Motzen reicht heute nicht

Der „Morgen danach“. Leichte Katerstimmung. Wie konnte das passieren? Trotz aller witzigen Spots wie dem des Kängurus, trotz warnender Songs wie von den Ärzten, trotz aller Instagram-Reels von Prominenten, trotz aller Blogposts von uns hier, trotz aller Warnungen von Arbeitgebern, Gewerkschaften, Sozialverbänden, Wissenschaftlern, Politikern, trotz aller Aktionen, die von Schulen auf die Beine gestellt wurden, um die jungen Erstwähler*innen für demokratische Prozesse zu sensibilisieren, statt unreflektiert rassistisches DöpDöp-Dingens zu grölen …

Und dann kommt der Augenblick der Erkenntnis, selbst wenn es ungeheuer schmerzt:
Auch das ist ein demokratischer Prozess.

Auch das gehört dazu, zur Kenntnis zu nehmen, dass es einen wachsenden Prozentsatz an Wählern gibt, denen menschenverachtende Politik mindestens gleichgültig ist oder die sie sogar begrüßen.
Dass es Leuten egal ist, ob Wahlversprechen einer bestimmten Partei eingehalten werden können, wenn sie sich andererseits darüber aufregen, dass andere Parteien dieses nicht so ohne weiteres konnten oder wollten.
Dass es nicht wenige gibt, denen ein Denkzettel, den sie anderen verpassen, richtiger erscheint als seriöse, aber anstrengende und kleinteilige Demokratie-Arbeit.

Es heißt aber auch, dass sich Menschen einfache Antworten auf schwierige Fragen wünschen. Dass sie sich vom Leben in einer Zeit der Multikrise überfordert und von den etablierten Antwortsuchern nicht repräsentiert fühlen.
Es heißt, dass diejenigen, die zum Glück gemeinsam immer noch die Mehrheit bilden, jetzt gefordert sind. Gefordert, zusammenzustehen, sich auf ein gemeinsames Arbeiten an Lösungen statt gegenseitige Schuldzuweisungen einzulassen. Den Populismus außen vor zu lassen und die Kraft der demokratischen, wertschätzenden Auseinandersetzung und des ernsthaften Bemühens um einen breiten Konsens in den Vordergrund zu stellen.
An den wichtigen Baustellen in Politik, Gesellschaft, Ökonomie und Ökologie klare, nachvollziehbare Regeln und Entscheidungen zu etablieren, selbst wenn die manchmal wehtun. Um die Sache zu kreisen statt um eigene Befindlichkeiten und Wählerklientel.

Denn auch das ist ein Ergebnis der Wahl: Immer noch will zumindest in Deutschland die absolute Mehrheit der Bevölkerung ein demokratisches System. Ein starkes, anpackendes, nicht zauderndes System. Ein System, in dem um den bestmöglichen Weg diskutiert und gerungen wird. In dem wir nicht paralysiert dastehen wie das Kaninchen vor der Schlange. Die Demokratie mag angeschlagen sein, aber sie liegt nicht am Boden.

Unsere Gesellschaft ist das, was wir alle daraus machen.
Wenn wir sie uns offen, freundlich, tolerant und empathisch wünschen, dann ist jeder einzelne von uns gefordert, diese Werte vorzuleben.
Es wird nicht immer gelingen, es gibt für jeden von uns rote Linien (und die liegen bei jedem an anderer Stelle), aber es ist auch eine Sache der Übung: Nicht immer, aber immer öfter.


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Autor: Annuschka

Ostwestfälisch beharrlich, meistens gut gelaunt, Buchhändlerin, Ehefrau, Mutter von drei tollen Töchtern, Hundemama, Jugendarbeiterin (in zeitlicher Reihenfolge des Auftretens). Mit vielen Interessen gesegnet oder geschlagen, je nach Sichtweise ;-)

43 Kommentare zu „Motzen reicht heute nicht“

  1. Ich bin ganz ehrlich: Schon seit geraumer Zeit steigt nach jedem Wahltag mein Wunsch, mir einfach ’ne Pulle „Stroh 80“ aufzumachen und zu sagen: „Na, dann macht doch euren Mist alleine!“ Dann haue ich mir einfach beständig einen in die Rübe und warte, bis mich im Falle der absoluten Mehrheit der AfD ein Lastwagen für die Erhaltung der Volksgesundheit abholt.

    Wenn wir jetzt nämlich schon als positives Zeichen werten, dass die absolute Mehrheit der Menschen noch ein demokratisches System will, dann sind unsere Ansprüche aber irgendwie massiv gesunken, finde ich.

