„Wem viel gegeben wurde, von dem wird viel verlangt. Und wem viel anvertraut wurde, von dem wird umso mehr gefordert.“
Dieser Spruch steht im Evangelium des Lukas: Lk 12,48 (Basis-Bibel)
Unsere älteste Tochter meint immer, meine Andachten seien politisch. Kann sein. Ist vermutlich so. Aber meiner Meinung nach kann Glaube eigentlich auch überhaupt nicht unpolitisch sein, denn mit dem Bekenntnis meines Glaubens stelle ich mich in die Gesellschaft und gebe ein Statement ab, ob ich will oder nicht. Ich beziehe damit Stellung, wie ich zu anderen Menschen und auch nichtmenschlichen Mitgeschöpfen stehe. Wie ich die Welt um mich herum sehe. Und im Jahr 2021 auch, wem ich zutraue, nach der #btw2021 meine Interessen zu vertreten, wenn es um diesen persönlichen Blick auf die Welt geht.
An dieser Stelle will ich kein Fass aufmachen, welche Partei das sein könne oder auch nicht. Ich habe schon an anderer Stelle geschrieben, das muss jede und jeder mit sich selbst ausmachen, und selbstverständlich habe ich auch nichts dagegen, dass man da zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen kann (solange sie demokratisch agierende Parteien betrifft).
Es ist allerdings so, dass ich bei der Beschäftigung mit den Wahlprogrammen der unterschiedlichen Parteien und den Analysen, die dazu getätigt wurden, wer von den Versprechungen der einzelnen Ausrichtungen wie stark betroffen ist, an den Lukas-Vers denken musste. Vor relativ genau vier Jahren war es meine Aufgabe, eine Andacht zu diesem Vers zu schreiben. Ich gebe sie euch hier einmal zum Lesen:

Ich habe ein Bild mitgebracht. Auf dem Bild sieht man Menschen im Kreis stehen mit hochgereckten Händen. Sie sind bereit, eine Frau aufzufangen, die sich von irgendwo her fallen lässt.
Diese Übung kennt vermutlich jeder, der schon mal eine Teambildungsmaßnahme mitgemacht hat. Es ist ein starkes Bild. Es zeugt von Mut und Vertrauen: vom Mut der Frau, sich fallen zu lassen. Sind die anderen Menschen stark genug, sie aufzufangen? Sie vertraut fest darauf. „Diese Leute werden mich nicht fallen lassen. Sie lassen nicht zu, dass mir etwas geschieht!“
Auch die Menschen im Kreis sind mutig: Wie schwer ist die Frau? Lässt sie sich locker fallen oder verkrampft sie sich? Können wir sie auffangen? Und sie vertrauen. „Wir schaffen das, weil wir nicht allein sind. Zusammen haut das hin!“
Die Menschen vertrauen einander. Und sie ahnen, dass es gut wird.
Eine andere Art von „sich fallen lassen“ hat mich persönlich die letzten Wochen beschäftigt. Die Aufgabe, eine Andacht zu schreiben zu einem Spruch, der durch das Los entschieden wurde. Eine Andacht zu einem Thema, in dem ich mich zuhause fühle, das ist eine Sache. Aber so ein „Sprung ins kalte Wasser“, das ist eine andere Hausnummer.
„Wem viel gegeben wurde, von dem wird viel verlangt. Und wem viel anvertraut wurde, von dem wird umso mehr gefordert.“ (Lk 12,48, Basis-Bibel)
Wie geht es dir, wenn du diesen Spruch hörst?
Wenn er als Wochenspruch zu Beginn des Gottesdienstes verlesen wird. Du hörst ihn einmal und dann geht es schon weiter mit der Liturgie. Ist der Spruch dir bekannt?
Weißt du, in welchem Zusammenhang Jesus ihn gebraucht?
Ist der Spruch sonnenklar zu verstehen oder geht es dir vielleicht genau wie mir?
Ich habe diesen Spruch gelesen, den ich zugelost bekam. Und als erstes habe ich gedacht: „Oh nein, was ist denn das für ein blöder Spruch? Dazu fällt mir niemals etwas Gescheites ein.“
Als nächstes schoss mir ein Sprichwort durch den Kopf: „Der Mensch wächst mit den Aufgaben.“ Das dürfte auch bekannt sein. Manchmal wird es als Floskel gebraucht. Ich habe eine neue Aufgabe bekommen und bin mir unsicher, ob ich die Verantwortung auch ausfüllen kann. Dann wird mir dieser Satz an den Kopf geknallt. Völlig gedankenlos und wenig hilfreich.
