Segelsommer

Oder: Die beste Katastrophe meines Lebens.

|Werbung, unbezahlt|

Fromme Wünsche sind anscheinend auch nicht mehr das, was sie einmal waren. Oder waren sie das überhaupt jemals? Eine philosophische Betrachtung, die gerade sowieso nichts ändert. Fakt ist: auch in unserem Haus hat Corona sich eingenistet, allen Bemühungen zum Trotz. Zwei Wochen vor dem nächsten Impftermin und glücklicherweise auch bevor unser Enkelkind das Krankenhaus verlässt, so dass wir uns zumindest ansteckungstechnisch in dieser Hinsicht keine Vorwürfe machen.

Die Tochter empfindet vor allem Ärger, weil sie nicht zur Schule gehen und Klausuren schreiben kann, sie ist eine richtige kleine „Motzkuh“ (das ist ein Bilderbuchtitel und überhaupt nicht despektierlich gemeint). Ich kann ihren Ärger ja sogar nachfühlen. Ich fahre in einer Tour Achterbahn, weniger wegen der Gefühle, eher wegen eines ziemlich falsch verdrahteten Gleichgewichtssinnes. Husten, Halsweh und etwas Luftnot nerven und ich fühle mich tatsächlich krank. Unverschämtheit! Während der Mann es bisher noch schafft, dagegenzuhalten. Zum Glück ist unser Haus groß, wir gehen uns aus dem Weg und essen in Schichtbetrieb mit großzügigen Lüftungsintervallen.

Aber ich bemühe mich, die positive Seite des Zustandes zu finden (sie liegt im Bett) und lese mich durch meine diversen virtuellen und physischen Bücherstapel wie die Raupe Nimmersatt sich durch Essbares frisst.
Gestern habe ich einen Segeltörn von Schweden nach Flensburg gemacht, durch die dänische Südsee, mit einer Crew, die ich mir im Leben nicht wünschen würde. Witzig zunächst, dass die beschriebene Segelyacht sehr viel Ähnlichkeit mit unserer Sterntaler hat, eventuell ist sie drei Fuß länger, ich meine, zu Beginn etwas in Richtung „34“ gelesen zu haben. Das ist ein knapper Meter, bei sechs Leuten Besatzung macht das nicht wirklich viel aus.

Zum Inhalt: Die erfolgreiche Autorin einer Regionalkrimireihe hat offensichtlich ein Problem mit ihrer Impulskontrolle, und zwar so sehr, dass sie ihre Wut nicht nur durch ihre Hauptperson im Buch ausleben lässt. Nach einem Vierteljahrhundert Ehe trennt sie sich von ihrem Mann und lässt sich deswegen von Freunden zu einem Törn über die Ostsee überreden. Ein Überführungstörn, auf dem sie keine Menschenseele kennt.
Die Segelcrew aus jeweils drei Männern und Frauen ist bunter gemischt als eine Selbsthilfegruppe sämtlicher zwischenmenschlicher Störungen, Konflikte sind vorprogrammiert. Inklusive vieler Missverständnisse. Aber es menschelt zwischendurch in wechselnder Besetzung auch sehr nett. Wenn ich es mir recht überlege, sind die Personen in ihren wechselseitigen Ablehnungen, spontanen Übereinstimmungen, aufpoppenden Krisen und ernsthaften Gesprächen oft näher an der Wirklichkeit als stereotype Gestalten, die sich von Anfang bis Ende nur sympathisch oder nur spinnefeind sind.

Flaute, schnell aufziehender Sturm, eine heikle Situation beim Segeln, Streitigkeiten darüber, wer das Sagen an Bord hat, Schweinswale und Seekrankheit (bzw. deren Pendant Landkrankheit, von der ich persönlich auch jedes Mal betroffen bin). Bissige und manchmal auch kindische Dialoge, Situationskomik und immer wieder aufwallende Spannungen halten mich beim Lesen auf Trab. Zwischendurch bin ich so wütend auf die ganzen kaputten Typen, dass ich fast das Tablet vom Bett schmeiße. Aber dann lese ich doch weiter, weil ich wissen will, ob zwischendurch noch jemand zum Mörder wird. Auch weil die grantige Kommissarin aus den Regionalkrimis quasi als blinder Passagier ihrer Schöpferin so manches Mal Einflüsterungen gibt.

