Das war mein erster Gedanke, als ich las, dass die Firma Volocopter in den Genuss von 150 Millionen Euro Fördergeldern aus dem Verkehrsministerium kommen soll. (Gefordert hatten sie übrigens das doppelte!)
Es geht um Flugtaxis, eine Mobilitätsart, die bei mir als erste Assoziation stets den Film Das fünfte Element vor die innere Leinwand befördert.
Weshalb ist dieses Zukunftsthema überhaupt ein Fall für den Montagsmotz?
Ist es nicht eigentlich eine gute Idee?
Kurze Frage, lange Antwort: Es kommt darauf an. Was (oder wer) transportiert werden soll, wo es transportiert werden soll und vor allem: Was man bereit ist, dafür zu investieren. Und eine nicht ganz unwesentliche Fragestellung ist meiner Meinung nach auch, welche Art Unternehmen stützt man mit derart hohen Fördersummen?
Ich fange mal mit der Kapazität an: In ein Flugtaxi passen zwei Personen. Ein Pilot und ein Passagier. Damit ist es schon mal ein Transportmittel, das eher nicht in Metropolen mit hoher Verkehrsdichte zum Einsatz kommen wird, um Personen in größerer Stückzahl von A nach B zu transportieren. Gerade das ist aber ein Problem, das zurzeit durch ÖPNV nicht unbedingt überall ordentlich abgedeckt wird oder durch die Massen der zu befördernden Passagiere den herkömmlichen Bus- und Bahnverkehr nicht ersetzen kann.
Gut einsetzbar sind Flugtaxis eher im Kurierdienst, um zum Beispiel Medikamente oder auch Organe schnell und zuverlässig zu transportieren, ohne die ständige Gefahr, im Stau steckenzubleiben.
Als zweites frage ich mich, warum das Verkehrsministerium oder der zuständige Minister nicht die Fördersumme auf die verschiedenen in Deutschland ansässigen Unternehmen verteilen will, die in dem Sektor arbeiten, damit alle die Möglichkeit haben, sich mit der Qualität ihrer Produkte hervorzutun.
Davon, dass diese Millionen im Augenblick besser angelegt wären, die bereits bestehende Infrastruktur bei Bahn und Straßen instandzusetzen, damit nicht immer mehr Brückenbauwerke gesperrt und lange Umwege (= mehr Emissionen) für Personen und Güter in Kauf genommen werden müssen, gar nicht erst zu reden…
Vor allem aber bitte ich euch, die von mir unten verlinkten Quellen einmal anzusehen. Mir ganz persönlich fehlt einfach der Glaube, dass ein Unternehmen, das seit mehr als 10 Jahren horrende Summen einsammelt und es nicht schafft, damit etwas Belastbares auf die Beine zu stellen, mit den Fördergeldern des Ministeriums nun den Durchbruch schaffen soll.
Engagierte Kleinanleger, die meinten, in etwas Zukunftsträchtiges und Nachhaltiges zu investieren, wurden statt mit einem rentablen Börsengang mit Minizinsen abgespeist, große Investoren streckten hohe Beträge vor, eine vorbörsliche Bewertung als „Unicorn-Status“ hob das Unternehmen in den Börsenhimmel, der dann über dem ganzen Konstrukt einstürzte. (Ich weiß nicht, ob das vertrauenswürdig sein sollte. Einhörner sind hübsch und bunt und fast jeder mag sie – aber sie sind halt nicht real🙄.)
Die Wirtschaftsprüfer von PwC raten jedenfalls dem Ministerium dringend von der Förderung ab, und ich traue ihne zu, die Lage dieser Firma (die zudem nicht durch eine nachhaltige Personalpolitik glänzt) besser einzuschätzen als die Leute im Ministerium.
Es scheint mir, wenn ich mir den Fachterminus der Heute Show ausleihe, eher ein besonders schwerer Fall von Technologieoffenheit zu sein.
Wird das jetzt etwa nach dem Maut-Desaster das nächste Millionengrab dieses Ministeriums?
Wie war doch der Werbespruch der Gelben Seiten: Vielleicht sollte man jemanden fragen, der sich damit auskennt…
Der QR-Code verweist auf eine Petition, die sich gegen die geplante Förderung einsetzt. Wer mag: bitte teilnehmen.
Wie gesagt: ich bin nicht fundamental gegen eine weitere Entwicklung solcher Systeme für bestimmte, sinnvolle Anwendungen. Aber nicht auf diese Weise.