    Und vielleicht ist das ja auch berechtigt. Wahlergebnisse wie dieses zeigen für mich, dass ein nennenswerter Teil der Wahlberechtigten für rationale Argumente nicht mehr empfänglich ist. Schon im letzten Jahr gab es schließlich eine Umfrage, aus der hervorging, dass es für 80 % der befragten AfD-Wähler „egal“ ist, „dass die AfD in Teilen als rechtsextrem gilt, solange sie die richtigen Themen anspricht“.

    Ich fürchte daher, um es mal überspitzt zu sagen, dass bspw. Frau Weidel an der Seite von Frau Wagenknecht bei der nächsten FFF-Demo mit scharfer Munition das Feuer auf die Demo-Teilnehmer eröffnen könnten, und es würde sie nicht eine Stimme kosten.

    O tempora, o mores.

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    1. Ups. Falsche Taste. Als ich heute früh aufstand, war ich auch reichlich geknickt. Dass die KfD (Katastrophe für Deutschland, laut Känguru) bei Jungwählern so gut ankommt (WTF?)
      Dass diese unsägliche Partei leider auch in Porta Westfalica und im Mühlenkreis zugelegt hat. Dass ganz Europa nach rechts rückt.
      Aber was ist die Alternative dazu, die Zuversicht aufrecht zu halten? Die Hände in den Schoß legen und resignieren? Nein! Da weigere ich mich. In meinem Namen, in dem meiner Familie, meiner Kinder, meines Enkels.

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    2. Nein, die Hände in den Schoß legen und resignieren, wäre auch nicht mein Ansatz.

      Meiner wäre eine demonstrative Null-Toleranz gegen die, die sich ohnehin schon vom demokratischen Diskurs abgewendet haben. Meiner wäre, diesen Leuten endlich mal berechtigten Anlass für ihre ohnehin schon perfektionierte Mimimi-Opferrolle zu geben. Mein Anlass wäre konsequentes Ignorieren, Auslachen, verächtlich machen. Mein Ansatz ist nicht nett – aber diese Leute sind es auch nicht.

      Der langfristige Ansatz wäre ein konsequenter Umbau des Bildungssystems und der Sozialpolitik im Sinne einer größeren Unterstützungsmöglichkeit für Eltern im Bedarfsfall, um dafür zu sorgen, dass man sich nicht gleich die nächste Generation verängstigter, wütender und letztlich dummer Menschen heranzieht. Aber das würde zu weit führen. 😉

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    3. Vermutlich brauchen wir beides. Dass eine einzelne schlichte Antwort auf komplexe Probleme nicht ausreicht, haben wir im Gegensatz zu manch anderem ja immerhin erkannt. Sorry, ich rette mich ein wenig in Galgenhumor.
      Jedenfalls können wir uns morgens weiter mit gutem Gewissen beim Zähneputzen im Spiegel ansehen.

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    4. Auch nachvollziehbar und sicher wünschenswert, aber leider vermutlich nicht in der Realität verankert.
      Ich versuche es (auch für meine seelische Gesundheit) jetzt erstmal mit Pragmatismus.
      Mein Vorbild ist mein Großvater, der auch das gesamte dritte Reich über Gewerkschafter und SPD-Mitglied blieb, selbst als er von der Gestapo abgeholt wurde. Er tat, was er konnte und schaffte es in seinem kleinen Wirkungskreis.

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  2. Gut gemeint, aber wird das reichen. Macron lässt neu wählen. Deutschland ist ja nicht das einzige Land mit einem Rechtsrutsch. Europa könnte sich selber abschaffen und hinterher bleibt nur das Jammern über die Folgen, wie bei den Briten mit dem Brexit.

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    1. Es wird nur dann reichen, wenn ich es nicht allein so sehe, das ist klar. Aber die Alternative ist einfach nur deprimierend, das kann nicht die Lösung sein.
      Es muss doch auch mal für irgendwas gut sein, eine sture Ostwestfälin zu sein🤔.

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    2. Wenn ich sehe, dass mein Dorf seit einigen Jahren auch zunehmend von rechtsblinkenden Wählern bewohnt wird, geht es mir ähnlich. Und es gruselt mich.