Es kann aber auch sein, dass sich jemand aufrichtig dafür interessiert, wie es mir ergeht. Mit demselben Satz drückt er oder sie dann aus: „Hey, wenn man dir die Aufgabe übertragen hat, dann traut man sie dir auch zu. Man schätzt dich und ist sicher: Du wirst dir das erarbeiten. Du wirst nicht scheitern. Du wirst daran wachsen und reifen!“
Den Unterschied erkennen wir am Tonfall, an der Gestik und Mimik des Sprechers.
Aber wenn ich den Bibelvers lese, sehe ich keine Gestik, keine Mimik. Also konzentrieren wir uns jetzt auf die genaue Wortwahl des Verses.
Als erstes fällt mir auf: Der erste Satzteil ist jeweils bereits erfolgt, während der zweite Teil sich fortdauernd ereignet.
Und dann fesseln mich zwei Wortpaare. Erstens: gegeben und verlangt. Zweitens: anvertraut und gefordert. Klingt auf Anhieb gar nicht so unterschiedlich. Trotzdem findet eine deutliche Steigerung statt: Im ersten Satz geht es um eine Gabe, ein Geschenk. Ein Geschenk muss man sich nicht verdienen, das gibt es, einfach so, weil man da ist. Vom Empfänger der Gabe wünscht sich der Geber, sich dieser Gabe würdig zu erweisen, das Vertrauen zu rechtfertigen.
Im zweiten Satz geht Jesus noch weiter: Es geht darum, jemandem etwas anzuvertrauen. Das ist ein so starkes Wort! Im Duden steht dazu „vertrauensvoll übergeben“. Wenn man jemandem etwas anvertraut, dann ist man fest davon überzeugt, derjenige wird nicht nur zuverlässig darauf aufpassen, er wird auch etwas Gutes daraus machen. Daraus erwächst eine Forderung. Der Duden sagt:
„Eine Forderung ist ein nachdrücklich zum Ausdruck gebrachter Wunsch, etwas fordern bedeutet: einen Anspruch erheben.“
Starker Tobak, den Jesus seinen Hörern an der Stelle zumutet. Doch er stellt nicht einfach eine Behauptung in den Raum, er spricht in eine konkrete Situation hinein. Dieser Vers steht in der Mitte des Evangeliums. Zur Halbzeit sozusagen. Jesus lehrt die Menge, die ihm folgt, mit verschiedenen Gleichnissen.
Seine Jünger sind immer dabei, aber ähnlich wie der Rest der Leute verstehen auch sie zum Teil nur Bahnhof.
Deswegen fragt Petrus zwischendurch einfach mal nach: „Sag mal, was du da erzählst, klingt ja ganz gut, aber für wen gilt das eigentlich? Ist das nur für uns wichtig oder auch für den Rest der Menschheit?“
Jesus stellt an dieser Stelle bereits ganz deutlich klar: Das, was ich euch sage, ist wichtig. Das Wichtigste überhaupt. Nicht nur jetzt und hier, sondern auch zukünftig und für alle.
Und er hat einen besonderen Auftrag für seine Nachfolger. „Wem viel gegeben wurde, von dem wird viel verlangt.“ Alle, die Jesus nachfolgen, sind „begabt“. Denn Jesus hat für sie alle den Tod am Kreuz erlitten. Die Menschen, die Jesus nachfolgen, sollen ihre Gabe, ihre Erkenntnis und ihr Vertrauen weitergeben, damit viele davon erfahren und sich anschließen. Christus-Nachfolger tragen in der Welt eine höhere Verantwortung als Menschen, die ihn und sein Wort nicht kennen.
Die Jünger aber sind noch mehr gefordert. Ebenso alle, die nach ihnen durch Leitungspositionen Verantwortung für die wachsende Gemeinde Christi tragen: „Und wem viel anvertraut wurde, von dem wird umso mehr gefordert.“
Natürlich ist das eine Zu-Mutung: „Sorgt IHR dafür, dass die Gemeinde nach meinen Maßstäben lebt und wächst“. Aber auch eine starke Zu-Sage steckt darin: „Ich traue es euch zu, dass ihr das schafft!“.
Lukas ist der einzige Evangelist, der die Begebenheit aus Kapitel 12,48 beschreibt. Er ist der Einzige, der den Missionsbefehl so ausführlich und persönlich darstellt. Und er ist der Einzige, der als „Fortsetzung“ aufgeschrieben hat, wie es dann weiterging mit der Verbreitung des Christentums.
„Wem viel gegeben wurde, von dem wird viel verlangt. Und wem viel anvertraut wurde, von dem wird umso mehr gefordert.“
Anfangs hatte ich dich gefragt: Wie geht es dir mit diesem Vers? Die Frage stelle ich jetzt noch einmal in den Raum.