Das Buch hat mir Spaß gemacht, wenn es auch hier und da eine Länge (Flaute?) hatte. Es hat mir im Schnelldurchgang einen Segeltörn beschert, den ich im wahren Leben noch nicht hinbekommen habe (den ich so aber auch niemals erleben möchte😉), es hat mir sogar ein kleines Überlegenheitsgefühl vermittelt, weil ich im Gegensatz zu einigen handelnden Personen im Buch ein ganz klein wenig mehr über die Fachbegriffe aus der Seglerwelt weiß😅. Ich habe das Gefühl, ein paar Häfen in der dänischen Südsee zu kennen und der nutzlose Krankentag hatte eine sinnvolle Beschäftigung.

Dank Wikipedia weiß ich jetzt auch, dass die Autorin, die unter anderem sehr erfolgreich Kinderbücher schreibt (Mein Lotta-Leben bei Arena) genauso alt ist wie ich und ebenfalls Buchhändlerin. Hm, da steckt doch Perspektive drin😎.

Bibliographische Angaben: Alice Pantermüller, Segelsommer oder Die beste Katastrophe meines Lebens, Droemer Knaur TB, ISBN 978-3-426-52299-8, € 10,99

Northern Star bekommt ein Sternengeschwister:

Es ufert hier doch sehr aus, daher werde ich die maritimen Themen ab sofort in einem eigenen Blog würdigen. Wer sich also mit uns virtuell den Wind um die Nase wehen lassen möchte, ist herzlich eingeladen.
Ich weiß im Augenblick noch nicht, ob ich es schaffe, die zeitliche Reihenfolge einzuhalten, lasst euch einfach überraschen, schließlich arbeiten auch viele Lieblingsbücher mit Rückblenden…

Und hier ist sie, die Ableger-Seite:

https://sterntalersegeln.wordpress.com

Zurzeit noch übersichtlich und recht leer, aber spätestens ab Ende nächster Woche wird sich etwas tun.

Ruckzuck ist November

Wer hat an der Uhr gedreht…?

Auch wettertechnisch. Nachdem wir am Montag aus Schleswig-Holstein teilweise über die Landstraße (wegen mehrerer Staus auf den Autobahnen) bei bestem Caspar David Friedrich-Wetter (bombastisches Licht wie gemalt!) nach Hause gefahren waren, hielt das schöne Herbstwetter vom Wochenende noch am Dienstag an. Mittwoch machte sich die Änderung bemerkbar, heute ist der November endgültig angekommen. Macht aber nichts, das darf er jetzt auch angesichts der vielen Nähprojekte, des unaufhaltsam steigenden Bücherpegels und der bevorstehenden Vorbereitungen für die Adventszeit (Fenster putzen, Spinnen und ihre Netze des Hauses verweisen, Lichterketten suchen und nicht zu vergessen: Backbeginn).

Die letzten Tage habe ich auch noch für eine kleine Digitalpause genutzt, bis meine Schultern und mein Nacken sich wieder von den ungewohnten Tätigkeiten beim Segeln erholt und meine Umgebung das Schwanken eingestellt hatte😅.

Gestern habe ich dann alle Fotos auf der Foto-Festplatte gespeichert, sowohl von der Kamera als auch vom Handy. Mein WP-Tarif lässt leider keine Filme zu, aber die Unterquerung der Fehmarnsundbrücke könnt ihr auf meinem Insta-Account noch finden. Das ist echt ulkig: wenn man auf die Brücke zufährt, hat man erstmal Bammel, mit dem Mast die Brücke einzureißen (Nein, natürlich nicht. Eher bricht der Mast unter der Brückendurchfahrt.) Und dann stellt man fest, dass man locker noch ein paar Meter Platz hat.

Unterwegs habe ich recht wenig fotografiert, sondern einfach nur genossen oder am Ruder gestanden, um ein Gefühl für das Schiff zu bekommen.

Die Marina, also der Yachthafen von Heiligenhafen, war schon deutlich leerer als im Sommer, nur an den ersten Stegen, die vom Charterzentrum belegt sind, lagen noch fast alle Schiffe, weil zum Saisonausklang auch immer Skippertrainings stattfinden. Dort liegt auch die Sterntaler. Der Atmosphäre hat die Übersichtlichkeit keinen Schaden getan und es war nicht so trubelig, was ich als sehr angenehm empfand.

