Mein persönlicher Neustart der abc.etüden bei Christiane, nachdem ich eine ganze Weile damit beschäftigt war, mein Leben zu reorganisieren.
Wer noch die älteren Windows-Versionen kennt, weiß Bescheid, wie lange es oft dauert, bis die bunten Klötzchen beim lustigen Umherspringen alle ihre neuen Plätze gefunden haben😉.
Da es mit dem Schreiben zunehmend ernsthafter wird, die Ideen zu Texten aus meinem Kopf immer schneller auf Papier, in Dateien und auf den Blog purzeln, das analoge Leben nicht zu kurz kommen soll und dazu noch gesundheitliche Baustellen die Familie auf Trab hielten, fehlte mir Energie, Zeit und Muße.
Die Wörter von puzzleblume boten sich allerdings so charmant an, dass ich keine Mühe hatte, eine Etüde in meine Freischreib-Zeit zu integrieren.
Abendbrot – allein dieses schlichte Wort bedeutet mir so viel.
Es hat einen Klang von Heimat, von Familie, von Geborgenheit. Denn unser Abendbrot war ziemlich einzigartig. Gar nicht mal die Speisen, die waren konventionell: Brot, am liebsten backfrisches Bauernbrot mit knuspriger Kruste. Wir Kinder zankten uns halb im Spaß um den begehrten Knust, das Endstück.
Dazu Butter, dick draufgeschmiert. Von Mama eingelegte Gewürzgurken, die wir dazu aßen, sogar als Wettbewerb. Gewonnen hatte immer, wer die kleinste Gurke aus dem Weckglas fischte, denn die kleinen hatten den intensivsten Geschmack. Im Winterhalbjahr gab es frische Wurst vom Bauern nebenan, der damals noch Hausschlachtung durchführen ließ. Schinken, Leberwurst, aber auch Brühwürste – und Blutwurst, die wir aber stets verschmähten.
Was unser Abendbrot auszeichnete, waren die Gespräche. Zuverlässig jeden Abend unter der Woche fragte Papa nach unseren Erlebnissen in der Schule. Nicht nach den Noten, die sahen die Eltern ja bei jeder Klassenarbeit, die sie unterschrieben, sondern nach unseren Freunden, ob wir uns wohlfühlten oder es mit Lehrern Stress gab.
Wenn wir dieses Thema zu seiner Zufriedenheit durchgesprochen hatten, suchte er jeden Abend eine aktuelle Schlagzeile aus der Zeitung und diskutierte sie mit uns. Er erklärte uns Hintergründe, fragte nach unserer Meinung dazu und forderte uns heraus, uns mit unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen zu beschäftigen.
Erst viel später begriff ich, was er meinte, wenn er uns ein ums andere Mal darauf hinwies, dass wir nie dem ersten Impuls folgen, sondern die aufgeworfenen Fragen und Thesen von verschiedenen Seiten betrachten sollten.
„Und vor allem: fallt nicht auf die dicken roten Schlagzeilen der BILD-Zeitung herein. Diese Art des Journalismus zielt nur auf Verkaufszahlen. Wer dort arbeitet, ist ein heimatloser Geselle. Obwohl die sich so volkstümlich geben!“ Diese Mahnung krönte er stets mit den ironischen Worten:
„Mutter drehte Kind durch den Fleischwolf. BILD sprach als erstes mit dem Klops.“
Obwohl sich die Geschichte autobiographisch anhört, ist sie es nicht wirklich. Inspiriert hat mich unser damaliges Familienleben allerdings schon ein bisschen.
Mein Papa sprach mit mir immer auf Augenhöhe über politische und gesellschaftliche Themen, aber ein „wir Kinder“ gab es bei uns nicht, denn mein Bruder war zu der Zeit, als ich alt genug für diese Gespräche war, bereits selbst verheiratet und Vater.
Unsere Nachbarn schlachteten im Winter tatsächlich in der Futterküche, ihre Wurst lag bei uns öfter auf dem Tisch. Und meine Mama weckte Gurken in Mengen ein, die das halbe Dorf versorgen konnten…