Therapeutisches Schreiben

Dieser Ausspruch begleitet mich zurzeit…

Ich habe euch gestern einiges zugemutet. Mir selbst übrigens auch.
Aber ähnlich wie die Montagsmotze, die mich erleichtern und Emotionen ordnen, empfinde ich die beim täglichen Schreiben aufploppenden Erinnerungen an Kindheit, Jugend und vor allem an konkrete Ereignisse, an die ich teilweise jahrelang nicht mehr gedacht habe, als sehr hilfreich und heilsam.

Ich stelle fest, dass ich in vielen Dingen gnädiger und milder werde. Ich bewerte Situationen im Rückblick anders, mit dem zeitlichen Abstand kann ich auch eine andere Perspektive einnehmen, teils sogar wie von außen (ISS-Blickwinkel) darauf blicken und Geschehnisse ruhen oder ganz einfach loslassen. Eine spannende Entwicklung, denn letztes Jahr war mein Plan, durch das Pilgern (unter anderem) einen ähnlichen Effekt zu erreichen.
Nachdem ich feststellen musste, dass mich meine Beine mit ihren diversen Zipperlein von „normalen“ Pilgertouren erstmal abhalten, war ich eine Weile etwas geknickt deswegen. Dass mir die Schreiberei eine Art „Pilgern im Kopf“ ermöglichen könnte, war nicht geplant, ist aber höchst willkommen.

Vor einigen Jahren schickte mich mein Hausarzt wegen meiner durch den Körper wandernden Schmerzzustände zum Psychiater, er meinte, eine Psychotherapie täte mir gut. Ganz unrecht hatte er bestimmt nicht, denn während der probatorischen Sitzungen mit der Mitarbeiterin begann für mich die Reise zu diversen verschütteten Kindheitserlebnissen. Und die Gespräche taten mir gut.

Als es an die konkrete Therapieplanung ging und er der Meinung war, ich hätte ein unaufgearbeitetes kindliches Trauma und bedürfe der tiefenpsychologischen Aufarbeitung, stieg ich aus. Das war nicht mein Weg. Ich glaube mich zu erinnern, dass meine Meinung dazu „Schwachsinn!“ war😅.
Damals begann ich das erste Kindheitstagebuch, in dem ich über Situationen nachsann, die mein Verhalten auch später bestimmten, unter anderem den „Will to Please“*, den man normalerweise eher bei Aussies (ob ich die Rasse deswegen so gern mag?) und Border Collies verortet, der aber auch bei vielen Frauen meiner und noch älterer Generationen ausgeprägt ist. Samt meiner eher harmlosen Ausbruchsversuche. Trotzdem hatte ich im Großen und Ganzen eine gute Kindheit mit einigen Freiheiten, die Kinder und Jugendliche heute nicht mehr haben.

Bis gestern habe ich nie ausführlich darüber nachgedacht, aber es könnte sein, dass ich mit dem Schreibstudium mehrere Fliegen mit einer Klappe schlage. Ich habe Spaß, lerne eine Menge und therapiere mich vielleicht sogar ein wenig selbst. Wenn am Ende etwas dabei herauskommt, mit dem ich die Haushaltskasse aufbessern kann, dann sage ich bestimmt auch nicht Nein dazu. Wozu schreibt man schließlich? Für Leser!

Eine Bemerkung zum Schluss: Ohne irgendjemandem zu nahe treten zu wollen, wenn ich hier in den Blogs unterwegs bin, dann lese ich überall mal mehr, mal weniger selbsttherapeutische Anklänge heraus. Und empfinde es als positiv, denn wenn man voneinander weiß, kann man sich empathisch verhalten und Verständnis füreinander entwickeln.
Wie eine große Selbsthilfegruppe.

*Das Bedürfnis, es „richtig“ zu machen, allen gerecht zu werden und zu gefallen.


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Autor: Annuschka

Ostwestfälisch beharrlich, meistens gut gelaunt, Buchhändlerin, Ehefrau, Mutter von drei tollen Töchtern, Hundemama, Jugendarbeiterin (in zeitlicher Reihenfolge des Auftretens). Mit vielen Interessen gesegnet oder geschlagen, je nach Sichtweise ;-)

4 Kommentare zu „Therapeutisches Schreiben“

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