Hat der Vers etwas mit deinem konkreten Leben hier und heute zu tun?
Ich kann dir versichern, bei mir ist beides der Fall. Meine Wahrnehmung hat sich geändert. Ich sehe nicht mehr nur den Berg von Verantwortung vor mir, sondern auch den ermutigenden Zuspruch und den Vertrauensbeweis.
Und wenn in den Medien in den letzten Wochen und Monaten Berichte kursieren über die schwindende Relevanz von Religion allgemein, von Gemeinde im Besonderen, dann ruft mir dieser eine Vers zu:
„Pfeif auf diese undefinierbare Masse namens „Gesellschaft“. Es liegt an jedem einzelnen, es liegt an dir! Du kannst Gemeinschaft in das Gemeindeleben bringen! Es ist deine Aufgabe, jedem so zu begegnen, wie er oder sie es gerade braucht. Den Mitmenschen mit Achtung zu begegnen. Ihnen Respekt und Liebe entgegenzubringen. Und du schaffst das auch! Du wirst nicht scheitern. Du wirst vielmehr daran wachsen.
Kreide nicht alles, was schief läuft in der Gemeinschaft, der Leitung an. Ja, es stimmt, die hat ganz besondere Aufgaben bekommen, aber trotzdem kommt es auch auf dich an.“
Und weißt du was? Das gelingt mir nicht immer. Es gibt Tage, da könnte ich an meinen eigenen Erkenntnissen und Ansprüchen ersticken. Geht dir genauso? Das finde ich beruhigend.
Aber wir sind nicht allein mit unserem Scheitern. Wir alle sind wie die Jünger: Wir verstehen manchmal nur Bahnhof. Wir fallen hin, wir leugnen. Aber das ist nicht schlimm, solange wir dranbleiben, aufstehen und bekennen.
Und das tolle, das unfassbare ist: Jesus hat den Grundstein seiner Kirche mit solchen Leuten gelegt. Er hat sich fallen gelassen, voller Vertrauen. Wie die Frau auf dem Foto.
In meinem ganzen Nachdenken habe ich mir die Andacht mehrfach durchgelesen, vieles sehe ich auch mit vier Jahren Abstand noch so, aber bei einigen Facetten hat sich meine Wahrnehmung verändert oder erweitert. Und nun kommt die politische Dimension dazu. J.F. Kennedy hat es so formuliert: „Frage nicht, was dein Land für dich tun kann, sondern frage, was du für dein Land tun kannst!“ Ich weiß, klingt etwas pathetisch. Aber so ganz unrecht hatte er nicht. Auch rund 60 Jahre später nicht. Wir erwarten so viel von unserer Regierung, von den Parlamenten, von unseren Repräsentanten. Aber sind wir auch bereit, etwas von uns einzubringen, außerhalb von ein paar Kreuzchen auf einem langen Zettel mit Möglichkeiten alle paar Jahre mal? Wissen wir und vertrauen wir darauf, dass es auch auf uns ankommt?
Oder aus einer ganz anderen Perspektive, und das geht jetzt an die Parteien, deren Credo „der Markt“ ist, der alles regelt: Wie regelt der Markt das denn? Im Allgemeinen nämlich nicht so, wie Lukas es formuliert hatte, sondern eher umgekehrt: Die Lasten verteilen sich zu häufig auf den Rücken derer, die sowieso schon nicht allzu viel besitzen, denn die „Leistungsträger“ (kann übersetzt werden mit „die Vermögenden“) dürfen nicht über Gebühr belastet werden. An die Adresse der Marktgläubigen (die mitunter eine Partei mit dem „C“ im Namen präferieren) stelle ich daher die Frage: Menschen in prekären Verhältnissen, die von ihrer Arbeit kein ordentliches Auskommen haben, sind die keine Leistungsträger? Seht ihr die nur als Masse, die dem Rest auf der Tasche liegt? Oder traut ihr denen zu, etwas wichtiges zum Gesamten beizutragen? Jeder nach seiner Möglichkeit?
Oder auch: Warum darf denn das Fleisch nicht teurer werden? Damit sich auch „die Ärmeren“ ab und zu mal ein ordentliches Steak auf dem Teller gönnen können? Seit wann seid ihr Freunde dieser Gesellschaftsgruppe? Aber vegetarische oder vegane Fleischersatzprodukte dürfen gern das doppelte bis dreifache des Koteletts kosten, denn das sind „Lifestyle-Produkte“. „Die Ärmeren“ sollen also nicht das Recht haben, auch eine fleischarme und abwechslungsreiche Ernährung auf den Teller zu bekommen, egal ob aus gesundheitlichen oder ethischen Gründen? Ich wünsche mir da ein wenig mehr Empathie und Reflexion.
