Glück ist Familiensache

Band zwei der Reihe Das Haus am Walchensee (hier geht es zur Rezension des ersten Bandes)

So, heute mal wieder etwas Schönes, nach der gestrigen Motz- und Frustrunde.

Kennt ihr das, wenn man eine zweite Reise in dieselbe Gegend unternimmt? Oder sogar ein bevorzugtes Ziel hat, wo es einen immer wieder hinzieht? Bei uns war das lange Zeit die Gegend bei Neustrelitz, am Useriner See in Mecklenburg Vorpommern. Seit 2021 ist es immer wieder Heiligenhafen als Fixpunkt beim Segeln.

Da meine Reisen im Augenblick nur im Kopf stattfinden, buchte ich kurzerhand einen Kurzurlaub in Bayern am Walchensee, wo ich schon letzten Sommer im Fischerfleck „zu Gast“ war. Ich darf berichten: Ich habe mich auch jetzt wieder wohlgefühlt, in der ehemals etwas angestaubten, inzwischen zur In-Location gewachsenen Gaststätte der Geschwister Freya und Niklas. Was zum Teil sicher auch daran liegt, dass ich große Sympathie für das David-gegen-Goliath-Thema habe😉.

Auch wenn es sich um leichte Unterhaltungslektüre handelt, bedeutet es nicht, dass alles Friede, Freude, Eierkuchen ist. Sophie Oliver thematisiert unter anderem ein Thema, das in vielen Urlaubsregionen („Hot Spots“) immer drängender wird, gegen das sich auch inzwischen die ersten Regionen mit Einschränkungen oder Betretungsverboten zur Wehr setzen:

Die Verzweiflung über die unzumutbare Verkehrslast einte die Walchenseer. [ … ] Als Bundesstraße durfte die Kesselbergstraße, die Hauptzufahrt zum Walchensee, nicht gesperrt werden. Nicht einmal wegen Überlastung. Das bedeutete, die Menschen mussten dulden, dass bei Schönwetter Ausflügler in Scharen über ihren Heimatort herfielen. Seit ein paar Jahren waren sogenannte Walchensee-Ranger im Einsatz, die wenigstens in diesen extremen Stoßzeiten das Schlimmste an Müll und offenen Feuern in der Natur verhindern sollten. [ … ]

Pia musste zugeben, dass sie dieser Massenansturm schockierte. So schlimm war es in ihrer Kindheit nicht gewesen.»Bald können wir nicht mehr aus dem Haus gehen«, schimpfte ein Mann. »Ich hab gehört, dass es mittlerweile auch drüben am Sylvensteinsee fast schon so schlimm ist, wie hier. Dabei war dort früher kaum was los.« [ … ]Es gibt hier kein einziges ruhiges Fleckchen mehr, dachte Pia. [ … ]

Und die idyllischen Badebuchten würden heute ohne Unterlass von den Rangern kontrolliert werden müssen, sonst blieben Müllberge zurück. Ganz abgesehen davon, dass die vielen Menschen irgendwo in der Natur ihre Notdurft verrichten würden.

Kapitel 14

Klar, man kann nun einwenden, was wollen die Leute denn, sie verdienen ja mit den Touristen gutes Geld? Ja, womöglich. Wobei ich mich frage, ob das große Geld bei den kleinen einheimischen Anbietern verdient wird oder bei den größeren, überregionalen Anbietern, die sich Kapazitäten in den Orten sichern. Aber darum geht es mir auch nicht. Denn Tatsache ist: wenn durch überbordenden Tourismus solche Gegenden zerstört werden, dann stirbt der Tourismus dort, dann sitzen die Einwohner ohne Einnahmen in kaputter Natur. Und nein, Tourist sein heißt meiner Meinung nach nicht, Anspruch auf ein Verhalten wie die Axt im Wald zu haben. Sondern auch Verantwortung zu tragen, dass zukünftige Generationen von Anwohnern und Urlaubern diese Landschaften auch noch genießen können. Aber wir wissen ja leider, wie das mit der Verantwortung für fremdes Eigentum so aussieht😔.

