Nicht das Übliche, oder? Aber auch den Gedanken, die so gar nichts mit bunten Eiern, Tulpen, Schokohasen und begeistert suchenden Kindern zu tun haben, gilt es, Raum zu geben.
Ich sitze im Ostersonntagsgottesdienst. Meine Blickrichtung geht gen Süden, wo dicke und dunkle Wolken den Himmel verhüllen. Es wirkt, als hätte jemand mit einem dicken, weichen Bleistift alles andere übermalt. Aber vor diesem unheilvollen Horizont leuchtet im Pfarrgarten ein Kirschbaum (oder vielleicht ist es auch eine Felsenbirne, das lässt sich durch die milchigen Fenster nicht recht erkennen) in voller Blütenpracht.
Eine Explosion in weiß!
Unwillkürlich beginne ich, über dieses Bild nachzudenken, das sich mir bietet.
Häufig ist es so: es ist nicht alles gut, aber auch nicht alles schlecht.
Vor dem Hintergrund des Bösen und Bedrohlichen passieren lauter kleine schöne Episoden, für sich allein genommen vielleicht so unscheinbar wie eine einzelne Kirschblüte. Aber in ihrer Gesamtheit haben sie eine hoffnungsvolle Wirkung: Sie bringen die Dunkelheit zum Leuchten und verdrängen sie damit in den Hintergrund.
Das Dunkel ist deswegen nicht verschwunden, aber es zieht nicht mehr unsere gesamte Aufmerksamkeit auf sich. Wir konzentrieren uns vor der Drohkulisse auf die Helligkeit, das Leuchten, den süßen Duft der Kirschblüten, auf die vielen schönen Kleinigkeiten, die uns das Leben schön und lebenswert machen.
Wie zum Beispiel die Geburt eines Kindes mitten im Krieg, ein neues Leben, das den von den Gefahren des Krieges erschöpften Eltern neuen Mut und neue Kraft gibt.
Oder wie eine Vergebung, die nach langen Jahren des Streits eine Beziehung zwischen zwei (oder mehr) Menschen heilt.
Wie eine unverhoffte Perspektive, die sich nach langer Hoffnungslosigkeit auftut und Mut spendet.
Auch das ist Ostern: Der Blick durch den ganzen unübersichtlichen Wust, der unser Leben beschattet, in die reale Möglichkeit einer gelingenden Zukunft.
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Schöne Gedanken, danke dir dafür!
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