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  3. Guten Morgen, Anja. Weißt du noch unsere Diskussion neulich? Genau so ist es gekommen. Die EU wird früher oder später auf eine reine Wirtschaftsgemeinschaft, die sie einmal war, reduziert werden, günstigstenfalls. Eine zollfreie Handelsgemeinschaft mit halbwegs gleichen Produktionsstandards. Wir waren nie eine Wertegemeinschaft, das habe ich immer als Heuchelei verstanden.

    Warum so viele „Kinder“ rechts gewählt haben? Die waren 2 Jahre beinahe eingesperrt (Lockdown). Kann mit eine Rolle spielen, ich weiß es nicht.

    Warum die Grünen so gerupft wurden? Keine Frage, wer so massiv zum monetären Nachteil Millionen Mitbürger ordnungspolitisch in den Markt eingreifen möchte, der muss sich nicht wundern. Wer so massiv seine eigenen Ideale verrät (Hofreiterei) dito nicht. Heinrich Böll würde sich im Grabe umdrehen…

    Warten wirs ab, was draus wird.
    L.G., Reiner

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    1. Guten Morgen. Was die Wirtschaft und die Werte angeht: ja, durchaus möglich. Vor allem aber bringen deutlich zu viele Menschen die EU nur mit Bürokratiemonstern und so weiter in Verbindung, da gibt es ja auch sehr viel Verbesserungspotenzial.
      Bei den Jungwählern habe ich auch die Befürchtung, sie haben sich von den PR-Profis der AfD auf den Plattformen einlullen lassen.
      Und an der Schule unserer Tochter stehen viele junge Leute aus den evangelikalen Gemeinden zur AfD, weil die gegen Ehe für alle und Abtreibung und für das Muttchen am Herd stehen…😥
      An den Grünen knabbere ich ehrlich gesagt auch herum, aber nicht nur an denen.
      Wie dem auch sei, ja, warten wirs ab.
      Viele Grüße zurück
      Anja

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    2. Es gibt ja sogar eine Europäische Menschenrechtskonvention, die über die der Vereinten Nationen, insbesondere was ihre Verbindlichkeit angeht, weit hinausgeht, und auf die sich nicht nur die aktuellen 27 EU-Staaten einigen konnten. Dass wir so gar keine Wertegemeinschaft in Europa haben, kann ich schon alleine deswegen nicht teilen. Dass es in Europa unterschiedliche Auffassungen der Ausgestaltung dieser Wertegemeinschaft gibt, liegt in der Natur der Sache, diese Unterschiede gibt es aber auch bspw. zwischen Kiel und München oder Aachen und Dresden.

      Was den „monetären Nachteil“ angeht, so greifen die Leute jetzt ja sogar in einem Anfall von bockiger Reaktanz vermehrt zu Öl- und Gasheizungen, denn „Die da oben haben mir gar nichts zu sagen!“, um diesen monetären Nachteil zu vermeiden, und ahnen offensichtlich nicht, welcher monetäre Nachteil dadurch in den nächsten Jahren erst auf sie zukommt. „Lernen durch Schmerz“ hat ein Lehrer von mir immer gesagt, obwohl der eigentlich ganz harmlos war. 🙂

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    3. „Die Leute“ orientieren sich in erster Linie an ihren Kassenstand und sind groteils, so sie denn Hausbesitzer sind, nicht bereit, sich z.B. für eine Wärmepumpe bis über die Ohren zu verschulden.

      „Die Leute“ – das sind Typen wie ich, die in Quartieren wohnen, wo der Denkmalschutz adäquate Isolierung der Gebäude verhindert, wo Parkplätze Mangelware sind, wo so gut wie keine Lademöglichkeiten für E-Autos bestehen. Die gleichen Politiker, die uns den Wandel verordnen, fordern zugleich grenzenlose Mobilität, Pendelei ist für viele meiner Kollegen Alltag. Und nein, die Öffies sind eben keine Alternative für Menschen mit Fulltimejob und einer Menge privater Verpflichtungen, oft eben in Kombi mit langen Arbeitswegen.

      Neue Technologien werden sich zu ihrer Zeit durchsetzen, die Stromer sind eh nur eine Übergangslösung bis zum Wasserstoff. Bis dahin bleibt vieles gut Gedachtes einer gesegneten Avantgarde vorbehalten, mit eigenheim und Carport samt Wallbox. Ich freue mich für jeden, der die Möglichkeit hat und ärgere mich zeitgleich über ebensolchen, wenn er dies per Gesetz zum allgemeingültigen Standard erheben möchte.