Ich muss ja ganz ehrlich gestehen, dass ich vor dem letzten Winter kaum etwas über Heiligenhafen wusste. Außer dass es den Ort gibt. Zwei Standbeine sorgen für das Auskommen der hübschen kleinen Stadt: Die Fischerei und der Tourismus.

Die Aufnahme von Google Earth stammt vom 1. Juli 2015, da wurde noch heftig Sand bewegt (Oben in der Mitte)

Natürlich gibt es die „Bausünden“ aus den 60er Jahren, die Beton-Bettenburgen, wenngleich nicht so übel wie an anderen Ostsee-Orten. Ich habe mir beim Spaziergang am Binnensee aber auch mal überlegt, dass es einfach damals eine andere Zeit war: Die Menschen in Deutschland kamen wieder zu bescheidenem Wohlstand und lechzten nach Urlaub. Aber campen mit dem Puck oder im Hauszelt in Bella Italia war auch damals sicher nicht jedermanns Sache. Es mussten also schnell Möglichkeiten her, die sonnen- und wasserhungrigen Deutschen unterzubringen in den „schönsten Wochen des Jahres“. Und wer weiß, wie nachfolgende Generationen das sehen, was in den letzten Jahren gebaut wurde. Mir persönlich gefällt es, es ist eine Mischung aus klassischer Bäderarchitektur und amerikanischen Feriensiedlungen, nicht so hoch, besser in die Landschaft eingefügt und es wirkt einfach wertig.

Was ich aber erst bemerkte, als ich am Kopfende der neuen Einkaufsstraße im Feriengebiet am Steinwarder stand und Richtung Kommunalhafen schaute, das war die Sichtachse, die den Raiffeisen-Silo mit der Meereslounge auf der Seebrücke verbindet und genau durch diese Häuserschlucht führt:

Hier bekommt ihr ein paar Eindrücke von Heiligenhafen:

Aber was mich am Wochenende eigentlich am meisten begeistert hat, war die wunderschöne Natur der Ostseeküste. Der Strand, der nicht mehr von Sandburgen und Strandkörben voll war, die Tiere, die sich in aller Ruhe ihren Lebensraum von den vielen Menschen zurückholen, wie zum Beispiel die Möwenparade, die sich abendlich auf dem uns gegenüberliegenden, schon geräumten Steg zum Schlafen einfand, es waren sicher über 100! Sogar Fledermauskästen gab es, da diese an den glatten und nischenlosen Betonwänden der Feriensiedlung keinen Schlafplatz finden können.

Überhaupt, der Strand! Alle Aufnahmen wurden morgens zwischen halb Acht und halb Neun gemacht.

Tja, nun ist die Saison zu Ende, am 1. November wurden die Sanitärgebäude geschlossen, die Stege abgeräumt und Spundwände für den Winter an empfindlichen Stellen aufgebaut. Gerade habe ich noch einen Blick per Webcam riskiert, beim Charterzentrum liegen noch die meisten Schiffe, aber es ist Ruhe eingekehrt.

Auch die Sterntaler wird in den nächsten Tagen ins Winterlager gebracht, bis es Ostern 2022 wieder losgeht. Ach, und wie sieht ein solches Schiff nun von innen aus? Ganz ähnlich wie ein Wohnwagen, nur ohne Räder. Dafür gibt es einen Navigationstisch. Ein kleines Bad ist auch an Bord, mitsamt Dusche.

Übrigens kann sie gechartert werden, als Voraussetzung braucht man den Sportbootführerschein See (weil sie einen Motor hat) und sollte auch Segelerfahrung haben.

Steinhuder Meer

Die Tochter macht einen Wochenend-Segelkurs, um den Segel-Grundschein zu erwerben. Sie darf dann auf dem Steinhuder Meer eine Jolle chartern (wenn sie es sich leisten kann). Los ging es am Freitag Nachmittag um 16 Uhr, aber wegen der Arbeit kamen wir erst mit ungefähr 10 Minuten Verspätung los. Wie sich unterwegs in Bad Rehburg herausstellte, hat uns das möglicherweise davor bewahrt, in einen sehr schweren Autounfall verwickelt zu werden. Als Ausgleich dafür mussten wir den Umweg über Mardorf und Neustadt a. Rübenberge nehmen, also einmal ganz um den See herumfahren. Nicht weiter schlimm, dauerte halt länger.