Quellen:
https://www.businessinsider.de/gruenderszene/business/trotz-warnungen-volker-wissing-will-flugtaxi-startup-volocopter-mit-150-millionen-euro-foerdern/
https://www.businessinsider.de/gruenderszene/automotive-mobility/volocopter-unicorn-a/
https://www.next-mobility.de/boersengang-abgeblasen-chef-wackelt-volocopter-geraet-in-turbulenzen-a-1084746/?cmp=nl-99&uuid=4516842932c51ffbd52c087c41291010
https://winfuture.de/news,141906.html
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Na ja, so lange Verkehrsminister so wie ihre Amtskollegitäten in anderen Ministerien keinerlei rechtliche Konsequenzen aus ihrem Handeln zu fürchten haben, wird sich daran auch nichts ändern, dass da gerne mal Milliarden für nichts und wieder nichts in den Sand gesetzt werden. Man stelle sich vor, man würde das ganze schöne Geld wirklich in die Infrastruktur oder in Schulen etc. stecken. Aber das braucht’s ja alles ned, Hauptsache, wir haben Flugtaxis. Irgendwann einmal…
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Eben. Wozu praktische Sachen erledigen, wenn man sich doch Denkmäler bauen kann, und seien sie noch so zweifelhaft.
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Das mit den rechtlichen Konsequenzen fände ich persönlich eigentlich wünschenswert, auf der anderen Seite aber eben auch irgendwie schwierig. Der Scheuer Andi beispielsweise hat die Maut ja nun nicht in Manier eines Sonnenkönigs alleine durchsetzen können, sondern an ihrer Umsetzung waren ja nun auch zahlreiche andere Personen und Gesetzgebungsorgane beteiligt, die hätten eingreifen oder anders entscheiden können. Dann müsste man die alle ausnahmslos mit haftbar dafür machen, dass man im Verkehrsministerium einer fixen Idee hinterhergerannt ist. Schwierig, finde ich.
Ähnlich verhält sich das mit der Frage, ob das Geld nicht anderswo besser aufgehoben wäre. Ich behaupte einfach mal, dass Geld, das nicht in die Wirtschaftsförderung geflossen wäre, sicherlich trotzdem nicht in Schulen oder ähnliches gesteckt worden wäre. Außerdem kommt zum Tragen, dass das Geld für beides aus unterschiedlichen Töpfen kommt und unterschiedlichen Zuständigkeiten im Sinne von Bundes- bzw. Länderebene gegeben sind.
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Das Kapazitäts- bzw. Passagierproblem sehe ich persönlich entspannt. Die ersten Eisenbahnen waren auch nur mit irgendwas zwischen 20 und 30 Stundenkilometern unterwegs. Neue Techniken sind zwangsläufig auch Veränderungen unterworfen. Da muss also noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht sein.
Und Forschung bzw. Innovation kostet nun eben auch Geld, und dieses auch aus staatlichen Mitteln zu erhalten, ist erst mal nichts Verwerfliches, zumal Mitkonkurrenten meines Wissens teilweise schon vor Jahren ähnliche Fördergelder beantragt haben. Und gesetzt den Fall, dass es durch Ausbleiben des Förderung dazu kommt, dass die Branche abwandert, und in einigen Jahren zahllose Flugtaxis aus chinesischer Fertigung hier rumdüsen, dann wäre es den Leuten auch wieder nicht recht.
Das bedeutet nun allerdings nicht, dass man seitens des Ministerium das Geld dem Erstbesten hinterherwirft, der danach gefragt hat, insbesondere, wenn es zahlreiche Menschen, die sich damit auskennen, gibt, und die davon eher abraten.
Mal schauen, was draus wird. Im Erfolgsfall hätte man die 150 Millionen schnell wieder drin. Und andernfalls hätte die FDP lediglich bewiesen, dass sie dieses Ministerium auch nicht besser führen kann als die Union es konnte – wenn es dafür noch eines Beweises bedarf. 🙂
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Da ist sicher was dran. Ich habe mich in der letzten Zeit zu Recherchezwecken mehr mit dem Thema Finanzierung auseinandergesetzt und muss sagen: Alles nicht so einfach.
Zum Beispiel auch bei den Hochschulen und der Forschung.
Stichwort Drittmitteleinwerbung. Klar ist da wünschenswert, wenn viele verschiedene Institutionen beteiligt sind, das macht aber nicht nur Haftung schwierig, sondern setzt auch unter Druck, von Geldgebern gewünschte Ergebnisse zu erzielen.
In diesem speziellen Fall macht mir einfach Bauchweh, was über das Unternehmen schon bekannt ist, ich finde das nur wenig vertrauenswürdig.
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Oh je, da werden meine Enkel also nicht mehr von einem Auto überfahren (weil die ja dann automatisch bremsen), sondern von einem Volo-Taxi erschlagen.
Ich kann mir gut Lieferdrohnen (speziell im ländlichen Raum) vorstellen, aber für Personentransporte gibts auf Erden genug Hardware, wenn man sie vernünftig steuern und kombiniert
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