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    4. Eben deswegen hätte man sich erst mit der Kommunalen Wärmeplanung auseinandersetzen und dann damit an die Öffentlichkeit gehen müssen, bevor man sich mit Vorgaben zu Heizungsanlagen beschäftigt. Dann hätten die Menschen nämlich den Eindruck gewonnen, dass sich darum bemüht wird, für jeden individuell die richtige Lösung zu finden.

      Leider findet das Leben nicht im Konjunktiv statt, weswegen auch hierfür gilt, dass gut gedacht nicht immer gut gemacht bedeutet.

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    5. Dass offensichtlich Menschen am Werk sind, die das Pferd von der falschen Seite aufzäumen, ist ja in Deutschland nichts Neues, denke ich nur mal an die schulische Inklusion. Da sind wir anscheinend so ein wenig übereifrige Musterschüler, die sich wie bekloppt melden und erst, wenn sie drankommen, eine Antwort überlegen.
      Sei’s drum. Kein Grund, Extremisten zu wählen.

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    6. Reiner, ein kleiner Einwand meinerseits: „Die Leute“ als einigermaßen homogene Masse sehe ich nicht. Trotz Eigenheim (über 200 Jahre alt, zum Glück hat meine Mutter in den 1980ern den Denkmalbehörden die Tür vor der Nase zugemacht) ist unsere Realität nicht die von Privilegierten, wir setzen halt nur unsere eigenen Prioritäten, andere rümpfen dann eben die Nase darüber, dass unser Haus eine gemütliche, aber etwas verwohnte Dauerbaustelle ist.
      Aber ich käme trotzdem nicht auf die Idee, mein Wohl und Wehe irgendwelchen Extremos anzuvertrauen.
      Unsere Vollkaskomentalität steht uns als Gesellschaft ganz schön im Weg, denke ich oft.

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  4. Guten Morgen,

    dieses Ergebnis ist doch sehr gut.

    Die sogenannten demokratischen Parteien sind doch nicht mehr wählbar mit ihrer Politik, besonders in den vergangenen Jahren.

    So wie es ist kann es nicht weitergehen. Europa kann nicht alle Menschen aufnehmen und besonders die illegale Einreise muss gestoppt werden.

    Warum nicht mal mit der AfD, als immer dagegen? Und was man so auf einigen Demos zu lesen bekommt ist weit unter der Gürtellinie da wird gegen Hass und Hetze demonstriert und selbst sind einige Sprüche von Hass und Hetze geprägt.

    Meine rote Linie wurde 2020 überschritten und Ende 2021 wurde daraus ein großer roter Balken.

    Gruß

    Hannelore

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    1. Nein. Das Ergebnis ist alles andere als gut.

      Das beginnt schon damit, dass du offensichtlich den etablierten Parteien die Demokratie absprichst, oder wie soll ich das „sogenannte“ sonst verstehen?

      Warum nicht mal mit der Afd? Kann ich dir sagen: Weil diese Partei die Menschen so schamlos belügt, was ihre Ziele angeht. Weil das, was sie in ihrem Postings in den „sozialen“ Medien so schick in Szene setzen, diametral ihrem Grundsatzprogramm entgegensteht. Weil sie keinesfalls die Interessen der „kleinen Leute“ vertreten, wie sie es so gern behaupten.

      Und weil sie alle Werte mit Füßen treten, die mir wichtig sind. Weil sie das unbehelligte Leben und die Teilhabe an der Gesellschaft von sehr vielen Menschen bedrohen, die mir in beruflichem, privaten oder auch familiären Umfeld wichtig sind:
      Menschen mit körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderungen, chronisch Kranke, Alte und Gebrechliche, Menschen mit Migrationshintergrund oder einer vom hetoronormativen Standard abweichenden sexuellen Orientierung.
      Menschen, die wertvoll, empathisch und mitfühlend sind, im Gegensatz zur kalten Ideologie eines ethnisch homogenen, „gesunden“ Volkskörpers.

      Darum.

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  5. Tja, es lässt einen sprachlos zurück. Positiv ist für mich höchstens, dass ich es noch schlimmer erwartet habe bzw. zwischenzeitlich die Umfragewerte ja deutlich höher waren.