Die Zeit in Steinhude verbrachten der Mann und ich dann auf der Badeinsel, saßen dort direkt am Ufer im Bistro-Außenbereich und genossen einfach den späten Nachmittag.

Später an der Segelschule hatte ich noch die Gelegenheit, einige tierische Schönheiten mit der Kamera einzufangen. Mit der „Neuen“ übe ich immer noch. Der Mensch ist doch ein ganz schönes Gewohnheitstier…

Bitte mal ganz links in der Bildmitte schauen. Dort sitzt ganz unauffällig der Grund, weshalb die Enten nicht ans Ufer gingen, auf der Lauer…

Am Samstag war das Wetter sehr launisch, es gab heftigen Wind, in Böen stürmisch, da fühlten sich auf dem Wasser nur Surfer und Kite-Surfer wohl. Und die Gänse natürlich. Für den Segelkurs war Theorie angesagt. Dafür haben wir Eltern in Steinhude die Leinenfabrik entdeckt. Ich sag nur: Portemonnaie festhalten! Wunderschöne Gebrauchswäsche aus Leinen, Halbleinen und Baumwolle, Tischwäsche, Geschirr- und Handtücher, Kissenhüllen und sogar Stofftaschentücher! Das alles wird dort vor Ort gewebt, teilweise mit wunderbaren uralten Maschinen. Dazu ein Café, das in die Fabrik integriert ist und ein kleines Museum. Einfach schön. Ich habe jetzt einige neue Geschirrtücher und kann im Gegenzug ein paar kaputte mit alten Handtüchern zusammen zu neuen Spültüchern verarbeiten. Win-Win-Situation!

Heute ist wieder Segelwetter, frühes Anfangen war angesagt. Warten, bis (fast) alle am Hafen sind und schnell noch ein paar Bienchen beim Frühstück am Wasser beobachtet…

Und eine Regatta war auch schon unterwegs, beobachtet von den Gänsen:

Zwischendurch habe ich jetzt zuhause das erste Mal nach der OP wieder selber die Betten bezogen und ich feier‘ es. Noch die Küche aufgeräumt, nun hat der Arm und die Schulter die verdiente Pause. In einer Stunde juckeln wir wieder los, abholen und den Tag gemeinsam beschließen.

Kaum zu glauben, sieben Monate sind schon wieder vorbei.

Sommerurlaubsstrohwitwe

Seit heute bin ich allein zu Hause. Ach nein, nicht ganz, die Hunde teilen mein Schicksal. Mann, Tochter und deren Freundin sind in aller Frühe losgefahren, Richtung Ostsee. Zwei Wochen auf der „Sterntaler“ liegen vor ihnen. Ich wünsche ihnen viel Spaß, gutes Segelwetter und eine entspannte Zeit.

Für mich hat sich ja leider das Segeln für den Rest des Jahres erledigt, dafür starte ich zumindest im Herbst hoffentlich (wenn denn die Kurse stattfinden) die theoretische Ausbildung mit dem Sportbootführerschein See.

Diese Wochen allein mit Lucy und Kalle werde ich nutzen, um ein bisschen das Telefon zu hüten, ein bisschen mehr abzuhängen und mir Marvel-Filme reinzuziehen (es muss sich da doch mindestens einer finden, zu dem man eine Andacht schreiben kann) und noch viel mehr zu lesen.

Dazu geistert eine Idee in meinem Hinterkopf, die sich Raum verschafft (und auf die Julia mich gebracht hat, danke an dieser Stelle…). Das blöde ist nur, ich habe den Drang, es aufzuschreiben, denn mit Diktierfunktion des Handys funktioniert der Gedankenfluss nicht so super wie beim Schreiben. Denn schreiben mit der Hand ist, als ob mir mit der Tinte die Gedanken aus dem Kopf fließen. Ich hoffe, am Donnerstag werde ich meine Armstütze los und kann dann auch wieder leserlich mit der Hand schreiben. Sonst wird das am Ende nix mit der Umsetzung der Gedanken, ehe sie mit ICE-Geschwindigkeit durch das Gedächtnis gerauscht und auf dem Weg nach Sonstwo sind.