Wie die Jünger Jesu sind auch wir alle und unsere Politiker Menschen, Menschen mit Fehlern und Schwächen, und manchmal verstehen auch wir nur Bahnhof. Aber sind wir auch bereit, alle um uns herum so anzunehmen und gemeinsam etwas zum Guten zu bewegen?
„Wir schaffen das, weil wir nicht allein sind. Zusammen haut das hin!“ So arbeiten die Menschen aktuell in den Flutgebieten zusammen und so kann das auch in größerem Zusammenhang laufen. Mit Mut und Vertrauen.
Liebe Annuschka,
danke für die Vorstellung Deiner Predigt.
Ich muss zugeben, dass ich an einigen Stellen der Bibel Zweifel habe, weil sie so gar nicht nach Jesus klingen, sondern nach der Auffassung der damaligen Schreiber, in dem Fall Lukas. Danach soll Jesus in einem Beispiel gesagt haben: „…so wird der Herr jenes Knechtes an einem Tage kommen, an dem er es nicht erwartet, und zu einer Stunde, die er nicht weiß, und wird ihn in Stücke hauen lassen…“
Das ist keine Aussage, die ich im Zuge der Nächstenliebe von Jesus erwarte!
Was für einen Lohn darf ich erwarten, wenn ich alle Aufgaben und Voraussetzungen erfülle? Es liegt mir fern, mit GOTT ein Geschäft machen zu wollen! Nur, wenn ich die gegebenen Gebote ohne Druck und freiwillig, nach meiner inneren Überzeugung, befolge, ist es Christus gelungen, das „Feuer“ in mir zu entfachen, von dem er in Vers 49 sprach. Er wollte geistliche Menschen erschaffen und hat damit die Weltbevölkerung entzweit.
Du schreibst: „Und das Tolle, das Unfassbare ist: Jesus hat den Grundstein seiner Kirche mit solchen Leuten gelegt. Er hat sich fallen gelassen, voller Vertrauen. Wie die Frau auf dem Foto.“
Fallenlassen in eine Menschenmenge? – Nein! In Gottes Hand? – Ja!
Jesus hat sich fallen lassen? – Im Gegenteil! Er wusste doch genau, das er den Menschen nicht trauen kann. Er hat ihnen geholfen, sie haben ihn ans Kreuz geschlagen! Heute würden die Gaffer mit ihren Handys davorstehen.
Es ist mir übrigens neu, dass Jesus eine Kirche gründen wollte. Dieser Gedanke ist wohl damals in den Köpfen der Katholiken und Päpste gewachsen, weil sie sich Macht und Profit erhofften. Der wertvolle Eckstein ist Jesus-Christus in seinem geistlichen Haus.
Die Menschen geben Gott immer noch die Schuld an Katastrophen und Unglück. Die Frage: „Warum lässt Gott das zu?“ taucht immer wieder auf. Dabei ist doch die Menschheit Schuld an allem Unglück! (ich schließe mich nicht aus) Wann kommt die Einsicht?
Liebe Grüße, Gisela
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Liebe Gisela, vielen Dank für deinen Kommentar, den ich gestern zwar noch gelesen, aber wegen „Sauerkraut im Kopf“ lieber nicht direkt beantwortet habe, das wäre nicht angemessen gewesen. Denn du kommst mit Fragen und Zweifeln, die viele Menschen haben und das ja auch berechtigt. Fragen sind immer gut und Zweifel bekunden Interesse. Deswegen hangele ich mich mal an den Punkten entlang:
Die Zweifel an manchen Aussagen der Bibel finde ich an vielen Stellen nachvollziehbar, aus unterschiedlichen Gründen. Denn „die Bibel“ ist ja kein in sich konsistentes Werk eines einzigen Autoren, sondern eine Sammlung unterschiedlicher Erfahrungen verschiedener Menschen über viele Jahrhunderte hinweg. Manches davon ist für uns von heute sehr schwer verdaulich. Ich würde mal sagen, es sind sehr herausfordernde Stellen in der Bibel, vielleicht etwas vergleichbar mit so Sachen wie Rosenkohl für Kinder: es gibt Dinge, die muss man immer wieder probieren, bis sie schmackhaft sind und geschätzt werden können. Und manches ist für mich persönlich wie Chicoree, den mag ich auch nach einem halben Jahrhundert immer noch nicht, obwohl ich ihn immer mal wieder versucht habe. Das muss aber auch nicht unbedingt schlimm sein, denn ich entwickele mich ja (hoffentlich) auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten noch weiter und vielleicht habe ich irgendwann den notwendigen Erfahrungshorizont für Dinge, die mir heute unvorstellbar vorkommen.
