Ich bin fix und fertig. Fühle mich, als hätte ich im Deutschland-Achter mitgerudert. Beine, Schultern, Arme. Alles tut weh. Vermutlich einfach nur das Alter, meinst du? Ja, sicher, aber in diesem Fall nicht unbedingt meins.
Was mich so fertig gemacht hat, war der Tierarzt-Termin mit Lucy heute Vormittag. Sie fährt immer noch gerne Auto, auch wenn man ihr beim Ein-und Aussteigen etwas helfen muss. Aber als sie merkte, wo sie wieder ausstieg, wäre sie am liebsten sofort wieder in den Kofferraum gehüpft. Es wird jedes Mal schwieriger, sie in die Praxis zu komplimentieren.
Den Röntgentisch kannte sie ja schon, wollte aber trotzdem nicht still liegen (auch wenn sie zuhause mitunter eine Stunde am Stück auf der Seite liegt). Also ist ein fester Griff gefragt, um das Röntgenbild hinzubekommen. Kurze Verschnaufpause. Neuer Raum: Herzultraschall. Auf dem Tisch steht eine gepolsterte Liege mit zwei Ausschnitten. Dort hinauf wird der Hund mit der Hilfe durch die Tierarzthelferin gewuppt. Hinter den Achseln kommt die Wolle runter, den Sound des Rasierers mag Madame auch nicht. Und dann: wieder auf die Seite legen (lassen). Meine Aufgabe: das unten liegende Bein und den Kopf fixieren. Zum Glück macht ihr zumindest der Maulkorb nichts aus, den brauchen wir, weil sie seit ein paar Monaten auch schonmal von der Seite schnappt, wenn sie sich bedroht fühlt. Aber sie ist so aufgeregt, dass ich den Tierarzt dafür bewundere, wie er bei diesem Herzrasen überhaupt etwas erkennen kann. Halbzeit, Hund auf die andere Seite drehen, damit auch die Herzklappen angeschaut werden können. Danach wieder eine Viertelstunde Pause, damit Lucy „runterkommt“, ein wenig in der Sonne sitzen und kraulen.
Nächster Punkt: EKG. Wieder auf den Tisch, aber stehen bleiben. Also ist meine neue Aufgabe, den Kopf zu halten und zusätzlich um den Körper herumzugreifen, damit sie sich nicht hinlegt. Was soll ich sagen, sie hat die ganze Zeit gejammert und gequietscht, als sollte sie bei lebendigem Leib gehäutet werden. Naja, wie soll man einem Hund auch erklären, was ein EKG ist… Für mich war es jedenfalls ein Kraftakt, denn diese Hündin entwickelt ziemliche Kräfte, wenn sie sich gegen etwas wehren will und besteht dann gefühlt nur aus zappelnden Gliedmaßen. Die Höhe, in der ich sie fixieren musste, tat meinen Beinen auch nicht wirklich gut.
Fazit dieses für Lucy traumatischen Morgens: Körperlich ist sie altersentsprechend gesund. Ihre schwere Atmung, das Jammern und die Unruhe, aber auch ihre Mitteilsamkeit, das unregelmäßige Fressen und alles andere, was uns in den letzten Monaten vermehrt auffällt, kann ebenso vom Kopf her kommen, sprich, auf eine Hundedemenz hindeuten. Immerhin, sie weiß noch, dass man vorher Bescheid sagt, wenn man draußen eine Verrichtung erledigen muss. Und sie freut sich wie Bolle, wenn jemand nach Hause kommt oder sich mit ihr beschäftigt (am liebsten kraulen). Der Preis ist das desorientierte In-der-Gegend-herumstehen und das gelegentliche Schnappen, wenn sie vor etwas Angst hat. Und dass Kalle öfter mal „erzogen“ wird, obwohl sie das vor fünf Jahren schon erledigt hatte. Er meistert das meistens mit Gelassenheit, manchmal zahlt er es ihr mit gleicher Münze heim.
Gut, dass wir nicht vorher wissen, was auf uns im Alter zukommt.
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