Vorfreude, neue Stoffe und ein Rückschlag

Um es gleich vorweg zu sagen: Unsere Erdbeeren sind natürlich noch nicht reif. Aber sie stehen dieses Jahr, dem regenreichen Frühling sei dank, wunderbar in Blüte. Und da ich beintechnisch letztes Jahr nur rudimentär im Garten etwas tun konnte, ist aus den Reihen fast so etwas wie eine Erdbeerwiese geworden. Auch an der Terrasse im Blumenbeet wachsen sie und unter der Magnolie finden sich unzählige Walderdbeeren. Ich freue mich schon wie Bolle auf die roten, saftigen Früchtchen.

Aber ich habe von der Familie Rhabarber bekommen, der wurde mit Hilfe von TK-Erdbeeren zu Erdbeer-Rhabarber-Marmelade verarbeitet, echt lecker. Und ich habe Stoffe eingekauft. Mit Erdbeeren, mit Pünktchen, mit anderen Früchten, in frischen, frühsommerlichen Farben. Klar habe ich mir beim Waschen der Stoffe schon Gedanken gemacht, was alles daraus werden kann.

Tja, bis Donnerstag währte die ungetrübte Freude. Bis ich erfuhr, dass ich demnächst erstmal für einige Wochen meinen rechten Arm nicht gebrauchen kann. Denn die Supraspinatussehne ist komplett ab und muss wieder angenäht werden. Kein Nähen, Garten nur mit links, und erst recht kein Segeln… Wieder zumindest ein halbes Jahr, das mir bei meinen Plänen fehlt. Aber hilft ja nichts, die Aussicht, stattdessen in einigen Jahren ein nagelneues Schultergelenk zu brauchen, ist auch nicht wirklich sexy.

Also werde ich mich dann vermehrt auf Buchrezensionen stürzen, ich habe mir schon einen ordentlichen Packen zusammengestellt. Eine Mischung aus Romanen, die von allem ablenken, was mich nervt (und zumindest Urlaub im Kopf möglich machen) und herausfordernden Sachbüchern, die sich mit verschiedenen Facetten der Gesellschaft und unserer Umwelt beschäftigen.

Bis zum 9. Juni hoffe ich allerdings, noch das eine oder andere Stück Stoff unter die Nähmaschine zu bekommen und so ein wenig auf Vorrat fertigzustellen.

„Sail away, dream your dreams…“

Kennst du den Song aus der Bier-Werbung? Mit dem Segelschiff „Alexander von Humboldt“ (auf der man übrigens auf Zeit anheuern kann) mit den markanten grünen Segeln?

Letzte Woche haben wir das gemacht. Das Schiff (die Friendship vom Beitragsbild) war ein bisschen kleiner (38 Fuß, also ca. 11,60 m), das Meer auch (das Ijsselmeer), aber das Erlebnis war super. Dienstag und Donnerstag hatten wir auch reichlich Wind, nicht immer aus der bevorzugten Richtung, aber das ist eben so. Der Mittwoch war ein ruhiger Tag für uns, das war auch in Ordnung, weil wir fast alle blutige Anfänger waren. Auf jeden Fall war es eine knappe Woche Entschleunigung pur.

So eine Yacht ist ja quasi eingerichtet wie ein Wohnwagen, zumindest war es damit für uns alle nicht neu, wie das Zusammenleben auf diesem kleinen Raum ist, wie das Kochen funktioniert und dass alles rüttelfest verpackt sein muss.

Montag Abend. Die erste Ausfahrt aus der Marina hatten wir da schon hinter uns gebracht, um ein Gefühl für das Schiff zu bekommen und Anlegemanöver zu üben.

Der Ortsteil von Lemmer, wo der Yachtvercharterer ansässig ist, ist ins Wasser hineingebaut, und so hat fast jedes Haus nicht nur ein Auto vor dem Haus an der Straße, sondern auch ein Boot hinterm Haus zur Wasserseite liegen. Gefällt mir sehr gut.

Der erste Abend klang schön ruhig aus.

Am Dienstag ging es dann aufs Ijsselmeer. Und zwar mitten durch die Innenstadt von Lemmer. Zwei Klappbrücken und eine Schleuse mussten wir dafür passieren, an der ersten Brücke stand ein Brückenwärter (höchst amtlich) mit einer Angel, an der ein Klompen (Holzschuh) befestigt ist. Wenn er die Angel auswarf, musste jemand auf den passierenden Schiffen den Klompen auffangen und das Brückengeld hineinlegen.