Zurück zum Buch: in diesem Band dreht sich die Geschichte vor allem um Niklas, dessen ehemalige Verlobte an den Walchensee zurückkehrt. Die schwierige Beziehung der Fischer- und Gastwirtsfamilie Siebert und der Hoteliers des Sporthotels, den Hirschbergs, drängt sich auch immer mal wieder in den Vordergrund. Insgesamt kommt mir dieser zweite Band dichter vor als der erste, aber auf eine positive Weise.
Ich habe mich von vorn bis hinten gut unterhalten und abgelenkt gefühlt.
Der Walchensee wäre sicher ein schönes Ziel für eine kleine Auszeit, aber nicht unbedingt im Hochsommer …

Bibliographische Angaben: Sophie Oliver, Das Haus am Walchensee – Glück ist Familiensache, Fischer Taschenbuch, ISBN 978-3-596-70788-1, € 12,-

PS: Kleiner Ausblick: Im August wird es einen dritten Band geben😀


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Autor: Annuschka

Ostwestfälisch beharrlich, meistens gut gelaunt, Buchhändlerin, Ehefrau, Mutter von drei tollen Töchtern, Hundemama, Jugendarbeiterin (in zeitlicher Reihenfolge des Auftretens). Mit vielen Interessen gesegnet oder geschlagen, je nach Sichtweise ;-)

5 Kommentare zu „Glück ist Familiensache“

  1. Ja, der Tourismus ist im Werdenfelser Land, überhaupt in den bayrischen Alpen, seit Ende der Corona-Pandemie zum Problem geworden. In den warmen Jahreszeiten werden an den Wochenenden durch die Wanderer und Wochenendurlauber ganze Wälder zugeparkt, ganz zu schweigen während der Ferienzeiten, trotz Verbote und angedrohter Kontrollen durch die Polizei. Doch die hat ja bekanntlich auch mit Personalproblemen zu kämpfen. Besonders schlimm ist es beidseits der Kesselbergstraße zwischen Kochel und Walchensee. Diese Strecke ist vor allem bei Motorradfahrer:innen höchst beliebt. Die Anwohner haben in den warmen Jahreszeiten vor lauter Lärm von morgens früh bis abends spät keine ruhige Minute mehr. Sehr viele Einheimische verdienen sich ihr täglich Brot mit dem Tourismus – aber nun hat dieser schon grotesk und auch gefährlich überhand genommen.

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    1. Ich meine mich zu erinnern, dass im Berchtesgadener Land auch schon ein Naturschutzgebiet gesperrt wurde, weil zu viele Leute dort nur für ein Selfie hinwollten.
      Und gerade wegen solcher blödsinnigen Aktionen finde ich es gut und richtig, solche Zusammenhänge auch in Unterhaltungsliteratur einfließen zu lassen. Vielleicht lesen das ja dann auch solche Menschen, die dann etwas umdenken. Versuch macht kluch…

      Gefällt 1 Person

    2. Ja, im Berchtesgadener Land ist ein besonders malerischer Platz oberhalb des Königsbach Wasserfalls im Nationalpark für Besucher:innen gesperrt worden. Die Selfie-Jäger:innen haben sich trotz großer Absturzgefahr dort entlang gehangelt, um sich dann an der Fallkante abzulichten, trotz mannigfaltiger Warnungen der Nationalpark-Ranger und der Bergwacht.

      Gefällt 1 Person

    1. Höchstpersönlich war ich bisher nur einmal am Walchensee, und auch nur im Rahmen eines Tagesausfluges von München aus (mein Schwager hatte den Ehrgeiz, uns seine liebsten Motorradausflugsziele an einem Tag zu präsentieren). Eindeutig zu kurz.
      Da wird es mich auf jeden Fall nochmal für einen längeren Aufenthalt hinziehen. Ist nur leider so weit von der Ostsee weg, ich weiß noch nicht, wie ich meinen Mann dazu bekomme…

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