Vielleicht ist es eine müßige Überlegung. Heute früh saß ich allein am Frühstückstisch (Kalle lag drunter, der zählt also nicht) und war also auf meine eigenen Gedanken als Gesellschaft zurückgeworfen.
Wie eine Sternschnuppe tauchte urplötzlich ein Impuls aus dem Nichts auf:
Gibt es eigentlich mehr Fragen oder mehr Antworten?
Einerseits müsste es doch zu jeder Frage eine Antwort geben, oder? So ganz vom logischen Standpunkt her: Actio – Reactio. Wie Yin und Yang. Positiv und Negativ. Nordpol und Südpol. Oben und Unten.
Aber da gibt es Fragen, auf die uns partout keine Antwort einfallen will. Wir zermartern uns den Kopf, aber die Frage behandelt ein Thema, zu dem wir uns außerstande sehen, Stellung zu beziehen. Was gemäß dem Motto: Wenn man nix weiß, einfach mal Klappe halten eigentlich ganz schlau ist.
Es gibt Fragen, die mehrere Antworten haben. Weil es mehr als eine legitime Sichtweise gibt, weil unterschiedliche Erfahrungshorizonte der Antwort zugrunde liegen, weil Menschen nun mal keine homogene Masse sind, sondern Individuen.
Diese Fragen mag ich, denn ihre Antworten regen an oder zwingen auch manches Mal, über den eigenen Tellerrand zu schauen.
Gleichermaßen zeigen mir diese Fragen aber auch, dass es Leute gibt, die sich genau diesem weiten Blick verweigern. Aus den unterschiedlichsten Gründen, und nicht alle davon haben einen fragwürdigen Hintergrund. Manchmal stecken auch schlechte Erfahrungen dahinter.
Mit Geschichten oder Erfahrungsberichten lohnt es sich oftmals, diesem Verhalten auf den Grund zu gehen.
Und schließlich gibt es die besonders herausfordernde Art von Fragen, deren Beantwortung einen ganzen Blumenstrauß neuer Fragen aufwirft. Oft sind es existenzielle Fragen.
Oder die Fragen von Kindern im Vorschulalter, die ganz unbefangen ihre Umwelt entdecken und zu begreifen versuchen. Kleine Kinder haben überhaupt keine Scheu, durch Fragen ihr „Unwissen“ zuzugeben, sie wollen dazulernen, ihren Horizont erweitern. (Deswegen hat die Buchreihe „Erklärs mir, als wäre ich 5“ von Petra Cnyrim so viel Erfolg, auch und gerade bei Erwachsenen.)
Das ist die Art von Fragen, die zwar nerven können, wenn man die Person ist, von der Antworten erwartet werden, aber gleichzeitig sind es die Fragen, die echtes Interesse bezeugen:
An dem, was außerhalb der eigenen Bubble, der eigenen Erfahrung und des bekannten Umfeldes geschieht. Fragen, die zeigen, dass auch dieser „fremde“ Bereich wert ist, sich damit zu beschäftigen.
Mein Wunsch an diesem Freitag ist es, dass wir nie aufhören zu fragen. Und ebenfalls nie beim Versuch resignieren, nach Antworten zu forschen.
So. Nun lebt damit, was mir für merkwürdige Gedankengänge kommen, wenn Mann und Tochter mich mit dem verständnisvoll unter dem Küchentisch blinzelnden Hund allein lassen. Der hat nämlich keine Gegenargumente, er fragt auch nicht „Warum?“, sondern fordert nur sein eigenes Frühstück ein.