Fahrt durch Lemmer. Es lagen dort allerdings an beiden Tagen der Durchfahrt so viele Schiffe, dass wir nicht zwischendurch festmachen konnten, um an Land zu gehen.

Die Fahrt ging nach Enkhuizen, also einmal quer rüber. Der Wind war ziemlich entgegenkommend, im wahrsten Sinn des Wortes. Kreuzen war angesagt, und der Wellengang sorgte auch noch dafür, dass wir fast die Markierungen der Fischernetze nicht rechtzeitig gesehen hätten (warum sind die auch schwarz, das fällt gegen die Sonne kaum auf) und dann eine rasante Wende mit Segeleinholen fahren mussten. Den Rest sind wir dann unter Motor gefahren, so weit war es auch nicht mehr.

Wohnschiffe in Enkhuizen

Obwohl der Hafen in Enkhuizen einen recht vollen Eindruck machte, bekamen wir einen schönen Liegeplatz am äußeren Steg zugewiesen, wo wir bequem „rückwärts einparken“ konnten.

So wie hier saßen in Enkhuizen überall Schwalben auf den Relings der Boote.

Witzig, ich käme nie auf die Idee, hier in Deutschland über einen Parkplatz zu schlendern und mir Gedanken zu den abgestellten Autos zu machen. Aber am Dienstagabend, wenn wir zum Hafengebäude gingen oder zurück, begutachteten wir die unterschiedlichen Schiffe. Kleine Kreuzer, die liebevoll in Schuss gehalten waren ebenso wie Yachten, die offensichtlich seit längerer Zeit ungenutzt und in miesem Zustand dort lagen. Großprotzige Motoryachten, PS-stark und überdimensioniert, restaurierte Schlepper, holländische Schokker, klassische und hypermoderne Segelyachten. Alles war vertreten.

Die Plattbodenschiffe mit den charakteristischen Seitenschwertern sind teilweise noch als Lastkähne im Einsatz, auf anderen kann man Freizeiten buchen.

Die Stadt hat uns sehr gut gefallen, unter anderem gab es am Abend von einem Kirchturm aus ein Glockenspielkonzert. In den umliegenden Straßen hatten sich einige Menschen Campingstühle auf die Bürgersteige gestellt und lauschten der Musik. Andere hatten Staffeleien oder Skizzenbücher dabei und zeichneten die Kirche oder deren Umgebung. Überhaupt hat mir persönlich die Freundlichkeit und Gelassenheit der Leute sehr gefallen.

Kirche mit Glockenspiel in Enkhuizen

Am Mittwoch führte uns die Fahrt grob nach Süden, Urk war unser Ziel. An diesem Tag hatten alle die Gelegenheit, mal am Steuer zu stehen, es war ein ruhiger und entspannter Tag, bis wir Urk erreichten. Denn dieser Hafen war tatsächlich so voll, dass wir zunächst nicht sicher waren, ob wir einen Platz bekommen. Die Lösung verriet mir der Hafenwärter, als ich ihn anrief: „Bilden Sie ein Päckchen, wo, ist egal“. Im Klartext, wir sollten an einem anderen Schiff anlegen, über das wir dann immer rübersteigen mussten, um an Land zu kommen. Diese übliche Gepflogenheit ist erstmal für Landratten gewöhnungsbedürftig, dort ist man ja immer auf Abstand bedacht, um ja nicht die Privatsphäre des Nachbarn zu stören. In Häfen ist es umgekehrt eher ungehörig, jemandem das Andocken zu verwehren, denn es ist unsolidarisch, einem anderen Segler den Zugang zur Hafeninfrastruktur nicht zu ermöglichen. Man muss sich halt mit dem Nachbarn auf Zeit einig werden, wann man wieder ablegt, damit beide zu ihrem Recht kommen. Wenn ich es mir recht überlege, wird dort ein Umgang gepflegt, der sich durchaus gesellschaftlich mal wieder mehr etablieren sollte.

Seite an Seite mit unserem belgischen Nachbarn.

