zu – liegen (stehen ging ja nicht). Das liegt aber nicht etwa daran, dass die Familie es nicht gut hinbekommt. Klar machen die anderen manches anders und das ist manchmal gewöhnungsbedürftig. Aber das Haupthindernis ist dieser Gedanke im eigenen Kopf, dass es falsch ist, wenn man selbst Hilfe in Anspruch nehmen muss. Man ist hilf-los.

Das Schwanken zwischen Erleichterung (einen Teil der Telefonhotline konnte ich auch vom Bett aus erledigen und war somit nicht ganz nutzlos, mit dem Notebook konnte ich auch die Bloggerwelt weiterverfolgen und bereichern) einerseits und dem Grauen andererseits, denn über die Newsticker erlebte ich die Entwicklung des Corona-Ausbruchs weltweit quasi in Echtzeit mit und hatte auch noch die Zeit, mir darüber reichlich Gedanken zu machen.

Die Ungeduld, denn der Heilungsprozess dauerte mir viel zu lange (und ist bis heute noch nicht komplett abgeschlossen, rein körperlich ist zwar alles einigermaßen in Ordnung, aber die Kraft und Geschicklichkeit ist noch nicht ganz auf dem Niveau von vorher). Damit verbunden die Kopf-Probleme, auf den vernünftigen Vorschlag des Mannes zu hören und sich einen Rollstuhl zu mieten, damit mehr Mobilität im Haus und draußen möglich ist. Ich leiste Abbitte und ziehe meinen Hut vor allen, die dauerhaft mit diesem doch sehr praktischen Gerät leben. Der Perspektivwechsel hat mich manches mit anderen Augen sehen lassen und mir auch infrastrukturelle sowie gesellschaftliche Probleme sehr eindringlich vor Augen geführt.

Aber: die ersten Minuten nach dem „Umfall“, die lieben Leute aus Familie, Freundeskreis und Gemeindeumfeld, die mir beigestanden haben, sich in den nächsten Wochen mit Anteilnahme, praktischer Hilfe (und einem megaleckeren Rinderbraten, den werde ich nie vergessen) eingebracht haben, die Geduld, die meine Familie mit mir haben musste, wenn ich maulig war, nicht zuletzt der Rückhalt, den ich durch mein Vertrauen auf Gott, dass er es gut machen wird, meistens hatte (manchmal hab ich ihm aber auch Vorwürfe an den Kopf geklatscht, das gehört zur Vollständigkeit dazu. ER ist sehr geduldig mit mir), alles das hat auch eine tiefe Dankbarkeit hervorgerufen.

Von allem, was seit einem Jahr passiert ist, ist genau diese Dankbarkeit, das Gefühl, in allem bin ich trotzdem getragen, eigentlich das Wichtigste. Wie selbstverständlich nehmen wir es hin, wenn wir gesund sind. Ja, wir denken sogar, wir haben eine Art Rechtsanspruch darauf. Wie wenig Verständnis bringen wir auf für Menschen, die an Körper oder Seele nicht vollkommen fit sind. Wie sehr haben wir den Leistungsgedanken verinnerlicht. Und wie schwierig ist es, aus irgendeinem Grund aus dieser Tretmühle herauszukommen. Aber manchmal geht das ganz schnell und ungewollt: Ein Unfall, Schlaganfall, eine Diagnose, die uns aus der Bahn wirft. Oder ein Virus, das es schafft, innerhalb von wenigen Monaten weltweit ganze Wertesysteme aus der Balance zu bringen.

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