    Ich hab heute mal die Ergebnisse aus meiner Ecke angesehen. Interessant fand ich, dass die Afd in ganz besonders ländlichen Gegenden UND in Stadtvierteln mit besonders hohem Ausländeranteil besonders gut angeschnitten hat. Eines dieser Stadtviertel (Afd bei 27 %) ist auch ein weitbekanntes Problemviertel.
    Es ist natürlich auch fraglich wie sinnvoll es ist, sämtliche Sozialwohnungen in ein Viertel zu pferchen. Das es dann Probleme gibt ist vorprogrammiert und das das auch nicht zu allgemeinen Toleranz beiträgt finde ich in Teilen nachvollziehbar.
    Was in den ländlichen Gegenden los ist? Keine Ahnung. Die Leute fühlen sich da offenbar abgehängt und nicht gut vertreten.

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    1. „Fühlen“ ist ein gutes Stichwort, nehme ich an. Offensichtlich fühlen sich viele Leute von Ausländern bedroht.
      Ein kleines bisschen kann ich das nachvollziehen, aber das ist so lang, da werde ich in den nächsten Tagen mal einen Post schreiben, der das aufgreift.
      Unser Landkreis vereint ländlich und städtisch ganz gut, und ich beobachte leider einen Hang zur AfD unter anderem bei evangelikalen Christen, wegen der Positionen zu Gender, sexueller Identität, Abtreibung und Familienbild.
      Aber auch das ist letztlich nur ein Puzzleteil.

      Bezeihungsstatus zwischen Deutschland und seiner Bevölkerung: Es ist (und bleibt) komplziert.

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    2. Das ist schade. Ich habe ehrenamtlich vor einigen Jahren eine berufsbegleitende Ausbildung zur Gemeindepädagogin an einem evangelischen Werk gemacht, wo sich alle möglichen Konfessionen treffen. Da ist alles dabei. Im besten Fall kann das auch bereichernd sein. Im schlimmsten frustrierend. Bei mir hat Fall eins überwogen.

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  6. Es spielen wahrscheinlich sehr viele Sachen rein. Ich könnte mir bei jüngeren Menschen sogar vorstellen, dass da eine Art „Rebellentum“ reinspielt. Das es ein wenig den Reiz des Verbotenen hat.

    Mein Sohn kam am Freitag aus dem Schullandheim. Sie waren mit einer Klasse aus der nächsten Stadt unterwegs. Mein Sohn sagte (wortwörtlich):“ Die Klasse hat sich so aufgeführt, aber das war ja klar, das waren lauter Ausländer und die führen sich bei uns an der Schule auch so auf.“
    Ich war ziemlich entsetzt über diese Einstellung, da wir zu Hause NIE derartig sprechen.
    Andererseits ist er neun Jahre alt, dieser Eindruck entsteht also aus seinen täglichen Wahrnehmungen auf dem Pausenhof oder in der eigenen Klasse.
    Es stellt sich hier natürlich dann auch die Frage, WARUM das so ist.

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    1. Auch das dürfte vielseitig begründet sein. Und wenn wir ganz ehrlich sind, gehört dazu auch ein bisschen Blauäugigkeit und falsch verstandene Toleranz. Nicht, dass ich das Gegenteil möchte, aber an manchen Stellen täte ein wenig mehr klare Kante gut. Egal, bei wem.

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  7. Was ist gestern passiert? Ich kann die Aufregung nicht nachvollziehen. Ich gehe nicht mehr wählen, weil ich nicht länger an einen demokratischen Prozess in unserem Land glaube. In meinen Augen sind Wahlen eine Farce, und ich sage, keiner der politischen Akteure hat ein wirkliches Mandat von uns Menschen, in unserem Namen und auf unsere Rechnung für uns Regeln aufzustellen oder zu entscheiden. Aber wenn jetzt die Wahlverlierer die Gewinner im TV Nazis schimpfen, oder ein Mario Sixuts sagt, die Grünen sollten jetzt für die nächsten zwei Jahre alles nur Mögliche durchdrücken, weil ihre Zeit vorbei sei, dann kann ich nicht erkennen, dass die, die vorgeben, die Demokratie zu verteidigen oder für diese sind, ethisch die Anforderungen dafür erfüllen. All die, die die Demokratie verteidigen wollen, haben die letzten 4 Jahre so dermaßen darin versagt, dass ich froh bin, wenn sie alle abtreten müssen, um erneut in die Schule des Lebens zu gehen und Anstand und Ehrlichkeit zu lernen.