Urk war vor langer Zeit eine Insel in der Zuiderzee, eine Vergangenheit, die bis heute durch die Struktur des Ortes sichtbar ist. Es ist ein sehr hübsches kleines Städtchen, vom Fischfang und Tourismus gleichermaßen geprägt. Von dort fuhren wir am Donnerstag wieder nach Lemmer zurück, diesmal wieder mit mehr Wind, der uns jetzt aber anschob.

Den Abend ließen wir gemeinsam ruhig ausklingen, denn man glaubt es kaum, obwohl man sich den ganzen Tag nur auf knapp 36 Quadratmetern bewegt, merkt man am Abend den Tag ziemlich in den Beinen, gerade bei mehr Wind. Ganz unbewusst ist man nämlich ständig damit beschäftigt, die Schaukelbewegungen des Schiffes auszugleichen. A propos schaukeln, ich bin jetzt, wo ich dieses schreibe, seit über 72 Stunden nicht mehr auf dem Schiff, aber in meinem Kopf schwankt es immer noch leicht. Am Samstag mochte ich noch nicht selber Auto fahren. Ich hoffe, wenn ich morgen wieder ebenso lange an Land bin wie ich vorher an Bord war, ist alles wieder im Lot in meinem Hirn…

Am Freitag hieß es dann Klar Schiff machen, alles wieder in den Autos verstauen, nach Hause fahren. Mit ein wenig Wehmut, aber ich selbst war auch froh, dass meine Beine nicht mehr herumklettern mussten (um rauf und wieder runter vom Boot zu kommen), denn zweimal hatte es im linken Oberschenkel an der Sehnenansatzstelle gerupft, was mich doch etwas alarmierte. Wir hatten eine wunderschöne Woche mit gutem Wetter, einer prima Gemeinschaft an Bord und die Hilfe von superlieben Familienangehörigen und einer ebensolchen Freundin, die uns das Ganze ermöglicht haben, indem sie Häuser, Wohnung, Hunde und Katzen gehütet haben.

Auszeit

Jeden Tag erscheint ein Blogpost, aber so fleißig wie es aussieht, bin ich gerade gar nicht. Während ich dieses schreibe, sitze ich an Bord einer Segelyacht in der Marina in Lemmer. Drei Tage Segeln mit Ehemann, zwei von drei Töchtern, einem von zwei Schwiegersöhnen, einem Freund und dessen Tochter liegen hinter mir.

In den Niederlanden ist man relativ entspannt, es gibt natürlich Abstandsregeln und Hygienevorschriften, es sind mitunter nicht alle Duschen und Toiletten geöffnet, aber in diesem kleinen Segelkosmos kann man schon mal Corona vergessen.

Abendspaziergang in Urk

Bis auf gestern Abend, da musste ich in einem Supermarkt in Urk noch was fürs Essen besorgen. Es gibt in NL keine Maskenpflicht in Läden und es brauchten offensichtlich auch viele andere noch Lebensmittel. Da setzte dann bei mir ein Fluchtreflex ein, das bin ich nicht mehr gewohnt.

Mein „Arbeitsplatz“ war heute die Navigation

Auf jeden Fall hat es viel Spaß gemacht, wir lassen den Tag in Ruhe ausklingen, genießen die Gemeinschaft und morgen nach einem ausgiebigen Frühstück müssen dann wieder alle unsere Sachen in den Autos verpackt werden und es geht zurück nach Hause, wo die Hunde und die Angehörigen sehnsüchtig auf uns warten.

I am sailing…

Wer kennt ihn nicht, den sehnsüchtigen Song von Rod Stewart. Und wünscht sich das Gefühl von Freiheit auf dem Wasser.

Bisher beschränkte sich meine Segel-Erfahrung auf zwei Kurztrips auf dem Steinhuder Meer. Um es mal auf Normal zu übersetzen: Steinhuder Meer im Sommer ist wie samstags in der Fußgängerzone von Minden. Voll! Boote, Boote, Boote. Segelboote unterschiedlicher Größe. Surfer. SUPs. Katamarane. Kajaks. Und wenn dann so ein Greenhorn wie ich ans Ruder soll, dann ist das mit höchster Konzentration, um es mal nicht Stress zu nennen, verbunden.