Dein zweiter Punkt bringt genau das, was wir immer als Vorstellung (aus der menschlichen Erfahrung heraus mit Deal und Gegendeal oder eine Hand wäscht die andere) im Hinterkopf haben. Es fällt uns schwer zu glauben, dass allein unsere Bereitschaft und Aufmerksamkeit uns zu würdigen Verwaltern macht. Das bleibt ein schwieriges Feld und ich maße mir auch nicht an, hierzu eine befriedigende Antwort geben zu können.
Und dann: Das Bild von der Menschenmenge ist ja in erster Linie ein Bild, das Menschen von heute verstehen können, weil diese Übungen eine Zeit lang fast schon inflationär durchgeführt wurden. Klar sind solche Bilder oft ein bisschen schief. Trotzdem hat sich Jesus auch ein bisschen in die Menschenmenge fallen lassen, nämlich in die seiner Jünger. Er wollte sicher keine „Kirche“ gründen, die so aussieht, wie du es geschrieben hast (die ist ja nicht nur Teil der Lösung, sondern auch Teil des Problems, wie überall, wo Menschen beteiligt sind). Aber er hat Petrus zum Beispiel ganz klar den Auftrag gegeben: „Weide meine Schafe“. Ihm und den anderen Jüngern hat Jesus vertraut, dass sie in seinem Sinn weitermachen und alle Welt zu Jüngern machen.
Schließlich: Die Theodizee-Frage lässt uns nicht los. Selbst wenn wir 10 mal das Buch Hiob gelesen haben. Wir fragen weiter. Die bisherigen Antworten befriedigen uns nicht. Ich gehe mal einen Schritt weiter und frage: Warum lassen WIR das immer wieder zu? (Eben. Du sagtest ja auch, die Menschheit ist schuld, so ähnlich sehe ich das auch, schließlich hat der Schöpfer uns mit dem eigenen Willen begabt.) Und warum schieben WIR immer so gern die Schuld auf Gott? Brauchen wir den alttestamentarischen Sündenbock? Ich vermute mal stark, „Teile der Antwort würden die Bürger sehr verunsichern“, wie es mal ein deutscher Innenminister formuliert hat.
Schlimm wäre es für mich, wenn sich die Haltung „Es lohnt sich nicht, also lassen wir es gleich sein“ durchsetzen würde.
So. Wieder einmal habe ich festgestellt, die versuchte Beantwortung von Fragen stellt uns immer vor neue Fragen und Herausforderungen. Aber es macht zumindest sehr viel Spaß, mit Menschen ins Gespräch zu kommen, die sich diese Fragen auch stellen.
Liebe Grüße und einen schönen Tag, Anja
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Vielen Dank für Deine ausführliche Antwort, liebe Anja. Ich wünsche Dir einen schönen Tag und ein ebensolches Wochenende, Gisela
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„Wem viel gegeben wurde, von dem wird viel verlangt.
Und wem viel anvertraut wurde, von dem wird umso mehr gefordert.“
Was hat dieser Spruch mit mir, mit meinem Leben zu tun? Sehr viel, finde ich. Habe gerade den Kontext nachgelesen, da war von „Schlägen“ die Rede, wer wie viel bekommt, und der das meiste, der wider besseren Wissens handelt oder unterlässt. Zu tun, was ich kann, ist mir sehr wichtig geworden. Das hat viele Gesichter, bezieht sich auf Achtsamkeit der Materie, den Dingen, allem, was lebt gegenüber, die Verpflichtung meinem Nächsten gegenüber inbegriffen.
Ich verstehe den Spruch als Aufforderung, zu teilen. Materie und geistiges Gut, angefangen in der Familie, aber auch weit darüber hinaus. Sammeln und horten um des Sammelns und Hortens Willen geht immer daneben.
Danke für die Erinnerung.
Liebe Grüße, Reiner
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Lieber Reiner, ich sehe es ähnlich wie du, als Aufforderung zur Aufmerksamkeit, zum klugen Verwalten dessen, was uns anvertraut ist. Dazu gehört neben allem anderen auch der verantwortungsvolle Umgang mit der Welt, in der wir leben samt allem was darin ist. Und ich fürchte, wenn der Herr dieser Welt jetzt zurückkäme, wäre er ziemlich entsetzt, wie die Hausverwalter gearbeitet haben.
Liebe Grüße auch dir, Anja
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