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    1. Wenn ich deinen Kommentar lese, denke ich, du hast resigniert. Ich kann es teilweise nachvollziehen, in anderer Hinsicht ging es mir öfter im Leben so, aber hier bin ich anderer Meinung.
      Auch wenn vieles nicht perfekt ist, und das kenn es nicht sein, so lange Menschen an der Arbeit sind, gibt es für mich keine Alternative zum demokratischen Weg. Und ich sehe auch nicht, bei allen Details, über die auch ich mich aufrege, dass unsere demokratische Grundordnung kaputt ist.
      Es ist und bleibt mühsam, aber Autoritarismus ist aus familiärer Geschichte für mich ein No Go.
      Solange du dich Wahlen verweigerst, kannst du auch kein Mandat erteilen, schätze ich mal.

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  8. Ich wollte nicht sagen, dass ich nicht einen demokratischen Weg einem autoritären Weg vorziehe. Aber für mich sind die Vorrausetzungen für ein Gelingen eines demokratischen Weges nicht erfüllt. Das fängt schon bei den Medien an. Wie können die Menschen vernünftig abstimmen, wenn ihnen objektive Informationen fehlen?

    Das Bundesverfassungsgericht hat 2012 festgestellt, dass es gravierende Mängel an unserem Wahlgesetz gibt und hat den Bundestag aufgefordert, eine Korrektur vorzunehmen. Dies ist bis heute nicht geschehen, weil die Parteien sich nicht einigen konnten. Deshalb sagen manche, dass alle Wahlen hier seit 1956 ungültig seien.

    Sind Wahlen der Mechanismus, um ein Mandat zu übertragen? Wenn du einem Rechtsanwalt ein Mandat übertragen willst, oder als Chef einer Firma einem Angestellten eine Vollmacht ausstellst, bedarf es eines Vertrages oder einer schriftlichen Anweisung, der/die die Bedingungen formuliert, oder? Im Politischen ist dies nicht der Fall. Ich glaube eher, dass Wahlen missbraucht werden, um Legitimität für politisches Handeln zu generieren. Alle die mitmachen, stimmen zu, geben ihre Stimme ab. Und die Parteien machen dann, was sie wollen.

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    1. Alles, was du schreibst, zeigt auf, dass Demokratie mühsam und immer wieder mit vielen Debatten der bestmögliche Weg gefunden werden muss.
      Das Problem ist, dass diese Debatten leider in den letzten Jahren erstens quasi aus der Mode gekommen sind und sich zweitens, wenn sie stattfinden, auf Dinge verlagern, die einmal waren, statt auf die Zukunft abzuzielen.
      Was du im letzten Absatz beschreibst, nennt sich repräsentative Demokratie und sie ist uns nicht übergestülpt worden, sondern wir sind hineingeboren.
      Demokratie ist im Übrigen ein Prozess, sie kommt nicht weiter, wenn man sich von ihr abwendet oder sie mit irgendwelchen Kniffen delegitimieren will.
      Das ist meine Meinung dazu und deswegen werde ich mit meinen Möglichkeiten demokratische Prozesse unterstützen, auch wenn es oft frustrierend ist und ich beileibe nicht immer hinter allem stehe, was die diversen Regierungen im Detail beschließen.

      Also würde ich mal sagen: Wir beiden haben verschiedene Sichtweisen, die sich aus unterschiedlichen Erfahrungen speisen und damit kann ich leben.

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  9. Abgesehen von dem fatalen, wenngleich auch vorhersehbaren Ergebnis ist mir noch etwas anderes aufgefallen. Mehr denn je scheinen die Bürger nicht mehr das Land in seiner Ganzheit bei ihrer Wahl im Blick zu haben, was ich bei den abgehängten und sozial vernachlässigten absolut verstehe, sondern nur noch bis zum eigenen Gartenzaun oder in ihre Buchstabensuppe zu schauen. In den zwei Städten mit den meisten reichen Einwohnern des Taunus, Kronberg und Königstein, kommt gleich hinter der CDU die FDP mit geringem Abstand.
    Zum ersten Mal fiel mir diese Richtung auf, als ich vor Jahren auf fb Verständnis und Zustimmung für die Streiks der Erzieherinnen äußerte. Mir wurde in den vielen fast nur massiv abwertenden Kommentaren automatisch unterstellt, ich selbst sei auch Erzieherin. Als sei es total abwegig, sich für Belange oder gegen Ungerechtigkeiten anderer Menschen einzusetzen. Finde ich erschreckend.

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    1. Ja, da stimme ich dir vollkommen zu. Ich gehe soweit, zu überlegen, welches Verhalten ich schlimmer finde. Vermutlich die Wohlstandsverwahrlosung, die ein wenig an „Wenn sie kein Brot haben, sollen sie doch Kuchen essen“ erinnert. Oder „wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht“. Und das funktioniert eben nicht.

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