Am letzten Freitag habe ich etwas ganz anderes kennengelernt: Segeln auf der Müritz. Mitte Oktober, an einem Tag, der viel schöner wurde, als im Wetterbericht angekündigt. Den ganzen Tag über haben wir zwei andere Segler, zwei bis drei Ausflugsdampfer,  einige Motoryachten und ein paar Angelboote gesehen. Bis auf den Hafen von Röbel, da übte der Seglernachwuchs (6-9 Jahre) das Segeln mit Optimisten. Ganz niedliche kleine Bötchen sind das. Und die Kleinen flitzten nur so damit herum.

Ich habe einen Teil des Tages damit verbracht, ganz vorn auf der Spitze des Bootes zu sitzen und die Weite und Ruhe um mich herum zu genießen. Eigentlich fehlte mir zum absoluten Glück nur noch der Seeadler, der sich sein Mittagessen fing.

Im Nachhinein empfinde ich unseren kleinen Segeltörn wie einen Lebenslauf. Zunächst hatten wir unsere liebe Mühe, die Yacht ( eine Delphia 29) aus dem engen Hafen von Klink herauszubekommen, ohne sie oder ein anderes Schiff zu beschädigen. Die Müritz hat einen sehr niedrigen Wasserstand, daher musste das Kielschwert und das Ruder hochgezogen sein, um nicht im Schlick stecken zu bleiben. Das Ruder auf dieser Höhe zu bedienen, hatte ungefähr den Effekt, einem Hund zu sagen „Die Wurst darfst du aber nicht, du kleiner Bösewicht …“. Du ahnst es: Ziemlich gering!

Das waren so die Geburtswehen unseres Törns. Als wir draußen waren und Segel setzen konnten, ging es besser. Aber: wir mussten nach Südosten, der Wind kam aus südlicher/südwestlicher Richtung, also mussten wir „kreuzen“ (Zickzack fahren), damit wir unser Ziel in Röbel ansteuern konnten. Im Leben ändern wir ja auch öfter die Richtung, mal freiwillig, mal gezwungenermaßen. Wir brauchten auf diese Weise dreieinhalb Stunden für die Strecke, die Luftlinie ungefähr 11 Kilometer beträgt.

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Der Rückweg, mit dem Wind im Rücken, dauerte dann auch nur halb so lange, wurde aber zwischendurch ein bisschen kabbelig und bescherte uns eine eher unfreiwillige 360°-Wende. Wenn man dabei nicht an Deck ist, sondern sich im Inneren des Schiffes befindet, löst das ein Gefühl der Orientierungslosigkeit aus, man sieht nicht, was da passiert. Auch dieses kenne ich aus dem „Real Life“, das sind für mich die Augenblicke, in denen ich meine, gelebt zu werden statt selbst mein Leben in der Hand zu haben.

Und dann war da noch das „Einparken“ am Schluss, als der Wind auffrischte, leider nicht aus einer optimalen Richtung. Dafür brauchten wir dann auch ein paar Anläufe, bis das Boot wieder in der Box lag, ordentlich vertäut und ohne Schäden. Tja, was soll ich sagen, diese Erfahrung, dass auch das Ende meines Lebens vermutlich nicht so glatt verlaufen wird, wie ich es mir und meinen Angehörigen wünschen würde, liegt hoffentlich noch in recht weiter Zukunft.

Zum Glück gibt es aber auch die zufriedenen und neugierigen Phasen des Ausgucks auf das Leben rund um mich herum, in denen ich dankbar bin für alles, was ich habe und auf mich zukommen sehe. In der großen liebevollen Hand meines Schöpfers, der mich durch den Lebenstörn gut durchbringen möchte.

Kaum waren wir am Freitagabend wieder auf dem Campingplatz angekommen, zogen dicke dunkle Wolken auf, ein stürmischer Wind kam dazu und es regnete Bindfäden. Punktlandung sozusagen….

Bemerkenswert: Auf dem Schiff wird jeder gebraucht. Nicht alle haben dieselben Fähigkeiten und dasselbe Kraftreservoir, aber dann springt halt jemand ein und übernimmt. Jeder bringt sich ein und jeder hat auch mal Zeit zum Genießen.

Diesen Tag mit Edgar, Dirk (von dem auch die Fotos stammen, vielen Dank!), Nele und Simea werde ich so schnell nicht vergessen…

Und außerdem ein großes Dankeschön an Daniela, die sich einen ganzen Tag um die Beaufsichtigung von zwei Hunden und zwei Teenagern gekümmert hat, so dass ich diesen Tag genießen konnte!

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